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VoiglliinWer Anzeiger. Amtsblatt für die Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. Siebenzigster Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Dieses Blatt erscheint wöchentlich dreimal, und zwar Dienstag», Donnerstags und Sonnabends. Jährlicher AbonnementSpreiS, auch bei Beziehung durch die Post, l Thlr. tü Ngr. — Annoncen, die bi» Bormittags 1! Uhr eingehen, werden in die Tag- darauf erscheinend« Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene CorpuS-Zeile berechnet. Sonnabend. 1b. December 185S. Zeitungen. Sachsen. Dresden, 5. Decbr. Vorige Woche machte hier in mili tärischen Kreisen die Durchreise eines alten französischen Sergeanten, der aus der österreichischen Gefangenschaft zurückkehrte, Aufsehen. Dieser grau haarige Mann war ein BreSlaner von Geburt, schon 1812 — freilich sehr jung — in französischen Diensten gewesen und hatte nun Aussicht, daß er, der 70jährige aber noch ziemlich Rüstige, im Jnvalidenhause Aus nahme finden würde. Man hatte ihm hier einen Mantel gekauft, auch anderweitig unterstützt. Schön war'ö zu hören, als er von dem Ver hältnisse französischer Soldaten zu ihren Offizieren berichtete. „Auf dem Marsche hat mir," sagte er, „mein junger Lieutnant mehr als einmal Tornister und Gewehr getragen, um mir'S leicht zu machen." Italien. Mailand, 1. Decbr. Nach der „Unione" nimmt die Unzufriedenheit unter dem Landvolke und der arbeitenden Klaffe in der Lombardei beständig zu. Demonstrationen haben in Eardarlo, Samarate, Monza, GaUarate und selbst in Mailand staltgefunden. Modena, 30. November. Ein Decret ist erschienen in Betreff der Einrichtung der C e n t ra l r e g i e r u n g für Modena, Parma und der Ro magna mit fünf Ministern und dem Siy in Modena. Spanien. Vom 4. December bringt der Telegraph die ersten An gaben über ein neues blutiges Gefecht zwischen Spaniern und Marokka nern, worin letztere 500 Todte und 1500 Verwundete gehabt haben sollen. Bezeichnend ist die Mittheilung, daß die Spanier „auch nicht einen Ge fangenen gemacht haben." Selt der Eröffnung der Feindseligkeiten haben die Spanier 88 Todte,644 Verwundete und 73 Contusionme erhalten. General Zabala hat eine RecognoScirung gegen das maurische Lager bei Tetuan vorgenommen. Amerika. Ncuyorker Berichte vom 23. Nov. melden aus Meri ko, daß Miramon und Marquez sich mit geraubten bedeutenden Summen auf einem englischen Dampfer geflüchtet haben und daß von der Armee Santa Anna zum Präsidenten proclamirt worden ist. (Dort raubt und stiehlt so ziemlich Jeder.) Oeffentliche Gerichtsverhandlungen des Bezirksgerichts Plauen. (Schluß.) Die GerichtSärzte bezweifelten, nach der Beschaffenheit der Vorgefun denen Wunden, daß diese von dem vorliegenden Messer herrühren möchten, gaben aber wenigstens die Möglichkeit zu, und der GenSd'arm Lorenz, welcher eS zwei Tage nach jenem Vorfälle in Grimm'S Wohnung auf einem Fcnsterbretchen aufgefunden, versicherte, daß er damals noch deutliche Blutspuren daran entdeckt habe. Mochte nun Grimm mit diesem oder einem anderen Instrumente Markertcn die obenerwähnten Verletzungen zugefügt haben, die Thatsache, daß Grimm deren Urheber war und dadurch den Tod Markert's verursacht habe, stand um so unzweifelhafter fest, als sich Niemand weiter bei dem fraglichen Vorfall Markerten genähert hatte und Gnmm, seiner Schuld sich bewußt, alsbald