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7». Jahrgang. AK 284 «-«»-.Ausgabe Mittwoch» 2. Juni 1S2S DradlanIchrM: N«ckrlchlr» Dr»»d,». E«rnlpr»ch»r-öamm»lnumm»r: 2S241. Nur Ittr Nachlgrlprüch«: 20 011. Bezugs - Gebühr Dt. An»»t«i> w.rd»n noch Soldmar» d»r.chn-: Am°>a°n-Dr°!Ie: »..»L. LLS"«L' ^I.»k°It> 2W"ÄI°. 0I,^I.n°.dM,r id P,-> Au.w. AuUrän. a.q.n D-r-u.d-,^! SchNlIIeitun, und K^uptgetchStl.ft.ll« -Uarl«»ilr» >. Druck u. von ^te»Ich» R»>chard> ,n Dresden. Polllcheck-Konlo IO6L Seiden. Ma»dru-> nur mtt d.»,ti»->r Qu.U.nnnnad» Drrrdn.r An-Or '> -»I«Ma Unn<-r> ""i- S»r>i»'»ck> wrrd.n nun ». nrwudr'. Der Streit um Lloyd George. Spaltung -er liberalen Fraktion wahrscheinlich. — Morgen -ie enlschei-en-en Sitzungen. Ein Triumvirat Pilsu-ski-Woscicki-Bartel? — Spanien will Ab» ei Krim vor ein Kriegsgerichi steilen. Asqulih gegen Lloyd George. London. 3. Juni. Im Mittelpunkt des öffentlichen Inter esses steht naturgemäß die neueste Entwicklung im Kampfe -wischen Lord Oxford (ASauith) und Llond George. Die erste Klärung der verworrenen Lage wird morgen er wartet, wo die parlamentarische liberale Partei ans Ver anlassung der Freunde Llond Georges eine Sonder sitzung abhaltcn wirb. Die einzelnen Mitglieder werden Gelegenheit zur persönlichen Stellungnahme erhalten. Morgen soll auch eine Sondersitzung der nattonalltberalcn Föderation abgehalten werden. Was die parlamentarische Partei betrisst, so erscheint eine Spaltung in zwei Gruppe« als sicher. Lloyd George lehnte es gestern abend ab. sich zur Lage zu äußern. Der Führer der liberalen OberliouSvartei. Lord Beauchamps. Unterzeichnete die Sympathiekundgebung der 13 liberalen Führer für Lord Oxford nicht mit. Die .. W e st m t n st e r Gazette" betont, das, die ' Männer, die hinter Lord Oxford ständen, niemals in ihrer Treue zu den liberalen Grundsätzen schwankten, während Lloyd George als Chef der Koalitionsregteruna versuchte, die Partei zugrunde zu richten. Das Sprachrohr Llond Georges, „Daily Chroniclc" sagt, cS sei schwer, über die erstaunlichen Briefe Lord Oxfords mit Mäßigung zu sprechen. Er habe cS für angebracht gehalten, den größten lebende» Liberalen, dessen dem Lande geleisteten Dienste unvergeßlich seien, aus der liberalen Partei zu stoßen. Der Varlamcnts- bericht rstatter des N c u t c r s ch c n Bureaus erklärt, daß der Ton des Briefwechsels im Zusammenhang mit der An gelegenheit Lord Georges derart sei. daß die Einberufung einer liberalen FrakttonSsil.rnng. in der Llond George um den Rücktritt von feinem Posten als Vorsitzender ersucht werden soll, für unvermeidlich gehalten werde. Dem Korre spondenten zufolge gilt der Rücktritt Lloyd Georges für iest- ftehend. Allerdings steht cs außer Frage. daß er nicht ohne heftigen Kampf von seinem Posten weichen werde. (W. T. B.) Sine politische Amnestie beantragt. «Durch Funklproch.t London, 3. Juni. Runciman und andere Mitglieder -er radikalen Gruppe der liberalen Unterhaussraktion be antragten im Untcrhause eine baldige Amnestie für politische Vergehen anläßlich des Generalstreiks, ferner Einsetzung eines Ausschusses zur Prüfung der Art. in der die Notzeitung der Negierung, die „British Gazette", geleitet worden ist, nnd Bekanntgabe von Vorschlägen der Regierung zur Beilegung des Kohlenstreiks. (W. T. B.) Berlin, 3. Juni. Der Preußische Landtag überwies den Gesetzentwurf auf Bewilligung weiterer 32 882 MO Mark für die Vollendung des Mittellandkanals an den Haupt» auSschuß. Nach einigen weiteren Verweisungen an Ausschüsse wurde in die zweite Beratung des Etats des Finanzmini- fteriumS eingetreten. Der -Hauptansschuß hat rund 1,8 Million gestrichen und empfiehlt Verbilligung der Verwaltung. Abg. Rohr (D.