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tige verlassen. Wenig fehlte, so wären sie im Walde von Maintenon einer Kosaken-P^rvuille in die Hände gefallen, und der küuftige Eroberer von Se- bastopol hatte al- Lind die Gnade jener rauhen Söhne des Nordens anflehen wüsten. Doch erreichten sie glücklich das Schloß Navarra in der Normandie, wo st» bei der Kaiserin Josephine vorläufig eine Zuflucht fanden. Hier dachte die Königin Hortense in der peinlichsten Ungewißheit über ihre Zukunft einen Augenblick daran, so wie einst ihre Mutter, nach der Insel Martinique zurück zukehren, wenn anders der von ihr getrennte Gemahl, König Ludwig, ihr die Kinder überlasten würde. AuS diesen beängstigenden Zweifeln befreite sie die auS Paris eintrcffende Nachricht, daß Kaiser Alexander sie unter seinen beson- dern Schutz genommen, und daß sie daher ungefährdet nach Malmaison zurück kehren könne. Zn Alexanders Wesen lag ein greßmüthiger Zug von Ritterlichkeit, die sich darin gefiel, der Beschützer der Gestürzten und Verfolgten zu sein; war die Bedrängte vollends eine geistreiche, im hohen Maße anziehende Frau, wie die Königin Hortense, so kam noch ein romantischer Reiz hinzu, der ihn doppelt anzog. Zn der That fühlte er eben so viel Mitleid für ihre Verlassenheit im Schiffbruche ihres Glückes, als Bewunderung für den Zauber ihrer Persönlich keit. Seiner Verwendung hatte sie es zu danken, daß ihr unter dem Namen einer Herzogin von St. Leu ihre Besitzungen mit dem Rechte zugesichert wurden, in Frankreich zu bleiben und die Erziehung der Söhne während ihrer Minderjährigkeit zu leiten. Zn jenen Tagen eines intimen Verkehrs mit Mal maison war es einmal ganz nahe daran, daß Alexander sich und seinem Schütz linge, LouiS Napoleon, in gleichem Augenblicke den Tod gegeben hätte. Beim Besehen der Wasserwerke von Marly kam Alexander, der den Knaben an der Hand führte, aus Unachtsamkeit einem Rade zu nahe; ein Augenblick noch und er wäre verloren gewesen; da stürzt Hortense, die noch rechtzeitig die Gefahr bemerkte, mit einem Schrei auf ihn zu, reißt ihn zurück und wird so zugleich zur Retterin für Alexander und ihren Sohn. Während jenes merkwürdigen Jahres, das zwischen dem Einzuge der Ver bündeten in Paris und der Rückkehr Napoleons I. von Elba (3l. März 1814) verfloß, galt Hortense — mit wie viel Recht oder Unrecht, das läßt sich nicht ermitteln — als der Mittelpunkt aller geheimen Verabredungen und Zntriguen der Anhänger Napoleons. Sie gerieth daher, als die Nachricht von Napoleons Landung bekannt wurde, in Paris in die größte Gefahr; während die Polizei Ludwig's XVUI. die schärfsten Nachforschungen nach ihr anstellte, hielt sie sich in einer engen Dachkammer in der Wohnung eines alten Dieners ihres Bru ders verborgen. In diesem ärmlichen Verschlage brachte die Adoptivtochter des KgKrK^i-, laugen Tage und Nächte zu, die dem Einzuge Napoleons (20. Mtzxz yorausgingen. Nun erfolgte wieder für einen Augenblick wie durch tiney/ZHyh«ffpruch eine jener plötzlichen Veränderungen, an denen die außer ordentliche Epoche so reich war. Aus dem finstern Bretterverschlag auf dem Dachboden ihrer Dienerin steigt die Verfolgte in die Straße hinab, um wenige Stunden darauf den Kaiser öffentlich in den Tuillerieu zu umarmen. Die bei den Söhne wurden aus einem andern Verstecke herbcigeholt und blieben von jetzt an in der Nähe des Kaisers, den sie für die Abwesenheit des eigenen Sohnes trösten sollten; sie waren an seiner Seite, wenn er sich der herbeige strömten Menge auf dem Balkon