nach dem Tode Markert's die Flucht ergriffen hatte. Die Motive zur That anlangcnd, so gab darüber die Verhandlung folgenden Ausschluß. Die Markert'sche Tochter erzählte: Ihr Vater und Gnmm, welche bis zum 10. Sept. 1859 eine Stube deS Armenhauses zu Treuen bewohnt, wären früher einig gewesen und erst kurze Zeit vor MarkertS Tode auseinandergekommen, weil Grimm denselben in dem — nach Aussage deS GenSd'arm Lorenz allerdings nicht ungegründeten — Verdachte gehabt, daß er ihn wegen Diebstahls, weshalb Grimm mit seiner Familie 11 Tage lang, bis zum 5. Septbr. 1859, gefänglich ein- gezogen gewesen, verrathen habe. Grimm habe nun, als er nach seiner am nurgcdachtcn Tage erfolgten Entlassung aus dem Gefängnisse nach Hause gekommen, zu seiner Ehefrau gleich gesagt: „Frau, wo ist meine Hacke? ich will dem Markert schon Eins auSwischen, daß er daran zu käuen hat!" Auch habe darauf Grimm seine Holzhacke vom Boden ge holt, sie neben sich gelegt und alle Tage mit zu Bette genommen, früh aber beim Aufstehen wieder mit heruntergebracht. Dabei habe Grimm alle Tage auf ihren Vater geschimpft und spectakelt, so daß der Letztere am 10. Septbr. d. IS. aus GrimmS Stube hinweg und hinüber in die andere Parterrestube deS Armenhauses zu Treuen gezogen sei. Wie nun Grimm am letztgedachten Tage AbendS nach Hause gekommen, sei er gleich in die Siube, wohin sich Markert verfügt und wo dieser ruhig auf einem Stuhle gesessen, gekommen und habe denselben mit den Worten: „Ihr gottverdammte Bande, habt Ihr Euch denn herübergestohlen? Ihr schlechte G sellschafl!" angcredet und auf seine Entgegnung: „WaS willst Du denn eigentlich, Karl, ich habe Dich nicht verrathen!" sogleich am Halse gepackt und in der oben bemerkten Maaße sich thätlich an ihrem Vater vergriffen. Mit dieser Darstellung stimmten, soweit sie sich auf den Vorgang vom 10. Septbr. vor Beginn der eigentlichen Tätlichkeiten bezieht, die Aussagen der verw. Markert, Böttchers und Dörfels überein. ES wurden aber auch noch andere Aeußerungen und Handlungen Gumm's zur Sprache gebracht, welche auf seine Absicht, sich an Markerten that- sächlich zu vergreifen, schließen ließen. So behauptete die verw. Markert, daß Inculpat, als er bei seiner Rückkehr aus dem Gefängnisse nach seiner Hacke gefragt, noch die Worte: „Ich will gleich Eins tovt machen, daS ist mir egal, ob ich einen Men schen todt mache, oder ein Stück Vieh!" beigefügt und am Donnerstag vor dem Ereignisse gegen seine Ehefrau die Acußerung: „Frau, zu Weih nachten häufle ich nicht mehr auf diesem Stichle, zu Weihnachten bin ich nicht mehr hier!" gethan und auf die Erwiderung der verehel. Grimm: „AlberneS Mensch, wo willst Dn denn sein?" entgegnet habe: „DaS weiß ich!" Ebenso wollte Friedrich August Grimm einmal von seinem Bruder die Aeußerung vernommen haben: „Zu Weihnachten bin ich nicht mehr da!" Jngleichen bezeugte Böttcher ausdrücklich, daß Grimm noch am Freitag, also am Tage vor Markert'S Tod, davon gesprochen habe, wie er Markerten Eins auSwischen wolle. Endlich hatte noch der etwas schwer hörige und deshalb unvereidct gebliebene 68jährige Webergeselle Kretzsch mann, ein Mitbewohner der Grimm'schen Stube im Armenhause zu Treuen, wahrgenonunen, baß Grimm, als er am 10. September AbendS in seiner Wohnung angekommen, einen kleinen, in gerichtliche Verwahrung gekom menen und bei der Hauptverhandlung vorgezeigten Pfahl unter dem Ofen