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VsiglliinWer Anztiger. Amtsblatt fiir das Königliche Bezirksgericht zu Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadträche zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. DremMebenzigster Jahrgang. Verantwortliche Reoaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht tu Plauen. Diese- Blatt erscheint wöchentlich viermal, und zwar Dienstag-, Mittwochs, Donnerstags und Sonnabends. Jährlicher Lbonnement-Prei-, welcher prim ams- raacko zu entrichten ist, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Thlr. 26 Ngr. — Annoncen, die bis Bormittags 11 Uhr eingeheu, werden in die Tag- daraus erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende. Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Nar. für die gespaltene LorpuS-Zeile berechnet. Einzeilige mit 2 Ngr. — Für die auswärtigen Königl. GerichtSämler und Stadträtbe, für welche der Boigtländische Anzeiger Amtsblatt rst, bestehen die Geschäftsstellen in Pausa bei Herrn Bürgermeister Lehmann, in Elsterberg bei Herrn F. W. Feustel, in Schöneck bei Herrn Eduard Mever, in Mühltroff bei Herrn Ebaufseegelder-Einuehmer Holzmüller. Sonnabend. 112 I». Juli IM. Das deutsche Schützenfest in Frankfurt a. M. Frankfurt a. M., 15. Juli. Das heutige Banket war das bis jetzt, in Bezug auf die Reden, bedeutendste, denn in diesem fanden zum ersten Mal die specifisch österreichischen Gesinnungen ihren Ausdruck. Nachdem nämlich Metz aus Darmstadt in trefflicher Rede der drei Schmerzenskinder Deutschlands, der Kurhessen, der Schleswig-Holsteiner und der Oesterreicher gedacht hatte und zum Schluß dem freien Deutschland ein Hoch ausgebracht hatte, bestieg vr. Wildauer, Professor aus Innsbruck, die Tribüne, um zu sagen, daß — er hatte die Rede des Hrn. Metz falsch aufgefaßt — die Oesterreicher kein Schmerzenskind seien, sie hingen ihrem Kaiser treu an, und dieser sei von den besten Ideen für das Vaterland erfüllt, er habe nur den Frieden von Billafranca geschlossen, um keinen Fuß breit deutsche Erde am Rhein abtreten zu müssen. (Ungeheurer Lärm.) „Lassen wir den Riesenleib der Germania nicht seciren, lassen wir den Riesenleib augethan mit dem weiten Mantel, überall ist heiliger Boden: Deutsch land lebe hoch!" Damit schloß seine Rede, die fast einen Zwiespalt in die nationale Feier hier gebracht, wenn nicht Oberst Kurtz aus Bern, im Vergleich der Schweiz und deren verschiedenen Gesinnungen und Ansichten, auf die Noth wendigkeit des freien Worts hingewiesen und Streit aus Koburg die Liebe zum Vaterland als die erste Pflicht, die über allen Parteien stehen müsse, hingestellt hätte. Damit war denn auch für den Augenblick die Einheit hergestellt und der, welcher den Conflict hervorgerufen, vr. Wildauer, kam an den Tisch des Hrn. Streit, um demselben die Hand zu drücken und ihm zu danken für seine wahrhaft patriotische Rede. Heute ist fürchterliches Regenwetter, der Platz vor dem Schreibstuhle auf dem Festplatz gleicht einem See und auf die Schreib tische tropft durch das Dach der Bude der Regen. Dem Bericht über das Banket vom 13. Juli ist noch manches uachzu- tragen. Während der Dauer des Festmahls liefen telegraphische Depeschen aus allen Theilen Deutschlands und von jenseit seiner Grenzen beim Festcomitee ein. Die meisten derselben wurden vom Präsidenten verlesen. Die Deutschen in Marseille sandten ein „Hoch den deutschen Schützen, Hoch der Einheit Deutschlands!" Der laibacher Schießstand, verhindert durch sein am 13. Juli begonnenes dreihunderttjähriges Jubiläum, entbietet seinen Schützengruß. Das 200 Mann starke Schützencorps in Asch, der in Rostock versammelte mecklen burgische Sängerbund, der Turnverein in Landshut (Niederbaiern), der Koburger Turn- und Wehrverein, der zu einen» Sommerturnfest in Wahren versammelte Leipziger Turnverein, die Teplitzer Liedertafel, die vereinigten Bürgerschützen zu Pirna und der Bremer Schützenverein senden Hoch und Grüße. Der Olden burger Schützenverein schickte ein kräftiges Sprüchlein von Julius Mosen. Vom 14. Juli wird bereits über die ersten Resultate des Schießens be richtet. Auf der Feldkehrscheibe