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-7. Jahrgang. ^ S12 Dienslag. 12. Dezember 1922 DmdtenichM: «»chilcht«» <!*,»»«. Fernlpcecher-Sammelnummeri 2S2«1 Itur lür v»chl,,I»ritch«: 20 011. OreirEg- lXakao. LckokolaSe. ^Xonfitür-en. Tuckes-^anen. firm» gegr. 1838. « IS prömilppf.^ vchrlMeMm» und Ha»pt«eIch!iN»II,ll«: M»rI»»Ne«l!» 3S «O. D-rla« von VIepIch «- «»ich»-»! m Dreien. P»«Ichk ^>.«»n>» 1088 »reedr». ^-»„iciec-IKosiiitzn »»> Mallch.r,Z»Ir°«un« in rre-den oder dm« »>»P,I> menallich I tzl»,,ai„on-siIraisv TZ >>P«M-k zr mm drei» J»i> ^ ,1,-. «ut,»I>olb Sachlens » M.-. tzomUcenanz-igen und SI»lI»np«Iuch» uni», ^"^ttl)i » LÄ,—. »Inj-n.»«»r ri,—. s»nnlai»«»»g.>« I <tl>gkIZekl-zpte>i>.. Wcglai« >edcn wkilere» Rodalis » 2S.—. DerzugeeUitze lau! Lari,. Auswitrii«« Äuilrisg» «egen Voeau.de,ndlun«. 1I«»deu> nm m« »enttichn vueven.n,.»» '.Dre.dnes «»«r" -ui»,», U»«eir>n,>. Schr^»I>«, »erd«. n>«> »u>d«»« 'r,. HfSulausslallunZen g)-, str u ds O 07 L« S1r»S» StrsilLs cll »,^»a«ni»»vr>l. o I X l ^ I W«I«pvon 22SS7 Schloßstraße 19 ln<bcn 2ltt-Sas,meper) ^ Srste» Eag«»»L«f< mit feinen Asnültorel-SpeztalltSten 8üc!ier» Vibliottieken kuptsistivlis, sisgljrewßnungsn. such g'vük Objekts, iciust SuvkkLnrIllmg v. Lskn L Zsensck Vf»I»»nI>»u«»r>'«itI« 10, nsdsn ctvm evntrnt-rtzsntnr 26 kkeLante, Aeijegepäok Actotl Seiasle käerworen 26 Versagung der Londoner Konferenz Einstimmige Ablehnung -es -eulschen Vorschlags. PolncarL verlang! Bochum und Essen. Eine neue Konferenz in Poris. Endgültige Entscheidungen vor dem IS. Januar. London. N. Dez. Um 7 Uhr abends wurde soigciidcs Eomuiuiiianö anSgegeben: Die alliierten Minister baden sorgfältig den Stand t:r angenblickliche» Lage dcö itzeparatiouSproblemS und auch Li« damit zusammcnhängeudc» Tratten der interalliierten europäischen Schulden untersucht. Ein Plan slir eine Ioterimsvereinbirung bezüglich der Reparationen. der vom deutschen Kanzler unterbreitet wurde. Mancher- wogen worden. Er I st j e d o ch e i n st i m m i g für un - besrledigrnd erachtet worden. ES ist den alli ierten Premierministern in der ihnen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich gewesen, zu endgüMgen Be schlüssen In den In Betracht kommenden bedeutsameren Kragen zu gelangen. Unter diesen Umständen ist beschlossen worden, die Unterredungen zwischen den oltilerken Premierministern ln Paris am 2. Januar nächsten Jahres fort zusehen. um der Doltkonfcrcnz zu ermöglichen» unmittel bar darauf zusammenzutretcn und vor dem 15. Januar zu endgültigen Entscheidungen in den gesamten in London erörterten Fragen zu gelangen. * Der Abbruch der Londoner Verhandlungen kommt Überraschend. I» den letzten Stunden häuften sich zwar di.' Meldungen, die von einer zunehmenden Schärfe der Gegen sätze zwilchen den beteiligten Ministerpräsidenten berich teten. Man begann nach den anfänglich zuversichtlich stim menden Berichten von Havas und Reuter auch bei uns init einer Krise zu rechnen. Immerhin hätte niemand geglaubt, daß die an sich schon auf kurze Frist berechneten Vor besprechungen reichlich eine» Tag früher, als geplant, ab gebrochen werden würden. Der Grund liegt in nichts an derem als in der verbohrten Haltung PvincaräS, der die drutichc» Vorschläge unmittelbar nach ihrer Verlesung ab- kehntc, getreu seinem Motto: Ich weist recht eigentlich nicht, was die Deutschen wollen, aber ich mißbillige cs. Da Bonnr Law keinerseits kein fcst.S Programm vorlcgcn konnte. Mussolini» Vorschläge anscheinend noch nicht scrliggrstellt waren — die italienischen Sachverständigen losten die ganze Nacht von Sonntag zum Montag darüber gebrütet haben, ohne zu einem Ende zu gelangen —, da ferner weder aus englischer noch italienischer Seite ein aktives Interesse da für