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VoiglläMcher Anzeigtr Amtsblatt für die Gerichtsämter und Studträthc zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Muhltroff. Reunundsechszigster Fahrgang. Verantwortliche Redaktion, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Diese- Blatt erschein« wöchentlich dreimal, und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. Jährlicher AbonnementSpreiS, auch bet Beziehung durch die Post, I Thlr. 10 Ngr. — Annoncen, die bis Mittags 12 Uhr eingehen, werden in die TagS darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Ausnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene EorpuS-Zeile berechnet. Sonnabend. HAI v 16. October 1858. Zeitungen. Sachsen. Wcr sich den Donati'schen Kvmctcn nicht genau angesehen bat, ist selbst schuld, wenn er ihn das nächste Mal nicht wieder erkennt. Nach der Berechnung des vr. Bruhns an der Berliner Sternwarte kommt ec in — 2000 2ahreN wieder. — Wenn aber, wie die sternkundigen Ge lehrten berechnen, dieser Donatische Komet in einer Sekunde acht Meilen Weges macht, so wird er in 2000 Jahren, wenn er hier wieder sichtbar ist, einen Weg von 504,921,600,000Meilen, (500Schaltjahre eingerechnet), oder rund: fü n fh u nd er tt au scn d Millionen Meilen durchlaufen haben. Wer gewinnt nun eine Ahnung von der Größe des Weltraumes, der Schöpfung ? Plauen, 13. Oct. Heute passirte Se. Maj. der König von Preußen (mit großem Gefolge in 2 Ertrazügen) unstrn Bahnhof auf der Reise nach Meran in Tyrol zur Wiederherstellung seiner Gesundheit begriffen. Plauen, 14. Oct. Der hiesige Bäckermeister Herr Freitag sen. bat in diesen Tagen aus seinem Garten einen sogen. Nie scn kurbis im Gewichte von 45 Zollpfund abgenommcn. Den Samenkern hatte er ge legentlich der OelSnitzer Ausstellung erhalten und denselben am 25. Zuni d. Z. gepflanzt. Leipzig, 8. Oct. Als sich gestern Abend nach 6 Uhr der Küster der hiesigen katholischen Kirche, um das Abendläuten zu besorgen, in letztere begab, fand er m der Sakristei euren Mann, welcher sich ans den Miui- ftrandcngewändern ein Lager gemacht hatte und darauf eingefchlafen war. Neben sich halte er zwei bis auf einen kleinen Nest geleerte Weinflaschen stehen; es waren die mit Eommunionwciu gefüllt gewesenen Flaschen, welche der Mann in einem Schranke der Sacristei gesunden und ausgc- trunkcn hatte. Wie sich herausstelltc, war der Mann infolge des genosse nen Weines in ganz trunkenem Zustande. An Polizciamtsstelle, wohin er auf vorherige Meldung des Küsters gebracht wurde, erwies co sich, daß cs der schon mehrfach bestrafte Zeichner K. von hier war. Er hatte gestern früh der Messe in der katholischen Kirche beigewohnt und sich nach Been digung derselben in die Kirche cinschließen lassen, um in letzterer, da er ohne Herberge war, die Nacht zuzubringen. Preußen. Berlin, 12. Oct. Bis Ende des Monatö wird kein Ministerwechsel cintreten, weil h. 58 der Verfassung sagt: „Bis zur Eides leistung des Regenten bleibt tu jedem Falle das bestehende gesummte Staalömlnisterium verantwortlich." Tann aber, glaube ich, daß er ein ziemlich umsassender sein wird und daß der Prinz Regent zu unterscheiden versteht, zwischen dem Einfluß jener Staatsmänner, in deren Handlungen der Wille eines großen Volkes seinen angemessenen Ausdruck findet, und zwischen jenen Ministern, die nur Privatsecretairc eines Königs sind. Möglicher wäre es, daß schon vor der obbcmcrktcu Zeil einige Räthe aus dem Ministerium des Innern träten, von denen eö bekannt ist, daß sic mit dem System des Erminifters innig verwachsen sind. .Es gehören hier her besonders die geh. Ober-Reg.