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ergeben. Da etwa- Positives über de» Inhalt der saisirten Papiere nicht be kannt geworden ist, die ganze Sache in den höchsten Kreisen auch mit Still schweige» behandelt wird, so wachsen natürlich die Gerüchte, und das zu jeder andern Zeit Unglaubliche wird geglaubt. Durch dies Alles ist ein schweres Mißtrauen in die Gemüther geworfen und eine Besorgniß vor weitern Ent wickelungen oder Enthüllungen hervorgerufen worden, die dem Berkehr, selbst zwischen Freunden, einen eigenthümlichen, aber höchst unerfreulichen Charakter ausgedrückt hat., Warschau, 14. August. Vorgestern Abend, am Tage der Einheit und Eintracht (wie mail ihn hier allgemein zu nennen pflegt), nachdem alle Läden geschlossen wurden und in allen Kirchen Gottesdienst stattgefunden hatte, war die ganze Stadt glänzend illuminirt. Nur Rusten haben ihre Wohnungen nicht erleuchtet. Bis spät in die Nacht hinein waren nicht nur alle größern Platze, sondern auch Straßen mit Militär stark besetzt, obgleich kein Mensch von 10 Uhr Abend- an sich auf der Straße zeigte, um jede mögliche Ruhestörung zu vermeiden. In den meisten Salons, deren Fenster auf die Straßen gingen, hatte man alle Candelabers und Lampen angezündet. Musik und andere gesellige Zerstreuungen, deren man hier bereits entwöhnt war, versuchten die gedrückte Stimmung des Volkes zu beleben. Auch im „Schweizerthale" war Mnsiknnterhaltung. Nur polnische Nationalstücke bildeten daS Programm. — Gestern und heute ist die Trauer zurückgekehrt. Arrestationen dauern fort, wenigstens wegen verbotener Kleidungsstücke, wie rother Cravaten, Confederatki- Mützen, GürtU u. s. w. England. London, 15. August. Der Erzherzog Maximilian wurde bei seiner Ankunft in Southampton von dem Maire und den Corporationen empfangen. Auf eine an den Erzherzog gerichtete Adresse erwiderte derselbe, daß Oesterreich jetzt ebenfalls ein constitutwneller Staat sei und daß er eine Allianz zwischen Oesterreich und England für nothwendig halte. Bei einem zahlreich besuchten Bankett, das dem Erzherzog zu Ehren gegeben wurde, sprach Röbuck für die Nothwendigkeit der Freiheit Oesterreichs und für eine Allianz Oesterreichs mit England. Der mit anwesende k. k. Gesandte Graf Apponyi sagte, die Interessen Englands und Oesterreichs seien identisch. Nordamerika. Wir entnehmen einem uns freundlich mitgetheilten Briefe eines jungen deutschen Farmers vom 8. Juli d. I. aus dem Staate Ohio in Nord-Amerika Folgendes: „Eine Kuh, die voriges Jahr 25 bis 30 Dollar Werth war, kostet jetzt 8—10, ein Pferd von 150 Dollar nur 50 —60, Schweine zu 6 Dollar per 100 Pfd. Brutto werden jetzt zu 1 Dollar pr. 100 Pfd. verkauft. Weizen, Butter rc. sind in ähnlichem Verhält- uiß gefallen. Nur Arbeitslöhne und Artikel, die wir aus dem Store (Kauf laden) brauchen, haben denselben Preis behalten. Wahrscheinlich werden, je langer der Krieg dauert und noch eine geraume Zeit darüber hinaus, die Aus sichten immer trüber Wergen. Als ich vor 17 Jahren hier ankam, waren un gefähr die Preise der Producte ziemlich, obgleich nicht ganz so niedrig, als jetzt; aber damals waren die Arbeitslöhne nicht , halb, die Abgaben nicht viertel so hoch, als jetzt. Unsere Weizen - Erndte war in 3 Tagen bis zum 4. Juli be endigt. — In diesen 3 Tagen habe ich, auf dem Bock meiner Maschine sitzend, ohne allen Schweiß 1S Acker gemäht und ein junger Bursche hinter mir auf der Maschine besorgte das Abwerfen der Garben. — Welch ein Unterschied gegen sonst und welche Ersparniß an Händen, Geld und Zeit! Von unseren politischen Verhältnissen läßt sich nichts Erfreuliches sagen und hoffen. Tue jetzige Regierung ist