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VoigllänWtr Anzeigtr. Amtsblatt für das Königliche Bezirksgericht zu Plauen, sowie für die Königliche» Gerichtsäntter und Stadirätbe zu Plauen, Pansa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. ZmeiMdsietrmziMr Fahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Dieses Blatt erscheint wöchentlich dreimal, und zwar Dienstags, Donncrstags und Sonnabends. Jährlicher Abonnementspreis, welcher ^rsonmersaäo zu entrichten ish "uH bei Beziehung durch die Post, 1 Lhlr. 10 Ngr. — Annoncen, die bis Lormittags 11 Uhr eingehen, werden in die Tags darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehend^ Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Ausnahme. — Inserate werden mit 1 Rgr. für die gespaltene Corpus-Zeile berechnet. Einzeilige mit2N.gr.— Für die auswärtigen Königl. Gerichtsämter und Stadträlbc, für welche der Boigtländiiche Anzeiger Amtsblatt ist, bestehen die Geschäftsstellen in Pausa bei Herrn Bürgermeister Leh mann, in Elsterberg bei Herrn E. A. Diezel, in Schöneck bei Herrn Eduard Meyer, in Mühltroff bei Herrn Chausseegclder-Einnchmer Holzmüller. Donnerstag. 45« 18* April 1881. Jeder von uns sucht einen Groschen wieder zu erlangen, wenn ihm der selbe gestohlen oder geraubt worden ist, warum sollte man es denn dem ver triebenen König Franz 2. von 'Neapel verdenken, daß er gern sein Königreich wiederhaben möchte? Kein Wunder also, daß er sich zu diesem Behuse alle mögliche Mühe giebt. Kürzer hätte er es freilich nach unserer Ansicht gehabt, wenn er sich von allem Anfänge an mehr Mühe gegeben hätte, sich es nicht nehmen zu lassen, dann hätte er die jetzige Arbeit nicht nöthig. Jndeß hat er von seinen Feinden gelernt, und gleichwie ihn kiese durch Wühlerei um Land und Leute brachten, sucht er jetzt homöopathisM das Verlorene durch Wühlerei wiederzugewinnen. Aber die Sarden sind auf dem Damme und lassen sich den erschnappten selten Bissen, „Königreich beider Cicilien" genannt, nicht so leich ten Kaufes wieder entreiße«. Es werden diese Versuche und Gegenversuche wohl noch einige Zeit und namentlich so lange dauern, als Franz 2. sich noch in Rom aufhält. Vielleicht macht sie Eavour als neuen Grund geltend, die römische Angelegenheit ins Reine zn bringen. Fest steht, daß die National- garden, die Bürger der Städte in Neapel und SicÜien es mit der italienischen Einheit halten, viele Geistliche dagegen und das Landvolk den Wiederhergestel lungsversuchungen der bourbonischen Regierung zugänglich ist. In Oesterreich tagen gegenwärtig in fast allen Kronländern die Landtage, einzelne sind schon wieder mit ihrer Tagung fertig. In den meisten Reden sprach sich Zufriedenheit m.t der neuen Verfassung Oesterreichs und Dank gegen den Kaiser aus, auch werden die meisten Landtage zum Reichsrathe oder Ge- sammttandtage für ganz Oesterreich wählen, haben dies theilweise schon gethan. Nur Ungarn, vielleicht auch das Banat, Kroatien und Slavvnien, fürchtet man, würden dickköpfig von einem Landtage für das ganze Oesterreich nichts wissen, sondern ihren eigenen Gesammtlandtag allein haben, somit aber Oesterreich spalten wollen. Wenn es gelingt, die Kroaten uno Slavonier zur Wahl sür den Reichsrath und zur Beschickung desselben zu bringen, so ist noch Hosfnung, daß die Ungarn mit ihren Trennungsgelüsten abfallen, wenn nicht, kaum! — Das neue Protestanteugcsetz für Oesterielch ist sehr freisinnig, und selbst die Bewohner mancher erzprotestantischen Länder würden sich glückwünschen, wenn sie so viele Rechte in kirchlichen Angelegenheiten hätten, als die Protestanten gegenwärtig in dem zu neun Zbhntheilen katholischen Oesterreich besitzen, voraus gesetzt, daß das österr. Protestanteugcsetz ehrlich durchgeMut und nicht von den Jesuiten gehindert wird. In Sachen der gemischten Ehe«, der Kincererzlehullg aus solchen Ehen und des Mitübcrtnttes der Kinder, wenn die Eltern von einem Glaubensbekenntnisse zum andern übertreten, bleibt freilich die Protest. Bevölkerung Oesterreichs vorläufig noch dem heillosen Evncordate untergeordnet; indeß sollen auch diese wichtigen Punkte vom Reichsrathe durch em Gesetz so geregelt werben, und es ist Hoffnung, daß