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Voiglliindischtt Anzeiger. Amtsblatt für das Königliche Bezirksgericht zu Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. DreilmststebenMster Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plaue». Diese- Blatt erscheint wöchentlich viermal, und zwar Dienstag-, Mittwochs, Donnerstags und Sonnabends. Jährlicher Lbouuemeut-Prei», welcher präauwo- raocko z« entrichten ist, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Thlr. 26 Ngr. — Annoncen, die bis Vormittags 11 Uhr eingehe», werden in die Tag« darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene Lorpu«-Zeile berechnet. Einzeilige mit 2 Ngr. — Für die auswärtigen König!. Gerichtsämter und Stadträthe, für welche der Boigtländische Anzeiger Amtsblatt rst, bestehen die Geschäftsstellen tu Pausa bei Herru Bürgermeister Lehmann, in Elsterberg bei Herrn F. W. Feustel, in Schöneck bei Herrn Eduard Meyer, in Mühltroff bei Herrn Lhauffeegelder-Emuehmer Holzmüll«. Sonnabend. 28. Juni 1862. In den jüngst verflossenen Tagen hat unS die kurhessische Verfassungs angelegenheit stark in Trab gesetzt. Die Telegramme, welche die preuß. Eisenbahnen für Militärtransporte in Beschlag nahmen; den rückgängigen CourS und Verkauf österreichischer Papiere an den Börsen und gerüchtweise den Einmarsch der Pickelhauben in Kurheffen meldeten, machten bange, daß die Elfersucht und Nebenbuhlerschaft -wischen Oesterreich und Preußen oder der Streit um Klein- oder Großdeutschland wieder, wie bei Bronzell, zu einem Zusammenstöße führen werde, bei dem Kurhessen den Prügeljungen abgeben müsse. Aber wir hatten glücklicher Weise vergeblich gefürchtet. Eben so schnell, wie der Telegraphendraht die MarschordreS befördert hatte, sausten auch die GegenordreS hinterdrein, die Militärtransporte unter blieben, die Kaufleute können ihre Waaren wieder ungehindert auf den preuß. Bahnen beziehen, Preußen und der Bund sind befriedigt, alle Be sorgniß ist verschwunden, die Pickelhauben gehen wieder heim, nur die Kurhessen klagen und jammern ärger, als zuvor. Woher dieß? Hat ja doch der Kurfürst dem Bundesbeschlusse, dem Wunsche Preußens und des kurhessischen Volkes gewillfahrt, dle Verfassung von 1831 wieder hergcstellt, das Ministerium Abee abeefallen lassen, ja sogar das freisinnige Wahlgesetz von 1849, noch über die preuß. Forderungen hinaus, wieder eingeführt! Formell, d. h. der Form nach ist allerdings Alles geschehen, waS dle Kur hessen und alle Freunde staatlichen Rechts, der deutsche Bund mit Einschluß Preußens wünschte; darum marschiren auch die Pickelhauben nicht. Aber heut zu Tage weiß jedes Kind, daß es nicht auf den Buchstaben einer Verfassung ankommt, sondern auf den Geist, in dem sie gehandhabt wird, auf daS wie mit einer Verfassung umgegaugen wird. An sich ist jede Verfassung, auch die beste und frelsiunigste, ein todteS Papier, dem die Männer, die Minister, die RegicrungSleute erst den rechten Odem und Geist einhauchen müssen, wenn sie einem Volke zum Segen werden soll; drehen und wenden, auSlegen und verdrehen läßt sich aber auch die beste, frei sinnigste Verfassung so, daß die Minister, trotz derselben, machen können, WaS sie wollen, sobald sie keine aufrichtigen, ehrlichen, verfassungstreuen Männer sind und sein wollen. Baiern hat, während von tur Pfordten dort Minister war, unter derselben Verfassung geseufzt und geknirscht, unter der es sich jetzt so glücklich fühlt. Hassenpflug hat seiner Zeit auch mit der Verfassung von 1831 in Kurheffen regiert, aber wie! Und so fürchtet denn ganz Kurheffen und mit diesem daS ganze Deutschland, das neue kurhessische Ministerium Dehn-Rothfelser werde und könne seiner ganzen Natur nach mit der wiederhergestellten Verfassung von 1831 nicht besser umspringen, als dieß Ehren Hass^npflug seiner Zeit in Hessen, Manteuffel in Preußen mit der preuß. Verfassung gethan, da ja alle