schoß Jakob Staub aus Wetterswyl, Canton Zürich, mit 120 Punkten einen Becher heraus. Auf der Standkehrscheibe er hielten Preise: Rudolph Groß, Fabrikant aus Mönchhandorf, Zürich, 1 Becher; Johann Hander, Landwirth aus Richterswyl, Zürich, 1 Becher; Jakob Holz, Landwirth aus Vellanden, Zürich, 1 Becher; Friedrich Knute aus Basel 1 Becher; Streiff-Luchsiuger, Kaufmann aus Glarus, 1 Becher. Außer diesen sechs Schweizern erhielten noch Preise: Martin Reib, Privatier aus Oberhering in Baiern, 1 Becher, und Hohenecher auS Innsbruck, der jedoch seinen Preis «och nicht in Empfarig genommen. Erste PreiSaustheilung, Standkehrscheiben: Erster Becherpreis (36 Nummern). Erste Nummer Hauser Richterswyl auS Zürich. Zweiter Becher: Schütze Streiffluchsänger aus Glarus. Einem der von Tirol zum Bundesschießen in Frankfurt gezogenen Schützen, und zwar einem der besten, war es nicht vergönnt, die festliche Stadt zu er reichen; bei Schweinfurt hatte derselbe das Unglück, beim Einsteigen unter das Rad eines Eisenbahnwagens zu fallen, als sich der Zug eben in Bewegung setzte. Man brachte den Schwerbeschädigten nach Würzburg in das JuliuS- spital. Die Theilnahme für den verunglückten Schützen war so groß, daß eine sofort auf dem Zug für denselben veranstaltete Collecte 300 Fl. ertrug. Frankfurt a. M., 16. Juli. Beim heutigen Banket sprach zuerst Bauernfeind aus Wien, welcher des freundlichen Empfangs in Frankfurt ge dachte, ausdrückte, daß sie nicht als Oesterreicher, sondern als Deutsche gekom men seien, daß es den Deutschen durchaus nicht an Einigkeit fehle und daß, wenn Worte irrig aufgefaßt seien, diesem Uebelftande dadurch gesteuert werden müsse, daß man die Mißverständnisse zuvor aufkläre. Als zweiter Redner trat Herzog Ernst von Koburg auf und sprach folgende begeistert aufgenommenen Worte: Meine Herren! Ich möchte gern jedem einzelnen der Stadt Frankfurt ein Hoch bringen, wenn es nicht verboten wäre, einzelner zu gedenken, aber mein Herz drängt mich, Ihnen zu sagen, wie dankbar es fühlt für Sie. Sie haben dem Fürsten Ehrerbietung, dem Ehrenpräsidenten des Deutschen Schützenbundes Hochachtung gezollt, dem schlichten Patrioten Liebe gezeigt und auf feine dornen volle Bahn, die ihm zu wandeln bestimmt ist, Rosen gestreut, die in seinem Herzen nie verwelken werden. Bon dieser Tribüne herab lassen Sie mich allen den lieben Bürgern Frankfurts die Hand zum Abschied reichen. Die Frankfurter Bevölkerung — und in diesen Ruf stimmen Sie mit mir ein, alle, die hierher gekommen — die Frankfurter Bevölkerung lebe hoch! Ein unendlicher Applaus folgte der Rede des tiefgerührten Herzogs. Nach ihm dankte Bäse aus Schleswig-Holstein für den freundlichen, herzerhebenden Empfang, den die Schleswig-Holsteiner hier gefunden. Nach dem Banket, 2^ Uhr, verließ der Herzog Ernst, begleitet von den Jubelrufen der Anwesen den, die Festhalle, um sich nach den Schießständen zu begeben. Eine besondere Anhänglichkeit an den Herzog zeigen die Schweizer und die Tiroler, dessen Schützenmeister von ihm gestern an die Tafel gezogen worden. Der erste Norddeutsche, welcher einen Ehrenbecher erhielt, war heute ein Bremer. Frankfurt a. M., 16. Juli, vom Festplatz, Nachmittags 3 Uhr. Eben ziehen die Bremer Schützen durch die Halle mit ihrem heutigen Sieger. Bremer und Schweizer ziehen Arm in Arm; der Tiroler Zeiger zieht voran. „Bremen," ruft ein Redner, „ist, wie wir hören, zum nächsten Festort erkoren; was wir einzelne für unsere Vaterstadt geloben können, das versprechen wir; wir wollen uns bemühen, den Frankfurtern nachzueifern, die große Sache des Volks zu verherrlichen, wie sie gethan." Heute Morgen kam ein Telegramm, der Bremer Senat bekundet seine Freude über die Wahl des Festortes Bremen; sofern er die Hindernisse voraussehen könne, werde er sie überwinden, den ehrenvollen Auftrag zu vollführen. Der Werth der Ehrengaben (Preise) hat sich in den letzten fünf Tagen so außerordentlich noch vermehrt, daß er von 100,000 auf etwa 120,000 Fl. gestiegen ist. Die Schützenkarte, welche ich gestern 3 Uhr Nachmittags während de- Festzugs löste, war die 6758ste. Jeder Schuß wird natürlich bezahlt. Um