zeigte, oder wenn er die Truppen musterte. An dem letzten großen Prunkfeste, das er wenige Wochen vor der Schlacht von Waterloo feierte, bei der Fahnenweihe auf dem Marsfelde, saß dicht hinter dem Kaiserthrone, auf welchem Marie Louise fehlte, die Königin Hortense auf er- höheter Tribüne mit ihren beiden Söhnen. Es war der letzte Sonnenstrahl ihpes Glückes; sechs Wochen später (14. Juli 1815) betrat sie mit ihren Söhnen den bittern Weg der Verbannung, um nach 22 Jahren ein Grab am Ufer deS BodenseeS zu finden. Die Bitterkeit der Verbannung wurde durch den ent ehrenden Verdacht erhöht, als wäre sie in eine Verschwörung zur Ermordung aller fremden in Paris anwesenden Fürsten verwickelt gewesen. Die Bosheit ihrer Feinde, die Leichtgläubigkeit der Aufregung und des Mißtrauens erklären die Möglichkeit einer solchen Anklage. — Zeitungen. TaAfen. Unsere Leser erinnern sich noch des Afrikareisenden vr. Vogel auS Leipzig und der Ungewißheit seines Todes. Jetzt veröffentlicht Petermann in Gotha ein Schriftstück, nach welchem Vogel Aufanas Mai 1856 in Borgu ermordet worden ist. Die Sache verhielt sich so. Der Sultan Scherif hatte ru Wesiren feige SchwAersshne, den älteren Simelek und Germa. Simelek hatte ein« sehr guten Charakter, wahrend sich Germa durch Böswilligkeit und ehrwse Habsucht noch immer auSzcichneu soll. Als Vr. Vogel in Borgu aukam und Nach dem besten Schutzherrn fragte, wurde ihm Germa als solcher bezeich net und anscheinend sollte er eS sein, da er beim Sultan sehr bUiebt. So qnärttSte er sich bei ihm ein uyd überreichte bei seines Besuch dem Sultan sein Gilam. d. h. EmpfapgHgescheok. Bogel hgtte ein sehr schönes Pferd, waWctzMsich, dgs, ip semep Briefen ost erwähnte/ G«ma bedeutete ihm, er moH G M HKp schefistu, um es daM fÄr sich zu. nehmen. Bogel erwiderte ihm, daß er sein Reitthier nicht wegzebe; dann wollte Germa eS kaufen, was auch abgeschlagen wurde. Darauf hin wurde sein Mord beschlossen: Germa stellte dem Sultan vor, Vogel verhexe das Land, indem er mit Feder ohne ; Dinte (Bleistift) schreibe; übrigens sei er ein Christ und so vogelfrec. Der wahre Beweggrund war aber, so betheuert mir ausdrücklich der Berichterstatter, dieses Pferd; Zauberei mußte den Vorwand abgeben. Vor leichtsinnigem Ge brauch astronomischer Instrumente habe man ihn in Boruu so gewarnt, daß er sie niemals hervornahm. Den fünften oder sechsten Tag »lach seiner Ankunft kam Germa von Soldaten begleitet in der Nacht vor seine Hütte ; Vogel wurde unter den» Vorwaud, der Sultan verlange ihn, hinausgerufen und sogleich nie dergehauen. Sein Schicksal theilte sein Diener, was nicht auffallend ist, da Fehler des Herrn im Orient gewöhnlich dem Diener zu Schuld gegeben werden ; daher ist es nicht zu verwundern, daß keine authentische Nachricht nach Bornn kam. Der Habseligkeiten Vogels bemächtigte sich Germa, wie auch des Pferdes, das unser Berichter mit eigenen Augen bei di.fem sah. Der Verwaltungürath der Dresdner Feuerversicherungsgesellschaft hat die Einlösung des ersten Wechsels (im Betrag von 150 Thlr. auf jede Actie, die bekanntlich auf 1000 Thlr. lautet, worauf bis jetzt nur 200 Thlr. baar ein gezahlt waren), ausgeschrieben. Dadurch wird sofort eine Summe von 150,000 Thlr. erlangt, die mehr als genügend ist, um das — hier und da vielleicht erschütterte — Vertrauen auf das Vollständigste neu zu befestigen, zumal man auch den jetzigen Moment dazu benutzen will, den ganzen Geschäftsbetrieb ener gischer zusammenzufassen und neu zu beleben, die Geschäfte selbst aber zu