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87 der Prinz und die Prinzessin von Preußen, als auch Prinz Friedrich Wil helm sich bei den letzten Festen vorzugsweise mll den Herren, die als Anhänger einer freisinnigeren Richtung in unserm StaatSleben bekannt sind, und insbesondere mit dem Grafen Schwerin, dem Herrn v. Patow (beides frühere Minister) und dem Herrn v. Bardeleben (früher Polizei präsident von Königsberg) unterhalten haben. AlS Prinz Friedrich Wil helm beim Empfang der Kammern am 9. Febr. den Grafen Schwerin seiner jungen Gemahlin vorstellte, sagte er scherzend: „Der Herr Graf ist der preußische Lord Derby, nur im umgekehrten Sinne" (d. h. Führer der preußischen Liberalen). Wenn man aber deshalb schon jetzt an ei nen Mintsterwechsel denkt, so ist dies ganz irrig. ES werden jetzt ganz einfach bloS die Geschäfte fortgeführt. Eine ziemlich ausfällige Erscheinung ist ein Leitartikel deS als Organ der Ultralutheraner berüchtigten „HaUeschen Bolksblattes," der zu einer milderen Behandlung deS Nationalismus, dieses rolhen Gespenstes auf kirchlichem Gebiete, mahnt. Man möge die Ueberwindung des Rationa lismus der Wissenschaft überlassen. Ei, seid Ihr auf einmal so klug ge worden, Ihr Herren? Und ist das Feuer dieses neuen HaUe'schen Rauches etwa in Berlin zu suchen? Ueber daS bcklagenSwerthe Duell in Königsberg zwischen dem Gen.-Lieutenant v. Plehwe und dem Lieutenant im 3. Kürassierregiment Eonrad Jachmann und dessen Veranlassung wird anS authentischer Quelle mitgetheilt, daß in Folge vorhergegangener Ereignisse die Familie deS Com- mcrcienrathS Jachmann zunächst beschlossen, jede Berührung mit der Fa milie v. Plehwe zu vermeiden, um ferneren ärgerlichen Auftritten auSzu- «eichcn. Als daher am Donnerstag, den 11. d. M-, der Gen. v. Plehwe nach Trutenau kam und dort von dem Commercienrath Jachmann nicht angenommen wurde, verlangte er den Lieutenant Jachmann zu sprechen, welcher darauf den General auf sein Zimmer führte und ihn dort zum Eitzen nvthigte. Hier richtete der General an denselben die Frage, ob er im Auftrage seiner Eltern dem Sohne v. Plehwe den Eintritt in das Ha«S verweigert habe, waS der Jachmann bejahte. Er fragte ferner, ob er die Ansicht seiner Eltern theile, die Beziehungen zur Familie v. Plehwe abzubrechcn, worauf der Lieutenant Jachmann antwortete: seine Ansicht thue hier nichts zur Sache, indessen da der General ihn danach frage, so müsse er erklären, daß er mit den Maßregeln seiner Eltern ein verstanden sei. „Dann sind Sie ein insamcr Hundssott und Sie müssen sich mit mir auf Tod und Leben schießen," antwortete der General und ging fort. Der Lieutenant Jachmann machte sofort von dem Vorfall und dem Gespräch mit dem Gen. v. Plehwe dem Ehrenrath seines Regiments Anzeige, welcher sich vergeblich drei Tage lang bemühte, die Sache beizu- legen. Der General v. Plehwe erkannte die Anzeige und Darstellung deö Jachmann als vollkommen richtig an, erklärte jedoch, daß er mit dem Ehrenrath sich nicht zn befassen, und als Generallieutenant wisse, was er zu thun habe. Demnach fand nun am 15. hinter dem Kugelsange auf dem kleinen Exerzierplatz zwischen den Betheiligten ein Pistolenduell auf fünf Schritt Barriere statt, unter Beistand deö Hauptmanns v. Schlich ting als Seeundanten deS Generals und des PrcmierlientenantS v. Leh- waldt, als Seeundanten des Jachmann, und in Gegenwart des Ehren- ratheS, bestehend anS dem Rittmeister v. Goltberg und den Lieutenants v. Knoblauch und v. Zander 1., so wie der Aerzte Professor vr. Burow und vr. Schickert. Ausgestellt auf ihrem Platz, avanctrle der General bis zwei Schritt gegen die Barriere nnd zielte; als er jedoch sah, daß Jachmann anf seinem Posten stehen blieb, das Pistol vor der Brust mit Ler Mündung nach oben, rief er mit lauter Stimme: ,,Lieutenant Jach mann, waS soll das heißen? daS lasse ich mir nicht gefallen, Sie müssen auch schießen!" Jachmann schüttelte mit dem Kopf nnd blieb stehen. Plehwe sagte, indem er absetzte; „Meine Herren, ich bitte, den Lieutenant Jachmann zu veranlassen, daß er schießt." Darauf schüttelte Jachmann wieder mit dem Kopf und blieb fest stehen. Erst als dem General be deutet worden, daß Jeder schießen könne, wann er wolle, gab der General den ersten Schuß ab. Die Kugel drang in den Mund Jachmanns, ver- lrtzte den Unterkiefer und ging an der linken Seite des HalseS htnanS. Nach momentanem Tanmeln avancirte Jachmann einige Schritte und feuerte, woraus der General, durchs Herz getroffen, lautlos niedersank. Von Allen, welche bei diesem