nicht fähiger und ehrlicher, als die frühere. Die Besetzung, besonders der Militairstellen, geschieht ohne Verstand und auS Willkür. Die Schwindelei wird noch so großartig bettieben, als sonst. Die Armeen stehen einander wohlgerüstet seit Monaten gegenüber, aber noch ist von unserer Seite nichts geschehen, als Mißgriffe und Dummheiten. (Davon liegt die Schuld weniger an der Regierung, als an dem erbärmlichen nordamerikanifchen Mili- tairwesen. D. R.) Vom Congreß etwas heilsames erwarten, hieße Thorheit. Die Herren stecken ihre Meilengelder und täglich ihre 8 Dollars in die Tasche u»d wenn sie keine Bestechlichkeit sich zu Schulden kommen lassen, find sie ehr liche Leute. Die Amerikaner find so in die Herrlichkeit ihre- RepublikaniSmuS — der doch purer Humbug ist vernarrt, daß es knüppeldick kommen muß, ehe sie einseheu, daß Selfgovernment die erbärmlichste Regierung ist, die eS geben kann. (Da- Selfgovernment ist nicht schuld, sondern die bodenlose Ent sittlichung. D. R.) Hätten wir einen tüchtigen, thatkräftigen Mann an der Spitze der Armee, der sich mcht von Washington au- gängeln ließ, in 4 Wo- cheu hätte dieser erbärmliche Krieg und zwar auf Feiudeö Unkosten beendigt sein müsse«. Wir bedürfen jetzt keines constitutionelleu Schneckengange-, son der» einer dictatorischrn Gewalt, aber dieselbe mit Rechtschaffenheit gepaart. Vielleicht ruft der Drang der Noth einen solche» Mann hervor; ich wüßte mir ei»e», von dem etwas z« hoffe» wäre, und daS wäre Fremont." Bei» Gothaer Schützenfest ist eine» der Prämiirte» ei» arges Wachem pasfirt. Bier Flaschen Iohausisberger waren als Ehrenpreis <m- gesa»dt. Das Eomit« hatte sie im Keller kühl stellen lassen uud dafür vier andere mit Wasser gefüllte aber wohl verbleite und etikettirte Flaschen in der Halle der Festgaben ausgestellt. Ein Schütze auS Buchau am Endersee gewann den Johannisberger und obschon ihm 10 Thaler dafür geboten wurden, beschloß er, den Ehrenwein in natur» mitzunehmen und mit Freunden und Verwandten I zu Hause zu consumiren. Er packt die Flaschen sorgfältig ein, bringt sie glück lich nach Hause und ladet die ganze Sippschaft zum Ehrentrunk. Mit Andacht werden die Flaschen entkorkt und die Gläser gefüllt — aber o Jammer, ein seltsamer Geruch statt des duftenden Bouquets entsteigt der Flüssigkeit und als der glückliche Schütze daS Glas hebt, seinen Toast bringt auf den national deutschen Schützen-Protector und einen tüchtigen Schluck nimmt, sprudelt er den Trunk eilig von sich und die ganze Gesellschaft folgt seinem Beispiel. Bos hafter oder zufälliger Weise hatte man die Pseudonymität der ausgestellten Flaschen vergessen und die Buchauer hatten in verdorbenem Gothaer Wasser ihren Patriotismus ertränkt. Der gekränkte Schütze sott einen erzgroben Brief an daS Comito geschrieben und erklärt haben, der Gothaer Trank schmecke faul und im Würtembergischen wenigstens werde man sich künftig davor hüten. — Eine alte Nürnberger Chronik vou 1653 enthält folgenden Reim: „Treu j und Wahrheit sind gar seltzen, Ehr und Glaube wankt auf Steltzen, Schelmen- ttug blüht überall, so sung heut die Nachtigall." — Ueber die bairische Bier brauerei dürften nachstehende Notizen nicht unwillkommen sein. — Bis 1847 bauete Baiern jährlich 2 Millionen 150,000 Scheffel Gerste (ein bair. Scheffel ist ziemlich gleich 2 sächs.). Davon wurden verbraut 1 Mill. 200,000 Scheffel und 50,000 Centner Hopfen zu 8'/, Mill. Eimern Bier. Den bair. Scheffel Gerste zu 10 Gulden — 5'/, Thlr.,' den Centner Hopfen zu 50 Gulden --- > 28*/, Thlr. gerechnet, kostet das Material allein 15 Mill. Gulden — etwa j 8*/, Mill. Thaler. Die Zinsen für Gebäude und Grundcapital der