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Herrn.Bright und der zwei energischen Ingenieure Canning und Clifford würde eS auch nicht gehalten haben. Während des EonnkagS nahme^ Wind und See noch mehr zu. Die Thätigkeit und Sorgfalt der Wachhabenden (der zwei Ingenieure Moore und Hoar) wurde auf die äußerste Probe gestellt. Jedeömal, wenn daS SchiffShinterthcil von einer Woge gehoben wurde, mußte die Tauhapsel gelockert werden, damit keine Stockung eintrat, bei welcher das Tau jeden falls zerrissen wäre. Während der Nacht hatte man fast jede Hoffnung aufgegeben, daß daS Kabel bis zum Morgen halten würde, und Manche blieben wach, um den Schlag zu hören, den daS Zerreißen deS Taueö Her vorrufe — d. h. die Kanone, welche daS Fehlschlägen aller Hoffnungen verkünden würde. Dennoch hielt das Kabel, welches im Vergleich mit dem Schiffe, aus dem eS glitt, und den riesenhaften Wogen wie ein dünner Draht sich ausnahm; dennoch hielt eS, nur einen silbernen Phosphorstreifen auf dem Wogenschwall zurücklassend, der dem-Schiffe nachrollte. Auch am Sonntagmorgen besserte sich das Wetter noch nicht; immer noch blieb der Himmel windwärts dunkel und stürmisch; die fortwährenden Windstöße, von Regen begleitet, dienten nur dazu, die Wucht der Wogen noch zu vermehren. Allein daS Tau hatte während der Nacht so viel ausgehalten, daß man mehr Vertrauen faßte. Gegen Mittag hatte man wieder 130 Meilen oder 350 Meilen im Ganzen gemacht. Man hatte die tiefsten Stellen von 2400 Faden und überhaupt mehr als die Hälfte .des Tiefwassers passirt, während der Tauvorrath imSchiK- noch so ansehnlich war, um bis zur irischen Küste zu reichen, selbst Trenn das schlechte Wetter ungehalten und die Expedition gezwungen hätte, so viel mehr Tau, wie bis dahin, hinausglciten zu lassen. Soweit stand Alles gut; allein die bisherige Erfahrung hatte gezeigt, daß alle Hoff nungen in einer Minute wieder zu Schanden werden konnten. Während Sonntag und Montag blieb daö Wetter stürmisch und die Gefahr deS Reißens deS Kabels wurde wieder nur durch die aufopfernde Achtsamkeit der Ingenieure und Leute abgewendet. Montag Mittag waren 127*/z Meilen gegen den vorhergehenden Tag zurückgelegt. Wahrend des Nach mittags zeigte sich ein amerikanischer Dreimast-Schooncr östlich. Anfangs wnrde keine Notiz davon genommen, aber als das Schiff ungefähr eine halbe Meile vom „Agamemnon" entfert war, änderte es seinen Cours nnd kam schief darauf zu, so daß ein Anrennen an das Kabel unvermeidlich schien, wenn man nicht das eben so gefährliche Mittel gebrauchen wollte, den CourS des „Agamemnon" zu andern. Der „Valorons" dampfte voraus und löste eine Kanone, um dem Amerikaner Halt zu gebieten, und als dieser keine Notiz davon nahm, folgte ein Schuß vom „Agamemnon" und ein zweiter und dritter vom „Valorous". Dennoch behielt das fremde Schiff seinen Lauf bei und der „Agamemnon" war genöthigt, nur wenige Klaftern von dem andern entfernt, seinen Cours zu ändern, daS einzige Mittel, um eine Collision zu vermeiden. Natürlich setzte unter Gebühren die Mannschaft des amerikanischen Schipes sehr in Erstaunen, so daß die selbe sich auf Deck und Takelage sammelte. Endlich schien sie die Expe dition zu erkennen und gab derselben drei volle Hurrahs. Obgleich die Mannschaft deS „Agamemnon" den Gruß erwidern mußte, so kam er doch nicht von