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VoigMMchtr Anzeiger. Amtsblatt für d.is Köuiqlicke Bezirtsqericht zu Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. Dremiwsiebenzigster Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Dieses Blatt erscheint wöchentlich viermal, und zwar Dienstags, Mittwochs, Donnerstags und Sonnabends. Jährlicher Abonnement-Preis, welcher prLviuWv- l-suUo zu enlnchwn ist, auch bei Beziehung durch die Post, I Lhlr. 26 Ngr.— Annoncen, die bis Vormittags 11 Uhr eingehen, werden in die Tags darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene LorpuS-Zeile berechnet. Einzeilige mit 2 Ngr. — Für die auswärtigen König!. Gerichtsämter und Stadträthe, für welche der Boigtländische Anzeiger Amtsblatt ist, bestehen die Geschäftsstellen in Pausa bei Herrn Bürgermeister Vchmann, in Elsterberg bei Herrn E. A. Diezel, in Schöneck bei Herrn Eduard Meyer, iu Mühltroff bei Herrn Lhauffeegelder-Eiunehmer Holzmüller. Mittwoch. L«. 29. Januar 1882. Wir dürfen die für das ganze gewerbliche Europa, mithin auch für einen sehr großen Theil unserer Leser unmittelbar, für alle aber mittelbar höchst wichtige Baumwollenfrage nicht aus den Augen verlieren. Wohl ist die „Trent affaire" beigelegt, der Frieden einstweilen erhalten, die Südstaaten von Nord amerika bleiben gesperrt, und der Hafen von Charlestown ist auf die roheste Weise zerstört worden. Der Nordbund setzt die Bekämpfung des Südbundes kräftig fort und hat, wenn nicht die amerikanischen Berichte vollständige Lügen sind, gegenwärtig einige Erfolge über den Süden errungen. Der Bürgerkrieg wird also da drüben fortspielen, wenn nicht der neueste Friedensbewahrer in Europa, die Geldklemme, jenseits des Meeres zum Friedensstifter wird. Denn, wie zu erwarten war, die Zettelbanken sind bankerott, dem nördlichen Staaten bunde borgt weder hüben noch drüben ein Mensch einen Groschen mehr — die Times sagen geradezu: die Union ist bankerott — und so bleibt den Prahl hänsen — den Pankees, nichts weiter übrig, als Staatspapiergeld drucken zu lassen, das man anfänglich (vielleicht!) ohne Zwangscours ausgeben, vielleicht auch annehmen wird, dessen Schicksal und Ende aber ohne Mühe und Seher gabe voraus zu verkündigen ist. Man wird mehr und mehr solches billiges Geld machen, bis es im Verkehr so viel an Werth verliert, daß man ihm Zwangswerth geben muß, (wie in Oesterreich den Banknoten) und schlüßlich förmlich, wie lange thatsächlich, der Staatsbankerott fertig wird. Doch dieß ist zunächst Sache der Yankees und der europäischen Geldlente, welche jenen Geld borgten, in zweiter Linie aber freilich unser Aller Sorge, da es Jahre dauern wird, ehe der Handelsverkehr mit Nordamerika wieder die bisherige Bedeutung gewinnen kann. Daß sich endlich England in den Kamps des Südens mit dem Norden einmischen und die Südhäfen mit Gewalt öffnen werde, wie Manche glauben, bezweifeln wir aus vielfach angeführten Gründen; eher scheint Louis Napoleon geneigt zu sein, die Südstaaten anzuerkennen, da die Noth in den Fabrikstrichen Frankreichs grausig sein mag. Doch steht auch dieß noch in großem Zweifel. Vielmehr ist zu befürchten, daß der 9jankee-Nordbund bei der teuflischen Wuth, mit der er gegen den Süden wüthet, und die so weit geht, die schönsten Häfen des Südens zu vernichten, auch das letzte Mittel, wenn kein anderes mehr verfangen will, ergreifen und — die schwarzen Sclaven zur Metzelei gegen die We ßen des Südens aufrufen werde. Dann wird der Süden von Nordamerika zur Wüste, und auf Bezug von Baumwolle von dort her ist dann so gut wie nichts mehr zu rechnen. Nehmen wir indeß nur die gegenwärtige Sachlage vor. Niemand weiß, wie viel Baumwolle der Süden Heuer erbaut hat, ob 3, ob 4 Mill. Ballen. Eie liegt ungereinigt, unverpackt auf den Pflanzungen, allen Zufällen ausgesetzt; eb, wann und wie je etwas davon nach Europa kommen werde, kann Niemand sagen. Vorm Jahre