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Dresdner Nachrichten : 05.12.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-12-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-190512058
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19051205
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19051205
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-12
- Tag 1905-12-05
-
Monat
1905-12
-
Jahr
1905
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 05.12.1905
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Beleidigungsklage H»tAel--artn>ig. 1 Mae« Beleidigung. besannen durch einen Artikel in der Dresdner Bürgerztg." vom 4. Oktober d. I.. hat Herr cstadtver- ordnetrn-Bizevorsteher Rechtsanwalt D r. Haeckel gegen Herrn Hiadtrat Baumeister Gustav Hartwig Privatklage erhoben, dir gestern vormittag von halb 9 Uhr an unter Vorsitz des Herrn Amtsrichter» Dr. Äsche verhandelt wurde. LS sind eine An- zahl Zeugen, «eist Mitglieder der städtischen Kollegien, geladen, die nach Aufruf auf einige Stunden entlassen werde». Der unter Klage gestellte Artikel wird verlesen, er knüpft an «inen Brief -— -- ^ 22. Nl an. den Herr Dr. Haeckel unter dem 22. November 1902 an Herrn Gtadtrat Hartwig gerichtet hat, weil dieser in einer Ver sammlung de» Spar- und Bauvere>n» vom 21. November 1902 nicht erschienen war. Nach dem Artikel strotze der Brief Dr. Hoeckel» von Beleidigungen gegen Hartwig, der sein Weg- bleiben au» der Versammlung de», BauvereinS mit ÄrbeitSilberbiirdung rechtfertigte. licke Erörterung de» Dr. Becke beyoudelt dann Erklärungen Dr. dieses Jahre» im Stadtverordnetenkollegium und die neuerliche " ^ Haec"° ' " ... ttt« Bedauern aussprach, scheue er die üssent- rogramm». Der Artikel els vom 2. und 29. Juni rli e. Nicht rscken Pr r. Haeckcli .. . ietenkolleg ..... ... Erklärung Dr. Haeckel» in der Stadtverordnetensitznng von» 21. September diese» Jahres, nach der Herr Dr. Haeckel sein Bedauern aussprach, Herrn Baumeister Hartwig vor 5 Jahre» verteidigt zu haben: jetzt habe er die Ueberzcugung, daß er seine Verteidigung keinem Würdigen habe zu teil werden lassen. Hartwig schrieb darauf in dem Artikel, Dr. Hacckels Aeuße- rungen ini Stadtverordnetenkollegiuni seien auf einen unlauteren Grund aufgebaut, wie er geringwertiger nicht gedacht werde» könne. Beide Klageparteien waren früher enge Parteifreunde, sind aber in Spannung geraten. Au» Grund von Briefen aus dem Jahre 1902 und den Erklärungen Dr. Hacckels lieh der Be- klagte durch seinen Rechtsbeistand. Rechtsanwalt Dr. Mendel, Widerklage erbeben: diese wird nur insoweit zuaclassen, als es sich um die Erklärung Dr. Hacckels vom 21. September und angeblich in der Privatklage enthaltene Beleidigungen handelt. Stadlrat Hartwig gibt z», den inkriminierten Artikel geschrieben zu haben, bestreitet aber, daß er objektiv Beleidigungen gegen Dr. Haeckel enthalte. Gegen 11 Uhr wird in die Beweisaufnahme eingetreten. Bon der Vernehmung der Herren Stadträte Dr. Fischer und Dr. May als Zeugen wird abgesehen. Herr Stadtverordneter Hoflieferant Krause ist von Herum Dr. H nannt worden, um zu dem ihm er. Dr. Haeckel, verdanke seine Protektionen, insbesondere der schützenden Hand deS Herrn stodtrats Dietz, und nicht seinen Fähigkeiten. Herr Stadt verordneter Krause, seit 15 Jahren im Kollegin,», bekundet, die