Gesetze, Verord nungen rc. seit 1851 und die „Erläuterung" der Verfassung von 1831, durch welche Erläuterung aber die wiederhergestellte Verfassung vernich tet werden könne, nicht aufgehoben seien. Man meint so: Wie sollen Männer, deren ganzes Leben und Thun bewiesen hat, daß sie eine Ver fassung nur als Schild und Deckel für Willkür betrachten und benutzen, auf einmal aufrichtig und redlich die Rechte deS Volkes achten und ein Regiment führen, an dem Kurhessen und Deutschland seine Freude hat? Dieß, meint man, sei nicht möglich; denn, wie die Katze bet dem besten Willen ihrer Natur nach das Mausen nicht lassen könne, so könnten auch die neuen kurhessischen Minister nicht über Nacht ihre Willkürgelüste ablegen und redlich und treu nach der Verfassung regieren. DaS preuß. Ministerium freilich dürfe solche Zweifel nicht aussprechen. Sitze eS ja doch selbst dem ganzen preuß. Volke — mit Ausnahme einer winzig kleinen Partei — zum Aerger auf den Ministerstühlen! Traue ihm doch selber Niemand etwas Gutes zu! Wie hätte denn dieses selbige preuß. Ministe rium der kurhessischen Kollegenschaft sagen wollen: Ihr genießt daS Ver trauen deS Volkes nicht, steigt herab von Euern Ministerstühlen und laßt Leute hinauf, von denen Jedermann mit Grund Gutes erwarten darf! Würden Dehn-Rotfelser und Genossen nicht mit dem größten Fug und Recht antworten: Kehrt erst vor Euerer Thüre! Zieht erst den Balken auS Euerem Auge! — Und welche Macht sei denn berechtigt, dem souverainen Kurfürsten von Hessen vorzuschreiben, welche Männer er zu Ministern zu ernennen oder nicht zu ernennen habe? WaS würde denn dann aus der Souverainität oder dem landesherrlichen Rechte? Die jetzigen preußischen Minister müßten die Dinge nunmehr in Kurhessen ganz in Ordnung finden, eS sei ja die Form gerettet! — UnS will scheinen, die kurhessische Frage selbst werde erst dann als wirklich gelöst, die klaffende Wunde mitten in Deutschland als geheilt zu betrachten sein, wenn in Kurhessen deS BaiernkönigS herrliches Wort: „Ich will Frieden haben mit meinem Volke!" wie in Baiern, Wahrheit geworden ist, wozu freilich die neuen Minister wenig Hoffnung geben. Hat eS sich aber, wie eS heißt, bei der Bildung deS neuen Ministeriums in Kassel um preußisch-kleindeutsche und österrei chisch-großdeutsche Zwecke gehandelt und Oesterreich wirklich die Bolzen zu diesem Meisterschüsse gegen Preußen und dessen Geltung in Kurhessen und Deutschland geschnitzt, so sieht die ganze großartige Marschbereitschaft von 60 — 70,000 Pickelhauben, die seit dem 18. Mai täglich 12,000 Thlr. kostete, und daS davon erlangte Ergebniß den Rückzügen von Bronzell und Ollmütz so ähnlich, wie eine diplomatische Ohrfeige der andern, und mit den preußisch-moralischen Eroberungen in Deutschland hat'S wieder für lange Zeit gute Wege! Zeitungen. Sachsen. Seit Sommers Anfang besteht, nach dem Vorgänge größerer Städte, auch in Plauen an der Bahnhofstraße eine „Trink- Halle," worin kohlensaures Wasser verkauft wird. Wir können für die fleißige Benutzung dieser ganz modernen Anstalt nur wünschen, daß recht bald anhaltende Sommerwärme eintreten möge. Plauen, 27. Juni. Der voigtländische Sängerbund. Der Aufruf an die Sänger deS VoigtlandeS vom 17. Febr. a. o., in Nr. 27 dieses Blattes, hat zu einem erfreulichen Ziele geführt. ES hat sich ei» voigtländischer Sängerbund gebildet, dessen Zweck die gemeinsame Pflege deS deutschen MännergesangS ist und welcher statutengemäß auf 3 Jahre Plauen als Vorort sich gewählt und den Anschluß an den zu gründenden deutschen Sängerbund beschlossen hat. Demselben beigetreten sind bis jetzt 32 Gesangvereine auS den Ortschaften: Adorf, Asch, Auerbach, Ellefeld, Falkenstein, Greiz, Lengenfeld, Lobenstein, Markneukirchen, Mühltroff, Mylau, Netzschkau, OelSnitz, Plauen, Reichenbach, Rodewisch, Roßbach, Schleiz,, VoigtSberg, Zeulenroda, mit ca. 800 Mitgliedern, und eS steht