Herzen, da die Dummheit oder Unachtsamkeit der Andern bei nahe das große Werk vereitelt hätte. Für Diejenigen, welche nicht aus dem Verdeck sich befanden und die Annäherung des Schiffes nicht bemerkt hatten, kam der Schall des ersten Kanonenschußes gleich einem Donner schlage, denn Alle sahen ihn als das Signal des Zerreißens des Taues an. Die Dmertische waren in einem Moment verlassen und Alles stürzte aufs Verdeck, wo sie indessen sofort durch den zweiten Schuß beruhigt wurden, der nur „ein Schiff im Wege" oder „einen Mann über Bord" anzeigen konnte. Während tus größern Theiles vom Montag Vormittag wurden die Signale vom „Niagara" allmählig schwächer, bis sie für ^4 Stunden ganz aufhörtcn. Es zeigte sich indessen bald, daß der Fehler in der Schwache des tclegrapbirenden Stromes auf dem „Niagara" lag; denn nachdem Thomson dorthin gemeldet hatte, daß die Signale zu schwach seien, und daß die Batterien verstärkt werden sollten, kamen jene bald stärker als zuvor. Mit Ausnahme solcher kleinen Stockungen schien der elektrische Zustand deS niedergelassenen Drathes eher besser zu sein; denn cS ist einleuchtend, daß die niedrige Temperatur deS Wassers in dieser Ungeheuern Tiefe die isolirenden Eigenschaften der Gutta-Percha bedeutend verstärkt, während der außerordentliche Druck, welche dieselbe auSgesetzt ist, sie zusammenpreßt und etwaige Luftbläschen und Fehler in der Fabri kation zusammendrnckt und ausgleicht. Während Montag Nachts besserte sich das Welter etwas, doch war die See immer noch so hoch, daß sie jede Minute das Kabel in Gefahr brachte. Ungefähr um 3 Uhr am Dienstag Morgen wurden Alle am Bord durch einen Kanonenschuß von ihren Betten aufgeschreckt. Alles eilte aufs Verdeck. Wider Erwarten war das Tau unversehrt; aber gerade im ersten Grauen deS TageS konnte man' den „Valorous" sehen, wie er in ganz kriegerischer Haltung beilegte und rasch Kanone auf Kanone abfeuert einer großen amerikanischen Darke gegenüber, welche, ohne von der Expedition Etwas zu ahnen, gegen den Stern deS „Agamemnon" zukam. Solche laute und wiederholte Demonstrationen einer großen Dampffregatte waren nicht zu verruchten und der Amerikaner ließ alle Segel herab und legte bei, ohne wie cS schien zu wissen, warum. Ob er dachte, von Fli bustiern angegriffen zu sein, ob er daS Vorgehen der Briten als eine neue Beschimpfung der amerikanischen Flagge betrachtete, ist unmöglich zu ent scheiden; — gewiß ist nur, daß der Amerikaner in größter Bestürzung wartete, bis das Geschwader außer Sicht war. Am Dienstag war daS beste Wetter seit acht Tagen, allein die See noch so hoch, daß noch immer nicht alle Gefahr vorüber war; dennoch faßten Alle große Hoffnung. Der tiefe Theil der See war beinahe ganz in Sicherheit zurückgelegt, Und zwar unter den ungünstigsten Umständen ; eS war daher aller Grund vor handen, anzunehmen, daß ohne einen unvorhergesehenen Unfall auch der Rest deS Weges wohlbehalten überwunden'werde. Seit dem vorhergehen den Tage waren 134 Meilen zurückgelegt. Ungefähr um 5 Uhr AbendS war der abschüssige unterseeische Berg erreicht, welcher das Telegraphcn- plateau von der irischen Küste trennt, und das plötzliche Scichtwerden deS Wassers hatte einen sehr bemerkbaren Einfluß auf das Kabel, welches mit jeder Minute sich bedeutend langsamer abwickelte. Um 10 Uhr un gefähr war man bei 250 Faden