-N.) griff den Ftnanzministcr wegen seiner Haltung in der Ausetnandersetznngssrage mit den Fürsten an und machte ihm znm Vorwurf, daß er seine besondere Kenntnis, die ihm von Amts wegen zugcflossen sei, lediglich gegen die Fürsten verwende. Finanzminister Dr. Höpker-Aschofs erwiderte, daß der Streit über das Eigentum zwischen Staat nnd Krone über hundert Jahre alt sei. Der König habe hier früher wiederholt Eingriffe zugunsten der Krone gemacht. Der Streit wäre nicht entstanden, wenn man sich immer strikte an das allgemeine Landrecht gehalten hätte. (Zwischenrufe bei den Dcutschnationalcn.) Bet dem Vergleich mar cs unmöglich, den Rechtsstand punkt des preußischen Staates ganz durchzusetzen. Nachdem nun der Rcichsgesctzgcber eingcgriffen hat, haben mir Ge legenheit genommen, zu versuchen, unseren Rechtsstandpunkt durchzusehen. (Fortgesetzter großer Lärm bei den Dcntsch- nattonalen und Ruse bet den Kommunisten: Ruhe im Kuh stall!) Ich habe mich bemüht, der Reichsgesetzgcbnng eine Fassung zn geben, die den preußischen Rechtsstandpunkt zur Geltung brachte, so wie er 1832 niedergelegt wnrde. (Mit er- hobener Stimme): Wenn ich anders gehandelt hätte, würde ich einfach meine Pflicht alS preußischer Staatsmtnister ver letzt haben. (Lebhafte Zustimmung links nnd in der Mitte.) Ich persönlich würde den Volksentscheid nicht be grüßen. (Hört, hört! links.) Ich habe in meinen Reden im Lande dargclcgt, daß ich mir Mühe gegeben habe, den Volks entscheid zu vermeiden und eine gerechte Lösung herbci- »ufithren. (Erneutes hört, hörtl links, und Rufe bei den Kommunisten: Höpker-Aschofs, der Monarchist!) Alles dies geschah aus dem Bestreben heraus, «ine Entscheidung des Reichstages durch ein ordentliches Reichsgcsetz in dieser Frage London, 2, Juni. Eine neue NotstandSverordnung der Regierung erteilt dem Minister des Innern die Vollmacht, die Einsiihrnng von Geld aus dem Auslande zu verhindern. Der politische Korrespondent des „Daily Chro- niclc" spricht die Vermutung aus, daß sich diese Verordnung ans russische U n t e r st ü tz u n g s g e l d e r für englische Bergleute bezieht. tW. T. V.) Englische Sorgen um Aegyplen. Unabhängigkeitsbestrebunge» Zaglul Paschas? London, 2. Juni. Tic englische Presse beschäftigt sich ein gehend mit der Lage in Aegypten und zeigt sich über die letzten Vorgänge äußerst besorgt. Mit der Haltung Zaglul Paschas ist man sehr unzufrieden und befürchtet weitere Schwierigkeiten, da Zaglul Pascha nicht gewillt ist, aus die Kabinettsbildung zu verzichten. Man glaubt, baß er sich für sein Kabinett Mitarbeiter wählen werde, deren politische Ver gangenheit und englandfcindliche Einstellung das größte Miß trauen in England Hervorrufen müßte. In englischen Kreisen rechnet man damit, daß Zaglul Pascha die völlige Unabhängig keit Aegyptens zu erreichen versv^eu und den englisch- ägyptischen Vertrag vom Jahre 18" nicht anerkennen werde. Das englische Kabinett v».. nch bereits mehrmals in längeren Sitzungen mit der ägyptischen Frage beschäftigt und dem Obcrkommissar die nötigen Weisungen erteilt. In eng lischen politischen Kreisen rechnet man damit, daß die Re gierung entschlossen sei, alles zu tun, was zur Stützung der englischen Interessen in Aegypten notwendig sei. (T.-U.) Eine Militärregierung in Porlugal gebildet? Widersprechende Meldungen aus Lissabon und Coimbra. ^ «Durch Funkspruch.t Paris, 2- Juni. HavaS meldet aus Lissabon: General Gomez C o st a hat allen Divisionskommandeuren mitgeteilt, Major Cabccadas, der von dem bisherigen Präsidenten der Republik als für die Bildung der Regierung geeignet be zeichnet worden sei, verdiene nicht das Vertrauen des Heeres. Es gelte jetzt, aus der gegenwärtigen Revolution die Folge rungen zu ziehen. Dagegen meldet HavaS aus Coimbra: Nach einer Be sprechung zwischen Cabecadas und General Gomez Costa ist eine provisorische Regierung gebildet