vorzulicgen scheint, die Pvtncareschen Gcwaltpläne zu bekämpfen, mußte die Konferenz den Weg zahlloser Vor gängerinnen gehen und sich vertagen. Die Bedeutung dieses Aufschubs ist für unS schwerwiegender alS daS Scheitern einer früheren Konferenz. Wir müssen mit der Tatsache rechnen, daß schon die allernächsten Tage den Sturz der Mark ins Bodenlose sortsetzen und uns dem völligen Ruin näher bringen werde». Die Pariser Ianuarkonferenz und die Brüsseler Tagung, die sich ihr anschliestcn svst, werden zu spät kommen, um schwerste Wirtschaftskrisen und die Vcr- elenduna weiterer VolkSmassen zu vermeiden. Aus de» deutschen Vorschlägen, die nach dem Abbruch der Konferenz sowohl an Bedeutung wie an aNgemcincm Interesse verloren haben, da sie ia zweifellos zu späterer Verwendbarkeit wesentlich abgeäudert werden müssen, sei zusammcnsasscnd svlgendcS mttgcteilt: Das Bonar Law von Bergmann übergebene Schreiben ist in drei Teile eingeteilt. Im ersten Teile ist von der Festigung der Mark die Rede. Die deutsche Negierung schlägt vor, diese Stabili sierung selbst in die Hand zu nehmen gegen Bewilligung t. eines Moratoriums von mehreren Jahren, 1. gegen An erkennung Dcntschlandü als einer gleichberechtigten nnd meistbegünstigten Macht Im Handelsverkehr durch die Alli ierten. . . Der zweite Teil der Note bezieht sich ans die Wieder» herstellongösragc und schlägt die Ausnahme einer auswärtigen und einer inneren Anleihe vor, und zwar die letztere sofort. » Der Anhang ist in drei Punkte geteilt: 1. Innere Anleihe. Die deutsche Negierung vlant eine Anleihe von » Milliarden Goldmark mit l Proz. Zinsen »nd Vr Pro^ TilgnngSqnote. L Die deutsche Negierung schlägt vor, Gutscheine etwa in Höhe von S Milliarden Goldmark dem Wieder» herftellnngSanSschnst zu übergeben, damit dieser sie im AnSlande finanziere. Zinse« und TilguugSzinse« wäre« sasort zahlbar. S. Als Gegenleistung verlangt die dcntsch« Negierung el» Moratorium von zwei Jahren für alle Zahlungen, die sie schuldet, ans, er sttr die Sach» Ileserungen. deren Betrag ans den Aktiven beS deut sche» Budgets entnommen werde» könnte. Ueb.rdieS verlangt die dcntschc Negierung für jede weitere Milliarde, die sie über die geplanten Zahlungen hinaus dem Wicderhcrstclll NgS - Aue schns, zur Bcrsiigung stellen sollte, ein weii.rcS Moratorium von einem Jahr. Im ganzen würde der Zahlungsaufschub bis zu fünf Jahren betragen. Schließlich schlägt die deutsche Negierung vor, das, daS Ergebnis der deutsche» Zölle als Sicherheit für die aus wärtige Anleihe benutzt werben soll. Der Ertrag der Aus ländsanleihe soll ganz, -er Ertrag der Inlandsanleihe znr Hälfte der Neparationskoiumilsivu zur Bcrsiigung stehen. Die andere Hülste der Inlandsanleihe soll der Stabilisie rung der Marl und dem Ausgleich des HaushaUS dienen. Powcarös neue Cewallpliine. Paris, lt. Dez. HavaS meldet aus London: Im Lause der gestrigen Nachmittngssitziing führte PoinearS aus, bah Deutschland allein für seine sinanzicllc Lage ver antwortlich sei. Seit zwei Jahren seien Deutschlanü ohne Rücksicht ans die Reparationszahlungen ZahlungS- crleichtcruiigcn gemährt worden. Man müsse also setzt die Methode ändern »nd diirsc k e i n c » c u e V c r sch l c p p u n g mehr dulden, ohne dafür Pfänder z» erhalten, nämlich die Kontrolle der Vrrgrverke und die Veschlagnahme der Zölle. Zur Nntcrstütznng dieses Standpunkt"», fügte PoincarL Hinz», die dentschcn Vorschläge von gestern seien so un zureichend, das, nichtsdestoweniger die Ve chlagnahmc dnrchgrführt werden m!is,tc. damit endlich die denische Negie rung und die dcnEchen Gros.lndnstriellen cmpsindcn, dast d i e Ged nldder Alliierte» jetzt erschöpft sei. Poincarö setzte dann in grofien Linien auseinander, wie er sich die Kvn trolle denke, die