Erfahrung gemacht zu haben, das, die Wahl Dr. Haeckels zum Vizevorsteher nur wegen seiner hervorragenden Dienste im Kollegium erfolgt sei. Herr Stadtverordneter Unrasch hält Herrn Dr. Haeckel für eine gerade, offene Natur, die manchmal zu offen ihre Meinung sage. Einen befähigteren Vizevorsteher Wichte er momentan nicht zu neunen. Herr Stadtverordneten- Borsteher Justizrat Dr. Stöckel wird über die Frage deS Zusammenhangs der von Herrn Dr. Haeckel abgegebenen Erklärung in der Sitzung vom 2l. September dieses IrchreS Pernou men. Anlaß zu der Erklärung boten Herrn Dr. Haeckel die Auslassungen deS Stadt- ve-ordneten Schristnihrers Grützner in jener Sitzung über die Lieferung von Kohle» seitens eines Stadtverordneten an die Stadt. Hierzu nimmt Herr Hartwig den Standpunkt ein, daß Stadtverordnete an städtischen Lieferungen sich nicht beteiligen dürfte». Ein derartiger Artikel war damals in der „Burgerztg," veröffentlicht worden, hinter dem. wie vermutet wurde, Herr Hartwig stunde, wodurch auch er mit in die Debatte hinein- gezogen und anaegriffen wurde. Zn dem 'Vorgehen Dr. Hneckels in Herum Dr. Haeckel als Zeuge be- > ihm gemachten Vorwurf ausznsagen, seine Stellung als Vizevorsteyer nur senge Stadtrat Dietz, Parteifreund des Privatkläaers und Vorsitzender des Deutschen ResormvereinS, sagt aus. daß Herr kr. Haeckel wegen seiner Tüchtigkeit zum Vizevorsteher ae- oählt worden sei. Von der Verncb»i»ng des Herrn Stadt- Haeckel den alten verdienten Mann angegriffen habe. Der Aus- drstck „Angriff'' kommt in dem Artikel vor. auch das Wort Vor- stoß. Es wird ausgefiihrt. Herr Dr. Haeckel, der junge neben dem alten Mann sitzende Schriftführer, mochte wohl einmal zurückgewiesen worden sein, denn anders ist sein Vorstoß nicht zu erklären. Herr Hartwig warf damit Herr» Dr. Haeckel vor. den von ihm in der „Deutschen Wacht" zu dem Rücktritt des GH. HosratS Dr. Ackermann erschienenen Artikel aus rein per- sönlichen Motiven geschrieben zu haben. Auch erblickt das Ge- richt kerne erwAslich tvabre Tatsache in der Behauptung artwigs, Dr. Haeckel verdanke seine leitende Stellung in der , artet und sein« Aemter im Stadtverordneten-Kollegium der schützenden Hand des Herrn Stadtrats Dietz Tie dritte falsche Tatsache sei m der Behauptung enthalten. Herr Dr. Haeckel habe Herrn Schlotter, als er zum Stadtrat gewählt werden sollte, die erforderliche Qualifikation und Würde abgefprochen: davon könne keine Rede sein. Wir sestgestellt wurde. Hai Herr Dr klagten im Prinzip zu, da der Artikel unter dem Eindruck der Aeußerungen Tr. Hacckels vom 21. September d. I. geichricben wurde. In dieser Sitzung hatte Herr 'Dr. Haeckel öffentlich aus- gesprochen, er bereue es, daß er feine Verteidigung im Jahre 1900 keinem Würdigen habe zu teil werden lassen. Daß Herr Hartwig das Bedürfnis fühlte, demgegenüber sich öffentlich zu rechtfertige», ist erklärlich. Herr Stavtrat Hartwig hätte müssen freigesprochen werden, wenn nicht das Vorhandensein der Absicht der Beleidigung aus der Form des Artikels zu schließen wäre: aus den begleitenden Umständen konnte eine Bcleidiauiigsabsicht nicht konstatiert werden. Charakteristisch ist, daß Herr Hartwig mit seinen Aeußerungen über Herrn Tr. Haeckel diesen lächer lich zu machen versucht habe. Das fei i» gehässiger Art und Weise erfolgt, so daß nian die