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45V großen MorSkoia und in der Poststraße angekündigt und daß in diesen Straßen die Thore gesperrt sind und die Hausmeister Auftrag haben, je den Eintretenden nach seinem Begehren rc. zu befragen. Ein exemplari sches Beispiel thut noth, ich weiß aber überhaupt nicht, ob schon Brand stifter verhaftet wurden." Amerika. Neber die Schlacht bei Richmond vom 30. und 31. Mai melden telegraphische Depeschen noch Folgendes: Am ersten Schlacht tage durchbrachen die Südländer die Reihen des Feindes, nahmen ihm 19 Kanonen und seine Bagage ab und machten eine Anzahl Unionisten zu Gefangenen, doch gelang eS den Brigaden Heinhelmann und Kearney wie anderen gegen sie entsandten TruppencorpS, daS verlorene Terrain zurück zu erobern. Auch am folgenden Tage waren eö wiederum die Süd länder, von welchen der Angriff auSging. Sie wurden auf allen Punkten zurückgeschlagen, doch nahmen sie die erbeuteten Kanonen und die Gefangenen mit sich. (Mit dem großen Siege deS UnionS-Heeres — denn als solcher ward er in New-York auSposaunt — scheint es also nicht weit her zu sem.) Mexiko. Die „Patrie" vom 14. Juni meldet aus Veracruz vom 15. v. M., daß die Franzosen vor Puebla die ihnen an Zahl weit über legenen Mexikaner geschlagen hätten. Am andern Morgen sollten die Franzosen in Puebla einziehen. Die Guerillas unterbrachen an mehreren Punkten die Communication zwischen Veracruz und Puebla. ES waren aber Maßregeln getroffen, um den Operationen einen glücklichen Erfolg zu sichern. — ES haben sich nun sämmtliche Abtheilungen deS spanischen und deS englischen Expeditionscorps aus Mexiko entfernt. — Laut Briefen auS Veracruz vom 15. Mai betrug die Stärke der bei der Hauptstadt Mexiko stehenden Streitkräfte des Präsidenten Juarez ungefähr 50,000 Mann. Zeitungs-Allerlei. Der frühere Unterricht in Oesterreich. Altösterreich ist nicht in wenigen Jahren zu einem Staate zu machen, der in allgemeiner Volks bildung den vorgeschrittensten gleich steht. Dieß ist eine gerechte Ent gegnung deS Vorwurfs, daß sich im Kaiserstaate vieles noch Ungenügende und Ungeordnete befindet. Aber wenn man Oesterreich jetzt und vor 25 Jahren vergleicht, so muß man einen großartigen Fortschritt anerkennen. So ist namentlich das Schulwesen, besonders in den Ober-Realschulen, jetzt recht gut; wie es früher mit dem Unterrichte aussah, schildert Moritz Hartmann, bekanntermaßen ein böhmischer Bauernsohn, auS der Zeit, in welcher Kaiser Franz II. gesagt haben sollte: „In meinem Staate brauche ich keine Gelehrten", folgendermaßen: Sechs Jahre saßen wir auf den Bänken deö Gymnasiums, um nichts zu thun, als die schönste, fruchtbarste Zeit deS Lebens zu verlieren, als, um die Jahre vorübergehen zu lassen, welche in andern Ländern die Säemonate deS Lebens sind, und brach liegen zu bleiben. Sechs Jahre lernten wir wörtlich lateinische Regeln auswendig, ohne je einen ordentlichen lateinischen Autor ordentlich lesen zu dürfen; vier Jahre lernten wir Griechisch, um am Ende nicht zwei Verse Homer'S übersetzen zu können, und noch lernten wir Lateinisch und Griechisch besser, als unsere Muttersprache. Und erst die Geschichte, die Lehrerin deS Lebens! In unserer Schul-Geographie existirte daS König reich Griechenland noch lange nicht, nachdem Oesterreich eS anerkannt hatte. Wir sollten nicht erfahren, daß man sich selbst gegen