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wenn «uf dem Wege deS Rechts, der Verhandlung, ob auch langsam, doch vielleicht das erreicht werden kann, was erreicht werden will. Uner quicklich bleibtS freilich, wie jeder, lqngwierige Prozeß; deshalb auch heute kein Wort mehr von der Politik! Zeitungen. Sachsen. Leipzig, 23. August. 3972 Thlr. 27 Ngr. 1 Ps. an baarem Gelde, 926 Pakete Kleidungsstücke, 1308 Pfund Brod und 1 Sack ReiS sind der Ertrag aller hier veranstalteten Sammlungen zum Besten der Wafferbeschädigten. Für die Wafferbeschädigten sind bei der königlichen KreiSdirection zu Zwickau bis zum 28. August im Ganzen 7076 Thlr. eingegangen. Zwickau, 2. Sept. Die Schäden, welche die Wasserflulhen am 31. Zuli und den folgenden Tagen hier angerichlet haben, betragen, soweit sie bis jetzt angczeigt worden, resp. haben ermittelt werden können, bei den Privaten circa 60,000 Thlr. und, bei der Commun circa 15,000 Thlr. Aus Böhmen, 30. Aug. Vor wenigen Tagen ereignete sich bei den Tunnelbauten der südnorddeutschen Verbindungsbahn ein UnglückSfall, bei welchem zwei Ingenieure verschüttet wurden. Sofortigen Nachgrabungen gelang cS, die Verschütteten hervorzuzichen, worauf sie in dem kläglichsten Zustande in daS benachbarte Dorf gebracht wurden. Da der Arzt die Verunglückten für unrettbar erklärte, so wurde nach dem Geistlichen geschickt, damit er den Sterbenden die Sacramente reiche. Indessen stellte cs sich heraus, daß einer der beiden ein Zude sei. Der Geistliche nahm von dieser Benachrichtigung keine Notiz und that bei beiden, was bei dem einen seines Amtes war. Die christliche Umgebung nahm indessen den Vorgang nicht gleichgültig auf und stellte den Geistlichen zur Rede, wie er einem Juden die Sterbesacramente reichen könne, da man ihm doch gesagt habe, daß eS ein Jude sei; kurz, der Geistliche glaubte sich nicht anders als durch die Taufe deS bewußtlos daliegcnden Juden aus der Klemme helfen zu können. Diese nahm er nun auch, wahrscheinlich in der Meinung, daß dieser bald den Geist aufgeben werde, in der üblichen Weise vor, und verließ das HauS de-Kranken mit dem süßen Bewußtsein, einem Sterbenden zu seinem jenseitigen Heil und der alleinseligmachenden Kirche zu einer Seele verhalfen zu haben. Aber der Mensch denkt, Gott lenkt! Am andern Morgen starb der eine der Verunglückten, der andere, der Jude, erholte sich zur Freude des Geistlichen, der die Genesung als Wirkung der Sacramente dem gläubigen Landvolk darstelltc. Erst nach einigen Tagen entdeckte man dem Genesenden die Veränderung, die während seiner Be wußtlosigkeit mit ihmlvorgcgangen, und um uns kurz zu fassen, jetzt, wo der Verschüttete wieder völlig hergestellt ist — er ist verheirathet und Vater mehrerer Kinder, — reclamirt dieser seine Seele, welche die Kirche nicht so leichten Kaufs freizugeben gesonnen scheint; denn der im bewußtlosen Zustande Getaufte sah sich gcnöthigt, einen Proceß gegen den betreffenden Geistlichen einzuleiten, in welchem ihn ein Reichenberger Advocat vertritt. Der Ingenieur ist vorläufig von der Eisenbahngesellschaft entlassen worden. Frankreich. Paris, 1. September. Der Kaiser und die Kaiserm sind heute nach Biarritz abgereist. — Es ist jedoch dort und in dem nahe gelegenen Bayonne die Bräune mit neuer Heftigkeit ausgetreten; die Kai serin hat daher beschlossen, den