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128 Abnahme eines Eide« brauche» künftig dm Parteien nur 14 Tage Zeit gelassen werden. Ein Uriheil soll künftig spätesten- am 8. Tage publicirt werdm. Bis her mußte man jedm Punkt der Klage einzeln beantworten, und braucht fast Jeder und allemal dazu einen Advokaten; künftig kann der Beklagte selbst, aber freilich muß es deutlich und bestimmt sein, vor Gericht zu den Acten geben, wie weit er die in der Klage angeführten Thatsachen und Gründe zngiebt oder leugnet. Bisher schrieben die Advokaten Monate lang hüben und drüben 4—5 Mal hin und her. Der Eine gab die Klage ein, darguf der Andere die Replik; darauf der Erstere die Duplik, darauf der Andere die Triplik und wohl gar der Erstere noch die Quadrnplik — künftig giebt'S blos 3 Schriften. Der Beklagte muß sich in 6 Tagen, vom Terminstage an gerechnet, auf die Klage emlassen und seine Einwürfe dagegen eingeben (Exzeptions- und Einlassungssatz); darauf hat der Kläger innerhalb 4 Tagen, nachdem ihm diese Einlassungsschrift zugefertigt ist, seine Replik und der Beklagte wieder innerhalb 4 Tagen seine Duplik einzureichen. Die zeitherige Vorschrift, nach welcher der Kläger auf den EideSantrag über Exzeptionen in größeren Rechtssachen sich nicht zu erklären brauchte, dann auf Beweis der Ausflucht erkannt, und dieser Beweis oft auch nur durch Eidesantrag geführt wurde, — wodurch ein Monate langer Aufent halt im Gange der Rechtssache und tüchtige, unnöthige Kosten gemacht wurden — diese bisherige Vorschrift ist ausgehoben. Erklärt sich der Kläger binnen acht Tagen nach Zustellung des Einlassungssatzes nicht, so wird der Eid für angenommen erachtet. Die erste Nachfrist zum Einreichen eines Beweises oder Gegenbeweises, die zeither 6 Wochen und 3 Tage dauerte, darf nur drei Wochen, eine zweite und dritte je nur 14 Tage dauern. Dadurch wird die Dauer eines Prozessies viel abgekürzt. Eben so dadurch, daß gar keine Productions- und Reproductions-Erkenntnisse mehr abgefaßt werden. Das Gericht hat über etwa offen gebliebene Streit fragen selbst Entschließung zu fassen und diese den Betheiligten mündlich oder schriftlich kund zu thun. Wer dagegen in 10 Tagen nicht appellirt, hat sich dem unterworfen. — Weiter! Zeither wurden Zeugen ohne Beisein der Advo katen und Parteien verhört, dagegen die Einreichung allgemeiner und besonderer Fragestücke zugelassen, wodurch die Streitsache oft mehr verdunkelt als aufgehellt wurde. Künftig sind nur allgemeine Fragstücke über persönliche Verhältnisse der Zeugen zulässig, und der Gegner kann dafür dem Gerichte Umstände angeben, über welche er die Zeugen bei einzelnen Beweisartikeln befragt zu sehen wünscht. Parteien und Advokaten haben künftig das Recht, dem Abhören der Zeugen beizuwohnen, können auch durch den Richter Erläuterungsfragen thun. Auch bei dem schriftlichen Verfahren findet bedeutende Zeitabkürzung statt. Vermiether, die ihre Abmiether wegen Räumung des Miethlokals verklagen wollen, können dieß im Wege des Bagatellprozesses — billig! — thun. Der Beklagte kann sogar, wenn er am Gerichtsorte wohnt, auf den nächsten Tag, nachdem er den Bestellzettel erhalten, geladen werden, und hat nur 2 Tage Frist zur Räumung. Dieß Vorstehende erschien uns aus dem Gesetze über Abkürzung und Ver einfachung des bürgerlichen Prozeßverfahrens vom 31. Dezember v. I. das Wichtigste und Mittheilensnöthigste. Geht das Gesetz selbst in der Hauptsache auch nur Richter und Anwälte an, die schon wissen werden, was sie nach dem selben zu thun haben, so