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Voigtläudilcher AMger. für die Gerichtsämter Amtsblatt und Stndtrüthc zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. NeummiMM'gfle^Jahrgang. Verantwortliche Redaktion, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. dreimal, unt zwar D i e n st a g s.^D o n n e r sta g S und Sonnabends. Jährlicher Abonncment-pr.il. auch bet Beziehung durch "ie P»«. I rhlr. ,0 Ngr. — Annoncen, die bis Mittags 12 Uhr eingehen. werden in die Tag» darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Ausnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene EorpuS-Zeile berechnet. , Dienstag 1». August 1888 »s Rundschau. Au, die afrikanische Hitze und Trockenheit in, Juni, die in manchen Gegenden Deutschlands »ich, nur den FuIIcrwuchs so verkümmerte, da» «inzcine «andwlrthe ihr Vieh zu Spottpreisen ioSschiugen, sondern auch vle Befürchtungen für die Getreideernte so steigerten, daß die Spekulation die Getreldeprege plötzlich unverhältnißmäßig in die Höhe zu treiben suchte, — ist im Juli Rcgenwetter und Kühle emgetreten, und Alles schöpfte ausS Neue Athem. Die verdorreten Kleefelder wurden wieder grün, noch rascher und frischer die abgemäheten Wiesen, die Sommerfrüchte, zumal dle späteren, erholten sich, die Kartoffelfelder prangten wie junge Walder, dtt Getrcidcpreise fielen eben so eilig, als sie in die Höhe geschnellt waren. Aber, als ob wir das Unhaltbare und Unzuverlässige menschlicher Hoff nungen und Berechnungen recht handgreiflich erfahren sollten, so öffneten sich je länger desto mehr die Schleichen deS Himmels unseren Wünschen viel zu oft und zu nachhaltig, so daß der Segen der Ernte nur thcilweise, allmählig und äußerst mühsam in die schützenden Scheuern gebracht werden konnte, die Frucht theilS ausfiel, theils neue Keime trieb, und damit auch neue Besorgnisse und Befürchtungen uns erwuchsen. Indessen sollte uns eine noch schwerere Prüfung treffen. Ende Juli, Anfangs August strömte auf viele Gebirge des deutschen, besonders aber unseres sächsischen Vaterlandes ein so unendlicher Regen herab, wie nicht feit Jahrhunderten; die Bäche wurden zu reißenden Strömen, die Fluß- thäler zu Seen, und das losgelaffene wüthenve Element hauste verheerend und vernichtend, mit einer Macht und in einem Umfange, wie daS gegen wärtige Geschlecht noch nicht erlebt hat, und Gott gebe! nie wieder erleben möge! Da schauetcn auch bei uns ängstlich die Augen und Herzen gen Himmel und warteten, das Gcwölke möchte sich theilen und heitere Son nenstrahlen aufs Neue erquickend und tröstend uns erfreuen. Kennen wir in Plauen zumal doch auö trüber Erfahrung. die Tage dör Angst und Noth, welche Wasser zu bringen im Stande ist! Doch sollte dieses Mal das obere weiße Elstcrthal im Ganzen weniger leiden, wenn auch Einzelne immerhin harte Verluste erlitten. Weit furcht barer und schädlicher traf dagegen das Unglück die Thäler der Pleiße, Zschopau, Neiße und vor allen der Mulde, und im Muldenthale wieder am schwersten die Gegend von oberhalb Zwickau bis unterhalb Penig. Wir haben die Einzelheiten desselben soweit möglich in diesen Blättern unsern Lesern mitgetheilt. Der angerichtete Schaden erscheint, abgesehen von den unschätzbaren Menschenleben, außerordentlich groß und betrifft den Staat, viele Gemeinden und zahlreiche Einzelne. (In Zwickau hat der Strom 3000 Klaftern Flößholz und 400 Stück,Rechenpfähle, an der Zwickau- Schwarzenberger Bahn 2500 Ellen Dämme fortgesührt. Im Dorfe Pöll witz sind 2 Häufet und 1 Scheune, im Dorfe Crossen 5 Häuser ver nichtet, 6 drohen den Einsturz. In Glauchau sind 50 und einige Häuser, in Waldenburg 15 Häuser zerstört, 57.erheblich beschädigt, in Colditz 4 Wohnhäuser völlig zerstört, 15 dem Einsturz nahe gebracht, 70 bedeutend beschädigt'worden, soweit bis jetzt ermittelt ist; außerdem müssen m Glau chau mehr als 100 den Einsturz drohende Häuser abgetragen werden. Eingeworfene Wände sind -ahllvS. Im Dorfe Jerisau sind m emem Hause 2 Frauen und 3 Kinder ertrunken. In Glauchau sind beide Mul denbrücken weggcrissen. sSiehe Zeitungen.