kaiserlichen Prinzen vorläufig nicht mitzu- nehmcn, wie cs ihre Absicht war. Das „Kind Frankreichs" bleibt in St. Cloud zurück. — Am 5. d. wird der Prinz Georg von Sachsen in St. Nazaire erwartet. Derselbe schifft sich dort auf der Stadt Malaga ein, um sich nach Lissabon zu begeben. England. London, 31. August. Am morgigen Tage hört die ostindische Compagnie auf, cinc regierende Körperschaft zu sein. Die Actionäre beziehen fortan dke Interessen ihrer Jndia-Aclien von der Schatz kammer; ihre Revenuen bleiben natürlich ungeschmälert, aber ihr Einfluß ist dahin; bei den Wahlen der Beamten haben sie keine Stimme mehr. Die Direktoren legen ihre Aemter nieder, um entweder ins Privatleben zurückzukehrcn vdcr ins neue Conseil zu treten, oder anderweitig als Die ner der Königin sich einem Bureau cinverleiben zu lassen. Die Verschwörung gegen den Vicekönig ist als Ausfluß des durch die Ereignisse in Dscheddah aufgcstacheltcn Fanatismus eines Haufens unwiyendcr Muselmänner zu betrachten, welche den Vicekönig, weil er die in Dscheddah begangenen Missethsten verdammte, alö einen Giaur bezeich neten, der entsernt werden müsse. Rußland. St. Petersburg, 24. August. Der Kaiser hat vor seiner Abreise alle Bauern der kaiscrl. Schlösser srcigelasse*. ES sollen ihrer ungefähr 200,000 sein. Die Apanagebauern, die jetzt auch freigc- lafsen sind, erhalten jede Familie für sich ein Haus mit dem dazu gehörigen Hofraum und einem kleinen Stücke Ackerlandes. Sie sollen ebenso behan delt werden, wie die freigelassenen Leibeigenen deS Adels. Man erwartet dabei eine Zunahme der Einkünfte der Apanageverwaltung. — Tie Groß fürstin Konstantin ist vön einem Prinzen entbunden worden, welcher den Namen Konstantin Konstantinowitsch führen wird. — In Esthland sollen wieder Bauernunruhen stattgesundcn haben und im Innern deS Reichs sollen ebenfalls in manchen Dörfern die Bauern die Frohndienste verweigern. Amerika. Die Nachrichten auS Neuyork, 21. August, sind noch voll von der großen Feier zu Ehren deS transatlantischen Telegraphen am 17. Die Journale erzählen, man habe dergleichen in Amerika noch nie gesehen; die ganze Bevölkerung sei freudetrunken gewesen und dergl. mehr. Geschossen wurde von früh bis spät in die Nacht hinein mit Kanonen und Feuerwaffen aller Art. DaS Wetter war günstig und die Beleuchtung ließ nichts zu wünschen übrig. In Neuyork ist die Fregatte Niagara am 18. August, angekommcn, ihr Eintreffen gab das Signal zu neuen Freudenbezeigungen wegen Vollen dung deS atlantischen Telegraphen. Aegypten. AuS Alexandrien vom 24. d. eingetroffene Nachrichten melden, daß eine Verschwörung gegen den Vicekönig von Aegypten entdeckt und vereitelt worden sei. Oeffentliche Gerichtssitzungen. Seit Ende Juli d. I. haben beim hiesigen Bezirksgerichte sechs Haupt- Verhandlungen stallgefunden. Am 23. Juli b. I.