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Voigüiindislhtr Anzeiger. Amtsblatt für die Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Paus«, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. 8iebmzigster Jahrgang. Verantwortliche Reduktion, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Dust« Blot» erschein» »Schentlich drei»»!, und zwar Dienstag«, Donnerstag« und Sonnabend«. Jährlicher A b on n« »e ntspr e i«, auch bei veztrhua, durch dl» Post? I Lhlr. li) Ngr. — Annoncen, die bi« Mittag« 12 Uhr eingehen, werden in die Lag« darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später etn-etzende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahm». — Inserate werden mit 1 Rgr. für die gespaltene Lorpu«-Zeile berechnet. Sonnabend. „HF 8. Januar 1859. Das Aufschlüßen von Japan. Etwa dritthalb Tausend deutsche Meilen von uns nach Morgen hin, im hintersten Asien, Nachbar von China und Ostindien liegt das Insel- reich Japan. Die Bodenfläche übertrifft an Größe Deutschland, die BslkSzahl ist eben so stark, wie in Deutschland, 40 Millionen. DaS Klima deS Landes, unter gleicher Breite mit Nordafrika und Süditalien gelegen, würde fast heiß sein, wenn nicht bei der insularischen Lage desselben die Seewinde mildernd einwirkten. Die Beschaffenheit veS vulkanischen Bo dens dieser Inseln ist unser solchen Verhältnissen überaus fruchtbar, wovon bis 2 Ellen lange, süßlich, wie Rüben schmeckende und auf ganzen Feldern gebauete Rettige bis zum Gewichte von 60 Pfund-und Pstaumenblüthen von der Größe eines KohlHauptes Zeugniß geben. Und diese überaus reizenden und fruchtbaren Inseln sind trefflich ge baut. Overmeer Fischer, welcher 1822 als Secretair den Präsidenten der holländischen Faktorei in Nangasacki auf der Gesandtschaftsrelse nach der Hauptstadt von Japan, Jed do, begleitete, sagt: „Die Mehrzahl der bewohnten Orte ist in diesem gebirgigen Lande an den schönsten und zu gleich für den Handelsverkehr äußerst bequemen Punkten, an den Küsten deS Meeres, der Flüsse oder der Landsern und Buchten gelegen. Selbst die Gebirge sind Eben so bevölkert, wie die Städte, und selten sieht man in Japan eine nur irgend etwas ausgedehnte Ebene, auf der man nicht mehrere Städte, Dörfer und Weiler »vahrnähme. Wahrend in Europa die sich erhebenden Kirchthürme die Nähe einer Stadt verkündigen, zeigt sie uns hier daS Volksgedränge auf der Landstraße an, dessen Gewimmel den Reisenden glauben lassen sollte, die ganze Bevölkerung ziehe täglich in Masse auS der Stadt, um sich im Genüsse ihrer schönen Umgebung zu freuen. Bis zu den steilsten Bergen hinauf sind die Wege mit bewun dernswürdiger Sorgfalt unterhalten und gewöhnlich sehr breit. Die Mehr zahl dieser Straßen ist mit schönen Alleen von Tannen, Erdern, Kasta nien- und Kirschbäumen besetzt. Auf dem flachen Lande erblickt man auf Flüssen und Seen eine Unzahl von Fahrzeugen, .die den volkreichen Städten zuschwimmen und viel dazu beitragen, die Landschaft zu beleben. Vor den übrigen Gebäuden heben sich die Tempel hervor. Fast immer auf Hü geln und im Schatten erfrischender Banmgruppen gelegen, geben diese stattlichen Bauwerke einen vortheilhasten Begriff vor, dem Reichthum und der Bedeutsamkeit der Städte, zu.denen sie gehören; denn die Japaner führen sie mlt viel Kunst und reichem Zierathenfchmuck auf. Kanäle, über die sehr schöne steinerne Brücken führen, durchscbneiden häufig die Städte, deren Straßen schnurgerade find, denn man sieht sorgfältig darauf, daß die Vorderseiten der Häuser nirgends hervortreten. Jeder Eigenthümer ist verpflichtet, das Trottoir (Fußweg) vor seinem Hause in gutem Zu stande zu erhalten. Die Straßen selbst sind entweder mit steinernen Plat ten belegt, oder mit tüchtig gestampften und dauerhaft zusammengerammten Kieseln gepflastert. Die