worden. Das Kriegs-, das Kolonial- und das Ackerbauministerium ist General Costa, das Marine-, daS Finanz, und das Justizministerium Cabecadas. und das Innen-, Außen- nnd Handels ministerium Major Ochoa anvertraut worden. (W. T.B.) hcrbeizuführen. Es war die Ausgabe des Reichstages, eine solche Entscheidung hcrbeizuführen. Im übrigen war nach dem Allgemeinen Landrecht das gesamte unbewegliche Vermögen Eigentum des Staates. Aus diesen Standpunkt hat sich auch das preußische Staatsministe rium gestellt, und wenn der Herr Abgeordnete v. Rohr ge wünscht hat, daß ich bei meinen Reden im Lande Aufklärung über die Auseinandersetzung mit den Fürsten hätte geben sollen, so hätte ich sagen müssen, daß die von der Krone be- ansprnchtcn Besitzungen Staatseigentum sind. (Lebhafte Zu stimmung links, großer Lärm rechts. Die Dcutschnatio- nalen rufen im Chor: Keine Enteignung! Im Lärm des Hauses gehen die Ausführungen des Ministers zum großen Teil verloren.) Als der Minister auf den Tribünen wieder zu verstehen ist. erklärt er: Der Volksentscheid ist in der Verfassung vorgesehen. Früher wurde zugunsten der Krone entschieden. Wie die Entscheidung jetzt ausfallen wird, weiß ich nicht, aber Wie die Entscheidung auch anssällt. man kann sie unter keinen Umstände« eine» Raub nennen. (Erneuter Lärm rechts.) ES ist richtig, -aß wir im vorigen Jahre einen Vergleich abgeschlossen haben, den ich damals befürwortete. (Lebhaftes Hört, hört! rechts.) Ich habe aber immer darauf hingewiescn, daß die preußische Staatsregierung diesen Vergleich nur deshalb abgeschlossen hat. weil damals mit einem Eingreifen des NeichSgesetzgebers nicht mehr zu rechnen war, und es für den preußischen Staat eine ungeheure Schädigung bedeutet hätte, wenn die Auseinandersetzung in vielen kleinen Prozessen erfolgt wäre. (Lebhafte Zurufe rechts ) Ich will den preußischen Richtern keinen Vorwurf machen. Wenn der König früher persönlich entschied, so ge schah dies durch KabinettSorder. Diese Kabinettsordcr könnte noch jetzt rechtsverbindlich für den Richter sein. >V«i Schlich de» Platte» dauert die vrr-andtuna sort^ Wien, 3. Juni. Der Nationalrat nahm am Schlüsse seiner DtenStagsttzung baß zweite Zusatzabkommen zum öster reichisch-deutschen Wirtschaftsabkommen an. Wir und -ie Vereinigten Staaten von Amerika. Von Dr. H. P. Falcke. deutschem Gesandten a. D. Unter der Ucberschrift „Amerika und wir" veröffentlichen die „Dresdner Nachrichten" vom 33. Mai einen Artikel des Herrn Oberst a. D. G. Richter, der aus meine Aus führungen über Amerikas Kriegsgründe hinweist. Die Ten denz dieses gehaltvollen Essays deckt sich im wesentlichen mit den von mir seit Jahren vertretenen Ansichten, insbesondere meine auch ich, Laß wir »m eine klare Auseinandersetzung über die Gründe der amerikanischen Haltung uns gegenüber nicht herumkommen und uns. wo es nötig ist, dazu entschließen müssen, etwaige Fehlgriffe tm Interesse der völligen Be reinigung unseres gegenseitigen Verhältnisses offen zn- zugebcn. Was die behaupteten „feindlichen und ungesetzlichen Hand lungen der deutschen Negierung gegen die Regierung der Vereinigten Staaten und deren Bevölkerung" betrifft, so habe ich nngcsührt, daß der vom Ausschuß für auswärtige Ange legenheiten des Repräsentantenhauses diesem am 5. April 1017 zur Befürwortung der Kricgsresolution gegen die Kaiserlich Deutsche Negierung erstattete Bericht außer einer Darstellung des Unterseebootkrieges hauptsächlich die 31 Fälle umfassende Liste „unzulässiger Handlungen deutscher Beamten in den Ber einigten Staaten" mit folgender Einleitung enthält: „Seit Beginn des Krieges haben deutsche Beamte hierzulande unter Verletzung der Unionsgcsctze wie ihrer Pflichten als An gestellte auf neutralem Gobtct zahlreiche unzulässige (im- proper) -Handlungen begangen,- der