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VoiglliiMcher Artiger. Amtsblatt für das Königliche Bezirksgericht zu Pinnen, sowie für die Königliche» Mrichtsninrer und Stndtrntbe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Scheuest und Mühltroff. ZmeiimdsiebmWst Jahrgang. Verantwortliche Rekaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Die'es Blatt scheint wöchentlich dreimal, und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. Jährlicher AbonnementspreiS, welcher pr»»llmen»a4<, zu entrichte» ist, auck bei Beziehung durch die Post, 1 Lblr. 10 Ngr. — Annoncen, die bis Vormittags 11 Uhr eingehcn, werden in die Tags darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingebende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Ausnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene LorpuS-Zeile berechnet. Einzeilige mit 2 Ngr. — Für di: auswärtigen Königl. Gcrichtsämter und Ltadträtbc, für wclckc der Voigtländische Anzeiger Amtsblatt ist, bestehen die Geschäftsstellen in Pausa bei Herrn Bürgermeister Leh mann, in Elsterberg bei Herrn E. A. Diezel, in Schönest bei Herrn Eduard Meyer, in Mühltroff bei Herrn Chausseegelder-Einnehmcr Holzmüller. Dienstag. 21« 10. Februar 1861. Ueberschwemmungen in Holland. Wir geben nachstehend eine Darstellung des furchtbaren Unglücks, welches Holland, besonders die Provinz Geldern betroffen bat. Die Hauptscenen des Jammers waren in der Nieder - Betuw, besonders auf der Südseite derselben. Die Dörfer Hedel, Pouderoijen, Amerzoden, Driel, Kerkwijk, Well, Zuilichem, Rossum u. s. w. (alle in der Nieder-Betuw), in einer Ausdehnung von 57,000 Morgen Grundoberfläche, standen so tief unter Wasser, daß man nur die Dä cher der Häuser sehen konnte. Tausende von Menschen und eine Menge Vieh haben auf den Deichen eine letzte Zufluchtsstätte suchen müssen, wo sie Tage j und Nächte der bittersten Kälte ausgesetzt waren und Mangel an Nahrung lit ten. Zu Kerkwijk saßen am 8. Januar 2 — 300 Menschen durch Wasser und Eis abgesperrt, Mangel an Allem leidend und denen Niemand helfen konnte. > In der Gemeinde Hedel fanden sich 1400 und zu Amerzoden und Well 2000 Menschen von dem Nothdürftigsten entblößt, da nicht gekocht und gebacken wer- ! den konnte und kein Brod da war. Das Schulhaus zu Hedel barg 500 noth leidende Menschen, doch es brannte am 9. Januar nieder. Bei diesem Brande , sollen viele derselben in den Flammen umgekommen, andere schrecklich verwun det und verstümmelt in Schuten nach Herzogenbusch gebracht worden sein. Die Flucht der Unglücklichen der Gelderschcn Dörfer an der Maasseite nach letzt genannter Stadt ging am 11. noch unaufhörlich fort. Aus Hedel, Amerzoden, Well und Driel waren dann schon mehr als 2000 Männer, Weiber, Säug- ; linge und größere Kinder angelangt. Auch ein Theil der Eingesessenen Rossums § flüchtete sich dahin. Der Weg von Hedel her war mit Unglücklichen besäet, Männer von 00—97 Jahren sah man unter den Schaarcn, die jüngern blieben ! zurück zur Rettung dessen, was noch zu retten war, und ließen ihre Frauen i nach ter Stadt ziehen, wo am 11. schon 3000 Flüchtlinge aus Geldern ver- ! sammelt waren. Sie kamen einige zu Wagen, andere auf Schlitten an, viele ausgehungert, andere halb erfroren. Zu Pouderoijen fand man in einem Stall, der auf der Fluth von 1809 gebaut war, 30 Stück Vieh im Eife erfroren. Das Revier war durch das Haus gebrochen und man hatte nicht Zeit, um die Thiere zu retten. Im Bommelerwaard ist enorm viel Vieh ertrunken, auch sind einzelne Menschen durch Wasser, Kälte und Elend umgekommen. Tie Stadt Zalt-Bommel war am 11. von Unglücklichen augefüllt, die mit Frau und Kindern und einem Anzug unter dem Arm dorthin geeilt waren und Gott noch dankten, daß sie das nackte Leben gerettet. Die Gemeinde Diel, ganz ' unter Wasser stehend, zählte eine aus 3200 Köpfen bestehende Bevölkerung, j welche durch die Eisfluth hülflos ward. In einem Rotterdamer Blatte ersuchte Jemand aus Herzogenbusch einen Freund mit folgenden Worten um Hilfe: „Hilf ! uns einige Gaben einfammeln, das geringste Schärflein wird Trost bringen. Seit drei Tagen speisen wir mit trockenem