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Ging da- Geschäft schlecht, suchte er den Hauptgrund nicht in sich, sondern in ungünstigen Coujunkturen. Jetzt trat derselbe Meister mit andern Leidensgefährten oder Gesinnungsgenossen zu einer erzeugenden Genossenschaft zusammen. Ein gemeinschaftlicher Plan wurde entworfen, ein Dirigent gewählt, die Arbeitsthei- lung durchgeführt, das Geschäft begann. Aber selten wird der erste Plan richtig sein, und jeder Theilnehmer den Theil der Arbeit zugewiesen erhalten, der seiner Individualität und Geschicklichkeit am meisten entspricht. Das kaufende Publikum läuft auch nicht gleich zu der genossenschaftlichen Arbeit, die Dividenden deS ersten Vierteljahres fallen mager aus, die Arbeitslöhne auch nicht glänzend, die Theilnehmer verlieren Muth und Ausdauer, die Genoffenschaft löst sich auf. Möglich, wahrscheinlich sogar, daß dieß nach Einführung der Gewerbefreiheit anders werden wird. Der theoretische Begründer deS Genossenschaftswesens, Huber in Werningerode — Schulze-Delitzsch ist der praktische Begründer des selben — stellt als höchstes Ziel des GenoffenschaftSgedankens die Bildungs genoffenschaft hin. Dadurch sollen die Träger des Kleinbetriebs fähig werden, auch auf dem Gebiete der Intelligenz und der Spekulation dem Großbetriebe ebenbürtig gegenüber zu stehen. Auch dazu sind bereits Vorbereitungen ge troffen. Die Bildungsvereine für Handwerker zu Leipzig und Dresden wenden sich immermehr dem Grundsätze der Genossenschaft zu. Mit kleinen Mitteln Großes zu erreichen durch festes Zusammenstehen, das ist der Zweck und Stolz des Genossenschaftswesen. Das deutsche Schützenfest in Frankfurt a. M. Frankfurt a. M., 14. Juli. Der gestrige Haupttag des Schützenfestes ist über alle Erwartung schön verlaufen. Statt um 11, setzte sich der Zug erst gegen 12 Uhr in Bewegung und zog um 4 Uhr in den Festplatz ein. Er entzieht sich der Beschreibung, nur wenige Bemerkungen über seinen Charakter seien uns gestattet. Die Ordner desselben hatten es wohl verstanden, die Ein förmigkeit der grauen und grünen Kleidung durch die eingeschobenen Reiter-, Turner- und Sängerscharen und den riesigen, von weißgekleideten Mädchen ge haltenen Blumenstrauß zu unterbrechen. Ein weiteres Mittel dagegen, den Zug farbiger zu gestalten, hatte man verschmäht, indem man — eine Anordnung, welche vielen Widerspruch fand — alle Fahnen, worunter sehr reiche und kost bare, besonders die von Aachen und Wien, hintereinander folgen und den einzelnen Schützenvereinen zur Erkennung nur einfache Namensschilder vortragen ließ. Ein ästhetischer und gewiß auch das Wesen der Sache berührender Fortschritt zeigte sich im Gegensatz der neuen kleidsamen und einfachen Schützentracht gegen die in einigen Exemplaren vertretenen alten Schützengilden, deren Offiziere mit hochbefiederten Stürmern, schweren silbernen Epauletten und glänzenden Bande lieren daherschritten. Einen noch interessantem Gegensatz boten die Tyroler und die auf sie folgende kleine Schaar der Braunschweiger. Jene, mit ihrer alter- thümlichen Musik, aus Trommel und Querpfeife bestehend, und ihrem riesigen, rothgekleideten Bannerträger, zeigten viele alte, verwetterte Gestalten, mit alter- thümlichen, schweren, seltsam geformten Büchsen, deren Gestalten so mannichfach warm wie die Trachten der Schützen selbst, überließen sich, besonders am Schluß de- ZugS einer ausschweifenden Lustigkeit mit Jodeln und Springen und Ge sang, während die Braunschweiger nicht einen Augenblick ihre gemessene Haltung verloren. Ueberhaupt