die Gewalt der öffentlichen Meinung, welche die Protestanten Oesterreichs so weit von dem Drucke, eer auf ihnen lastete, erlöst hat, auch die vollste Gleichberechtigung derselben noch herbeiführen werde, trotzdem das Herrenhaus des künfflgcn Reichsralhs eine ziemliche Anzahl Jesuiten, geistliche und weltliche, enthalten bürste. Die blutigen Ereignisse in Warschau beschäftigen noch immer die Zeitungen. Kaiser Alexander 2. von Rußland ist kem so strammer Gewaltherrscher, wie sem verstorbener Vater Nikolaus, sondern ein menscheufreunolichei, wohlwollender Herr, auch nicht konservativ in dem Smne, daß ihm je.e Veränoelung und Verbesserung in seinem Reiche ein Greuel wäre; im Gegeuthcil ezkenut er, daß jede Zeit die für sie passenden Formen und Einrichtungen braucht. Dies hat er durch die Befreiung von 22 Millionen leibeigenen Bauern bewiesen. So gab er auch den Polen neuerlich mehr Rechte, als sie bisher hatten. Auch in Polen soll der Bauer freier Grundeigenthümer, der gebildete Pole als Stadt- rath, Kreisrath und Staatsrath, auch Theilhaber an der Verwaltung und Re gierung seines Vaterlandes werden. Aber dies ist den Polen noch viel, viel zu wenig. Sie wollen ein besonderes, eigenes Reich, einen selbstständigen Staat, unabhängig von Rußland, höchstens s"ll der russ. Kaiser ihr König sein, wie der österr. Kaiser König von Ungarn. Diesen Willen gab nun ias Volk kürz lich, sonderlich am 8. April, in Warschau zu erkennen, indem > demonstrirte, d. h. Auszüge hielt, die Geistlichkeit mit Kruzifixen an der Spitze c., bis — ge schossen wurde und Blut floß. Die Polen wollen Freiheit, d. . der polnische Adel will unter der Freiheitssirma Herr sein, herrschen über ie Leibeigenen und Juden, wie früher; denn da es in Polen einen Bürger- un) Bauernstand zur Zeit so gut wie gar nicht giebt, so ist es klar, daß dem Aoel die Herr schaft über das Land zufallen müßte, wie frühem es war, da der Adel allein Bildung, Grundbesitz, Macht besitzt. In Ungarn läuft der Nationalitätsschwindel ebenfalls auf diesen Zweck hinaus, und weil der Umsturz in Italien gute Ge schäfte gemacht hat, denkt der hohe Adel in Ungarn und Polen, es könne oder müsse bei ihnen eben so gehen, und das unwissende, verblendete Volk von Warschau und Lublin läßt sich für die adelige Herrschsucht zum Demonstriren gebrauchen und todtschießen, im guten Glauben, für die Selbstständigkeit des Vaterlandes zu bluten! Die polnischen Starosten und ungarischen Magnaten rechnen darauf, vom allgemeinen Rummel, von der Aufregung der Nationali täten zu profitiren. Vielleicht geht ein allgemeiner Aufstand in der Türkei los, und daun brauchen Oesterreich und Rußland ihre Truppen dort nöthig. Griechenland, die Ionier auf ihren Inseln, die Montenegriner in ihren Ber gen, die Serbier an der Donau, die Wallachen in ihren Morästen sind ja schwierig, und die bulgarischen und bosnischen Christen können jeden Augenblick losbrechen, dann ist das Wasser trübe genug, um die alte polnische Adelsherr schaft aus der Fluth wieder herauszufischen, zumal wenn von einer gewissen Seite her etwas nachgeholfen wird. Wer weiß, ob nicht die Bombe in War schau eher geplatzt ist, als sie platzen sollte! Warum schwätzt denn die ganze französische Zeitungswelt, selbst die katholischen Blätter mit, von einer Wieder herstellung Polens? Warum haben denn schon vor längerer »<elt französische Schriftsteller Preußen lächerliche Vorwürfe gemacht, daß es Posc.l mit Gewalt deutsch mache? Wer kann diese Pfiffe und Kniffe durchschauen! Zeitungen. Sachsen. Dresden, 15. April. Die von der Bundesmilitärcom mission in Frankfurt mit Prüfung der Leistungsfähigkeit der Eisenbahnen zu Truppentransporten und andern militärischen Zwecken beauftragte Commission traf am Freitage zu gleichem Zwecke auch hier ein. Dieselbe besteht aus dem kaiserlich österreichischen Major von Pilsticker, den k. preußischen Hauptleuten v. Schmehling und Grafen Wartensleben, dem k. baherschen Major Harttmann und dem t. hannoverschen Major Rudorfs ; von Seiten Sachsens sind derselben der Ingenieur - Major Peters und der Hauptmann v. Abendroch voM General stabe beigegeben worden. Die Commission nahm sofort nach ihrer Ankunft die