Beleidigungsabsicht als feststehend erachten muß. Herr Stadlrat Hartwia steht lange im össent- lichen Leben »nd ist gewohnt, lange Artikel zu schreiben »ud lange zu sprechen: er ist daher in der Lage, geeignete Ausdrücke zu finden. Die gegen Herrn Dr. Haeckel erhobene Widerklage stützt sich aus zwei Punkte, nämlich auf die Eicklärunq von, 21. September 1905 und die Privatklage selbst, in der Herr Dr. Haeckel von grobem Undank. Mangel an "Takt, wenig vor nebmer Gesinnung spricht. Aus diesen Worten allein eine Re leidigungSabficht zu schließen, dazu gehöre viel. Das Gericht ist der Ansicht. Herr Dr. Haeckel hatte hei seinen Auslassiinaen über Herrn Stadtrat Hartwig die Ueberzeuauug. er sage die Wahrheit. Dr. Haeckels Vorgehen sei crllärüch: eine Absicht auf Beleidigung habe man bei ihm nicht sestslelle» können, wes halb seine Frciivrechiina ersolaen mußte. Bei der Strack zumessung gegen Hartwig batte das Gericht die wegen Beleidi eiung schon erlittenen Vorstrafen H.s und serner z» berück- sichtigen, daß die Beleidigung eine öffentliche, durch die Presse begangene ist und der Beklagte sich in guter Vermögenslage befindet. einen Trinkspruch auf den Deutschen Kaiser an», der mit großer Begeisterung ausgenommen wurde. Im seiner Erwiderung dankte ver Bolichafler Lady Aberdeen für ihre gütigen und lymvachischen Worte bezüglich Deutschlands und ei»er selbst und führte dann aus, LadyAberveeus Worce würden ein willige» Echo in Deutschland finden. Tie Deutschen seien eine friedlich« Nation und wünschten mit allen Nachbarn in Freundschaft und Eintracht zu leben. Mit England habe Deutschland nie- mal» einen ernsten Streit gekokt, und er — Redner — lwffe aufrichtig, daß das niemals der Fall sein werde. Der Bot schafter wies dann auf die vielen historifchen und literarischen, zwi>chen den beiden Völkern bestehenden Bande hin und fuhr fort: Unglücklicherweise habe sich in den letzten Jahren «m Schotten zwischen beide Völker geschlichen. Die s»e. L! . ... ^ würde. Zeuge ist der Ansicht, daß damals Herr Dr. Haeckel die Nebcrzeugiliig hatte. eS könne im Stadtvcrordnetcnkvlleginm nicht so weiter gehen: denn Geh. Hofrat Dr. Ackermann sc: zu ast. Zeuge Stadtrat Dietz, Parteifreund des Privatksäaers und Borgt Dr. wählt rats Leutemann als Zenge wird Abstand geuoiiliuen. Darauf tritt eine kurze Paufe ein. Der nächste dann vernommene Zeuge ist Herr Stadtrat Schlotter, dessen Wahl Herr Dr. Haeckel bekämpft batte wegen seines Alters. Der Herr Obcvvürgermcister brauche längere Leute im Natskollegium. Herrn Stadtrat Schlotter ist das bekannt gewesen. Die weiteren Zeugen, Stadtverordnete Hoirat Dr. Baltmann, Anger und Schumann, werden nicht ver nommen. Ein E l n i g ii n g sv e r s uch ,'cb e i t e r t : Herr Dr. Haeckel hatte nämlich eine Erklärung verlangt, daß er nicht gierst Herrn Geh. Hofrat Dr. Ackermann angegriffen habe, wie ibm wider besseres Willen nacbgeiagt wurden sei, daß Herr Hartwig erkläre, daß er lDw. H.s seine Stellung als Vizevorsteher nicht Herrn Stadtrat Dreh verdanke und seine Erklärung vom 21. September nicht auf einer Grundlage aufgcbaiit habe, wie sie geringwertiger nicht gedacht werden könne. Außerdem ver- langte Dr. Haeckel, daß Herr Ctadtrat Hartwig 50 Mk. Buße an die Armen zahle. Hartwig lehnt dies ob und erklärt die ibm zugefügten Beleidigungen für die schwereren. In