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Verhandlung zu treten, diese letztere, nach mehr als einjähriger Tauer, zum Abschluß gebracht. Der infolge dessen von Preußen unterzeichnete Vertrag liegt nunmehr den Zollverein-regierungen zur Genehmigung vor. Die Regierung Seiner Majestät de- Königs kennte, nachdem sie den Vertrag einer eingehen den Prüfung unterworfen, über die ihrerseits zu fassende Entschließung nicht in Zweifel sein. Mochte sie auch beklagen, daß die von ihr während der Dauer der Verhandlung ausgesprochenen Wünsche die gehoffte Berücksichtigung nicht überall gefunden hatten, so erforderte auf der andern Seite die Billigkeit, den Schwierigkeiten Rechnung zu tragen, welche mit der Lösung der der königlich preußischen Regierung einmal gestellten Aufgabe verbunden waren. Daß diese Lösung unter allen Umständen dahin führen müsse, der zollvereinSländischen In dustrie neue Absatzwege zu erschließen, ihr aber gleichzeitig auch vermehrte An strengungen anzusinnen, um eine ungewohnte Concurrcnz bestehen zu können, war von dem Augenblicke an zu erwägen, wo die Verhandlung überhaupt be schlossen ward. Die Regierung hat hierzu ihre Zustimmung nicht ertheilt, ohne zuvor, soweit es die formelle Lage der Sache damals erlaubte, sich von den Ansichten zahlreicher sachverständiger Mitglieder der Laudesvertretung sowohl, als hervorragender Persönlichkeiten aus den industriellen und commerciellen Kreisen zu unterrichten. Bei der jetzt vorläufig abgegebenen Erklärung aber war die Regierung nicht allein berechtigt, der Ueberzeugung zu folgen, daß die sächsische Industrie in die ihr geöffnete Bahn getrosten Muthes eintreten könne, sie hätte geglaubt, wenn sie zögerte, dies laut zu bekennen, einem gerechten Selbstbewußtsein des Landes die Geltung zu versagen. Bei diesem Entschlusse und bei dessen Kundgebung war sie indessen weit entfernt, sich allein durch par- ticulare Rücksichten leiten zu lassen. Die sächsische Regierung wird nie vergessen, was sie der Gesammtheit, was sie Deutschland schuldig ist. Hätte sie zu erkennen gehabt, daß der Ver trag in seinen Folgen für die Wohlfahrt des Zollvereins und dessen Erhaltung verderblich werden, daß durch dessen Abschluß die einstige Ausdehnung des Zoll vereins auf alle Staaten des deutschen Bundes unmöglich gemacht werden könne, so würde sie die specielle Stellung Sachsens nicht als maßgebend für ihre Entschließung bettachtet, sie würde ihre Stimme gegen den Vertrag er hoben haben. Weil sie eine solche Ansicht nicht zu fassen, vermochte, weil sie im Gegentheile daran festhält, daß die Reform, um die es sich handelt, und deren Opportunität, nach Lage der Sache, nicht mehr in Frage steht, eine unabweisbare Nothwendigkeit geworden ist, welcher der Zollverein, ohne seinen Fortbestand zu gefährden, sich nicht -entziehen kann, und welche ihre Begründung nicht in politischen Berechnungen, sondern in der zeitgemäßen Entwickelung der allgemeinen Verkehrsverhältnisse findet; weil sie daher durchdrungen ist von der Ueberzeugung, daß ein Widerstreben gegen diese natürliche Umbildung der com merciellen und industriellen Beziehungen nicht dazu, dienen kann, die wider- streitenden Interessen im Zollvereine zu versöhnen und dessen Entwickelung und Ausbreitung zu fördern, daß vielmehr ein entschlossener Eintritt in die unver meidliche Umgestaltung nicht allein den Fortbestand des Zollvereins am besten ' gewährleistet, sondern auch die Basis ist, auf welcher die Weiterbildung