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Voiglländi scher Anzeiger. Siebenunstsechszigster Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plaue». Diese» Blatt erscheint wöchcntlich dreimal, und zwar Dienstag», Donnerstag» und Sonnabend». Jährlicher AbonnementSpre;», auch e eziehung urch die Post, 1 Lhlr. 10 Ngr. — Annoncen, die di« Mittag» 12 Nhr eingehen. werden in die Tag« darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene Eorpus-Zeile berechnet. Sonnabend. KAA. 27. September 1856. Zeitungen. Sachsen. Chemnitz, 24. Septbr. Das hiesige Tageblatt berichtet auS zuverlässiger Quelle über ein neues industrielles Unternehmen: Die Herren A. Götze, K. Knackfuß und M. F. Bahse hier, haben sich unterhalb deS AngermarkteS ein bedeutendes Grundstück gesichert, um darauf ein größeres Fabrikunternehmen auf Actien -u errichten. Vor erst soll eine Baumwollspinnerei, nach englischer Weise in großem Maßstabe auSgeführt, erbaut werden, welcher sich dann vielleicht in einigen Zähren eine mechanische Weberei entschließen dürfte. Ein Hauptgebäude, so ziem lich einer Fronte deS AngermarkteS entsprechend, 256 Ellen lang, 42 Ellen tief, durchschnittlich 4, im Transept 5 Stockwerke hoch, wird fast ganz auö Stein und Eisen errichtet werden. Die auf eisernen Säulen ruhenden Querbalken werden von Eisen gefertigt, die darauf ruhende Decke besteht auS flachen Gewölben; auch die Dachconstruction ist ganz in Eisen auS- gcsührt. Zm Transept befinden sich zu ebener Erde daS Kessel-, Maschinen- und Treppenhaus sowie auch die Lokalitäten für daS Contor, die Werk statt, die Expeditionen, Weifsäle rc. Der eine Seitenflügel ist für die Water-, der andere für die Zwirn-Spinnerei bestimmt, und zwar so ein gerichtet, daß die ins Parterre gebrachte Wolle ohne Umwege und Zeit verluste in leichtester Weise durch alle in der Spinnerei nöthige Manipu lationen befördert werden kann. Die Zahl der Spindeln wird in beiden Abtheilungen zusammen etwas über 50,000 betragen, und eine Hauptaus- gabe bei Einrichtung deS ganzen Werkes die sein, daß in den aufzustellenden Maschinen die größte Qekonomie herrscht, nach welcher sämmtliche Maschinen eine gegenseitige vollständige Beschäftigung bedingen. Außer dem Haupt gebäude wird noch ein besonderes Haus für die Wolle erbaut werde», wobei die bei Ankauf deS Grundstücks ganz besonders inS Auge gefaßte Möglichkeit geboten ist, eine Verbindung mit der Chemnitz-Riesaer StaatS- eisenbahn durch eine besondere Zweigcisenbahn herzustellen, welche vom Bahnhofe auS bis in die Wollniederlagc und Kohlenräume geführt werden kann, s) Die Maschinen werden möglichst hiesigen Fabriken in Auftrag gegeben, da man gefunden, daß die hiesigen Maschinen bei sorgfältigerer Bauart am Platze nicht theuerer zu stehen kommen, als die englischen. Dafür, daß nur vorzüglich gearbeitete Maschinen ausgenommen werden, bürgt die Persönlichkeit des Mituntcrnehmcrs Herrn A. Götze, deS Grün ders der im-Bau von Spinnmaschinen rühmlichst bekannten Fabrik von Theodor und Ernst Wiede, früher Götzeu. Comp. — WaS die financielle Seite deS Unternehmens angeht, der Herr M. F. Bahse vorstehen wird, so wird das Anlage- und Betriebskapital mindestens 1 Million Thaler betragen. Die Unternehmer betheiligen sich selbst mit einem größern Ca pital und stellen dafür nur die Bedingung, daß ihnen im Verein mit den von der Gesellschaft zu wählenden Personen auf gewisse Zeit die Direktion des Werkes übertragen und von der nach Zahlung der Zinsen zur Ver- theilung kommende Dividende eine Tantieme bewilligt wird, so daß den selben für ihre äußerst mühsamen, zeitraubenden und kostspieligen Vorar beiten nicht eher ein Gewinn erwächst, als bis sich die Rentabilität des ganzen Unternehmens durch die Erfolge bewährt hüt. — Dieß in kurzem die Hauptzuge eines Unternehmens, welches wir im Namen unserer Stadt und der ganzrn sächsischen Industrie mit hoher Freude und Zuversicht