einen türki schen Herrn auflehnen könne. Eben so wenig existirte für unS das Kö nigreich Belgien, als eS schon längst blühte. Für sämmtliche Fächer, Lateinisch, Griechisch, Mathematik, Geographie, Geschichte hatten wir einen einzigen Lehrer und dieser war meist ein Bauersohn, der in einem Seminar erzogen worden und Lehrer wurde, nur weil er einem Lehrerorden, z. B. dem der Pianisten, beitrat. Wußte der gute Mann etwas Latein, so hatte er keinen Begriff von der Geschichte oder Mathematik, und umge kehrt. Wie oft kam eS vor, daß ein mittelmäßiger Schüler mehr wußte, als der Lehrer, und daß diesem Unglücklichen vor Verlegenheit, Unwissenheit der Angstschweiß auf die Stirne trat. ES war ein Jammer! Und die so genannten philosophischen Jahrgänge, durch die man hindurch mußte, um zu einem Brodstudium zu gelangen! Sie waren ganz darnach eingerichtet, um dem jungen Menschen allen Geschmack an Spekulation und Wissen zu verderben. Die Philosophie dieser philosophischen Jahrgänge war eine Schul-Philosophie deS 17. Jahrhunderts, wie sie in feststehenden Formeln die Jesuiten vorgetragcn hatten und für die Kant, Fichte, Hegel nicht existirt hatten. In Prag schmuggelte Professor Exnel, der bekannte Her bartiner und später Mitarbeiter an der Schul-Reform, per uaLs einige Herbartische Ideen ein und dafür wurde er gesegnet. Und die Volksschule war noch schlechter, als Gymnasium und Universität. Nur die medicini- schen Facultäten hatten einigen Werth; man hielt damals die Naturwis senschaften noch nicht für „gefährlich." Alte Doctoren, wenn sie in unsere Schulbücher sahen, lachten uns auS oder zuckten mitleidig die Achsel. Sie sprachen dann von den Zetten Kaiser Joseph'S und selbst von den Zeiten, da die Jesuiten alle Schulen inne hatten, als von der guten, alten Zett, da man noch etwas lernen konnte. Doch waren die Jesuiten nicht ganz verschwunden. Der Schreiber dieser Zeilen stand selbst ein Jahr lang als Gymnasiast unter der Zucht eines Ex-Jesuiten, der Präfecl war und wie eine Verknöcherung deö alten Systems auSsah. Die Aufhebung seines Ordens mag er bedauert haben, aber daS schlechtere Schulsystem deS Kaisers Franz ließ er sich gern gefallen. Zu fernen Privatvergnügungen gehörte es, von Zeit zu Zeit die jüdischen Gymnasiasten zu verhöhnen und rhnen bei der Jnscribirung alle möglichen Hindernisse in den Weg zu le gen. Die Juden sollen schachern und nicht Lateinisch lernen, pflegte er zu sagen, und wenn einer ein schlechtes Pensum machte, behauptete er, dieses Volk könne nichts als schachern. Von Auszeichnungen, sogenannten Prämien, waren die Juden an diesem, wie an den meisten Gymnasien, ausgeschlossen, selbst wenn sie die besten Schüler waren. — Ueber eine neue in Berlin aufgestellte Schuh- und Stiefelbesohl- Maschine erfährt man nachstehende Details. Der Stiefel, welcher mit dieser Maschine besohlt werden soll, muß zunächst so weit fertig sein, daß die Sohle aus dem Oberzeug aufgeheftet und der Absatz ebensaUS ange- klebt ist; dann wird der Stiefel auf einen eisernen Leisten gespannt, der auf einem stellbaren Kugelgelenke ruht und unter eine Vorrichtung gedrückt wird, mittelst welcher die Aufnagelung der Sohle erfolgt. Dieselbe ge schieht durch Messingdraht ohne Ende, welchen die Maschine selbst in jeder Feinheit zubereitet und der in Form von einem holzschraubenartigen Ge winde durch die Sohle getrieben