deS bestehenden Handelsvertrags mit Oesterreich und dessen einstiger Zollanschluß, um zu gelingen, sich vorbereiten muß, darum hat die Regierung sich ohne Zögern und mit Entschiedenheit für die Annahme des Vertrags ausgesprochen. : Seine Majestät der König versehen Sich nunmehr zu den getreuen Stän den, daß sie mit bewährter Einsicht und Gewissenhaftigkeit diese ernste Frage berathen werden. Die Einberufung des außerordentlichen Landtags bietet zugleich der Re gierung eine erwünschte Gelegenheit, der Ständeversammlung von demjenigen Rechenschaft abzulegen, was zur Ausführung der, von dem letzten ordentlichen Landtage, bezüglich der Erbauung der voigtländischen Eisenbahn in der Richtung auf Eger gefaßten Beschlüsse geschehen ist, und damit hinsichtlich einiger Punkte einen Antrag auf nachttägliche ständische Genehmigung und Ermächtigung zu verbinden. Es wird zugleich dem Landtage ein Expropriationsgesetz wegen Ausführung einer Verbindungsbahn zwischen der sächsisch-bairischen Eisenbahn mit Greiz vorgelegt werken. j Und so erkläre ich denn im Namen Seiner Majestät des Königs den - Landtag für eröffnet. Tachsen. Dresden, 21. Mai. Heute Vormittag haben beide Kam mern des Landtags sich constituirt. In der Ersten Kammer leitete Herr- Präsident v. Schönfels die Sitzung mit folgender Ansprache ein: „Zuvörderst habe ich Ihnen anzuzeigen, daß sich heute Ihre Hoheiten die königlichen Prinzen in unsrer Mitte befinden, um die verfassungsmäßig ihnen zustehenden Plätze in dieser Kammer einzunehmen. Es ist hierdurch ein lang und innig gehegter Wunsch dieser Kammer erfüllt, und ich darf als Organ derselben der Freude, welche sie darüber empfindet, Worte geben und bemerke, wie ehrenvoll für die Kammer und wie nützlich in allen Beziehungen die An wesenheit und die Mitwirkung dieser erlauchten Mitglieder des königlichen Hauses, deren treffliche Eigenschaften des Geistes und des Herzens uns Allen bekannt sind, bei unsern Verhandlungen sein werden. Es lebt in dieser Kammer eine i schöne Erinnerung, die Erinnerung an dm Umstand, daß der Fürst, welcher « jetzt den sächsisch« Thron ziert, eine Reihe von Jahren die Zierde dieser Kam mer war. Es wird daher die unvergeßliche BrrgangMhert zur Gegenwart, indem wir das Glück haben, die erlauchten Sprößlinge de- allgeliebten Königs hauses heute in diesen, Saale zu begrüßen. Möchten Eure königlichen Hoheiten mit gleichen Gefühlen in diese Kammer treten, mit welchen Höchstdiefelben von ihr empfangen werden." Nachdem die Verpflichtung der Mitglieder und die Verloosung der Plätze stattgefunden, erfolgte in beiden Kammern die Wahl der Secretäre. Es wurden als solche gewählt: in der Ersten Kammer Amtshauptmann v. Egidy und Bürgermeister Wimmer, in der Zweiten Kammer die Abg. Adv. Kasten und Dr. Loth. Am 19. wurden auf dem Dresdner Markte bereits reife Kirschen verkauft. Bad Elster. Nr. 1 und 2 der Curliste weisen bis zum 19. Mai in 50 Parteien 70 Personen nach. Präsent: 64 Personen. Gera, 18. Mai. Heute fand die Eröffnung des Landtags statt. Der Minister v. Harbon drückte in kurzer Rede die Hoffnung auf ein einmüthigeS Zusammenwirken von Negierung und Ständen aus. Als die nächste Aufgabe des Landtags bezeichnete er die Berathung einer Vorlage wegen Ergänzung der Landesvertretung durch Zuwahl einiger Abgeordneten. PreuHen. Der Magdeburgischen Zeitung wird unterm 16. Mai vom Main von angeblich „bestunterrichteter" Seite geschrieben, es würden in den nächsten Tagen Beglaubigte der bei