seinem Schlußwort beantragt Dr. Haeckel die Bestrafung Hartwigs wegen Beleidigung. Unlautere Motive hätten ihn. zu der Er klärung nicht veranlaßt, sondern nur der Schub seiner Person. Hartwig greife wiederholt an, so bekämpfe er auch Herrn Stadt rat Landrichter Heiiize, dem er als Rcllerveoffizier immer Vor halte, daß er mit Sozialdemokraten im Mietbewohnervcrein zusammensibe. Das entspräche nicht der Ehre eines Offiziers: er lTr. H.s sei der Meinung, daß es nickt unwürdig sei. mit Sozialdemokraten zusammen zu sitzen. Herr Dr. Haeckel er- klärt weiter, er habe die Briefe, auf die sich die Widerklage stützt, geschrieben in der Erwartung, von Herrn Hartwig ver klagt zu werden, da dies damals nicht geschehen ist, ist eine Strafveriolauiig insoweit verjährt. Herr Rechtsanwalt Dr. Mcnde' nimmt für feinen Klienten den Schutz deS Z 192 des Reicbsstrafgeschbuckes in Anspruch und plädiert für Straf freiheit gemäß des tz 199. wonach beim Vorliegen, wechselseitiger Beleidigungen Kompensation eintreten kann. Herr Stadtrat Hartwig als Beklagter führt in seinem Schlußworte aus. daß Herr Dr. Haeckel über die Schwere der Beleidigung fick hätte klar sein müssen, wenn er ihm fStadtrat Hartwigf die Würde abspreche, indem er erklärt hatte, er bedauere, keinen Würdigen verteidigt zu haben. Darauf zieht sich daS Gericht zur Bera tung zurück. Das Urteil lautet gegen den Beklagten Stadtrat Hartwig, der der öffentlichen Beleidigung schuldig befunden wird, auf 200 Mark Geldstrafe, der WiederbeNaate Dr. Haeckel wird freigesprochcn. Die Kosten des Ver fahrens und die dem Privatkläger erwachsenen notwendigen Auslagen hat der Beklagte dem Privatkläger zu erstatten. Dem letzteren wird die Befugnis zugesprocben, das Urteil durcki die „Dresdner Nachrichten" und die „Bürger-Zeitung" veröffent lichen zu lassen. Zur Begründung des Urteils führt Herr Amts richter Dr. Asche ans. daß der inkriminierte Artikel aus der Nummer vom 4. Oktober der „Dresdner Bürger-Zeitung", der die Neberschrist trägt: .„Herr Stgdtveroidncleu-Vizevorilehcr Dr. Haeckel und seine Angriffe aist Herrn Stadtrat Hartwia". welch letzterer sich auch als Verfasser des Artikels bekannt bat. geeignet ist, Herrn Dr. Haeckel zu beleidigen. Er enthält Be- Häuptlingen nicht erweislich wahrer Tatsachen, mit denen Herr Hartwig die Person des Herrn Dr. Haeckel lächerlich z» machen versucht hat. Er warf Herrn Dr. Haeckel Mangel an Besonnen heit vor und stellte ihn als einen Mann hin. der sich von Zornes- ausbrüchcn leiten lasse, und sagt dann weiter ,n dem Artikel: Herr Dr. Haeckel habe Manieren, die ein gebildeter Mann nicht besitzen sollte: der Artikel spricht weiter von rollenden Augen «nd heftigen Gestikulationen Dr. HaeckelS, der kein Maß hatten könne und tue. als wolle er jeden zerschmettern. Derartige Stellen kehren in dem Artikel an verschiedenen Stellen und in verschiedener Form wieder. Es wird dort von Rücksichtslosigkeit, Heftigkeit. Selbstüberhebung, vor ollem von plötzlich ou»- brechendem Zorn gesprochen. Ein« andere Stelle sagt, daß man über Herrn Dr. Haeckel geäußert hätte, nachdem er wieder zwei Parteifreunde angegrifisen haben sollte, er könne nickt anders und da hätte man viel zu tun, wollt« man darauf erwidern. Für einen Mann, der im öffentlichen Leben steht, sind die im Artikel angeführten Behauptungen, die sicb