um diese Zeit waren etwa 2 Mill. Ballen in den Häfen nach Europa verladen, Heuer -- nichts. Das ist die Aussicht für Millionen, die bei der Baumwollen-Jndustrie betheiligt sind. In Liverpool sind allerdings noch 366,000 Ballen, darunter 248,000 Ballen amerikanische, vorräthig, und vor Jahresfrist waren etwa 400,000 Ballen amerikanische Wolle vorräthig, darin also ist der Unterschied nicht übermäßig. Allein statt der vor Jahresfrist nach Europa verladenen 2 Millionen Ballen gehen jetzt Mafien von Baumwolle — vorige Woche 20,000 Ballen — von Liverpool nach New-Uork und nichts kommt herüber. Der Versuch des Novdbundes, sich Häfen des Südens zu öffnen, hat also gar nichts gefruchtet, und in Port-Royal fanden sich im Ganzen 1400 Ballen, die man ungereinigt nach New-2)ork schaffte, das war die ganze im Süden gemachte Baumwollenbeute, eine Lumperei! Ostindische Baumwolle ist zwar in Ueberfluß in Liverpool vorhanden, wird auch zu vielen Nummern versponnen, zu denen bisher amerikanische genommen wurde; allein die Qualität des Fabrikats wird bedeutend schlechter, der Verlust an Abfall ist groß, und mag die Verbesserung der ostindischen Wolle immerhin möglich sein, iu 1—2 Jahren ist sie unmöglich, und woher unterdessen Ersatz nehmen? Es kann nicht fehlen, daß ohne Zufuhr aus Amerika der Vorrath in Liverpool erbärmlich zusammenschmelzen und ein Spielball der Spekulation werden muß. Die Lage der Spinner ist jetzt schon erdrückend und geht unter solchen Verhältnissen ihrem Gipfelpunkte entgegen. Fortarbeiten ist für Alle, die nicht noch billigere Baumwolle haben — und deren werden täglich weniger — fast unmöglich. Der „Ekcnomist" berichtet, daß in Manchester von 4 7,000 Fabrikarbeitern schon vorige Woche 13,000 nur halbe Arbeit hatten und 6500 ohue alle Arbeit waren. Neuere Berichte melden, daß fast nirgends mehr voll gearbeitet werde. Viele Sorten Garn kosten jetzt nicht mehr, als die dazu verwendete Baumwolle kostet, und der Spinner läßt lieber stillstehen, ehe er mit enormen Opfern fortspinnt. Das Geschäft liegt unter solchen Umständen ganz darnieder. Zeitungen. Sachsen. Leipzig, 26. Januar. Herr Director vr. Vogel ist durch Beschluß des Raths zum städtischen Schulrathe erhoben wurden. Herr vr. Vogel wird nun jedenfalls, wenn es sich um Angelegenheiten unseres städtischen Real- und Bürgerschulwesens handelt, beim Rathe Sitz und Stimme haben und sowohl hier, als auch in der ihm als Fachmann zukommenden allgemeinen Beaufsichtigung der innern Angelegenheiten der Schule die Einheit unseres Schulwesens kräftig vertreten und fördern. Um hierzu auch die nöthige Zeit zu haben, ist er der ihm bisher mit übertragen gewesenen Tirection der zweiten Bürgerschule enthoben worden. Leipzig, 25. Januar. Heute Vormittag ist Herr Advocat vr. Römisch in einem Alter von 85 Jahren verstorben. Er war seit 1801 Advocat und Senior der sächsischen Avvocaten. — Dem Vernehmen nach ist einer Anzahl auswärtiger Landfleischer, die mit Eintritt der Gewerbefreiheit die hiesigen Wochenmärkte besuchen wollen, auf ihr Ansuchen gestattet worden, den Fleisch verkauf in den ihnen hierzu zu überlassenden disponibel» Ständen der Georgen- Halle zu betreiben. Bekanntlich werden die städtischen Fleischhallen seit Gestat tung des Fleischverkaufs in den Privatlocalen hiesiger Fleischermeister von vielen der Letztem nicht mehr benutzt. 24 am 25. d. M. früh 10 Uhr bei Postelwitz bei Schandau in den Steinbrüchen verschüttete Arbeiter und Steinbrecher sind am 27. Nachmittags 3 Uhr sammt und sonders glücklich, unbeschädigt und lebendig wieder aus gegraben worden. In Waldenburg sind am 24. Januar 8 Häuser abgebrannt. Es mangelte an Wasser zum Löschen. In Aue hat die Firma Geßler ihre Zahlungen eingestellt und werden dadurch namentlich die Plätze Chemnitz und Leipzig ziemlich stark betroffen. Auch hängt mit diesem Fallissement eine Menge vorgekommener falscher Wechsel zu sammen.