Volltext Seite (XML)
Voigtländislher Anzeiger. Amtsblatt für die Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. 8iebmzigfler Jahrgang. Verantwortliche Reduktion, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Dieses BlsN erlchetnt »schrntlich drei «st, »znd zwar Dienstag-, Donnerstags und Sonnabends. Jährlicher Abonntwentspreis, auch bei Destehnng durch dir P»R, 1 Lhir. t0 N-r. — Annonce«, di« bis Mittags 1? Uhr «ingehen, werden in die Lags daraus erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annancei! finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Ins« rar« werden mit 1 Ngr. für die gespalten« Korpus-Zeile berechnet. Donnerstag. A, 13. Janrmr 1883. Da- Auffchließen von Japan. (Schluß.) Obwohl dir Engländer als ungebetene Gäste kamen und den Eintritt in die Hauptstadt des Landes, Ieddo, (2*/, Mill. Einw.) gleichsam er zwungen hatten, aller höflichen japanischen Vorstellungen ungeachtet, — da wurden sie dennoch höchst artig empfangen. Die Japaner schickten Lebensmittel und Erfrischungen; das japanische Dampfschiff, das vor Ieddo lag, hatte die Reichsfahne, weiß und in der Mitte eine rothe Kugel, aus Höflichkeit aufgezogen; von den Booten der Beamten wehete die kaiserliche Fahne, schwarz mit weißen Streifen und einem Kleeblatte. Lord Elgin wurde gebeten, anS Land zu steigen. Dicß geschah nnter dem Donner des Geschützes, während die Musik das engl. Rationallicd spielte. Den Eng ländern wurde ein wohl eingerichteter Tempel zur Wohnung angewiesen, der Kaiser sandte sofort ein MittagSeffen, und die Unterhandlungen mit den 6 japanischen Eommiffaren wurden bald zu einem befriedigenden Ab schluffe gebracht. Audienz konnte der Kaiser, da er krank w»rr, dem Lord Elgin nicht geben. Die Engländer waren ganz ent ückt von dem gebil deten Benehmen aller Japaner, welche die Fremden wohl etwas neugierig betrachteten, aber sich höflich und angemessen benahmen. Es ist eine große Frage, ob der süße Londoner Pöbel seine Bestialität würde haben zähmen können, wenn Japaner unter gleichen Umständen d. h. als ungebetene Gäste nach der englischen' Hauptstadt gekommen wären. Bei Tische waren die japanischen Ebelleute und Beamten heiter, zwanglos, tranken auch die Gesundheit der Königin Victoria, ihres Kaisers, ElginS re. in Champagner. Unter Geschützsalven und überreich mit trefflichen japanischen GewerbSer- zeugniffen beschenkt, verließ Elgin äußerst zufrieden den 27. Aug. 58 Japan. Der Eindruck, den Land und Volk auf die Englängcr gemacht hatte, war mächtig. Die Lage von Ieddo sanden sie prächtig, die ungeheure in den Straßen wogende VolkSmasse durchgängig sauber, anständig sich benehmend, wohlhabend. Ordnung herrschte überall, selbst am Strand, der Meilen weit gut eingedöscht war, und die Batterien besser im Stande, als vor einiger Zeit in englischen KricgShäsen. Die Japaner sind nicht in Kunst und Wissenschaft stehen geblieben, wie die Chinesen. Die Engländer fanden, daß die kais. Commissarien sämmtlich sehr unterrichtete Männer waren, die eine genaue Erfüllung der kais. Befehle mit einem höflichen, gerechten und verständigen Beneh men zu verbinden wußten. Sie kauften in Japan Fernrohre und Ver größerungsgläser, einen Schnellkochapparat, Uhren, Barometer und Ther mometer, eben so sahen sie elcctrische Telegraphen. Zwei treffliche Segel schiffe, die im Hafen von Ieddo lagen, waren von japan. Zimmerleuten erbaut worden. Der Kaiser hat eine tüchtige Flotte Schrau bend ampfscki ff e. Bessere Baumschulen, als Japan, hat Europa nicht aufzuweisen, sorgfältiger bebaucte LUcker erst recht