bc- *) Wahrscheinlich werden die Erbauer der auf einem angrenzenden Grundstück pro- jectirten mechanischen Weberei von der Bahn der Actienspinnerei sich wieder eine Zweig bahn abteiten, während auch der Besitzer der sächsischen Maschinenbau-Anstalt seine Grundstücke mit dem Bahnhofe in Schienenverbindung zu bringen gedenkt. errungen hatten, und wendet sich schließlich au die, welche sich deS Segens deS Himmels erfreuen, mit der dringenden Bitte um Hilfe und Rettung; die Noth sei groß und die Bedürfnisse dringend. Vcrf. deS Artikels — - grüßen, da in Chemnitz sich für das Gedeihen einer großen Baumwoll spinnerei weit mehr Vortheile darbicten, als in allen den Städten deS Zollvereins, in denen jetzt schon ähnliche Unternehmungen einen höchst bedeutenden Nutzen gewähren, wobei noch hervorzuheben ist, daß die zu spinnenden Garne hier noch keine Concurrenz haben, von hiesigen und anderen sächsischen Webereien aber in den bedeutendsten Massen verbraucht werden. Somit haben auch die hiesigen Spinner von dem neuen Unter nehmen keine Concurrenz zu befürchten, im Gegentheil wird ihnen dasselbe von Vortheil sein, indem cs wesentlich dazu beitragen dürfte, der Stadt Chemnitz den Rang der ersten und wichtigsten Erzeugerin deö Baumwol- lengarnS im Zollvereine zu bewahren. Leipzig, 23. Sept. Kurz nach 12 Uhr vergangene Nacht entstand in der rechts vor dem Dresdner Bahnhofe gelegenen Dampfschneidemühle von Bäßler und Bomnitz auf zur Zeit noch unermittelte Weise, wahr scheinlich aber durch Selbstentzündung, ein Fener, welches in kurzer Zeit bas nur auS Fachwerk errichtete Arbeitsgcbäude verzehrte, später auch daS Dach des festem MaschinengcbäudcS beschädigte, durch die Masse der bren nenden Breter und Spähne aber eine Zeit lang eine solche Gluth verbrei tete, daß mehre auf der nahen Eisenbahn stehende Wagen in Gefahr ge setzt wurden und schleunigst durch eine Maschine in den Bahnhof gezogen werden mußten. Erst gegen 3 Uhr wurde man der Flammen Herr, wäh rend die Gluth der Kohlen noch fortdauerte. Das Feuer in dem ArbeitS- gebäude hatte so schnell um sich gegriffen, daß die in demselben wohnenden Arbeiter sich zum Theil nur durch Sprung aus dem Fenster retten konnten. Nach den Branden in der Thomas- und Barfußmühle ist diese Schneide mühle seit wenig Zähren die dritte in unserer Stadt, welche vom Feuer zerstört worden ist. Ein Artikel über den Brand zu Adorf am 10. Sept, im „Wochen blatt für Adorf, Bad Elster und das Obervoigtland," welcher mit den von uns bereits mitgctheilten ausführlichen Berichten durchaus überrinstimmt, schildert die tiefe Armuth, in welcher ein großer Theil der Einwohner Adorfs in Folge dieses Brandunglücks versank, das ihnen in wenig Stun den raubte, was sie mit redlichem Eifer durch jahrelanges Arbeiten sich Folgt" — sagt der dem erhabenen Beispiele, daS unser hochverehrter König mit landeövätcrlicher Milde und Huld bei seinem trostreichen Be suche hier gab!" Budissin, 15. Sept. Vor einiger Zeit wurde hier die Entdeckung von einer förmlichen Diebsbande gemacht. Seit geraumer Zeit waren bald da, bald dort Diebstähle ausgeführt worden, die man sich nicht erklären konnte. Aus verschlossenen Zimmern, Commodcn und Schreibtischen waren Gelder verschwunden, ohne daß man wußte wie. Zn Kaufmanns- Flei scher- und anderen Läden vermißte man Eßwaarcn, und nirgends war eine «Spur vom Thater, selbst Verdacht hatte man gegen Niemanden. Da auf einmal bemerkt cm Buchbindermeister, daß sein Lehrling, der mehrmals ohne Erlaubnis; anSbleibt, bei seiner Rückkunft sehr ängstlich Geld zu verbergen sucht. Gefragt, woher dies sei, wird er verlegen und verwickelt sich lmmermehr in Widersprüche. Dem Meister ist All/s sehr verdächtig er sendet nach der Polizei, und siehe da! durch diesen Einen werden eme ganze Anzahl junger Leute angegeben, die förmlich handwerksmäßig ihre Diebereien betrieben. Durch einen Schlosser-Lehrling konnte so mancher