keine Verstärkung der alliierten Truppen erforderlich machen würde. Nonar Law zeigte sich a u si e r o r d c ii t l > ch z u r ü ck h a l t c n d. Ohne Kritik üben zu wollen, brachte er gegen daS sranzvsischc Projekt all gemeine Einwendungen vor, die sich solgcncrmasien z»- sammenfasikn lallen: Die englische öffentliche Meinung ist sich einig in dem G danken, das, Zwangsmaßnahmen kein Geld cinbringen würden. Die belgische Delegation stimmte Im Prinzip dem französischen Plane zu. während Mussolini erklärte, dast ihn vor allem die Streichung der interalliierten Schulden beschäftige. lM. T. B.) Anaeblich zu spät. London, 11. Dez. Reuter-Bureau erfährt von belgischer Seite in London, dast man in belgischen Kreisen der Ansicht sei. dast die deutsche Note sicher über die Vorschläge hinnusgche, die bisher von Deutschland verbreitet wurden, und dast, wenn sic in anderen Ausdrücken nbgesastt und be reits vor drei Monaten übergeben worden wäre, sie eine Grundlage für eine Erörterung abgegeben hätte. Heute jedoch sei cS zn spät. Der Note fehle cs an Bestimmtheit besonders mit Bezug aus die automatische Verlängerung des Moratoriums und mit Bezug auf die Forderung Deutsch lands, während der Periode des Moratorium? von allen Zah'nngcn für die Reparationen und anderen unter dem Versailler Vertrag festgesetzten Zahlungen befreit zu werden. In französischen Kreisen sei die Ansicht über die deutsche Note noch kategorischer gewesen. Poincarö erachte die Note als unannehmbar nnd stehe fest zn seinen Bor'chläqen der Ar'etzung dcS Nuhrgrbictcs oder wenigstens dcö Be zirkes Essen-Bochum. Die Kalkung -er Jn-uslrie zum deutschen Nnaebol. Berlin, 11. Dez. Zur HavaS-Meldung von der Ab lehnung der deutschen WlcderherslclluiigSvvrschlägc in Lon don erklärt die „Deutsche Allg. Ztg.". daS Organ des Ab geordneten StinneS, in einer anscheinend inspirierten Aus lastung an leitender Stelle: Zum deutschen Angebot ist die Industrie nicht befragt worden. Sie ist um nichts gebeten, sic ist auch nicht informiert worden. Wir halten den nach London gerichteten Vorschlag des Kabinetts für nicht zwcctm ästig und wirtschaftlich nicht für brauch bar, weil er keine Endlösung bringt. Wäre er von der Gegenseite angenommen morden, so würden die Wirtschaft», kreise, auch die Industrie, dennoch versucht haben. Mittel und Wege zu finden, um ans den kämmenden Verhand lungen das uncrlästlich notwendige Dcsiiiitivum hcraiiöz»- arbeltrn. Dafür hätte die Mitwirkung auch der Industrie zweifellos zur Verfügung gestanden. vollai- (ämllieti): 6470 Im ^rvlvvrkvtzr vdvnrls v Ukr: SLOO Griechisches, Allzugrlechisches. Von Privatdozent Tr. A l b r c ch t W i r t h. Im Jahre Mi v. Ehr. haben zehn Admirale der Athener eine grvste Seeschlacht bei den Arginiisen an der kleinasiati- schen Westküste gewonnen. Zum Dank dafür hat das Volks gericht, non einer oligarchischen Cligiie angcstachclt, die Admirale zum Tode verurteilt und hingerichtct. Der äußere Grund oder Vorwand ist nebensächlich: man behauptet, die Admirale hätten nicht genügend für die Schissbriichigcn der eigenen Flotte gesorgt. Ich erinnere mich noch gut, das; unS allen in der Schule, als wir de» Bericht des Lenophon über diesen Justizmord lasen, die ganze Sache wie eine Narrheit vorkam und unserem cinsacheii Denken gänzlich unsaß- bar war. Wir scheu in der Gegenwart, dast das Unfaßbare von damals sich wiederholt hat, dast eS mithin aus einer Anlage des griechischen Charakters gedeutet werden must. Aller dings ist insofern die Bluttat von heute leichter erklärbar, als sie sich gegen erfolglose Generale, gegen die Verschulde! von Niederlagen richtet. Allein auch gerade in diesem Zu sammenhang ist sie besonders abstoßend. Mährend der römische Senat nach der