al» Tatsachen nick» erwiesen haben, verletzend. In bem Falle mit Herrn Geb. Hofrat Dr. Ackermann bat Hartwia geschrieben, da» Herr Dr. TnsttSfttschichte. Zur Lage in Rußland. die nach kurzer Besserung wieder eine Wendung zum Schlim meren genommen hat, sind folgende Meldungen zu verzeichnen: Tie Mannschaften der 3. Kompagnie des 5. Ponton-Bataillons in Kiew meuterten und zogen bewaffnet ans, um andere Truppenteile zum Aufstande zu bewegen. Es schlossen sich nur Genietruppen an. Vor den Kasernen des Aiowschen Regiments forderten die Meuterer das Regiment auf, sich ihnen anzu- schließen. Dieses blieb jedoch treu. Die Meuterer gaben Schüsse ab und verwundeten einen Offizier und einige Soldaten. Die Truppen feuerten darauf. Tie Meuterer flohen: 200 ergaben sich. Ans beiden Seiten gab es 70 Tote und 3 00 Ver- Ivundete. . Mit den Soldateminruhen setzen gleichzeitig auch wieder Be- drolMNgen der russischen Juden ein, die trotz böser Erfahrun gen nach wie vor die revolutionäre Verletzung der Volksmassen weiter betreiben. Ans Odessa sind Meldungen eingegangen, nach denen dort neue Metzeleien befürchtet werden, weil in den Kasernen die Soldaten durch Proklamationen zur Ermordung der Juden ausgesordert werden. Gencrai- gouvcrneur General Kankbars erklärte in einer Unterredung mit den Vertretern der Preise, die Truppen seien entrüstet über die provozierende Haltung derfüdischen Be- völkcrung: er könne daher eine Bürgschaft für die Aufrecht- erlmltung der Ordnung nicht übernehmen. Am bedenklichsten seien die vielen müßig gehenden entlassenen Reservisten, die im Verein mit den beschäftigungslosen Arbeitern leicht zu Unruhen veranlaßt weiden können. Da Odessa von Petersburg infolge des Telegraphen-. Eisenbahn- und Poslstreiks völlig abge schnitten ist, herrscht größte Ratlosigkeit. Nach Meldungen ans Helsingfors nahmen die streikenden finnischen Telegraphen beamten eine Resolution an. in der Protest erhoben wird gegen den Versuch, die vom Kauer bewilligte Vereinsfreiheit zu unterdrücken. Die finnischen Beamten erklärten sich mit dem russischen Post- und Telc- oravbenbeamten-Verbcinde solidarisch und gedenken so lange im AnS'tande zu verharren, bis das Zentralburean des Verbandes in Moskau den Ausstand für beendet erklärt. Denlsch^n-lische Annäherungsverjucht. Ans London wird gemeldet: Die erste engli! deutsche „ .. icb reundschaftS-Versammlung, die bekanntlich am Freitag voriger Woche ftattgcsunden hat, wird von den leitenden Blättern syliiswthifch befprochen. „Daily Graphic" schreibt, daß die beiden Länder in den meisten historischen Krisen Schulter an Schulter gestanden hätten. Es sei unverständlich, wie eine Atmofphäre des Argwohns zwischen ihnen entstanden sei. Die „Times" erklären, die Engländer hegten äußersi hohe Bevmndc- rung und Achtung für die Leistungen der Dculfchen in vielen wich tigsten O ^ anderes herzlich , ... „ . intellektuellen Bemühungen und bewunderten und begehrten oft den Instinkt der praktischen Wirksamkeit, welcher stets die Aus> Nutzung der letzten 'Resultate der für die Organsia- tion des Staates zu sichern scheine. Alle stimmten daher herz lich in George Mcreoilhs Worte ein: „An einen Streit mit e i n e m s o l ch c n Volke i st nicht zu denke n." Die Blätter heben serner hervor, daß die Freundschaft mit Deutsch land in keiner Weise diejenige