con- ceutriren und zu vereinfachen, was hoffentlich auch Ersparnisse beim Local und Personal zur Folge haben wird. Chemnitz, 26. Aug. Selten wohl hat der Stadtrath dem allgemeinen f Wunsche mehr entsprochen als durch die Ernennung deS Pastors Sülze aus ! Osnabrück zum Geistlichen hiesiger Stadt. Plauen. Hauptverhandlungen: den 5. September 1862 Vorm. 9 Uhr wider den suspendirten Hauptsteueramtsassistent Joh. Christoph Bauer von hier ! wegen Unterschlagung, den 9. Sept. 1862 Vorm. 9 Uhr wider den Handarbeiter ! Christ. Gottlieb Sachsenweger aus Theuma wegen Diebstahls, den 12. Septbr. ! 1862 Vorm. 9 Uhr wider Joh. Christian Wilhelm Wolf ans Krebes wegen Raubanfalls mit Körperverletzung. Schöneck, den 27. August. Welcher Frequenz sich unsere ViehmLrkte erfreuen, mag daraus ersehen werden, daß auf dem letzten, vorgestern abge haltenen Markte 1025 Stück Rindvieh zum Verkauf ausgestellt waren. Es mag vielleicht der dritte Theil davon verkauft worden sein, da wegen der gegen wärtigen Geldklemme die Käufer nur spärlich erschienen waren. Bad Elster. Nr. 56 der Curliste weist bis zum 26. August in 1161 Parteien 1901 Personen nach. Präsent: 416 Pers. Preußen. Berlin, 26. Aug. Unser Ministerium hat im Abgeord netenhause bekanntlich erklärt, daß seine Erklärung an die Regierungen von Baiern und Würtemberg in der Zollvereinssache bereits abgefaßt sei, vor deren Uebersendung sich aber füglich ihrem Inhalt nach nicht mittheilen lasse. Wie wir hören, ist die Kündigung des Zollvereins von Seiten Preußens er folgt, nachdem es fest entschlossen ist, den Handelsvertrag mit Frankreich nicht aufzugeben. So wiederholt sich also das traurige Schauspiel von 1852, die Conferenzen und Notenaustausche werden wieder beginnen, der Handel und Verkehr auf das äußerste gelähmt werden und bei der Heftigkeit und Leiden schaftlichkeit der Parteistandpunkte die Gefahr einer Sprengung größer als je sein. Und doch kann Niemand leugnen, daß die Ausdehnung des deutschen Markts durch die neuen Verkehrswege und Schienenstraßen eine unabweisbare Nothwendigkeit, und, wie sehr auch einzelne Industriezweige für den Augenblick bei den vereinbarten Tarifbestimmungen leiden mögen, die Zukunft der deutschen Gewerbthätigkeit eine glänzende ist. Baier». Nürnberg, 24. August. In den nächsten Tagen wird die Hopfenernte an der Retzat und Pegnitz beginnen. Quantitativ wird in den genannten Hopfendistricten eine halbe, fast eine zwei Drittelernte erwartet; in Bezug auf Qualität wird die Helle Farbe und der Mehlreichthum der Dolden gerühmt. Preisnotirungen für Käufe auf Lieferung liegen nur aus Hersbruck vor, wo zu 80—85 Fl. pr. Ctr. gehandelt wird. In Augsburg feierte am 17. August der ehemalige Kaufmann Herr Scheuermann, Vater des dortigen protestantischen Stadtpfarrers Herrn Scheuer mann, sein hundertjähriges Geburtsfest. Der Jubelgreis erfreut sich noch seiner vollen Geisteskraft und kann selbst noch mit unbewaffnetem Auge lesen und schreiben. Kis singen, 14. August. Bei dem unlängst am Försterhause Clau-Hof stattgehabten Preis-Scheibenschießen hat sich eine Dame, Fräulein Meta Gutbier auS Oberstadt, ausgezeichnet, indem sie mit dem ersten Schuß das Centrum schoß und außerdem die Schwarzringe kaum fehlte; es war die Scheibe auf 120 Schritt entfernt. «Oesterreich. Am 25. August fand der zu Ehren der Rückkehr der Kaiserin von der Stadt Wien veranstaltete Fackelzug von 14,000 Fackeln mit de» Musikchöre» der siebe» in Wen liegend« Regimenter und der Artillerie nach Schönbrunn in glänzendster Weife statt.