enthält es doch auch Manches, was Jedermann zu wissen gut und nützlich ist — um es achtsam zu benutzen. Mochten's daher unsern Lesern nicht bergen. Zeitungen. PreuHen. Berliner Blätter berichten: Wie es heißt, ist der Bank eine Depesche aus Paris zugegangen, wonach der mit 105,000 Thlr. entwichene Kaffenbote des BankcomptoirS zu Düsseldorf, Reichenow, in Paris ergriffen worden wäre. Von der unterschlagenen Summe sollen noch etwa 75,000 Thlr. in Reichenow'S Besitz gefunden worden sein. Der „Kölner Ztg." schreibt man darüber aus Paris: Reichenow ist hier festgenommen worden. Seit mehreren Tagen waren 75,000 Thlr. in lauter Scheinen von 50 Thlr. hier zum Verkauf ausgeboten und in letzter Instanz zu dem Geldwechsler Allard gebracht worden. Er schöpfte Verdacht, kaufte die Tresorscheine und gab dem Verkäufer eine An weisung auf die französische Bank, nachdem er diese vorher benachrichtigt hatte, daß man den Vorzeiger festhalten solle. So geschah es. Der Festgenommene war bloS ein Vermittler, durch den man zu dem wahren Thäter kam, der im WirthShause im Bette gefunden wurde. Er gestand sogleich. Als Grund gab er an, der Bankdirector habe ihm abgeschlagen, einen au- Versehen entstandenen Kaffendefect von 30 Thlr. hingehen zu lassen, und aus Aerger darüber sei er mit dem Gelde durchgegangen. Er erzählte, daß er von einem Schiffer auf einem Nachen bis nach Holland gebracht wurde, und daß er diesem dafür 15,000 Thlr. gegeben habe. Der Wechsler hat die Sache sofort nach Düsseldorf tele- graphirt und einen seiner Commis nach Berlin geschickt, um die ausgeschriebene Belohnung von 5000 Thlr. zu erhebe». Görlitz. Die freireligiöse Gemeinde hat beschlossen, ein Gebäude für ihre Versammlungen zu errichten, da- nach der „Br. Ztg." den Namen „Hu- mamtätS-Tempel" bekommen solle. Oesterreich. Wien, 12. Febr. In der orientalischen Frage scheint nicht alles so zu gehen, wie man wünscht. Die Pforte nimmt die Rathschläge Frankreichs mit Mißtrauen auf. Sie scheint zu fürchten, daß sie die Kosten zu zahlen haben wird, wenn es sich um Gebietsentschädigung für die eine oder dir andere Macht handelt. Characteristisch ist es für den Standpunkt, welchen die Türkei neuestens beobachtet, daß sie sich bemüht, mit Rußland eine Verständi gung zu Stande zu bringen, welches letztere sich an den in letzterer Zeit zwischen Oesterreich, Frankreich und England in der orientalischen Frage statt gehabten Verhandlungen nicht betheiliget hat und in dieser Angelegenheit über haupt eine sehr reservirte Haltung beobachtet. Jedenfalls wird die orientalische Frage in der nächsten Zeit die diplomatische Welt sehr lebhaft beschäftigen und kann man sich in dieser Beziehung auf interessante Enthüllungen gefaßt machen. Prag, 17. Februar. Die letzhin geäußerte Vermuthung, daß auch die Prager Stadtgemeinde sich der Weigerung der übrigen, meist dein Adel ange hörenden Patrone anschließen werde, so ohne Weiteres das Kirchenvermögen an die Verwaltung der Geistlichkeit auszuliefern, bestätigt sich. Italien. Welche Grundsätze über die Bedürfnisse der Gegenwart in Rom herrschen, und wie man das Verhältniß der Gesellschaft, oder des Volks zu seiner Regierung ausfaßt, mag ein Artikel des diesjährigen Almanach lehren, des Gegengifts gegen die Almanache der Genfer Propaganda. Er klärt das Volk über den „Fortschritt" wörtlich so auf: „Es giebt in der Menschheit gar keinen Fortschritt; Fortschritt ist ein sinnloses Wort, das nur gewisse Absichten maskirt. Im Leben der Menschheit wie des Einzelnen giebt es verschiedene Phasen, die