wird. Die Schrauben werden auch durch die Maschine auf beiden Seiten vernietet und gewähren dadurch den Vor theil, daß ein Trennen der Sohle vom Oberleder durchaus nicht eintreten kann. Der Hauptvorthetl, welchen die Maschine gewährt, ist Ersparniß an Arbeitskraft. Zu ihrer Bedienung sind nämlich 9 Mann erforderlich, von denen 8 die Stiefeln zurichten und einer mit der Maschine arbeitet. Diese 9 Personen können an einem Tage 30 Paar Stiefel Herstellen. Die Maschine ist verhältnißmäßig billig. Qertliches. Die Statuten deö Creditverelns mit Vorschußbank zu Plauen sind erschienen, und so ist denn Hoffnung gegeben, daß dieser von unS längst erwünschte Verein endlich ins Leben treten und zum Segen derer, die ihn benutze», wirken werde! Es soll dieser Verein seinen Mit gliedern zunächst durch gemeinschaftlichen Credit Vorschüsse gewähren und durch Einlage von Beiträgen in den BetriebSsond größere Kapitalien an sammeln. Die Betriebsmittel gewinnt derselbe durch die eingezahlten Stammantheile und Spareinlagen der Mitglieder, durch aufgrnommene VereinSdarlehne und auS den Zinsen und Provisionen auSgeliehener Gelder. Jedes Mitglied hat nach Verhältniß deS eingezahlten StammantheileS Antheil am Vereinsvermögen, hastet aber für alle Verbindlichkeiten deS Vereins. Der Eintritt steht jeder verfügungsfähigen Person zu, die An meldung geschieht beim Vorsitzenden, Tod und freiwilliger Austritt nach vorheriger vierteljähriger Kündigung hebt die Mitgliedschaft auf. Der Ausschluß erfolgt durch Vorstandsbeschluß in Folge Nichterfüllung einge gangener Verbindlichkeiten, Verfallens in Concurs, dreimor.atlrchen Rück stands mit den Beiträgen zum Stammanthcile, und wenn gerichtliche Klage wegen Rückzahlung der Darlehne eintreten muß; doch bleibt der Ausge schiedene und Ausgeschlossene noch ein Jahr verbindlich. Nach dieser Zeit rechnet die Gesellschaft mit dem Betreffenden ab. Die Rechte der Vereinsglieder erstrecken sich auf Stimmabgabe, Ansprüche auf Darlehne auS der Kasse, verzinsliche Spareinlagen für sich, Antheil am Reingewinne der VereinSgeschäfte nach Verhältniß der Stamm einlage. (Dividende.) Verpflichtet sind sie zu einem Eintrittsgeld von vorläufig mindestens 15 Ngr., zur Begründung ihres Stammantheilö von mindestens 1 Thlr., einen fortlaufenden Beitrag von monatlich min destens 5 Ngr. (bis die Höhe von 15 Thlr. erreicht ist) zu solidarischer Haftung für die Verwaltungskosten und zur Unterschrift und Unterwerfung unter die Vereinsgesetze. Der Verein ist zugleich Sparverein und nimmt zu beliebiger Höhe an einem bestimmten Wochentage Einlagen, mit 4°/g zu verzinsen, an. Die Rückzahlungen finden, je nach Höhe der Summe, nach verhältniß- mäßiger KünvigungSfrtst statt. Der Vorstand deS Vereins, bestehend auS einem Vorsitzenden, (nebst Stellvertreter), Secretär und Kassirer, werden auf 3 Jahre gewählt, und hat dieser Vorstand die Entscheidung über Aufnahmen neuer Mitglieder, die Höhe der Darlehne, Prüfung der Rech nungen rc. zu bestimmen. Der Vorsitzende selbst hat den Verein zu ver treten und zu leiten, der Secretär selbstverständlich die Schriftführung, der Kassirer daS Kaffen- und Rechnungswesen zu besorgen. Die Verwaltung ist unentgeldlich, nur der Kassirer erhält eine Vergütung. Die materiell wichtigsten Bestimmungen betreffen zunächst die Vor schüsse an die Mitglieder. Für jeden Vorschuß ist ein sicherer Bürge