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Voiglländislher Anzeigtr. Amtsblatt für die Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. 8iebenzigster Jahrgang. Verantwortliche Redaktion, Druff und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Dies«» Platt erscheint wöchentlich dreimal, und zwar Dienstags. Donnerstags und Sonnabend». Jährlicher A b o n n e m e n t S p r e i», auch bet Veztehung durch die Poff. 1 Lhlr. 10 Ngr. — Annoncen, die bis Mittag» 12 Ubr eingehen. werden in die Tags darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene LorpuS-Zeile berechnet. Donnerstag. 4V» 21. April 185S. Zeitungen. Sachsen. Plauen, den 19. April. AuS den Zeitungsnachrichten werden unsere Leser ersehen, daß die Entscheidung über Krieg und Frieden immer noch nicht gefallen ist. Frankreich dreht und wendet sich nach Möglichkeit, der Entwaffnung, die Oesterreich fordert, auSzuweichen. Die englischen Minister verschieben von Tag zu Tag die zugesaglen Erklärungen, die Rüstungen gehen allenthalben ihren Gang. Dieß der Hauptinhalt der neuesten Zeitungen. Preußen. Berlin, 14. April. Die große Tagcssrage: ob Krieg oder Frieden? — deren Lösung immer brennender wird, gewinnt gerade für unsere Hauptstadt eine ganz besondere und eigenthümliche Wichtigkeit. Denn Berlin befindet sich in vieler Beziehung noch in der Epoche seines Werdens, in einem Stadium der Entwickelung, welches, wenn eS zu ge deihlichem Ziele führen soll, vor Allem Ruhe und Frieden bedarf. Der SpcculationSgeist hat sich hier des auch von oben herein, gleichviel ob mit Recht oder Unrecht, eher geförderten als gehinderten Dranges, diese Hauptstadt zu einer Weltstadt zu erheben, wie sie mit der Größe der Mo narchie kaum in geeignetem Verhallnisse steht, namentlich in den letzten zehn Zähren über die Maßen bemächtigt. Leider bernbt er aber keines wegs immer auf gesundem und solidem Grund und Boden. Tie trauri gen Erfahrungen, welche man in dieser Hinsicht in Folge der vorüber gehenden Erschütterungen vom Zahre 1848 gemacht Hal, sind, wie cs scheint, nur zu schnell wieder vergessen worden. Man hat sich mit einer wahren Wuth in eine Menge Unternehmungen jeder Art hineingestürzt, deren Gelingen eben nur durch die Glückseligkeit eines ewigen Friedens gesichert werden konnte. Es stehen dabei sehr bedeutende wahre, zum Theil aber auch nur fingirte Capilale auf dem Spiele, welche bei einer ernsten Friedensstörung zum guten Theile oder ganz und gar verloren ge hen dürsten. Viele großartig angelegte industrielle Unternehmungen wür den augenblicklich ruinirt sein, ein umfassender Hänserbankerot erscheint fast unvermeidlich, und der allgemeine Wohlstand würbe selbst bis in klei nere Verhältnisse hinein tief erschüttert werden. Daher jener panische Schrecken, welcher sich bei uns gewisser Elassen bemächtigt bat, vorzüglich seitdem in den letzten Tagen die Fnedenöboffnungen immer mehr zu schwin« den scheinen. Man sieht es den Leuten sörmltch an, wie ihnen schon bei dem Worte „Krieg" der polituche Angstschweiß in die Poren steigt. Man kann nicht leugnen, daß unsere Negierung bei den Schritten, welche sie zu thun für ihre Pflicht hält, mehr oder minder unter dem Einflüsse die ser Stimmungen steht. Man ist an höchster maßgebender Stelle fest ent- schlogcn, das letzte entscheidende Wort nur im alleräußersten Falle auszu- spreeiM. Vian hofft in diesem Augenblick noch, während man von ande ren Seiten schon von Kriegserklärung und Beginn der Feindseligkeiten spricht, daß die Erhaltung dcö Friedens gelingen werde. ES ist Tbat- sachc, daß alle Anstrengungen der beiden vermittelnden Mästete