den identischen Noten betheiligten Staaten zur Berathung der Bundesreformvorlagen in Wien zusammentreten. Gegenstände dieser Berathung sollen folgende sein: 1) Zusammenberufung von Delegirten deutscher Ständeversammlungen zur Berathung gemeinsamer Gesetze für die deutschen Bundeslande; 2) Bildung einer Executive und 3) eines Bundesschiedsgerichts. Berlin, 20. Mai. Die amtliche „Sternztg." enthält folgende Note: „Nachdem die kurfürstlich hessische Regierung die von der Regierung Seiner Majestät des Königs verlangte Genugthuung wegen der Aufnahme der Sendung des General-Lieutenants v. Willisen abgelehnt hat, sind die diplomatischen Be ziehungen zwischen beiden Höfen von der königlichen Regierung abgebrochen worden. Herr v. Sydow verläßt daher heute Kassel und dem kurfürstlichen Gesandten am hiesigen Hofe ist die Einstellung des amtlichen Verkehrs noti- ficirt worden." In Abgeordnetenkreiscn hat die Predigt, welche der Hofprediger v. Hengsten berg bei dem Gottesdienst im Dom, welcher der gestrigen Eröffnung der Kammer vorherging, gehalten hat, großen Anstoß erregt. Nach der mildesten Auffassung ist die Predigt ein gesprochener Leitartikel der „Kreuzzeitung" gewesen; an das „Jahr der Schande" ist darin erinnert und dergl. Besonderen Anstoß haben die Schlußworte des am Schluffe gesungenen Liedes gegeben, welche lauten: „Ten Aergernissen wehr; was Dich haßt, bekehr; was sich nicht beugt, zerbrich; mach' endlich seliglich an aller Noth ein Ende." In Berlin ist der 100jährige Geburtstag Fichte's, außer von der Universität, von den hiesigen Mitgliedern des Nationalvereins, — wobei I). Barthold Auerbach die Festrede hielt — und von der Berliner Turnerschaft gefeiert worden. Von der Weser, 17. Mai, wird der „Berl. Allg. Ztg." geschrieben: „Die Truppen des westphälischen Armeecorps sind zum Abmarsch an die hessische Grenze fertig. Die noch fehlenden Artilleriegespanne, Reserve-Mannschaften und Offiziere befinden sich bereits bei den Linien - Regimentern. Von Minden aus ist tem Vernehmen nach der bekannte Ober - Regierungsrath Freiherr v. Schlotheim, Schwiegersohn des kurfürstlich hessischen General-Lieutenants v. Haynau, an die hessische Grenze abgegangen, um dort auf höheren Befehl als Civil-Ecmmisfarius den Aufmarsch der Truppen vorzubereiten. Man vermuthet, daß seine nahen Beziehungen zum Kasseler Hofe nicht ohne Einfluß auf die weiteren Ziele seiner Reise bleiben dürften. Mexiko. Aus Veracruz vom 24. April wird gemeldet, daß die Franzosen von Orizaba vorgerückt sind und mehrere Forts genommen haben. Kunst-Notiz. Plauen. Ueber die berühmten ungarischen National- und Ballettänzer Fräulein und Gebrüder Kirülyfy vom National-Theater in Pesth möge im Interesse der Kunst noch erwähnt werden, daß dieselben vor den meisten Höfen Europa's, sowie zuletzt an den meisten Hoftheatern Deutschlands ihre Dar stellungen mit dem lebhaftesten Beifall gegeben. Die Breslauer Zeitung schreibt von ihren Gastbarstellungen im Stadttheater: „daß sich die Augen nickt genug sam an der anmuthigen Schönheit und graziösen Behendigkeit weiden konnten. Ihre schwierigsten Productionen seien correct und präcis und zeigen von Talent und künstlerischem Studium. — Ob in den eigenthümlichen Kreisdehnungen, ob in den kühnen Springen, ob in den graziösen Tänzen, überall seien sie gleich vollendet, — ähnlich der Feder, von den Lüften gehoben. Costüm und jede ihrer feurigen Bewegungen sei national und zeige das Ausdrucksvolle ihres Volkscharakters."