mit Frankreich zu beeinträchtigen brauche und solle. Die Mitglieder des Junior United Service Club vereinigten sich am Svnnabend bei einem Frühstück, nm die Uebergabe des Bildnisses des Deutschen Kaisers zu feiern, das die Mitglieder der deutschen Botschaft, die als Ehrrn- mitglieder diesem Klub angehören, gestiftet hatten. Das Speise- -immer war prächtig mit englischen und deutschen Flaggen ae- schmückt, ebenso die Tischkarten. Die Tascl ivar in gleicher Weise mit rotem Molm mit schnmrzem Boden und Maiblumen geziert. Oberst Fitzhcrbert brachte einen Trinkspruch aus den König aus und hielt dann einen Trinkspnich au» die Botichaft, in dem er cmsfübrte, daß ohne Rücksicht aus die künstlich ge- schassenen Stimmungen und Mißstimmungen der Klub sein« Türen den Mitgliedern der Botschaft stets gast freundlich geöffnet halten würde. Die Mitglieder des Klubs seien voll Dankbarkeit erfüllt, daß der Kaiser die - - tsche Bildnisses genehmigt habe. Der deutsche Botschafter Molss-Metternich sprach in herzlichen Worten Dank aus »nd betonte, daß die Freundschaft zwische Stiftung seines Graf seine» und Botschaft ein Beispiel dafür sei, was er für Deutschland und England wünsch«. Nach dem Frühstück begaben sich die Versammelten in den Salon, in dem das Bil>> des Deutschen KafferS angebracht ist. Unter diesem Bilde siebend, hielt Oberst Fitzherbert eine Ansprache zu Ehren des Kaisers, des Enkels bcr Königin Viktoria und Neffen deS Königs, des allverehrten Ehrenmitgliedes deS Klub». Die ganze Festlichkeit trug einen sehr herzlichen Cl-arakter. Bei einem am Sonnabend abend im Lyceum LadieS Click jm Ehren de» deutschen Botschafters Grasen Wolsf. ^ketterinch veranstalteten Festessen, an welchem ung«scil,r 200 unter ihnen der Lordmoyor, teilnahmen, brachte Aberdeen, die den Vorsitz führte, in deutscher Sprache Ursachen dieses unglücklichen Ereignisses seien für de», der lese, was täglich gedruckt werde, nicht schwer zu finde». Die heutige Zusammenkunft sei ein Beweis dafür, daß Kräfte an der Ar beit seien, den Schatten der Feindseligkeit zwischen den beiden Ländern, di« den wirkliche» Gedanken eines ernsten Streites als verbrecherischen Wahnsinn verabscheuten, zu ver treiben. Es gebe keinen wirklichen Grund für einen Anlagonis- Mus, und es sei nur nötig, Nachsicht zu üben. Gras Wolfs- Metternich gab hieraus seiner Freude über die >n Eaiton Hall itattsichabte Versammlung Ausdruck und sagte, er und die deutsche Regierung begrüßten mit aufrichtioer Befriedigung jede Be- ivegung, die gute Beziehungen zwischen den beiden Völkern er strebe. Jede freiindschaitliche Kiind.ebung in England werde in Deutschland srendigen W>derl»all sinden. Während der ganze» Festlichkeit herrschte größte Begeisterung. Vom englischen Bot- schaster in Berlin war ein längeres Schreiben eingegangen, an dessen Schlüsse es heißt, cs bestehe absolut kein Grniid zum Streit zwilchen Tentschland und England, die Interessen beider Länder seien dieselben. Die Wahlrechts-Debatte im österreichischen Herrenhaus. J-m weiteren Lause der Beratung am Sonnabend erklärt sich,Laininasch mit der von der Regierung geplanten Wah'- resorm einverstanden, aber nur unter gewissen Einschrän kungen und Vorailslctzungeii. Eine unbedingte Borausietzung wäre, daß die Regierung vollsländiae Festigten »nd Ent schiedenheit beweise gegenüber