- wurde der hiesige Handarbeiter Johann Gottlob Claus, weil er für Schuldig erachtet wurde, der hiesigen Gesellschaft, ge nannt „die Harmonie der Dreißiger," für welche er die Aufwartung zu besorgen gehabt, von eingesammetten GesellschastSbeiträgcn 34 Thlr. 12 Ngr. unterschlagen zu haben, zu sechsmonatiger ArbeitLhausstrafe verurtheilt. An demselben Tage wurde die Untersuchung gegen die Dienstmagd Magdalene Werner auS Dirngrün in Böhmen, zuletzt in Bad Elster in Diensten gewesen, verhandelt, und Letztere zu dreimonatiger Gefängnißstrafe verurtheilt, weil sic ihre Niederkunft in der Maaße verheimlicht hatte, daß dadurch die nöthigen Hilfsleistungen anderer Personen ausgeschlossen wordep waren. Am 30. Juli fand eine geheime Sitzung statt. Sie betraf die Un tersuchung gegen Carl Gustav und Johanne Christiane Florentine Geschwister Blechschmidt auS Thoßfell. Wegen Unzucht, die sie mit einander getrieben, wurden Beide mit Gefängnißstrafe belegt, Ersterer in der Dauer von acht, Letztere in der Dauer von sechs Monaten. Die am 9. August abgchtxltene Hauptverhandlung hatte zum Gegen stände die Untersuchung gegen den erst 20jährigen, aber schon mehrere Male wegen Diebstahls, darunter auch mit Arbeitshausstrafe belegten Handarbeiter Johann Christian Schlosser aus VoigtSberg, derzeit in Theuma. Dieser junge Verbrecher hatte binnen acht Tagen, während welcher er sich in den Dörfern zwischen Hof und Plauen vagirend und bettelnd umher getrieben, sechs Dlebstahle, darunter zwei durch Erbrechen von Schlössern ausgeführte, und einen Zechbetrug begangen. Die WerthSbeträge der ent wendeten Gegenstände waren nicht sehr erheblich, wegen der Mehrheit der Verbrechen und wegen des öfteren Rückfalls wurde er aber mit einjährigem Zuchthaus bestraft. Endlich fanden noch am 30. August d. I. zwei Hauptverhandlungen statt. Die eine betraf die Untersuchung gegen den 24jährigen Handarbeiter Friedrich August Zimmer aus Siebcnbrunn, der aruch schon ein Mal zwei Monate Gefängniß verbüßt hatte, weil er seinem Vater eine Geldsumme von 50 bis 80 Thlrn. entwendet hatte. Dieser, auf einem Auge blinde und auch sonst krüppelhaste, Mensch hatte in der Nacht- vom 24. zum 25. Juli d. I. in Siebcnbrunn zuerst den Felsenkcller deS Schankwirth Stengel erbrochen, in der Absicht, Bier auS dem Keller zu entwenden, jedoch ohne dergleichen mit fo.lzunehmcn. Zu diesem Zwecke halte er daS untere Thür band an dem rechten Flügel der Doppelthür, wodurch der Keller verwahrt ist, losgcrissen, und diesen Flügel ausgehoben. Nichts destoweniger ließ sich der ausgehobene Thürflüge!, da ec mit dem andern durch daS Schloß noch zusammcnhing, nicht so weit zurückschieben, daß Zimmer den Eingang in den Keller hätte gewinnen können. Er nahm deshalb das losgerissene Band, ging in die Stengcl'fche Schänkwirthschaft zurück und brach mit Hilfe desselben in die äußere Mauer deS Stengel'schen VorrathSgewölbeS ein zwei Fäuste großes Loch hinein, in der Absicht, dort einzusteigen und Lebensmittel zu ent^venden; aber der Stein widerstand zu sehr, auch gingen Leute ab und zu, und Zimmer ward dadurch verhindert, in daS Gewölbe wirklich einzudringcn Darauf stieg der Angeschuldigle am nächsten Abend, während der Gutsbesitzer Schicker in Stengels Wirthschaft mit seiner Fa milie zu Tanze war, durch ein nur mit einem vorgestemmten Span ver wahrtes Schiebefenster in dessen Partcrrestube ein und entwendete dort zwei Eier, sodann aus dem unverschlossenen Brodschranke einen bereits angeschnittenen Laib Brod im Werthe von 3 Ngr. und stieß endlich in dem Glasschranke in der Wohnstube eine GlaStafel ein, in der Absicht, aus diesem Schranke Victualien zu entwenden, die er aber darin nicht fand. Der Gerichtshof erblickte in den bei Schickern verübten rechtswi drigen Handlungen einen fortgesetzten ausgezeichneten Diebstahl, in dem