^) Das Schlimmste tst, daß cS gegen Wasserönoth keine Versicherung giebt, daher fast nur durch mtlde Gaben die Noth gemildert und gelindert werden kann, was um so schwie riger wird, wenn der Umfang und die Ausdehnung des Unglücks, wie dießmal, so beträchtlich sich herausstellt. ES wird/ davon sind wir über zeugt, gcthan werden, was möglich ist. Unser allverehrter Landesherr hat bereits selbst die Stätten des Unglücks besucht und seine Regierung wird cS ihrerseits nicht fehlen lassen. Wir leben im tiefsten Frieden, unsere Staatskassen sind gefüllt, und gerade in den schwerst betroffenen Gegenden hat sich ein Hauptzweig der Gewerbthätigkeit — die Verfertigung wollener Stoffe — neuerlich wieder» erfreulich gehoben. Aber auch wir wollen, wenn irgend einmal, so dieses Mal vorzugsweise die Linke nicht wissen lassen, was die Rechte thut, und so wird mit Gottes Hilfe auch dieses Unglück über- und verwunden werden. Mit den Ftuthen in den Thälern wird auch die Wasserfluth in den Zeitungen und Wochenblättern sich ver laufen, ein wieder heiter gewordener Himmel die Gemächer aufhritern. Denn trotz Regen und Überschwemmung sind die Aussichten für die Zukunft im Allgemeinen nicht so schlimm, als Manche fürchten dürften. Der Rest der Ernte wird mit Gottes Hilfe doch noch geborgen werden; die Kartoffeln gewähren die schönsten Hoffnungen; die durch den Regen und die Überschwemmungen aufgeregten Hauptgetreidemärkte sind wieder ruhiger geworden, die gestiegenen Preise haben sich nicht behaupten können, und die nasse Witterung hilft vielleicht den Futtermangel noch hinlänglich aus-, gleichen. Je nässer in der Natur, desto trockener siehtS in der leidigen Politik aus. In Cherbourg ist eben ein Schauspiel aufgeführt worden, daS manche Leute sogar für eine Posse halten. Jedes Kind weiß, daß dieser KricgS- hafen mit Ungeheuern Kosten als ein Trutz-England hingebaut worden ist. Die Festungswerke sind riescnmäßig. Quer vor dem Hafen liegt ein 3712 Metrcs oder etwa 6000 Fuß langes Centralfort und zu beiden Seiten auf kleinen Inseln andere feste Schlösser, eben so ist es zu Lande umstarrt von einem Dutzend Forts und einer Anzahl Redouten, ein zweites Seba- stopol! Und doch nennt es LouiS Napoleon einen Handelshafen! Wahrscheinlich deshalb, weil er jetzt, da die Trauben ihm noch nicht reif scheinen, wseder einmal : „Das Kaiserthum ist der Friede!" hcrauszustecken für gut befindet und in der Donaufürstenthümerfrage soweit nachgiebt, daß dort nur ein vorläufiges Flickwerk von Staatsverfassung fertig wird, mit Vorbehalt, dasselbe bei gelegencrer Zeit wieder zu beseitigen. Auch Räuber fürst Danielo in Montenegro scheint Winke bekommen zu haben, eine Zeit lang seine tapfern Kehlabschneider etwas im Zaume zu halten, wahrschein lich bis der Vorhang im Theater zu Cherbourg.gefallen ist. Cherbourg ein Handelshafen! Cherbourg ist wohl auch der Friede? In Ostindien scheinen eS die Engländer einmal mit Güte versuchen zu wollen, da sie mit Gewalt nicht durchkommen können. Wir wollen sehen, ob die dortigen Aufständischen auf diese Leimruthr gehen werden. In der Türkei greuliche. Geldnoth und Versuche, geborgt zu erhalten. In Rußland fortgesetztes Bemühen, die Leibeigenschaft der Bauern aufzuheben und Deutschland zu der zartesten Behandlung Dänemarks zu stimmen. In Spanien ein neues Ministerium anö, das alte vom Ruder gekommen.