Brod 5000 Menschen, sie vertan- § gen und wollen nichts mehr und wir können auch nicht mehr geben." — Wie j viel Jammer und Elend auf diesem einen kleinen Fleck Erde! Nachstehende Auszüge aus Briefen, die nur konstatirte Thatsachen enthal ten, zeigen, welch namenloses Unglück verschiedene Gegenden Hollands betrof fen hat. Amsterdam, 14. Januar. In Folge der großen Schneemaffen sind seit dem Neujabrstage die Flüsse zu einer solchen Höhe gestiegen, wie in diesem Jahrhundert noch nie und haben bei Braakel und Zuylen (Provinz Geldern und Brabant) die Dämme durchbrochen. Die ganze Gegend um Bommel, die ! sog. Bommeleward, ist überschwemmt und Tausende der wohlhabendsten Bauern sind all ihrer Habe beraubt. In Hertogenbosch (Brabant) sind 3 — 4000 Per sonen mit einem Bündel unter dem Arme, das einzige was sie von Haus uud Hof retten konnten, angekommen. In Bommel (Geldern) ebenso 7—800; alle diese armen Leute sind jetzt ihres Lebens keinen Augenblick sicher; jede Minute kann ein Durchbruch erfolgen und ihr Zufluchtsort überschwemmt werken. Be sonders groß ist der Verlust an Vieh ; was von letzterem nicht ertrank, erlag der strengen Kälte. Amsterdam, 20. Jan. Blos in der Gegend von Bommel sind 15,800 Juchart Land mit 21 Dörfern eine Beute der entfesselten Fluthen geworden, das Auge erblickt nur eine unendliche Wasserfläche. Wie groß die Zahl der verheerten Dörfer in Brabant ist, weiß ich nicht. Im Ganzen jedoch sind 19 — 20,000 meist sehr wohlhabende Leute um Alles gekommen. Brief vom 5. Febr. 'Neues schreckliches Unglück hat uns getroffen; der in Folge des Thauwetters eingetretene Eisgang im Rhein, Maas und Waal, hat manche der Dämme, die bis jetzt widerstanden, durchbrochen. Hier einige Nachrichten, !die ich einem Schreiben vom Schauplatz der Gefahr von Tiel (Geldern) vom 2. Febr. entlehne: Gestern erreichte hier die Waal, welche seit einigen Tagen gestiegen war, schnell die noch nie erreichte Höhe von 8,32 Metres. Um 7 Uhr Morgens trat darauf plötzlicher Stillstand ein und 5 Mi nuten nachher verkündete das donnernde Getöse der Eismassen ein rasches Fallen. Der dicke Nebel, welcher die Gegend verhüllte, verhinderte, etwas zn erkennen. Unsere Ungewißheit dauerte aber nicht lange. Das Heulen der Sturmglocken aller Dörfer des gegenüberliegenden Gestades bestätigte unsere Ahnung. Unsere Anstrengungen, die Waal zu übersetzen, blieben jedoch des Nebels und der Eis massen wegen vergeblich, und nur der immer lautere uud zahlreichere Hilferuf der Sturmglocken meldete die immer wachsende Noth und Gefahr. Heute erst erhielten wir sichere Kunde: Bei Lomön, dem reichsten Torfe der Tielerward, hatte der Durchbruch vou 240 Meter Länge stattgefunden. Wir sehen von hier aus die Kirchthürme zwanzig und etlicher Dörfer steilen Klippen gleich aus den Fluthen emporragen. Wie viele Leute Alles verloren, wie viele sogar das Leben einbüßten, ist unbekannt. Bis heute Mittag wurden in unsere Stadt schon über 30 Leichname angespült und nur im Dorfe Wamel werden 00 Per sonen vermißt. Häuser, Scheunen, Viehställe mit einem Viehslande von 30 bis über 100 Stück — Alles ist verschwunden. Auch bei Vreeswhk in der Nähe von Utrecht wird ein neuer Durchbruch befürchtet. Ueberhaupt ist die Gefahr eher gesteigert, als verringert ; die Dämme, welche noch Stand gehalten, haben fürchterlich gelitten; sie sind an manchen Orten bis zur Hälfte ausgespült und weggewaschen. Eine Mittheilung in der Kölnischen Zeitung aus Amsterdam vom 20. Januar über die Verheerungen durch das Wasser berichtet Folgendes: „Nach einer Darlegung der Commission für die Nothleidenden zu Herzogenbusch um faßt der durch einen Deickbruch überströmte Bommelerwaard, ein von der Waal und Maas eingeschloffener Landstrich, 18,919 Seelen, die Stadt Zalt-Bommel selbst aber 3702 Einwohner. Außerdem ist noch eine bedeutende Anzahl von Orten durch Deichbrüche überschwemmt, deren Bewohner in der größten Noth verkehren. Die milden Beiträge, deren Ankündigung viele Spalten des Am sterdamer Handelsblattes füllen, fließen ungemein reichlich. Der König hat die ansehnliche Gabe von 45,000 Fl. aus seinen eigenen Mitteln gespendet. Der