herrschte, als der Zug sich um Mittag in Bewegung setzte, eine große Ordnung, aber auch große Stille; später als man wärmer geworden war, waren die Reihen etwas gelockert, und ein Hoch folgte aufs andere und man konnte aus allem die Zufriedenheit der Gäste mit der ihnm gewordenen Ausnahme heraushören. Hmte Mittag gegen 12 Uhr überreichte unter Führung des Generalcon- sulS Murphy eine Deputation amerikanischer Bürger das für die deutschen Schützen gestiftete amerikanische Stemmbanner. Nachdem Herr Murphy die Begrüßungsrede für die Amerikaner in englischer Sprache gesprochen, nahm der ConsulatSsecretär Gläser das Wort, um im Namen der Deutschen in Amerika zu redm und die Adresse derselben zu verlesen, vr. Friedleben von hier dankt und verspricht, daß an dem Tage, wo das deutsche Parlament in Frankfurt einziehe, das amerikanische Banner im deutschen Washington wehm sollte. Bei dem heutigen Banket in der Festhalle erregte besonder- die Rede von Schnlze-Dclitzsch allgemeinen Enthusiasmus; dmn dieser sprach von dem deutschen Schützenbunde und dem deutschen Turuerbund als dem Vorparlament, welche- zum wirklich« deutschen Parlament führe. Regierungspräsident Schenck au- Bem ist der erste Schweizer, welcher die Rednerbühne betritt; rauschender Npplau- empfängt ihn. Er sprach ungefähr Folgende-: „Mein Gruß dem groß« deutschen Lande; ich komme, um euch die Gefühle au-zudrücken, welche die Schweiz beseelen bei dem großen deutsch« BundeSschießm; unser Herz ist voll der Freude, e- stießt über voll Dank gegen die, welche un- geladen. Schon bei unsere« Zuge hierher, überall, wo wir geruht, stogm uuS die Herz« «t- aeg«, und ein Aubel ging mit uu- durch da» ganze deutsche Reich vom Rhein hiocher. Wie Brüder nahm mau uu- auf an dieser Stätte. Hier aber kam un- erst die aanze große Wichtigkeit de- Feste- zum Verstäudniß. Hier erst erhielt« wir me Empfäugniß von dem mächtig« deutsch« Reiche, hier hab« wir gelernt, wa- «- heißt, wen» die hehre Germania ihre Fahnen entfaltet. Wir fühlen, daß wir, obschon glücklich, doch nur ein kleine- Volk sind gegenüber dieser großen deutschen Herrlichkeit. Möge von diesem Feste da- wahre Licht und die Freiheit ausgehen über Deutschlands Gauen und Länder, mö gen euch die Schützenfeste werden, was sie un- geworden; von chnen au- kam uns die wahre Freiheit, durch die Schützenfeste ging die Kunde derselben von Her; zu Herz, von Gau zu Gau. Deutsche Brüder! wir hoffen, daß auch ihr da- gleiche Ziel durch die Schützenfeste erreicht; und jetzt, Schweizer Brüder, Gdgenoffen! erhebt euch, und ein donnerndes Hoch erschalle auf Frankfurt und durch dasselbe auf ganz Deutschland; Frankfurt hoch!" Den Jubel zu beschreiben, der dieser Rede folgte, ist nicht möglich; nur durch eigene Anschauung kann man sich solche Begeisterung erklären. Als charakteristisch sei noch erwähnt, daß sich die Tyroler 4 Geistliche mitgebracht haben! Zeitungen. Sachsen. Die Zahl der sächs. industriellen Aussteller in London belief sich, einschließlich von 7 Reußen j. L., auf 195, die Zahl der ausgetheilten Preismedaillen beträgt 66, der Auszeichnungen überhaupt 117. Von voigt- ländischen Industriellen erhielten Medaillen: Gebrüder Schuster und Michael Schuster in Markneukirchen Klaffe 16 ; Gustav Seifert in Auer bach Kl. 18; Facilides u. Wiede in Plauen Kl. 21; ehrenvolle Erwähnungen: Friedrich Aug. Otto in Markneukirchen Kl. 16: Robert Klemm in Plauen Kl. 18. Dresden, 15. Juli. Polizeidirector von Carlowitz ist auS Gesund heitsrücksichten auf sein Ansuchen in Wartegeld versetzt, Geh. RegierungSrath