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einsche, daß Heinrich später einmal doch bereuen werde, einem armen Mädchen seine Hand gereicht zu haben, und dieS künftig das LooS seiner Tochter verbittern müsse. Züchtig und ihrem Vater und seinen Abmahnungen gehorchend, der sic hauptsächlich vor möglicher Schande warnte, vermied Lore von nun an sorgfältig den ihr nicht gegönnten reichen Schulzensohn. Eines Abends überraschte, als sie im Dunklen heim von cineiü benachbarten Dorfe kam, sie aber doch ihr Geliebter. Er betheuerte ihr seine Liebe, und als sic alle seine Versicherungen nicht rühren konnten, und sie durchblicken ließ, daß sie glaube, von ihm am Ende verlassen und der Schande preisgegeben zu werden, schwor er ihr einen fürchterlichen Eid: „Gott soll mich verlassen, wenn ich Dich verlasse. Ich will keine Ruhe auf Erden und im Grabe haben, wenn ich Dich treulos betrügen sdllte." Solch ein Schwur mußte wahr sein. Entzückt sank Lore an den HalS deS ihr von jeher theucren Burschen. Sie war, ihrer Meinung nach, eben so glücklich, als sie über ihr Schicksal und ihre Zukunft ruhig sein zu können glaubte. Von nun an sahen sich die Liebenden oftmals heimlich und wider den Wlllen der beiden Väter, die kein Mittel mehr hatten, dieses Vcr- hältniß zu zerstören. Monden verstrichen Loren in ihrem geheimnißvollen Glücke. Zu ihrem Schrecken, trotz Heinrichs Betheuerung, fühlte sie sich Mutter. Seltsamer Weise war dieser längere Zeit ausgeblieben. Sie wollte ihm ihre Entdeckung mittheilen, aber Heinrich kam nicht und vermied sie sichtlich. Jetzt ward ihr die ganze Größe ihres Unglücks klar. Man sprach ja schon ganz laut davon, Heinrich habe sich endlich in seines Vaters Willen gefügt und werde Eva, die reiche Erbrichtcrstochter zu freien. Lore's Schicksal konnte nicht mehr geheim bleiben. Auch Heinrich erfuhr es und schickte Einen an sie ab, sich bei ihr zu entschuldigen, daß er, nur Um seines VaterS Fluche zu entgehen, nachgegeben habe. Er machte sich anheischig, Mutter und Kind mit Geld zu unterstützen und schickte ihr gleich die erste Abschlagszahlung mit. Lore warf dem Abgesandten das Geld vor die Füße und ihr Vater billigte, so arm er war, völlig ihr Thun. Nach einigen Wochen gebar sie einen Knaben, welchem sie den Namen seines Vaters „Heinrich" gab, den sie zu sehr geliebt hatte, um ihn hassen und nicht nur ob seiner Schwäche und Leichtsinns bedauern zu können. Noch konnte aber das Kind nicht lallen, so fand sich zn der Verlasse nen, ihres Fehltritts ungeachtet, ein achtbarer Mann, der nicht reich, aber arbeitsam und brav war und ihr im Aeußern ein für ihre Verhältnisse scheinbar glückliches Loos bot. Ihre Ehe blieb ohne Kinder. Das Kind des Schulzensohnes wuchs im Hause des redlichen Stiefvaters kräftig heran, ohne daß dessen leicht sinniger leiblicher Vater, der nun seine reiche Braut gchcirathet halte, sich weiter um dasselbe bekümmerte. Als der Knabe aus der Schule gekommen war, that ihn der Stiefvater nach Zwlckan als Laufbursche in eine Hand lung. Sein Herr fand Wohlgefallen an dem gutherzigen und hübschen Knaben und ließ ihn die Handlung bei sich lernen. Nach seiner Lehrzeit ging er nach Leipzig und schrieb zuletzt auS Hamburg, daß er in die neue Welt gehen wolle, um dort ein reicher Mann zu werden und seiner Mutter für ihre alten Tage das glückliche LooS bieten zu können, um das sie sein leiblicher Vater betrogen habe. Seitdem hatte man nichts wieder von ihm gehört. Lore'S Mann starb und sie lebte, ohne gerade darben zu müssen, spar sam von dem Ertrage der ihr von ihm hinterlassenen kleinen Mrlhschaft, die sie gern hingegeben, wenn sie eine Nachricht von ihrem Heinrich da gegen hatte einhandeln können. Der reiche Schulzenjohn war überaus unglücklich in seiner Ehe. Seines Weibes böser Charakter ließ ihn sühlcn, wie schwer er sich an Loren und seinem Kinde versündigt habe. Er sah sein Unglück als eine verdiente Strafe an und auch sein Vater machte sich auf dem Sterbebette noch ein Gewissen daraus, daS Verhältniß mit Loren gestört zu haben, die bei ihrer Dürftigkeit doch die allgemeine Achtung deS ganzen Dorfes genoß, wahrend seine Schwiegertochter von aller Welt gemieden ward. Eine schwere Krankheit machte früh dem Leben deS Schulzensohnes ein Ende. Um sein Unrecht möglichst wieder gut zu machen, setzte er vorher fernem und Lore's Sohne in seinem letzten Willen ein ansehnliches Ver- mächlniß auS. Seine Hinterbliebene Wtttwe ließ ihn, da sie zu der Zeit noch nichts von diesem Vermächtnisse wußte, über das sie nachher bitter böse ward, prächtig mit den höchsten Ehren