Brauer, die Auslagen für die Fabrikation rc. belaufen sich auf 12*/, Mill. Gulden — etwa 7*/z Mill. Thlr. Die Malzsteuer für den Staat zu 1 Kreuzer für die Maß (— 2 Seidel) beträgt 6 Mill. Gulden, der örtliche Aufschlag, an den meisten Orten Kreuzer für die Maß, 2 Mill. Gulden. Den Baiern kostet alfo ihr Bier jährlich 35 Mill. Gulden — 20 Mill. Thlr., d. h. so viel, als die ganze Staatseinnahme ausmacht. Die Maß Bier nur zu 6 Kreuzer an- ! genommen, bezahlen die Baiern jährlich 50 Mill. Gulden für ihr National- getränk. Die Zahl der Brauereien in Baiern betrug 1847 noch 4848, die bedeutendsten waren und sind heute noch in München. Aber die Zahl der Brauereien nimmt ab; dagegen vergrößern die noch bestehenden ihr Geschäft. Die Ursache der Abnahme liegt darin, daß bei großartigem Betrieb mit Ma schinen und Dampfkraft viel besser produzirt wird, und die kleineren Brauer mit den größeren Anstalten nicht mehr concurriren können. Großartige Braue- < reien, die alle neuesten Erfindungen der Technik für sich benutzen, gab es 1857 in München 12, die etwa ^/s alles in München gebrauten Bieres erzeugten, nämlich 753,000 Eimer. (Die ganze Biererzeugung Münchens betrug 947,240 Eimer.) Der Matador aller dortigen Brauer ist Gabriel Sedlmeier, Brau- wirth zum Spaten, der 128,000 Eimer brauete; dann kommt de.- Löwenbraü Ludwig Brey mit 127,827 Eimern; dann die Brauereien zum Leist und zum Hacker, jede mit 70 — 80,000 Eimern. Nächst München sind die bedeutendsten Brauereien in Landshut, Regensburg, Bayreuth, Tölz, Hof, Planegg, die , v. Eichthal'sche in Ebersberg, die v. Thüngensche in Thüngen, die von Hirsch'sche ; in Rottendorf, letztere beide in der Würzburger Gegend. Die stärksten Weiß- bierfadrikanten sind in Kehlheim a. d. Donau, und die Gräflich Picklersche in Farrenbach bei Nürnberg. Für die Ausfuhr arbeiten vorzugsweise Heinrich Henninger in Erlangen, Thomas Ehmann in Kitzingen, Georg Reif in Nürn berg und 6 — 8 Brauer in Kulmbach. Die Ausfuhr betrug 1856 nur 165,236 Ermer, nicht ganz 2 Procent des gebraueten Bieres, darunter aus Nürnberg 38,000 Eimer, auS Kitzingen 25,000 Eimer, aus Hof 9000 Eimer. Mün chen versendete nur 3000 Eimer. In den letzten Jahren schickte die Pschorr'sche Brauerei auf Bestellung große Massen in Flaschen nach Brasilien, wobei das Bier die schwere Prüfung bestehen mußte, die Linie zu passiven. Im ganzen Baiern kommen auf den Kopf, Weiber, Kinder, Säuglinge rc. mit gerechnet, jährlich im Durchschnitt 2 Eimer 12 Maß, den Eimer zu 140 Seidel gerechnet, 302 Seidel, also täglich noch nicht ein Seidel. In München freilich kommen im Durchschnitt auf den Kopf 7 Eimer, und die Fremden abgerechnet, ziemlich - 5 Ermer. Die Nichtbaiern spotten nicht selten über diesen Bierdurst und mei nen, er müsse Verdummung herbeiführen. Allein dieses Vorurtheil widerlegt die Intelligenz und Charakterfestigkeit der Baiern, vorzüglich der Franken, und wenn solche überkluge Spötter selbst nach Baiern kommen, lass« sie sich daS gesunde, leichte, wohlschmeckende und wohlbekommende bairische Bier an Ort und Stelle noch mehr schmecken, al- die Baiern selbst, wenn sie zumal daheim da- schwere, tragmacheude bairische Bersandtbier gewöhnt sind. — LouiS Napo leon wurde kürzlich vou seine« Söhnchen über den Unterschied zwischen den Wörtern aomckvut, und malkvur befragt. Nach einigem Nachdenken soll der Kaffer gesagt haben: ,<Ich will Dir den genauen Unterschied sage». E- würde ein »«ricksnt sei», wen» unser Vetter, Prinz Napoleon, in die Seine stürzte, aber ei» nwlbvur, wenn ihn Jemand wieder herausziehen wollte. — Wie ein geschickter Beamter die gerunzelte Stirne seines Kaisers zu glätten versteht.