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WgliiinWtr AMiger Dieses Blatr erscheint wöchentlich viermal, und zwar Dienstags, Mittwochs, Donnerstag- und Sonnabends. Jährlicher AbonuementSprei», welcher prän»»»- rnnäo zu entrichten ist, auch vei Beziehung durch die Post, 1 Lhlr. 26 Ngr. — Annoncen, die bi- Vormittags 11 Uhr eingeben, werde» in die Tag- darauf erscheinende Kammer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Rar. für die gespaltene Torpu--Zeile berechnet. Einzeilig« mit 2 Ngr. — Für die auswärtigen Kömgl. Gerichtsämter und Stadträthe, für welche der Voigtländische Anzeiger Amtsblatt bestehen die Geschäftsstellen in Pausa tri Herrn Bürgermeister Lehmann, in Elsterberg bei Herrn F. W. Feustel, in Schöneck bei Herrn Eduard Meyer, in Mühltroff bei Herrn Lhauffeegelder-Eumehmer Holzmüller. für das Königliche Bezirksgericht zu Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. Dreiundsiebenzigfler Fahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plaue». Donnerstag. -»F IIL. 11. IM 18«. DaS Genossenschafts- oder Assoziationswesen ist in Plauen und unseres Wissens im ganzen Voigtlande noch viel zu wenig gekannt und in seinen segensreichen Erfolgen gewürdigt. Und doch hat eS sich in den letzten zehn Jahren, seit Schulze-Delitzsch in seiner Vaterstadt einen kleinen Anfang damit machte, allmählig zu einer Volkswirthschaftlichen Bewegung von ganz entschieden namhaften Erfolge entwickelt. Was allein die Credit-Vereine oder Kredit-Genossenschaften betrifft, von denen endlich auch einer in Plauen müh sam zu Stande gebracht worden ist, so ist ihre Zahl vom September 1859 htS zum Mai 1861 in ganz Deutschland von 8V auf 133, in Sachsen allein auf 36 gestiegen, die Milgliederzahl hat sich, wie die geleisteten Vorschüsse, Ge schäftsantheile der Theilnehmer und die Reservefonds, während dieser kurzen Zeit verdoppelt, und was die Hauptsache ist, aus armen, abhängigen Leu ten sind durch das Band gemeinsamer Vertretung creditfähige, sich hebende Männer geworden, die daS Bewußtsein haben, Credit beanspruchen,zu dürfen, ohne darum betteln zu müssen. Es ist aber ein gehöriger Unterschied, ob der kleine Gewerbsmann im Bezug auf Credit von dem Wohlwollen eines Dritten abhängt, oder ob er den Credit fordern darf als ein Recht, das jedem Theil- wehmer zusteht. Daß dadurch das Selbstbewußtsein und das Selbstgefühl der Mitglieder eben so, wie das materielle Wohl wachsen muß, liegt auf der Hand. Gleichzeitig bilden sich die Credit-Genoffenschaften immer mehr zu wMichm Depositenbanken aus, indem sie disponible Summen von größerem oder geringerem Betrage annehmen und sich verpflichten, dieselbe mit Jnnehäl- tung gewisser Kündigungsfristen zurückzuzahlen. Bei jedem Gewerbsbetriebe treten im Jahre Zeiträume ein, in denen größere Ausgaben oder größere Ein nahmen vorkommen. Die Gelder, welche der Gewerbsmann nicht augenblicklich bräucht, übergiebt er der Sparkasse der Borschußbank, um sie, sobald er sie braucht, mit fünfprozentigen Zinsen zurückzuholen. Die Spareinlagen haben im Jahre 1860 fast die Hälfte der BetriebScapitalien erreicht. Neuerdings denkt man nun auch daran, den Gedanken des Genossenschafts wesens auch für die Zwecke der Landwirthschaft fruchtbringend zu machen. Bekannt ist, daß es der Landwirthschaft trotz ihres Grund und Bodens gar schr an dem nöthigen Betriebskapitale mangelt, und daß die vielfachen Ver besserungen, welche die Wissenschaft und die Technik von der Landwirthschaft fordern, an dem mangelnden Credit scheitern. Ein junger Kauf- oder Gewerbs- männ erhält bei seiner Etablirung die nöthigen Waaren ohne Schwierigkeit crtditirt; dem Landwirthe wird es trotz seines Grund und Bodens nicht selten schwer, zu Bodenverbesserungen Geld zu erhalten. In Etwas, aber nicht ganz läßt sich diese Erscheinung dadurch erklären, daß dem Handel - und Gewerb- treib enden das Kapital in kurzer Zeit und zwar stetig zurückkehrt, während der Landwirth die Kosten seiner Bodenverbesserungen erst nach Jahren zurückerstattet erhält, Genug, die Landwirthschaft begreift endlich auch, daß sie durch solida- rische Hast — Alle für Ein«, Einer für Alle — sich leicht in den Besitz der nöthigen Betriebsmittel setzest kann, und ist ein solcher Erfolg staats- und völkswirthschastsich wichtig, da jede Erleichterung deS ländwirchsLästlich« Be- trKVS und jehie Mehptrzeugung der Rohstoffe Am Wohle d^ nür - dienlich sein kann. Außer zu'den Zwecken gegenseitigen Credits sind in Euglarch und Frankreich auch Genossenschaften zu gemeinsames Prodhction oder E^eliguna «Wache«, von deM etvMe, ohne alle UnteMtznüg des Htaäte- '«A> M ? Gemeinden, staunenswerthe Erfolge erzielt haben. 