Außenseite der Häuser ist schmucklos, da die Ja paner ihre Dienstboten vorne heraus wohnen lassen, während sie selbst im Hintertheile deS HauseS, der in den Garten geht, sehr angenehm wohnen." Dieß und noch manche- Andere haben wir zeither auS dem wunder baren Znsellande gewußt. Aber im Ganzen war und blieb Japan ein Irst verschloßenes Reich. Der venezianische Reifende Mareo Polo war der erste Europäer, von dem Europa gegen daS Ende deS 13. Jahrhun- derteS die ersten Nachrichten über Japan, das er Zipangu nannte, er hielt. Später, in der Mitte des 16. Jahrhunderts, ziemlich lange nach Entdeckung deS Seewegs umS Cap nach Ostindien, wurden portugiesische Handelsschiffe auf dem Wege von Siam nach China an die Küsten von Japan verschlagen, und nun begann zwischen Japanesen und Portugiesen ein vieljähriger Verkehr. Die Portugiesen errichteten daselbst, deS gewinn- reichen Handels halber, eine Colonie und schickten — Misfionaire, die Japanesen zum Christenthum zu bekehren. Die Missionar» hatten außer ordentlichen Erfolg. Im Jahre 1614 waren schon gegen 2 Millionen Japanesen Christen geworden. Allein die Misfionaire konnten, wie fast immer, ihre Herrschlust nicht bezwingen und gingen damit um, mit Hilfe der christl. Religion sich allmählig deS ganzen Reichs zu bemächtigen. Dieß erkannte der, damalige Kaiser Tai ko, und unter ihm und seinen Nach folgern begann nun der Vertilgungskrieg gegen die Christen, wtlche »ach furchtbarem Kampfe 1633 gänzlich ausgerottet wurden. Wenn die christ lichen Europäer über die Chrlstcnverfolgungen in fernen Ländern schreien, geben sie freilich nicht an, daß unter hundert Malen die Christen, die Missionäre 99mal die S' *d der Verfolgung durch ihr Einmengen in Staatsangelegenheiten, durch ihre Herrsch- und Eroberungssucht tragen — Nun schloß sich Japan gänzlich ab.. Wer mochte eS ihm verargen? Seinen früher so zahlreichen Flotten wurde streng verboten, fremde Länder zu besuchen, nur die Inseln der Heimath durften sie bereisen. Japaner, welche daö Unglück hatten, durch Stürme an fremde Küsten geworfen zu werden, wurden, wenn sie in ihre Heimath zurückkehrten, lebenslänglich eingesperrt oder doch unter polizeiliche Aufsicht gestellt. Kein fremdes Schiff durfte nach Japan; fremde Schiffbrüchige blieben gefangen in Japan, wie denn der russ. Kapitain Golownin mit seinen Gefährten fast 3 Jahre in Gefangenschaft gehalten wurde. Nur die Holländer, welche den Ja panern — auS HandelSneid — in der Vertreibung und Verfolgung der Portugiesen und japanischen Christen gute Dienste geleistet hatten, durften eine HandelSfactorei auf der jap. Insel Desima errichten. Allein bald zeigten auch die Holländer die europäischen Katzenkrallen, und so durften auch sie nur noch mit einem großen und zwei kleinen Schiffen nach der Hafenstadt Nangasaki auf Desima kommen. Eine unbedeutende Gnnst, die zeither nur noch aus Gewohnheit benutzt wurde. In der allerneuesten Zeit aber ist Japan vollkommen aufgeschlossen worden. Der Hunger der englischen Fabrikarbeiter trieb England, China mit Gewalt auszusprengen; Nordamerika wollte sich in Ostasien von Eng land und Rußland nicht überflügeln lassen und zwang vor einigen Jahren (1854) durch eme Flotte die Japaner, ihm Kohlenstationen, (die Häfen Stmoda und Hakodate), — dieß ist in unserer Dampfzeit der Borwand — einzuräumen. Natürlich wollte England nicht -urückstehen und sendet« 1858 eme Flotte, die japanischen Häfen, Japan selbst dem europäischc» Verkehr zugänglich zu machen. Dieß ist denn auch vollständig gelungen. Die Chinesen wollten die Absperrung Ihre- Staate- mit Gewalt gege« die Europäer aufrecht halten. DaS war dumm, da ihnen dir Macht, die Kriegskunst fehlte, die Emdringlmge hinauSzuwerfen. Und alS die Chi nese» endlich durch Kanonen gezwungen waren, aufzumachcn, benahmen