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Voiglländischtr Anztigtr. Amtsblatt für das Königliche Bezirksgericht zu Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. Dreiimdsiebenzigster Jahrgang. Verantwortliche Redaktion, Druck und Verlag vou Moritz Wieprecht t» Plast». Diese- Blatt erscheint wöchentlich viermal, und zwar Dienstag«, Mittwochs, Donnerstag« und Sonnabend«. Jährlicher Lbonuemeuttprei«, welcher prüno««- imnäo zu entrlchien ist, auch bei Beziehung durry die Post, 1 -L.h.r. 26 Ngr. — Annoncen, die bi« Vormittags 11 Uhr eingehe«, werden in die Lew« darauf erscheinende -lummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Numn::r Aufnal me. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene TorpuS-Aeile berechnet. Einzeilige mit 2 Ngr. — Für die auswärtigen Königl. Gerichtsämter und Sladiräche, für welche der Boigtländische Anzeiger Amtsblatt rst, bestehen die Geschäftsstellen in Pausa bei Herrn Bürgermeister Lehmann, in Elsterberg bei Herrn L. A. Diezel, in Schöneck bei Herrn Eduard Meyer, in Mühltroff bei Herrn Ehausseegüder-Eiuuehmer Holzmüller. Sonnabend. 81» 24. Mai 1882. So oft, wie jetzt die Worte „Kassel" und „Kurhessen" an einem Tage gesprochen, geschrieben und gedruckt werden, ist dieß in den letzten zwölf Jahren zusammen kaum geschehen, obwohl doch die kurhessische Berfassungsfrage während dieser langen Zeit ein stereotyper Zeitungsartikel war. Kein Wunder, da man allgemein hofft, jene leidige Frage werbe endlich einmal so oder so, im Guten oder Bösen zum Austrag gebracht werden. Was die deutschen Volksstämme anlangt, so wünschen diese wohl sammt und sonders, daß die Verfassung von 183 l mit dem Wahlgesetze von 1819 wieverhergestellt werde; die deutschen Regierungen sind wohl der großen Mehrzahl nach auch für Wiederherstellung jener Verfassung; aber selbst Preußen nicht für Wiederherstellung des Wahl gesetzes von 1849, unseres Wissens befürworten diese nur Würtemberg, Baden und noch einige kleinere. Ob aber die etwas langsam arbeitende Bundestags maschine allmählig und mit möglichster Rücksicht auf die kurhessische Regierung, oder ob General Schack mit seinen Pickelhauben soldatisch, d. h. kurz und bün dig jene Verfassung wiederherstellen werde, darüber läßt sich noch nichts sagen, da es scheint, als ob das Aufstellen zweier Preuß. Corps manchen Bundes regierungen, namentlich aber Oesterreich, durchaus nicht gefalle und man ge wünscht habe, durch den Bundestag und, wenn nöthig, durch Bundesexekution dort Ordnung zu schaffen. Es wird sich nun bald ausweisen, ob Preußen auf eigene Faust in Kurhessen einrücken läßt, oder blos so thut, als wollte es; ob der Bund das Einrückeu der Preußen zuläßt, oder übel nimmt, oder verhindern will, oder kann, oder selber mit einrückt, wie denn schon einige Zeitungen wissen wollen, daß auch österreichische Kaiserjäger nach Hessen bestimmt seien. Fassen wir uns daher in Geduld! Durch die kurhessische Affaire ist die preußische Thronrede und der dortige Landtag etwas ins Hintertreffen gekommen. Man findet hie und da die Thronrede (Nr. 79) etwas gereizt, in derselben eine Voreingenommenheit gegen die aus den Wahlen hervorgegangene jetzige Volks vertretung spürbar; man vermißt ein Wort über die Kammerauflösung und meint, die Preuß. Minister hätten aufgelöst, um eine Ja-Kammer durch Wahl manövers zu bekommen und da dieß gänzlich mißlungen, hätten die Minister der Kammer Süßigkeiten entgegengebracht, wie die Aeltern, die Kinder zum ersten Male in die Schule bringen, diesen Zuckerdüten geben, um sie die ge opferte Lust der persönlichen Freiheit vergessen zu machen. So viel steht fest, die Preuß. Thronrede lautete befriedigender, als man sie von dem gegenwärtigen Ministerium erwartete, und hatte dieses rückwärtsliche Absichten, so hat es die selben entweder selbst aufgesteckt, weil es keinen Stapfen Bahn dazu sah, oder der Preußenkönig hat ihm selbst den einzuhaltenben Weg vorgeschrieben. Die Fortschrittskammer scheint in Folge dessen etwas unschlüssig, was weiter zu thun. Wie Blücher dem Ministerium zu Leibe gehen, blos weil man ihm etwas Gutes, Lust und Geschick zum Bessern und