1848 thaten sich in Paris 16 Maurer zu einer Genossenschaft zusammen, die gegen solidarische Haft ein kleines Kapital aufnahmen, mit dem sie erst kleinere, dann größere Bauten auS- führten. 1858 war die Genossenschaft bis zu 200 Mitglieder angewachsen und in diesem einen Jahre machte sie in Bauten einGeschäft von 1 Mill. 231,000 Franken mit einem Reingewinn von 130,000 Franken, wovon 30,000 Frank« zum Reservefond und 100,000 Franken als Dividende zu 60 Proz. der Arbeit, und zu 40 Proz. dem Kapital zugewiesen wurden. Außerdem besitzt die Ge nossenschaft geräumige Baulichkeiten, die von den Mitgliedern großentheilS be wohnt werden, eine Bibliothek, Unterrichtslokale rc. Aehnliche Erfolge weist eine Buchdrucker-Genossenschaft auf, die 1849 mit 16 Mitgliedern eine Buch druckerei für 80,000 Franken auf Credit übernahm und 1859, nachdem der 10jährige Contract abgelaufen war, ihren Theilnehmern außerdem bereits ge zahlten Arbeitslöhne, nach Rückerstattung der geliehenen Summe, Dividend« von 7— 18,000 Franken auszahlen konnte. — In England hat sich daS Ge nossenschaftswesen auf dem Gebiete der fabrikmäßigen Erzeugung entwickelt. Anfangs verbanden sich dort Arbeiter zu gemeinschaftlichem Ankauf ihrer Lebens bedürfnisse, endlich wagte man sich auch auf daS Gebiet der fabrikmäßigen Er zeugung im Großen. 1859 befanden sich in einer einzigen Grafschaft (Kreis) 30 solcher Unternehmung« von mehr als 1 Mill. Pfund Sterling, wovon etwa drei Viertel aus ratenweisen eingezahlten Ersparnissen der Arbeiter. Die Eig«- thümer arbeiten, soweit die Arbeit reicht, in ihrer eigmen Fabrik um d« ge wöhnlichen Lohn; diese genossenschaftlichen Fabrikgeschafte gehen aber so gut, daß die Dividende bei manchen schon 30 — 40 Prozent überschritten hat; kein Wunder, daß ihre Zahl stetig steigt. In Deutschland sind zur Zeit noch keine so glänzend« Erfolge des Ge nossenschaftswesens auf dem Gebiete der Erzeugung aufzuweisen. Es fehlt dem deutschen Arbeiter, bei allem seinem Fleiße und seiner Anstelligkeit, der Unter nehmungsgeist, die Thatkrast, die Ausdauer des englisch« Arbeiters. Der Ge danke des Genossenschaftswesens fängt indessen doch schon an, Wurzel zu schlagen, und es sollen bereits in unserem Sachsen, in Werdau und Markneukirchen, m Schlesien, Nassau und in den Rheinprovinz« Vereinigung« von Fabrikarbeitern in den Fächern der Baumwollspinnerei, der Jnstrumentenfabrikation, Weberei re. sich gebildet haben. In Bezug auf den handwerksmäßigen Betrieb durch Genossenschaften sind schon seit Jahren Versuche gemacht worden, die bis auf wenige AuSuahm« nicht befriedigend ausgefallen sind. Es sind darunter nicht Vereinigung« oder Genossenschäften von Handwerkern zu verstehen, die ihre Rohstoffe gemeinschaft lich einkaüfen (Schuhmacher, Schneider, Tischler rc.), um sich die Vortheile deS Engrosbezugs zu sichern, oder gemeinschaftlich Maschinen ankauf« und diHe dann stundenweise zu billig« Preisen an die Theilnehuper vermietheu, oder die, welche ihre gewerblich« Erzeugnisse in gemeinschaftlichen Lad« mm Berkaus ast-stellen. Solche Bereinigung« sind in her Regel von großem Lrfosg. ES soff« vielmehr hierunter solche Genossenschaft« verstand« Md«, die, wie Hw Fabrikarbeiter, nach einer Planmäßig« ArbeitStheilung verfahren. Derartige Genoffenschaftsversuche ßnd «wist hn^er ausgcgeb« chhrd«, weil eS Meist«, d. H bereits selbstständige HandMher war«, die m gemeinsamem Gewerks betneb zusammeHrat«. Der Handwerksmeister dirrgirte bereitstem griM« oder Mere- Geschäft, Mt über einen oder mehr gesellen und Lchchnge.