es äußerlich modifiziren, innerlich lassen, wie es ist: unterworfen den Leidenschaften, der Wandelbarkeit, an dieselbe Noth und Pflicht gebunden, bleibt es permanent. Das Leben verläuft zwischen diesen Phasen bald glück lich, bald unglücklich, je nachdem es den Pflichten oder den Leidenschaften ge horcht. Da der Fortschritt für die Menschheit dasselbe ist wie für den Menschen, so kommt er auf eins heraus: sich im Guten zu befestigen, oder darauf sich zu beschränken. Die Kräfte, welche eine Gesellschaft für ihr Glück, oder ihre politische Größe aufwendet, und ihre Gewinnste an Macht und Glanz, an Wissenschaft, an Kunst und Gewerbe dienen zu nichts (a uulla vslxono), noch können sie Fortschritt heißen." Anwendung dieser Maximen: „Welches auch immer die Regierer eines Volkes seien, sie sind ihm Wahrheit und Tugend schuldig, worauf allein das Volk ein Recht besitzt. Weil die Wahrheit durch den Glanben, die Tugend durch das Beispiel gelehrt wird, so geben die Re gierenden dem Volk mit dem Glauben und der Tugend auch alles übrige, und somit findet keine Frage mehr statt nach politischen Rechten, noch nach dem Recht auf Arbeit, Beistand oder Vergnügen. DaS Volk arbeitet, weil es thätig ist ; man hilft ihm, weil die Gesellschaft hülfreich ist; es gehorcht dem Willen Gottes, weil es. glaubt; es ist ruhig, weil es hofft; es ist glücklich, weil es liebt ; und es fühlt sich frei, weil es verständig ist." Man sieht, diese treffliche Anweisung für Staatsmänner des Jahres 1862, eine Verfassung nur aus zwei Artikeln zu machen, ist noch die schöne alte Urkonstitutton des Patriarchen Abraham. Frankreich. Paris, 17. Februar. Der SenatSadreßentwurf äußert bezüglich Italiens schmerzliches Bedauern über den die Gewissen verwirrenden Conflict. „Ihre Regierung — heißt es dann, zum Kaiser gewandt weiter — hat bei ihrer Theilnahme an den nationalen Forderungen die Interessen des Katholicismus nicht vergessen. Sie bedauern wie wir, bald au/ maßlose An sprüche, bald auf den Widerstand der Unbeweglichkeit zu stoßen. Aber Ihre Rathschläge sind weise, und es muß fortgefahren werden in dem Vorhalte, daß man beim größten Werke, um festen Boden zu gewinnen, sich der Mäßigung nicht entschlagen darf, und daß die gerechteste Sache durch aufs Aeußerste ge triebene Weigerung sich verirrt." Paris, 18. Februar. Die „Independance belge" meldet, der Minister Billault habe in der Adreßcommission sehr sympathische Erklärungen für Italien abgegeben, aber auch die Absicht der Forterhaltung der Occupation von Rom rund heraus erklärt. Cngland. London, 17. Februar. Die Morning-Post bringt einen Artikel, worin es heißt: Deutschland scheint wie Amerika einer Zweitheilung ausgesetzt zu sein. Oesterreich warf Preußen den Fehdehandschuh hin, indem es erklärte, „Preußens Führerschaft sei unstatthaft", nachdem es selbst doch Italien früher hegemonisirte. Oesterreich strebt offenbar nach der deutschen Suprematie und nach der Garantirung seiner nichtdeutschen Besitzungen. So mit ist das Resultat der bisherigen Einheits-Agitationen eine entschiedene Zwei heit und drohende Trennung Deutschlands in einen nördlichen und einen süd lichen Bund. (Noch nicht!) - Griechenland. Athen, 14. Februar. Gestern ist in Nauplia eine Militärrevolte auSgebrochen. Stadt und Festung sind in die Hände der In surgenten gefallen, die Regierung sandte Truppen unter General Hahn ab. Stadtverorduetenfl-ung. k. Plauen, 16. Febr. 1862. In der am 13/ d. M. stattgefundenen Stadtverordnetensitzung wurden in Gemäßheit eines RathScommunicateS noch 8