vorerst noch darauf gerichtet sind. Man gicbt sich der Erwartung hin, daß ihre eindringlichen Vorstellungen an beiden Stellen nicht ohne' Erfolg bleiben werden, und daß eine rechtzeitige Nachgiebigkeit in Wien und Paris wenigstens noch die Möglichkeit des Zustandekommens des Eongresscs ver bürgen könne. Unter diesen Umstanden ist man wohl berechtiget, der Ge genwart des Erzherzogs Albrecht an unserm Hoflager eine besondere Wich- tichkcit beizulegen, obgleich selbstredend von Vorschlägen oder Verständi gungen über die kritische Lage des Augenblicks, welche damit in Zusam menhänge ständen, bis zur Stunde noch nichts Bestimmtes verlautet. Nur so viel scheint gewiß zu sein, daß die allgemeine Entwaffnungsfrage dabei als die wesentlichste Bedingung einer glücklichen Lösung festgehalten wird! glücklich sagen wir, wenigstens in so weit, als sie eben die Mög lichkeit deS Eongresscs verbürgen könnte, wenn auch dieser noch keineswegs die sichere Gewähr sür die Erhaltung der europäischen Ruhe sein könnte. Die „Berl. Dörs.-Ztg." schreibt: Die bereits in unserer heutigen Morgenzeitung andeutungsweise erwähnte Absicht der Regierung, dem Landtage noch während der laufenden Session eine Vorlage zu machen, wonach die Regierung ermächtigt werden soll, für den Fall des Eintritts gewisser Eventualitäten eine Anleihe bis zu 50 Millionen Thalern zu ncgociiren, wurde heute in Börsenkreisen als feststehend bezeichnet. Berlin, den 14. April. Es sind bereits, wie hier versichert wird, viele der früher verabschiedeten Offiziere aufgefordcrt worden, sich per sönlich bei den respectiven Truppen-Eommando's einzufinden, um über- ihre Verwendung bei den Ersatz-Bataillonen, respective dem zweiten Auf gebot der Landwehr, daö Nähere zu verabreden, damit im Falle einer Mobilmachung, wie sie wahrscheinlich zu erwarten sei, Alles im Augen blicke zur Hand ist und Zeder den ihm schon vorher angewiesenen Posten nur einzunehmcn hat. Die Ordres in Betreff der Mobillsirung von zwei ArmcecorpS sollen zur sofortigen Unterzeichnung schon seit einigen Ta gen im Cabinet des Prinz-Regenten ausgesertigt liegen; auch ist die Ordre zur Verproviantirung sämmtlicher Festungen ertheilt, — und schon werden Vorbereitungen für den Fall getroffen, daß außer den zwei Bundes- ArmeecorpS noch drei fernere Armeceorps in kürzester Frist mobil zu machen wären. In der That ist hier die Stimmung, nachdem die erste Hals starrigkeit der Wiener Kriegspartei gebrochen lst, dem Kaiserhause durch aus günstig. Baiern. In der Rhcinpfalz fanden sich ohnlängst Sensenhändler ein, die den Bauern Sensen unter dreijähriger Gewährleistung auf Credit verkauften. Als ein Wirth diese angeblichen Sensenhändler auf ihrem Zimmer überraschte, sah er, daß sie unter den blauen Staubhemden goldene Uhrkellen trugen und — Landkarten studirlen. Würzburg, 15. April. Ter „Neuen Würzb. Ztg." geht die Kunde zu, daß sich in den letzten Tagen ein französischer Sendling hier Herumge trieben habe, welcher unter Versprechung von 50 Franken monatlich und weiterer nöthiger Geldmittel Leute zu gewinnen suchte, die der französischen Regierung verlässige Berichte über die militärischen Vorkehrungen, Trup penmärsche re., sowie über die Volksstimmung in hiesiger Gegend liefern sollten. Baden. Karlsruhe, 16. April. Das großh. KriegSministcrium hat unterm gestrigen Tage eine Aufforderung an praktische Acrzte, Thler- ärzte und Wundarzneidlener erlassen, welche dem großh. Armeecorps auf Kricgödauer Dienste leisten wollen. Würtcmberg. Stuttgart, 15. April. (K. Z.) Der heute erfolgte Aufruf dcS ersten Landwehr-Aufgebotes kam seit 1815 nie wieder vor.