Tiefe angelangt. Mittwoch war ein sehr ruhiger Tag, der erste, an dem man die Zusammenfügung des Ka bels hätte vornehmen können, seit dem Tage, an welchem man daS Stell dichein verlassen hatte. ES war ein Glück, daß man so rasch damit vor- gcgangcn war. -Um Mittag war der „Agamemnon" nur,noch 89 engl. Meilen von der Telcgrapheustation in Valentin. Das Wasser war so seicht, daß die Abwickelung des Kabels keine Schwierigkeit mehr hatte, und daß bereits Alle daS Unternehmen als ge lungen betrachteten. Nachts um 12 Uhr näherte man sich der Küste, der „Valorous" dampfte voran, Raketen steigen lassend, um den Weg zu zeigen, obgleich der Steuermann des „Agamemnon" eine eigne, bessere Richtung einschlug. Am Donnerstage bet Tagesanbruch lagen die steilen Felsenberge, welche die malerische Umgebung von Valcntia einfassen, we nige Meilen vor Augen. „Niemals, seit Columbus Zeit" — sagt der Schiffslcutuant, welcher die Fahrt in der „Times" beschrieb — „war der Anblick des Landes willkommener." Am Ufer schien Niemand die Ankunft der Expedition zu ahnen. Der „Valorous" dampfte an die Mündung deö Hafens und feuerte eine Ka none ab. Um ü Uhr warfen beide Schiffe Valentin gegenüber Anker. Sobald die Einwohner die Ankunft der Schiffe bemerkt hatten, strömten Alle aus den Häusern und Hunderte von Booten umschwärmten die erstern, deren Passagiere in der höchsten Aufregung die großen Neuigkeiten zu er fahren verlangten. Bald darauf trafen Signale vom „Niagara" ein, wonach dieser ebenfalls im Begriff war zn landen, nachdem er 1030 Mei len Telegraphentall, während der „Agamemnon" 1020 Meilen verbraucht hatte. Nachdem die Schiffe Anker geworfen hatten, wurden die Dampfboote des „Valorous" mit zwei Meilen Kabel beladen, um das Ttlegraphentau zu landen, was, da eine steife Brise ging, erst um 3 Uhr vollbracht war, — wo der Donner der Kanonen, von den Felsen der Berge widerhallend, die frohe Botschaft verkündigte, daß die Verbindung der alten und neuen Welt hergestellt sei. Nachschrift. Wir schließen dem Vorstehenden noch die Bemerkung an, daß, nach einem Briefe des Secrelärs der Kupmurine l'eloKrapU an deren Bevollmächtigten in Hamburg, datnt London den 19. August, in Betreff deS Tarifs nach Amerika noch Nichts beschlossen ist, doch dürfte der Preis, zumal im Anfänge, hoch sein. Man sagt, daß ein Telegramm von 20 Worten von London nach New-Kork circa 4 Pfd. St. 12 Sh. 6 P. (circa 31 Thlr.) sein wird, nämlich 7 Sh. 6 P. nach Va lentin, 2 Pfd. St. 10 Sy. von Valcntia nach Newfoundland und 1 Pfd. St. 15 Sh. von dort nach New-Kork. Die ^UanUv 't'vI«Krapk Oom- pan^ ist jetzt ln Unterhandlung mit den andern Compagnien, um die Ge bühren überall zu ermäßigen, und man zweifelt nicht, daß heute über ein Jahr die obigen Sätze um wenigstens 50 Proc. niedriger sein werden. Nach den Heringen Preisen würde demnach ein Telegramm von 20 Wor ten zwischen Dresden und New-Kork circa 36 Thlr. tosten. Kirchliche Nachrichten. Am 14. Sonntage nach Trinität, predigt in der Stadtkirche Vormitt. Herr Superint. Beyer und Nachmitt. Herr Archidiaeon. AI. Fiedler. — Nach der Vormittagspredigt allgem. Beichte mit Connnunion. — Unmittelbar nach der NachmittagSpredigt Katechismuseramen mit Jungfrauen. In der Gottesackerkirche hält Vormitt. halb 11 Uhr Herr Bürgerschullehrer Oavck. Ltin. Ritter die 7. Hvfersche Legatpredigt.