Nachgeben nicht zutraut, das geht denn doch nicht, da ja wirklich gebessert wird und in einzelnen wichtigen Punkten nachgegeben worden ist; das verbietet schon die, wenn auch anscheinend gereizte, doch vielfach befriedigende und entgegenkommende Thronrede. Wir meinen, es werde, wenn es noch zu einer Antwort auf die Thronrede kommt, diese eben auch gemäßigt und entgegenkommend zum Monarchen sprechen, der gegenwärtige kurze Landtag seine Vorlagen erledigen und bis nächsten Winter dann Abkühlung genug zu einer vollen Verständigung gewonnen sein. Auswärts zucktS und gährt'S immer noch fort. In Polen ist die VolkS- aufregung ärger, als je, und wenn selbst russische Offiziere mit zu den Krakehlern gehören, so ist dieß kein gutes Zeichen. In Italien wollten die Garibaldianer wieder Tollheiten machen. Weil diese sich darauf eingerichtet hatten, in Griechen land mit revolutioniren zu helfen, die griechischen Wühlhuber aber sich deren Mithilfe verbaten, so wollten sie, um das Geschäft nicht zu verlernen, in Welschtyrol einfallen. Aber die italienische Regierung legte ihnen das Hand werk und darüber ist Garibaldi sturmböse und schreibt Briefe über Briefe, wie denn dieser Mann überhaupt zum Briefschreiben sonderliche Neigung haben muß. — Der englisch-spanisch-französische Bund zur Herstellung der Ordnung in Mexiko ist gänzlich aus dem Leime; die Engländer haben schon früher nichts mehr von der mexikanischen Expedition wissen wollen, jetzt sind auch die Spa nier ihnen gefolgt. Der spanische General Prim hat seine Soldaten wieder einschiffen lassen und thut nimmer mit, weil, wie er offen sagt, LouiS Napoleon da drüben in Mexiko einen Thron für den österr. Erzherzog Max aufrichten wolle, wovon beim Beginn der Expedition keine Rede gewesen sei. Die Fran zosen geben durchaus nicht zu, daß ihre Absicht dahin gehe, dort einen Thron aufzurichten; das mexikanische Volk solle selbst ab stimmen, wie es sein Staats wesen einrichten wolle. Nun wissen wir freilich Alle, daß durch eine Abstimmung, welche Franzosen veranstalten, unbedingt ein Thron in Mexiko aufgerichtet wer den würde, falls dieß Louis Napoleons Absicht wäre. Die Nordamerikaner (d. h. der Nordbund), die ohnedieß ein Einmengen Europa'S in amerikanische Händel für unbefugt halten, scheinen als Republikaner das Ausrichten eines Thrones in Mexiko durch die Nothhosen auch zu fürchten und nicht gerne zu sehen, und da ihnen, in Folge ihrer neuesten Siege über den Südbund der Kamm geschwollen ist, den Mexikanern Beistand versprochen zu haben. Gewiß ist, daß die Eroberung von Mexiko, wenigstens die Einnahme der Hauptstadt und das Zerstreuen der mexikanischen Heere den Rothhosen nicht übermäßige Anstrengung kosten wird; ob es aber gelingen dürfte, in weniger als mehreren Jahren dort haltbare Zustände herzustellen, erscheint zweifelhaft. Zudem wird eine solche Herstellung mit einem Throne an der Spitze Frankreich Geld, viel Geld kosten, während es doch schon recht anständig verschuldet ist, und ob nicht ein von den Rothhosen in Mexiko aufgerichteter Thron wieder umfallen, oder umgeworfen werden würde, sobald der letzte Sohn der großen Nation in Vera cruz sich nach dem schönen Frankreich zurück eingeschifft hätte, das wäre am Ende eine oder keine Frage. Zeitungen. Sachsen. Dresden, 22. Mai, 2 Uhr. Der Landtag ist heute Vormittag 11 Uhr im Landhause im Namen des KömgS vom Staatsminister von Beust eröffnet worden. Die Eröffnungsrede lautet: Meine hochzuehrenden Herren! Sie sind berufen, in einer Frage von weittragender Bedeutung die Stimme des Landes vernehmen zu lassen. Ihren Berathungen und Beschlüssen ist die letzte Entscheidung darüber Vorbehalten, ob Sachsen einem Vertrage seine Zu stimmung ertheilt, der nicht allein in seine materiellen Interessen tief eingreift, sondern auch der volkswirthschaftlichen Entwickelung unseres deutschen Gesammt- vaterlandeS eine wesentlich bestimmte Richtung zu gebe« geeignet ist. Die königlich preußische Regierung hat, nachdem sie von sämmtlichen übrigen dem Zollverein angehörigen Staaten ermächtigt worden war, mit der kaiserlich französischen Regierung wegen Vereinbarung eine- Handelsvertrag» m