zerschmetternden Niederlage von Cnnnä dem überlebenden Konsul, der da? ganze Unglück mitrcrschuldet, feierlich dafür dankte, daß er am Vaterlande nicht verzweifelt sei. bestrafen die Griechen umgekehrt einen ! Heerführer mit dem Tode, weil er sich noch weiter für daS j Vaterland betätigen will. Gerade auf dem Balkan ist diese Gemütsverfassung der Hellenen und der ihr entspringende Entsch'nß nicht ohne Beispiel. Auch bei den Osmanen war eS keineswegs selten, daß ein Paicha oder gar ein Grost- wesicr, den das Unglück vcrsolate. die seidene Schnur bekam. Also geschah es Mustafa, dem Besiegten von Wien, 1683. Die wichtigste Frage für Europa und auch für uns ist die: WaS für politische Folger, wird der griechische Justiz mord haben? Wenn irgendwo prophezeien schwer ist. so ganz besonders aus dem Balkan. Mit zwei oder drei balka-- nischen Voraussagungen habe ich allerdings seinerzeit Glück gehabt: mit dem Nationalismus der Albaner nnd der Türken, und mit dem ersten Valkankrieg. dessen Ausbruch und Ergebnis ich in einer Sommer 1012 erschienenen Schrift: „Deutschland. Oesterreich, Türkei" mit Bestimmtheit prophezeite. Schon damals waren die Verhältnisse ver schlungen genug. Heute aber sind sie noch weit verwickelter. Wenn sie aber damals einer gewissen Zwangsläufigkeit unterlagen und beinahe errechnet werden konnten, so wird heutzutage die gesetzmäßige Lagerung der Schichten und ihr Ineinandcrareifen durch vulkanische AuSbrüchc gestört, durch die dämvnischen Kräfte dcS Nationalismus, die damals sich noch nicht zu ihrer ictzigen Größe emvorgcrcckt batten. Ferner waren die bandelnden Personen vor zehn Jahren gnc bekannt und daher ihre Taten einigermaßen voraus- zusebcn. Wir brauchen bloß an Abdul Hamid, den Zaren Ferdinand, König Karo! von Rumänien »nd Nikita non Montenegro zn erinnern. Heute dogegcn sind cs zum Teil sunge. zum Teil noch völlig unbekgnnte Männer, die über die Geschicke des Vulkans entscheiden sollen. Zu diesen ent scheidenden Persönlichkeiten gehören indes nicht bloß Vulkanier, sondern auch Sowietingchthaber nnd Mussolini: sodann auch griechensrennAiche Franzosen, deren Gestalten besonders verhüllt und finster sind. Zu verschiedenen Zeiten ivie'tcn sich die Pariser alS Philbellencn ans. Einmal bei Gelegenheit der FreibeitS- kämpfe in den zwanziger Jahren deS vorigen Jahrhunderts, ferner in der revolutionären Evvche vor und nach 1818. dann wieder bei der Besetzung Thessaliens 1880 und endlich während der mazedonischen Wirren zu Anfang unseres Jahrhunderts. Die „I.igua »anaaiso pcnir ia clökancs cla» clicsits <!<» I'Ilellev'smo" entstand IMä. Ich besitze ein Sammelwerk der Liane, daS eine hemmungslose Begeiste rung für daS Griechentum atmet. Z» den merkwürdigsten Arbeiten darin gehört eine des PnrcnäenvvlitikerS Michael PaillnröS. Er befürwortet für Griechenland die Einver- leibnng von Albanern, Knzowalachcn. Vulgaren und Türken. „Die Sprache Ist kein unfehlbares Mittel, nm die VolkShcit zn bcnrtei'cn. Schauen wir uns doch um in Frankreich! ES gibt Millionen von Franzosen, die In ihren Familien kein Französisch sprechen. Sie reden brctonisch, normännisch, pikardisch, vlämisch, elsäisisch. iavonisch. Wollt ihr alle diese Franzosen, die PatoiS sprechen. Spanien, Italien. Deutschland, Belgien, England überlasten? Nehmen wir unS in acht! Wenn wir zugebcn. daß die Mazedonier, die slawisch sprechen, sämtlich ohne weiteres, ohne ein gehendere Prüfung Vulgaren oder Serben oder Rumänen sind, io wird sich diese Behauptung gegen unS selbst wenden. Wa» werden wir den Deutschen antworten können, wenn sic erklären, die Elsässer gestörten zur großen ger- manischen Familie, sic leien keine Franzosen? Unsere Staatsmänner, unsere Publizisten und Schriftsteller» unser»