Uhde zum Polizeidirector ernannt, dem Polizeirathe Schwa uß da- Dienst- Prädikat als RegierungSrath verliehen worden. Als am 5. Vormittags der Gottesdienst in der Synagoge in Dresden beendet war und die Gemeinde den Tempel verließ, geriethen auf dem Nach hauseweg zwei Israeliten, ein schon bejahrter und ein noch junger Mann, in einen äußerst heftigen Wortwechsel, der sich bis zum Ausbruch der grimmigst« Wuth gestaltete. Das Publikum, schon aufstützig gemacht, erstaunte aber noch mehr, als die Bekenner des alten Testaments sich plötzlich in die Haare fuhr«, sich rauften, sich gegenseitig Schellen steckten und sich mit Püffen tractirten, daß es nur so eine Art hatte, — eine schöne Nachfeier nach Vollendung de- Tempelganges. In Radeberg ist ein Packträgerinstitut mit einem Packträger eröffnet worden. Seit Eröffnung der Anstalt soll es noch keinem Radeberger wider fahren sein, daß er die Nummer des dienenden Geistes vergessen hätte. Chemnitz, 13. Juli. Während, wie versichert wird, dermalen die Ge schäfte in einigen Zweigen der Manufacturwaarenbranche etwas lebhafter zu werden beginnen und leidliche Aufträge vorliegen, namentlich auch die ange füllten Lager von Strumpfwaaren einigen Absatz find«, da das Bedürfniß nach dergleichen Waaren sich geltend macht, wird leider die BaumwollkrifiS immer bedenklicher. Der Preis der Baumwolle ist zu einer solchen schwindeln den Höhe aufgestiegen, daß er über den Preis deS Fabrikats weit hinauSgeht, und so dürfte leider zu befürchten sein, daß binnen nächster Zett manche Garn- spirmerei ihren Betrieb wird einstellen müssen. -'- HAad Elster. Nr. 34 der Curliste weist bis zum 13. Juli in 726 PartÄchi. 1217 Personen nach. Präsent: 678 Personen. Untep unsern diesjährigen Badegästen befinden sich auch Se. Durchlaucht der Erbprinz Heinrich XIV. Reuß j. L. mit Gemahlin (geb. Herzogin zu Wür- temberg königl. Hoheit), Höchstwelche mit ihren Kindern, dem Prinzen Heinrich XXVII. und der Prinzessin Elisabeth am 9. d. M. von Schleiz hier eiugetroffen sind und im Hotel „Zum sächsischen Hofe" Quartier gmommen hab«. Preußen. Aus Halle, 13. Juli, wird der A. Pr. Ztg. über ein« Confiict zwischen Studenten und Arbeitern Folgendes gemeldet: „In Anlaß deS jährlich« RectoratSwechsels am 12. Juli war, wie bisher, auch dießmal der Studentenschaft die Erlaubniß zu einem Fackelzug bei dem abgehend« resp. neueintretenden Rector und dem Universitäts-Curator ertheilt, dabei jedoch seitm- der Polizei den Chargirten der Corps ausdrücklich zur Pflicht gemacht worden, allem vorzeitig« Auftreten der Randalir-Füchse zu steuern. Der abgegeben« Zusicherungen ungeachtet trieben diese indeß ihr provocirende- Wes« bereit- im Laufe de- Tage- und führten auf diese Weise vor dem KlauSthore Conflicte mit Fuhrleuten nnd Arbeite« herbei, die sich zu erheblich« Schlägereien und einem außerordentlich« Zusammenlaufe von Menschen vor dem gedacht« Thore und auf dem Markte steigerten. Gegm Abend mußte zur Requisition des MilitairS um Verstärkung der Wache geschritten werd«. Nachdem der Marktplatz, auf den alle größer« Straß« der Stadt an-münd«, gesäubert und der Zugang zu demselben gesperrt, auch der vor dem Thore in einer Tabagie zusammw-edrängte Theil der Studenten in die Stadt hineine-cortirt war, zerstreute sich die Bol-meuge bald, so daß da- Militair gegm 16 Uhr wieder m seine Quartiere entlass« werd« konnte. Die anfänglich verbreitet« Gerüchte von mehrfachen schwer« Körper-Beschädigung« resp. Tödtungen hab« sich glücklicherweise al- unrichtig herau-gestellt und beschränk« siL die erster«