traurigen Vorgang betheiligt gewesen und mit dessen Veranlassung genau bekannt sind, wird daS maßvolle und zur Versöknnng geneigte Benehmen deS Lieutenants Jachmann anerkannt. Oesterreich. Wien, 18. Febr. In unserer Nationalbankverwaltung sind infolge der zwei großen Amlsmißbräuche, welche bei diesem Institute vorgekommen, eingreifende Maßregeln ergriffen worden. ES wurde eine Generaluntersnchung, welche das Gesammipersonal und alle Verhältnisse umfaßt, eingeleitet und infolge derselben mehrere Beamte lheilS pensionirt, theris entlassen, welches Vorgehen durch unterlaufene Fahrlässigkeiten und Regelwidrigkeiten veranlaßt und gerechtfertigt wurde. Wie aus Eger gemeldet wird, hat eine ausländische Gesellschaft die Bewilligung zn den Vorarbeiten behufs einer von Hof über Asch, Frau- zenöbad und Boden gegen Falkenau, eventuell bis Karlsbad und mit Rück sicht auf die dereinstlge Verbindung mit der Prag-Pilsener Bahn zu füh renden Eisenbahn angesucht und die Stadt Eger, für die eS sich darum handelt, von derselben, falls sie realisirt würde, berührt zu werden, hat zu diesem Zwecke bereits die geeigneten Schritte eingeleitet. Frankfurt, 17. Febr. Eine telegr. Depesche berichtete auf Grund einer Korrespondenz deS hiesigen „Journals," die Bundesversammlung werde einen ExecutionSausschuß wählen und die Frlststellung an Dänemark berathen. ErstcreS ist richtig, letzteres nicht, d. h. wenn unter „Berathen" die förmliche Behandlung eines in der Bundesversammlung gestellten, auf Friststellung lautenden Antrags verstanden werden sollte. Erne solche Be- ratkung hat auch nicht stattgefunden. Daß man hingegen die Frage einer FriststeUung in bundestäglichen Kreisen bereits diScutirt haben mag, erscheint als sehr wahrscheinlich, da sic sich gegebenen Falls als eine der ersten weitern Maßnahmen deS Bundes empfehlen dürfte. Frankreich. Paris, 13. Febr. Die Untersuchung gegen Orsini und seine Genossen wird mit der größten Thätigkeit betrieben. Die zahlreichen Entdeckungen und Verhaftungen aber, wodurch man die Verzweigung deS ComplotteS erst hat kennen lernen, haben den Proccß in ein wahres Laby rinth verwandelt. Doch sollen die Untersuchungsrichter durch etliche im Auslände geschehene Entdeckungen den Leitfaden erhallen haben, um sich darin zurecht zu finden. Man hat erzählt, einer der Gefauaenen, Gomez, der angebliche Bediente Orfini'S, habe im Gefängniß einen Plan dec Straße Lepelletier und die Eingänge ins Opernhaus gezeichnet, wo die Standpunkte der Verschwörer genau angegeben seien. Es finde sich daranf eine Stelle als der einer fünften Person, angeblich eines Engländers, be zeichnet, welche, als sie das Unternehmen fehlgeschlagen sah, schleunigst entflohen sei, und, wie es heißt, einen Hafen erreicht und sich in Sicher heit gebracht habe. Paris, 17. Febr. Der Prinz Christian von Dänemark hat gestern Abends Paris verlassen. Der Prinz ist angeblich vom Kaiser mit dem feierlichen Versprechen entlassen worben, daß der Integrität des Königreiches Dänemark in keiner Weise zu nahe getreten werben solle. DaS will an und für sich nicht viel sagen, da Deutschland nicht gewillt lst, die Integrität Dänemarks anzugrelfcn. — In der chinesischen Frage herrscht völlige Uebcr- einstimmuug zwischen den Cabinetten von Paris und London. Im Ein verständnisse mit letzterem wird Frankrrich Kanton besetzen. Ostindien. Man versichert, die britische Regierung habe für die in dische Angelegcubeit einen neuen Plan angenommen; dieser soll darin be stehen, daß Mirza Mohummub Hanud AUlah, Sohn deö im Fort William zu Kalkutta interuirten Königs von Oube und der in Paris gestorbenen Königin, auf den Thron von Oude erhoben werben solle. Drese Lösung soll von bem Gencralgouverneur und dessen Conseil in Calcutta anem pfohlen worben sein und der König Wadjib Alliah Schah seine Einwilli gung gegeben haben. Auf diese Weise hofft man daS Königreich Oude wieder zur Ruhe zu bringen und so die militärischen Operationen gegen die Aufständischen bedeutend zu vereinfachen. Die indische Empörung würde dann leicht unterdrückt werden können. Earl Fr. Wieprecht. Au hiesiger Bürgerschule ist eine HülfSlehrerstelle mit 200 Thlr. Gehalt von Ostern d. I. ab -u besetze«. Bewerber um dies« Stell« haben ihr« Gesuche uvt«r Vrifügung der erforderlichen Zeugnisse längsten- bi- zvm 1». Mär- d. I. bei Wterzrichnetem Rache einzurelchea. Plauen, am 22. Vebruu 1YSS. Mannichfaltiges. Die Magdeburger Feuerassecuranz hat der Turngemeiadr hier zur Beschaffung der Re t t u ngS gerät h sch asten 25 Thaler bewilligt.