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Voiglländischer Anzeigtr. Amtsblatt für das Königliche Bezirksgericht zu Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. Dreilmdstekenzigfler Jahrgang. Verantwortliche Redaktion, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht m Pkaven. Diese« Blatt erscheint wöchentlich viermal, und zwar Dienst aa», Mittwoch«, Donnerstag« und Sonnabend«. Jährlicher LbO»neme»t«prei«, welcher pniauma- «»äo za entrichten ist, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Thlr. 26 Rgr. — Annoncen, die bi« Bormittag« 11 Uhr eingehe», werd« tu die Tag« darmrs erscheinende Rümmer ausgenommen, später eingehende Annoncen staden in der nächstfolgenden Nummer Aufuahme. — Inserate werd« mit 1 Nar. für die gespaltene Lorpu«-Aeile berechnet. Einzellige mit 2 Ngr. — Für die auswärtigen König!. Gerichtsämter und Stadträthe, für welche der Voigtländische Anzeiger Amtsblatt tst, besteh« die Geschäftsstellen in Pausa bei Herrn Bürgermeister Lehmann, in Elsterberg bei Herrn F. W. Feustel, in Schöneck bei Herrn Eduard Meyer, in Mühltroff bei Her« Ehaaffeegelder-Einuehmer Holzmüller. Donnerstag. OO» 26. Juni 1862. Zeitungen. Sachsen. Dresden, 24. Juni. (Landtag.) Die erste Kammer hat in ihrer heutigen Sitzung die Berathung der Verträge zwischen dem Zollverein und Frankreich beendigt und in der Schlußabstimmung dieselben nach den Anträgen ihrer Finanzdeputation und conform mit den Beschlüssen der zweiten Kammer einstimmig angenommen. — Die zweite Kammer be schäftigte sich mit Petitionen, genehmigte sodann die Anwendung deS ErpropriationSgesetzeS für den Bau einer Eisenbahn von Greiz nach der sächsisch-bairischen StaatSeisenbahn, und erledigte die einzige bei den Ver trägen mit Frankreich bestehende Differenz hinsichtlich der Chemnitzer Spinnerpetition durch Beitritt zu dem Beschlusse der jenseitigen Kammer. Der heurige Frühling, der als ein so freundlicher und gerne gesehener Gast bri unS eingekehrt war und diesen Charakter so lange treulich be wahrte, ist kurz vor seiner Abreise kläglich umgeschlagen und hat als un freundlicher, naßkalter Kunde Abschied von unS genommen. Mit demselben verdrüßlichen Gesichte trat auch der Sommer ein und verleugnete sein Naturell so schmählich, daß wir zu Johannis kaum noch 6" R. Wärme zusammenbrachten, und ein „Lauscherle" in den Oefen nöthig und angenehm wurde, während wir am 1. Pfingstseiertagc 25" R. im Schatten hatten. Zm batrischen Hochlande bei Partenklrchen hat'S gar geschneit! Nichts destoweniger lauten die Berichte über den Stand der Früchte auf den Fluren, in den Gärten und Bergen, die Oelfrüchte abgerechnet, auS allen Erdgegenden höchst erfreulich. Die Winzer phantasiren bereits von einem Weinjahre, das 1811 noch übertreffen werde, der Obstsegen in den Obst gegenden wird als überaus reichlich geschildert, und die frühe Reife der Früchte in diesem Jahre hat sich selbst im Voigtlande, in Plauen als eine überraschende bewiesen, da auf hiesigen Pfaffenfeldern erbaute reife Früh kartoffeln schon am 1. Pfingstfeiertage, am 8. Juni, verspeist wurden, ein Fall, der vielleicht, seit cS Kartoffeln im Voigtlande gicbt, noch nicht vor gekommen sein dürste. Die Regengüsse und darauf folgenden kühlen jüngsten Tage haben auch den alten Aberglauben von den Märzennebeln, die nach 100 Tagen sich abregnen sollen und müssen, wieder aufgefrischt. Als ob, wie im November, im März die Nebel, im Juni Gewitter nicht eben ganz in der Natur und Beschaffenheit dieser Jahreszeiten lägen! Wo sind denn die Märzncbel während der verflossenen, wunderschönen, zum Theil trockenen Monate gesteckt? Wo blieben sie denn im vorigen Jahre, da wir während deS April und Mai halb erfroren und ertranken? Aber solcher alter Aber glaube klebt wie Pech in den Köpfen! Bad Elster. Nr. 22 der Curliste weist bis zum 22. Juni in 486 Parteien 816 Personen nach. Präsent: 592 Personen. Preußen. Berlin, 23. Juni. Gestern Abend war dem hier garnisomrenden