begraben. Aber der Todte hatte keine Nuhe in der Erde, wie er es selbst frevelnd dereinst gegen Loren begehrt hatte. So tief man auch den Sarg eingrub, hob er sich von selbst wieder empor. Kein vergoldeter Lcichenstein hielt ihn fest im Grabe. Der Stein stürzte um und der Sarg stieg wieder empor über die Erde. Als endlich nichts mehr half, setzte matz ihn in eine Halle deS Kirchhofs. Dort brachen nach und nach die Brcter des SargeS zusammen und daS durch die Bänder zusammen gehaltene Skelett deS Todten lag offen da und war ein Spiel des WindeS, der die Gebeine klappernd sich berühren ließ, so daß man ihm im Dorfe den Namen deS KlappermannS oder KlappererS gab. Es waren ungefähr dreißig Jahre her, daß der reiche Schulzensohn die arme Hirtenlore belhört hatte. Lore lebte nH^ aber still eingezogen und vom Grame gebeugt, denn von ihrem Heinrich ^A»r niemals eine Nachricht eingegangen und sie mußte ihn nur todt glauben. Da kam die Fastnacht. In der Schänke deS OrteS bereitete ma^t nach Gewohnheit allerlei Schnack vor und es war am Abend überfüllt in der Schankstube. Auch Loren hatten die Nachbarsfrauen mit Erfolg be redet, milzugehen, um sich einmal zu zerstreuen. Sie nahm aber nur in einem Winkel Platz und sah sprachlos dem Treiben zu, daS immer toller ward und auch einem Fremden so vorzukommen schien, der eben erst mit seinem Geschirre angekommen war, hier zu übernachten begehrt hatte und ln einer ruhigeren Ecke der Stube sein Abendbrod verzehrte. Als eö endlich gegen Mitternacht kam und die Köpfe voll von ge nossenem Tranke waren, geriethen Wagners Gottlob und Fleischers Steffen mit einander in Streit, wer am meisten Muth und Unerschrockenheit besäße. Gottlob wollte als Soldat Wunderdinge gethan und erlebt haben. Steffen prahlte: „So Ihr ihm Alle nachher die Hand gebt, so gehe ich stehenden Fußes nach dem Kirchhofe und hole den Klapperer herbei!" „Ja! Ja!" schrie die Jugend lachend durcheinander und Steffen ging davon; aber kein Mensch glaubte, daß er Ernst m'achen und nach d^m Kirchhof gehen würde. , In kurzer Frist kehrte er zurück, daS Gerippe deS Klapperers hoch in der Hand haltend. Schaudernd wollten namentlich die Frauen ent fliehen. Doch Steffen schloß die Thüren ab und nothgcdrungeu mußten alle dem Todten die Hand reichen, um sich nicht der Wuth des, als der wildeste Bursch, des Orts bekannten Steffen auszusetzen. Nur an zwei wagte dieser sich nicht: an den Fremden in der Ecke und die alte Frau im bescheidenen Winkel. Als indeß alle gezwungen dem Klapperer die Hand gegeben hatten, näherte sich die Fran im Winkel zögernd, aber freiwillig dem Gerippe. Sie faßte in heißen Thränen seine rechte Knochenhand und sprach dazu leise: „Heinrich! hat Gott Dir ver ziehen — ich vergebe Dir." Und laut weinend ging sie wieder nach ihrem bescheidenen Plätzchen zurück. Da, alö das Weib die Hand erfaßt hatte, lösten sich auf einmal von selbst die Bänder des bis dahin fest zusammenhängenden Gerippes. Nur ei» Häuslein armseliger Knochen lag noch zu den Füßen der tief ergriffe nen, erst so lauten und nun plötzlich stummen Gesellschaft. Staunend stand jetzt auch der Fremde auf und fragte den ersten Besten: „Wem gehörte im Leben dieses seltsame Gerippe an?" Gleichgültig antwortete dieser: „Dem reichen Schulzen-Heinrich, der einst die arme Hirtenlore dort bethört-hatte." Starr wie eine Bildsäule stand erst der Fremde da. Veit einem Jammerblicke stierte er nach dem Häufchen Knochen hin; dann stürzte er laut schluchzend auf das Weib im Winkel zu, preßte die Widerstrebende wild in sel.ne Arme und konnte nichts, alS: „Meine Mutter!" — stammeln. Nun hatte das Todten-Gebeine Ruhe im Grabe, das ihm sein Sohn ge bührend Herrichten ließ. Die Hirtenlore hatte ein glückliches Alter und ward später nahe bei dem Manne begraben, den sie einst so über dw Maaßen geliebt und der sie doch so schändlich bethört hatte. Ungalant. Ein Mann in England, der wegen Doppelehe ins Zuchthaus kam, beschwerte sich, daß zn streng nm ihm wegen eines Ver gehens verfahren worden sei, welches seme Strafe rn sich selber trage. Lurüste des Andes Elster bis zum t6. September. 852. Herr Carl Gottlob Wolf, Handelsmann aus Eibenstock. 853. Jgfr. Petrinelle Wolf aus Eibenstock. 854. Herr Philipp Beckmann. Banquier aus Leipzig. 855. Herr Gottlob Hüniche, Schmiedemeister auS Pulsnitz. 850. Frau Julie Lippold. Klempner- meisters-Gattin aus Schleiz, mit Pflegerin. 857. Jgfr. Emilie Henriette Top. Webers- tochter aus Auerbach. 858. Krln. Fanny und Agnes Berndt, Privat'.cres ans Leipzig. Curgäste 1156. Personen 1313. Präsent 4V Personen.