allen Versuchen, durch Gewalt. Lrohiiiigen oder Einichnchterungen aus den weiteren Gang der Dinge eiiiznwirkeii. — Manns spricht sich für Ausdehnung des aktiven Wahlrechts aus breitester Grundlage ans. — Edier von Plencr bezweifelt, ob es der Leistungsfähigkeit des Pariamenis gelingen werde, die große Ausgabe der Wahlreiorm zu lösen, Redner glaubt, daß es vom Regiernngsstandpiinkte nicht zweck mäßig sei, das gegenwärtige Parlamelitssystem einfach ans der Welt zu schasse». Nur ein System, dos die geschichtliche S t e l l u n g L c r D e u t s ch e n Oesterreichs in ausreichen der Weise verbürge, dürfe zugeiassen werden, denn es würde unmöglich sein, in der äußeren Politik dieselben inrer- nationalen Beziehungen zu pslegen, wenn die geschichtlich be- rechliche Stellung der Denlschen bedroht oder gar definitiv be seitigt würde. — Gras Pininsky erklärt namens der polnischen Mitglieder des Hauses, daß sie keineswegs Gegner der Aus dehnung des Wahlrechts sind: sie wollen jedoch, daß der autonoinischc Standpunkt, den die Polen immer be- tont haben, auch bei der neuen Wahlresorm gewahrt werde. — Fürst Schwarzenberg wirst der Regierung vor, daß sie nicht verhindert habe, daß das Herrenhaus in Prag stundenlang dem öffentlichen Hohn und Spott ausgejekt war, daß die russische Revolution gevriescn und zur Nachahmung empfohlen werden durste, und daß die Regierung die russischen Staatsbürger gegen den Terrorismus der Sozialdemokratie nicht zu schützen wuMe. Redner glaubt nicht daran, daß die Sanierung des Parlaments durch die Wahlresorm möglich sei, und erklärt, ein Hinweis ans Deutschland treffe nicht zu, denn dort gebe es einen Bnndesrat, der nicht auf Grund des allgemeinen Wahl rechts gewählt sei, aus dem aber das Deutsche Reich beruhe und der das Heft in der Hand habe, Fürst Schwarzenberg erklärt weiter, Oesterreich, durch die Kraft seiner Dynchstie entstanden, beruhe auf der monarchischen Idee. Schwinde diese Idee, dann werde dem Hanse das Fundament entzogen, dann müsse es fallen, und gegen den Verfall der Monarchie und die Schwächung der monarchischen Idee zu käinpsen, das halte er für die Ausgabe des Herrenhauses. — Graf Schönborn bekennt sich als unbedingten Anhänger des Nationalismus und spricht die Hoffnung aus, daß, wenn die Wahlresorm eine greif bare Form angenommen habe, sie vom Herrenhaus und allen anderen Verlrctnngskörpern in entsprechend ernster Form werde behandelt werden. — Ministerpräsident Freiherr v. Gautsch verwahrt sich gegen den Vorwurf der Schwache der Regierung gegenüber Kuiidgcbiingcn und der Jnkonseauenz ihrer Haltung in der Wahlrcformirage. Er verweist darauf, daß er selbst Ge legenheit hätte, zu zeigen, daß er im Falle der Notwendigkeit nicht davor zurückschrecke, die schärfsten Mittel der staatlichen Macht gegen Bedrohung von Eigentum, sowie der Ruhe und Ordnung in Anwendung zu bringen. Bei der Kundgebung vom 26. November habe es sich nicht darum gehandelt, etwas zu erlauben oder zu verbieten, sondern darum, diese Kundgebung, welche übrigens ruhig verlausen sei, zu unterdrücken. Die Negierung »erde vonihren Machtmitteln Gebrauch machen, dafür bürge ihre politische Vergangenheit. Sie weiche nicht vor irgend welcher Kundgebung zurück, und sie werde, falls wirklich die Oraane der Regierung nicht gemäß ihren energischen Weisungen vorgegaiigen