-Näthe v. Klützow und v. Münchhausen, sowie noch einige Andere. — Der König und die Königin sind abgereist und unsere frommen Wünsche folgen ihnen nach. Die Prinzessin von Preußen aber wird nunmehr bald in Berlin cintrcffeu und hoffentlich künftig weniger nach dem Rhein sich hingezogen fühlen. — Von Interesse dürfte schließlich noch sein, daß — weil es sür die bevorstehende vereinigte Sitzung deö Landtags an einer Geschäftsordnung fehlt, — behufs Herbei führung solcher mehrere Kammcrnotabilitäten, worunter auch Graf Schwerin, anher berufen werden sollen. Frankreich. Zwischen dem großen Frankreich und dem kleinen Por tugal sind Streitigkeiten ausgebrochen. Frankreich hat bekanntlich so gut wie England die Ncgersclaverei abgeschafft, kann aber, wie England, ist seinen Kolonieen die Sclaven arbeit nicht entbehren und führt daher unter dem Titel „freie Arbeiter" nach wie vor Sclaven aus Afrika u.s. w. Ein solches Sklavenschiff „Karl Georg" genannt, haben nun die Portu giesen au ihrer afrikanischen Küste Mozambique weggenouuHxn, nach Lissa bon gebracht und dort soll nun das Appellationsgericht das Urtel sprechen. Darüber aber machen die Franzosen ein Zetergeschrei. Capitain und Mann schaft wollen den portug. Gerichten nicht Rede stehen, ja der Capitain verlangt noch 150,000 Thlr. Schadenersatz rc., die französische Regivung patzig das Losgeben deS Schiffes und der Mannschaft. Die Portugiesen sagen: „Der franz. Capltain hat sich an einem streng verbotenen Orte vor Anker gelegt und 110 Schwarze am Bord gehabt. Darüber hat eine Untersuchung angcstcUt werden müssen. Und da hat sich ergebet«, .daß die Schwarzen aussagten, sie seien gegen ihren Willen aufö Schiff gebracht worden. Der Capitain durste nur ihre Arbeitsverträge vorzeigen, so war auf dec Stelle bewiesen, daß cs keine Sclaven, sondern freie Arbeiter waren." — Die Franzosen sagen: „Da ein franz. Commissar am Bord des Schiffes war, durftet Ihr das Schiff nicht untersuchen, noch gar wegnehmen. Ueber- dieß hatten die Neger Erlaubnißscheiue ihrer portugiesischen Ortsobrigkeit." Darauf sagen aber die Portugiesen: „Diese Scheine sind von den Schecks oder Oberhäuptern der Negerstämme ausgestellt und gelten nichts und einen Commissar, der den Sklavenhandel beschützt, erkennen wir nicht an." So stchts bis jetzt. Frankreich mag höchstens in der Form Recht haben, thatsächlich ist's im Unrecht; ob eS aber nicht Recht behält? Frankreich ist groß und Portugal klein. Rußland. Aus Petersburg wird berichtet, daß dort gegenwärtig ein großartiger Betrug viel Aufsehen macht, welcher vor Kurzem Betreffs des Baues der Eisenbahn von Petersburg nach Moskau zu Tage gekom men sein soll. Durch neuere astronomische Berechnungen des Herrn von Struve über die geographische Lage beider Städte, so wird erzählt, habe sich ergeben, daß jene bekanntlich in gerader Linie gebaute Bahn 88 Vr Werst kürzer sei, als bisher ans Grundlage osficieller Angaben angenommen wurde (nach denen ihre Länge 607 Werst betragt). Danach wäre also der Staat, auf dessen Kosten die Bahn gebaut ist, um ca. ^7 der Kosten, d. h. um ca. 12 Mill. Thlr. betrogen. Da der Betrieb der Bahn das Unternehmen einer amerikanischen Gesellschaft ist, welche für die von ihr gestellten Wagen rc. per Werst bezahlt wird, so würde der Staat auch nach dieser Seite hin durch jene falsche Angabe die enormsten Verluste erlitten haben. Die Bezeichnung der Distanzen längs der Bahn soll, um das falsche Resultat zu ergeben, durchweg gefälscht sein. Der Kaiser soll über den entdeckten Betrug außer sich sein; doch wird erzählt, daß bei der über großen Anzahl von zum Theil angesehenen Persönlichkeiten, welche in die Angelegenheit verwickelt sind, die Untersuchung niedergeschlagen werden wird