deutsche Botschafter Graf Bernstorfs, der Militärattach« v. Papen und der Marineattachs Boy-Ed der Botschaft sowie verschiedene konsularische »nb sonstige Beamte waren an Liesen weitver zweigten Unternehmungen beteiligt." Herr Oberst Richter sagt zu diesem Punkte, baß ich cS vermieden habe, aus die gegen uns angeführten Einzelfälle cinzngehcn: er wird mir aber wohl darin zustimmen, daß auch nur eine znsammensassende Wiedergabe der im Bericht des Repräsentantenhauses skizzierten 21 Fälle im Rahmen eines Zeitungsartikels ebenso unmöglich sein würde wie in dem eines Vortrages. Ich muß mich daher hier ans den Hinweis darauf beschränken, daß der Wortlaut des bezcichncten par lamentarischen Berichts in allen deutschen Bibliotheken, die die Washingtoner Kongrcßdokumente erhalten, ebenso zu fin den ist. wie die sehr eingehenden Debatten darüber. In Dresden kann jeder Besucher der Landesbibliolhek dieses hochinteressante Material im Congressional Record. Vol. 55, Part 1, insbes. S. 820 ss. studieren. Außerdem enthalten die schönen Souterrainräume des Japanischen Palais auch die dicken Bände mit den Protokollen der öffentlichen Verhand lungen des amerikanischen SenatsanSschusscs über die deutsche Propaganda <66. Congr., 1 st. Sess.. Senate Doc. 62), wo auf S. 1597 ff. die eidlichen Aussagen des Beauftragten beS Genc- ral-Staatsanivalts der Vereinigten Staaten über einige 20 Geietzesverletzungen der in Rede stehenden Art. die bis Ende 1918 zu strafrechtliche» Verfolgungen geführt hatten, abgedruckt sind. — Daß „das ganze heikle Thema deutscher Sabotageakte in den Vereinigten Staaten während der ersten Kricgsjahre" jetzt infolge sehr hoher Entschädigungsansprüche wieder aufgcrollt wird, die die amerikanische Regierung durch den deutsch-amerikanischen Schadenersatzausschuß gegen die Deutsche Negierung geltend macht, darf nach den kttrzlichen Veröffentlichungen der hiesigen Presse als bekannt angesehen werden. Um indessen der Anregung des Herrn Oberst Richter so weit als möglich zu entsprechen, möchte ich tm folgenden wenigstens einen der in Betracht kommenden Fälle streifen. Mit Rücksicht auf die dieser Tage auch in Dresden publizierte Nachricht, daß der Antrag des früheren Marincattach<'s Boy- Ed auf Erteilung der Genehmigung zur Einreise in die Ver einigten Staaten wegen seines „Mißbrauchs der biploma» tischen Immunität" abgelchnt worden ist, wähle ich zu diesem Zwecke die verhältnismäßig einfache Affäre der Paß betrüger Siegler und Genossen, die nach den „Er innerungen" des Grasen Bernstorsfs einen der Gründe für das Ende 1915 von der Regierung der Vereinigten Staaten mehr fach gestellte Erfordern sofortiger Abberufung des Marine attaches gebildet hat. Die ersten Ricsensetten dez für deutschfreundlich geltenden „N. ?)> American" vom 25. Februar 1915 waren mtt „Enthül lungen" gefüllt, in denen der deutsche „Martnereservist" Siegler über die Absicht seiner Entsendung glS Spion nach England nnd die Vereitelung dieses Planes durch seine amerikanische Ehefrau berichtete. Gleichzeitig wurde unter Beifügung großer Abbildungen des Stealcrschen Ehepaares und des Kapitäns Boy-Ed sowie von Faksimiles der Briefe des letzteren an Siegler dessen Festnahme wegen Paßschwindels erzählt. — Als Kern der sensationell aufgemachten Geschichte, die durch eine der jungen Frau Siegler von zwei Reportern einer dcutschamerika- ntschen Zeitung gestellte Falle eine widerliche Ergänzung ge funden bat, erscheint bet tunlichster Heranziehung der Wieder gabe des Vorganges in den „Erörterungen" deS Kapitäns Boy- Ed folgendes: Der nach Kriegsausbruch stellenlos gewordene Siegler hatte den Marlneattachö um Hilfe gebeten. »Sein« Köpker-Afchoss über -ie Fürstensrage. Sine Siurmstyung im Deritner Landlag. — Der Finanzminister »erleidtgl sich.