wären, die Schuldigen zur Verant wortung ziehen. Was den angeblichen Gesinnungs wechsel der Regierung betreffe, so verweist er auf seine am 6. Oktober, aber auch früher abgegebene Erklärung, daß er kein grundsätzlicher Gegner der Erweiterung des Wahlrechts auf breitester Basis sei. und daß er es auch nicht sein könne, oa er an allen Wahlrechtsreformen des letzten Jahrzehnts Anteil ge nommen habe. Er räume aber offen ein, daß die Ereignisse, die sich seit dem Oktober vollzogen, für seine Haltung bestim mend waren, denn die Regierung mußte sich die Frage vorlegen, ob cs wirklich die Aufgabe der Regierung fei, sich den Ruhm der Konseanenz um jeden Preis zu erwerben, oder ob sie auch dann unbeweglich bleiben wolle, wenn durch ein starres Fest- Kalten an ihrem Standviinkte der Staat und seine rnbigc Ent wicklung offenkundigen Gesahren ansgesctzt sind. Die Regierung werde aut dem Wege, de» sie betrete», auch weiter schreiten, trotz aller Schwierigkeiten und Hemmnisse. Für die Ucbcrwindung dieser Schwierigkeiten gebe es gegenwärtig nur zwei Wege: entweder nichts tun und dastir die Verantwortung übernehmen oder sich der A n s g e st a l t >> n g des Wahlrechts in der Richtung des allgemeinen Wahlrechts anzu- sckließen. Der Ministerpräsident erklärt, daß die Wahl des Reichsparlaments ans den ans Grund des allgemeinen Stimm rechts zu wählenden Landtagen beute nicht mehr durchführbar wäre, um so weniger, als nach Ansicht der Regierung das allge- meine Stimmrecht vor den Pforten der Landtage werde Halt machen müssen. Er verwahrt sich entschieden dagegen, daß seine Aenßeruna über die Reform des Herrenhauses ein Mittel zur Agitation bilden oder die Bedeutung und Wichtigkeit des Herren hauses iraendwie herabznsetzen geeignet sein würde und betont, daß angesichts der Erfolglosigkeit aller Hei!u»gsvcrs»chc deS varlameiitarischen Lebens nickt? anderes mehr möglich sei, als den Weg zu gehen, den die Regierung vorgezcichnet Hube: diesen Weg werde sie bis zu Ende gehen, und dns Ende könne nur sein der Erwlg oder Sturz. sBeweiinng.s „Ich werde das eine toic das andere mit Ruhe und Kaltblütigkeit zu ertragen wisse», wie es einem Patrioten und einem Manne geziemt, der niebtS ande res will als die Größe, seine? Vaterlandes und den Frieden seiner Völker," sLcbbaiter Bestall und Händeklatschen. Der Ministerpräsident wird beglückwünscbl.s Nach einer Erwiderung des Fürsten Anerspcro wird die Debatte geschlossen n»o die Sitzung aufgehoben. Dentsche» Reich. Der Kaiser hat bestimmt, daß dem ersten Cbcs unserer im Jahre 1872 gebildeten Admiralität v. Stosch ein Stondbildan der Seefeste der Marine- Akademie in Kiel errichtet werden wll. Dort befinden sich neben dem Denkmal des Große» Kurfürsten die Standbilder von Männern, die sich um die Entwicklung der brandenburgisch- preußstch-deulschenFlottenerdieiit gemacht haben: BenjaminRonle, Oberst v^Hille, Brvmmn, o, >!norr, v, Stofch stand 11 Jahre an der Spitze der Marine und führte den Ausbau der Flotte nach seinem Fsotteiigrüiidungsplaii von 1873 durch, Bildhauer Fritz Kraus-Rerstn wird das Denkmal des Admirals her- siellcn. Die Enthüllung erfolgt im nächsten Jahre zu Anfang der Kieler Woche in Gegenwart des Kaisers. Dresvire* Nachrichten. Sir. S»7. Seite 3. MM Die«Stag. S. Dezember »»«S
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