zweiten Garderegiment die Ordre zum Abmarsch an die kurhessisch-thüringische Grenze für Dienstag, den 24. Juni, Morgens 3 Uhr zugegangen. Infolge dessen hatten die Garde-Füseliere bereits die Caser venwachen bezogen, das Regiment war coneentrirt und Alles zum Abmarsche bereit. Heute Nachmittag tst der Befehl zurückgenommen worden. ES ist dies die Folge deS heute Vormittag unter dem Vorsitze Sr. Majestät des Königs und in Anwesenheit Sr. Königlichen Hoheit deS Kronprinzen ab gehaltenen MtntsterratheS. An die Commandtrenden deS vierten und siebenten ArmeecorpS sind telegraphische Befehle zur Sistirung der zum Theil in Ausführung begriffenen Marschordre abgegangen. Berlin, 23. Juni. Die neueste Wendung der Dinge in Kassel be schäftigt hier heute alle politischen Kreise. Nachdem daS Zustandekommen deS Ministeriums Loßberg-Wiegand bereits gesichert erschien, erfuhr man hier zu Anfang voriger Woche, daß der Kurfürst wieder einen reactionairen Rückfall habe. Darauf bezog sich der neuliche Artikel der Sternzeitung, welcher damit drohte, daß Preußen seinen „unverminderten militairischen Anordnungen diejenige Folge geben werde, welche nur wegen der Hoffnung auf Bereitwilligkeit in Kassel aufgeschoben worden ist." Zu gleicher Zeit ward in Kassel ein neues sogenanntes Ultimatum übergeben, welches bis zum 21. Juni daS Zustandekommen deS neuen Ministeriums verlangte, widrigenfalls werde man vorrücken. Die Forderung dieses Ultimatum- ist jetzt erfüllt, am 21. Juni hatte der Kurfürst sein neues Ministerium fertig. Aber leider besteht eS auS erklärten Gegnern der Verfassung von 1831. Als die Nachricht von der Bildung deS Ministeriums Dehn-Rot- felser hier eintraf, war die erste Folge der sofortige Befehl zum Borrücken der Truppen gegen Kurhessen. Da traf auS Kassel die zweite Ueberraschung ein, nämlich, daß das Programm deS neuen Ministeriums in der Wieder herstellung der Verfassung von 1831 nebst dem Wahlgesetz von 1849 be stehe und daß der Kurfürst dieses Programm genehmigt habe. Infolge davon sind die militairischen Maßregeln bereits wieder fistirt. Allerdings ist eS schwer einzusehen, wie Preußen, wenigstens wie daS jetzige preußi sche Ministerium, ein militairischeS Einschreiten in Hessen rechtfertigen wollte. Indem er auch daS Wahlgesetz von 1849 herstellt, überbietet der Kurfürst den Grafen Bernstorff noch an „Verfassungsmäßigkeit." Auch die Genugthuung, welche Preußen für die beleidigende Behandlung Hrn. v. Willisen'S verlangt hatte, ist durch die Entlassung deS Ministerium- Abee-Vollmar geleistet worden. Freilich hat Preußen zugleich die Ein setzung eines aufrichtig verfassungstreuen Ministeriums verlangt. Aber wer will denn beweisen, daß Hr. v. Dehn-Rotfelser und Stiernberg nicht ausrichtig verfassungstreu sind? Die Herren v. d. Heydt und Roon und Jagow wenigstens werden eS nicht. Erklärt doch Hr. v. d. Heydt täg lich, man möge ihn nur ja nicht nach seiner Vergangenheit, sondern nach seinen jetzigen Handlungen beurtheilen. Und vollends Hr. v. Roon hat offen in der Kammer ausgesprochen, er sei nur deShalo liberal, weil der König eö befehle, und er sei eS nur, so weit und so lange der König e- befehle. Wollte also jetzt Preußen gegen daS neue hessische Cabinet Ein wendungen erheben, so würde der Kurfürst ohne Zweifel antworten, seine neuen Minister ständen zur Verfassung von 1831 gerade so, wie die jetzi gen preußischen Minister zum Programm von 1858. Gewonnen ist nun jedenfalls so viel, daß die Kurheffen wieder auf ihrem anerkannten ver fassungsmäßigen RechtSboden stehen. Freilich ist aber ebenso gewiß, daß jetzt nur eine neue Phase des Verfassungskampfes besinnt und daß die Hessen ihren RechtSboden gegen eine fortlaufende Reihe von Angriffen werden zu Vertheidigen haben. Kurhesse«. Kassel, 23. Juni. Die Aufregung der Bevölkerung hier und, Briefen zufolge, i« ganzen Lande ist ungeheuer. Endlich, end lich hatte man geglaubt, mit preußischer Hilfe jenen Zustand lo- zu sein.