nicht. Die Tbeegärten um Ieddo fanden die Engländer fünfzigmal hübscher, als dis Gärten in der Nähe von London. Der Holländer Meylan, lange Zett Präsident der holl. Factorei in Desima erzählt, die Schönheit ihrer Blumen-Er- zrugniffe übertreffe Alle-, wa- man in dieser Beziehung in Europa sehen könne, besonder- hätten sie eS zur höchsten Vollkommenheit gebracht, au- größeren Pflanzen kleinere zu ziehen. „Ich sah in Desima eine zum Verkaufe au-gebotene Büchse, die nur 3 Zoll lang und einen Zoll breit war, in welcher eine Tanne, ein Bambus und ein blühender Pflaumen baum sich befanden. Man verlangte 1200 Gulden (etwa 700 Thlr.) für diese Seltenheit." Schon auS dem Vorhergehenden ersieht der Leser, daß die Gewerb- thätigkeit der Japaner auf einer hohen Stufe steht. In lackirtea Waaren ist ihre Gewerbthätigkeit unerreicht, ihre Seidenstoffe find prächtig, ihr Porzellan unübertroffen. Die Europäer und Amerikaner, indem ste dieses Reich in den Weltverkehr hineingezwungen haben, treffen hier nicht auf Hindu'S, wie in Ostindien, die sie anSbeuten und denen sie ehre Waaren zu sündenhohen Preisen aufhängen können. Ja, eS steht dahin, ob nicht die Bilanz sich zu Gunsten Japan- wenden werde. Japan liefert Seidemvaaren, Rohkupfer, ausgezeichneten Thee, Papifr, Porzellan, Bronzewaare«, lackirte Waaren, Rei-, Eisen, Steinkohlen, Schrff-banholz — fast lauter Waaren, die wir in Europa sehr nöthig haben und mit Silber —.Papiergeld und Gold nehmen die klugen Asiaten nicht bezahlen müssen. Dieß wird und muß den Silberabzug au- Europa noch mehr befördern, zumal dir Engländer, die sich hauptsächlich darnach um sahen, welche europäische, englische Waaren in Japan an den Mana zu bringen sein dürften, nicht viele ausfindig machten. Sir hoffen, in den nördlichen Inseln wollene, in den südlichen baumwollene Waaren abzusetzen, dazu Eisenwaaren, Maschinen und Waffen, Zucker und Gewürze. Die Verfassung deS Landes ist zwar unumschränkt monarchisch, aber 360 Lchnsfütsten, deren ^eder unter deS Kaiser- Oberhoheit ein größere- oder kleinere- Gebiet besitzt und verwaltet, und weise Gesetze schützen vor der Tyrannei, die in andern Staaten Asiens daheim ist. Wie könnte das Land so blühend sein, da- Volk so wohlhabend und glücklich, wenn ein Schach von Persien oder ein indischer Rabod hier tyrannisirte! Und dieß Volk ist ein heidnisches. Bier heidnische Religionen werden ungestört und ohne gegenseitige Anfeindung geübt. Dieß giebt unS zu denken. Die Freude aber, die wir etwa darüber fühlen möchten, daß dieß treffliche, gebildete Volk mit der Zeit dem evangelischen Christen- lhume dürfte gewonnen werden, wird getrübt durch die wahrlich nur zu gegründete Besürchtung, daß durch den Dcrkehr mit Europäern die Ja paner sittlich schlechter und mit den religiösen Zerwürfnissen und Streitig keiten derselben zu ihrem Nachtheile vertrauter werben möchten. Zeitungen. Sachsen. Leipzig, 7. Jan. In wollenen Waaren, z. B. Thibet- auS Gera rc., gehen die Geschäfte flau, wie auch im gesammten Manu- facturwaarenfache aus halbwollenen und baumwollenen Geweben, da die deutsche Kundschaft sehr schwach vertreten ist und für den Erport nicht- davon gekauft wird. Freiberg zählt jetzt in 3750 Haushaltungen 15822 Einwohner, nur 99 mehr, al- 1855. Die Verlegung deS Seminar- und der Garnison hckt einen Ausfall von ungefähr 450 Individuen zur Folge gehabt. Da Frei berg nach der neuesten Volkszählung von Zwickau überflügelt morde«, nimmt eS jetzt rückfichtlich der Einwohnerzahl die fünfte Stelle unter de« sächsischen Städten ein. (Und Plauen die sechste.)