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71. Jahrgang, 6VV Mittwoch, 2V. Dezember 1S2S Gegründet 185S DradlimIchrtN »»Ulrich««, vr»,»«». F.rnipr»ltz>rr-samm»mu,nm«r 2V 241 Aor ur Ha-dla.lprLch« 20 011 »om I«. v>»3I.D»»mI>»r lor« °»> >it,Nch w«>m>>l>u»r Zullellun. >r». »au» ISO Mt. i)0zUlI5^>N6l1Ul)k p«Ndezuo»ottt» >ur Mona Dezember 3 Marti vi>n« pl>NzuII«llunc,»q,t)IIKr «lazr.aummr, I» PI»»»t,. Di» Anzeigen «erden nach Goldinar o»r»chne>. «>» emipaltra« »o nun -rette Nett» M Pia. lir au.wärls 3b Ptg. Yamilienanzeigen und Sirllenaeluch» odn» klU^klAöU^ fsktzlltz. äoval 10 Pia., nukerrold 30 Pia., die Ai mm »rette Reniamezeil» ISO Pia., uhrrbnld 200 Pn> Oiserlengedüd lO PIq. Ausw ulträge neg. Por 'uedezatiluno SchrMetNmn und kauptgelchLNsNell»: warte»,tr»Iz« 3S 42 Druch u. Vertag no» -I«,ich » Vrtchar»! m Dresden. Poillchrch-Konlo 10SS Dre»de». Dachdruch nu, m» deutlich», QurUenanaadi Dresdner Aachr - zulLIItn Unoerlanqlr Schriniiilche wer »n n>»> auivewadrl. f^ür Zpareinlagen — aucti klewe veiräge — gute Verzinsung vresäner Hanäelsbank F.-6. «Zagrtt-,4«» IS73 »I» L«re»rr»l-VIe»ti«»i»rI«»»«»»n», 2^.0. vankZeZckätten inckivicluelle uneigennützige verstung Ogtra-Kllee Y/II — 8t3ä1. VIek- unä 86ilaüitt,ok — eiis8platr 3 — Ksl8er8trsüe 11 — krager 8tra8e 2b — 1alin8traüe 8 — vrokmarktkalle Parteiranke um die Regierungsdildung. Demokratische Querlreibereien werden von -er Dolkspartei zurlickgewiesen. Frankreich erklärt -en Landauer Konflikt für abgeschlossen. — Die Wahrheit über den Mainzer „Jwischensall". — Trauerseier in Tokio. Die Rechtsregierung im Vordergründe? Berlin, 28. Dez, Die offizielle Demokratisch« Partri- korrespondenz halte in Ausführungen über die Regiernngs- bilduna behauptet, das, die Bestrebungen rcchtögertchieter Kreise daraus gerichtet seien, mit Hilfe der Deutschen Volks- partei ein Beamtcnkabinet« der verschleierten Äiechtsrcgicrnng oder aber ein rechtsgerichtetes MindcrheitSkabinett zu bilden. Es mürbe scrner dabei angedcutct, das, der Artikel 48 der NeichSversassnng. der sich mit dem Ausnahmezustand besaht, in diesen Kombinationen eine grostc Nolle spiele, Tie volks- partciliche „Tägliche 8i » n d s ch a n" nimmt diese Aus führungen heute zum Anlaß. um sestznstellen. daß von einer Inkraftsetzung des Artikels 48 der Verfassung natürlich in keiner Weise die Rede ist oder semalS gewesen ist. Tatsächlich liegen so schreibt das Blatt, die Dinge so, daß der Reichs präsident nach den Regeln des parlamentarischen Systems voraussichtlich einen Mann der Rechten mit der Regierungs bildung beauftragen wird, und dass man dann den Rersuch machen wird, ei» Kabinett sämtlicher bürgerlichen Parteien zu bilden oder aber, falls die Demokraten ihre Mitwirkung dabei verweigern sollten, ein Kabinett von den Dentschnationa- lcn bis einschließlich deS Zentrums. Das Neutrum wird bet dieser Gelegenheit vor die Frage gestellt werden, ob es an einer solchen Kabinettsbildung teilnchmen will. Sollte der Versuch misslingen so wird wahrscheinlich wieder die Mitte mit der Neubildung der Negierung betraut werben müssen. Sollte das Kabinett, das auf dieser «Grundlage ge bildet wird im Neichstaa abermals scheitern, so bliebe i» diesem Hall wohl nichts weiter übrig, als die Auflösung des Reichstages. Dies sind, erklärt die „Tägliche Rundschau", die Möglichkeiten die bei der Entmickliing der tnnerpolittsche» .Krlnö in Betracht kommen Wie daS Ergebnis im ein'einen sein wird, läßt sich natürlich nicht voranssehcn. Die Dar stellung jedoch die von der Demokratischen Partei- korrespvndenz gegeben wird, bewege sich in einer Rich tung die mit der Wirklichkeit nichts zu tnn habe. * Berlin, 28. Dez. Die deutschnattonale Pressestelle teilt zu der von der demokratischen Presse verbreitete» Nachricht über eine angebliche Besprechung zwischen Dr. Strescman» und Graf Westarp mit dass Graf Westarp seit dem 19. De zember in Siiddeutschland bei Verwandte» zur Erholung weilt und das, er an keinem Frühstück mit dem RcichSanßen- mtnister tcllgrnvmmcn hat. Starrsinn im Zentrum. tDrahtmeldung unsrer Berliner Echriftkeitung.) Berlin. 28. Dez. Die Frage der Regierungsbildung be ginnt die Berliner Parteiorgane lebhaft zu beschäftigen. Da aber Verhandlungen anS denen sich der Gang der Dinge er sehen liehe, nicht stattgcsnndcn haben, ergeht man sich ln Be trachtungen mehr allgemeinen Charakters, die seboch deS Interesses nicht entbehren. So tritt zunächst das Berliner Zrntrumövrgan, die „G e r m a n i a", mit „politischen Neu» jahrsbctrachtungcn", die dem Blatte a»S der ZentrumS- sraktton des Reichstages geschrieben werden, auf den Plan. Diese Betrachtungen stelle» in erster Hinte einen Lob- gcsang auf die Ae n trumSpartet und ihre Politik dar. Man versteht solche stark ausgetragcne Selbstbeweih räucherung, wenn mau berücksichtigt, daß das neue Jahr unter Umständen schon kurz nach seinem Beginn im Zeichen eines Wahlkampfes stehen kann. Es gilt daher bereits jetzt, die entsprechende Musik in den Ohren der Anhängcr- scharen erklingen zu lassen. Interessant sind die „politischen Neujahrsbetrachtungcn" der »Germania" dann aber noch da durch, bah sie sich für die Grobe Koalition einsetzen. Den Sozialdemokraten wirb zwar eine ganz stramme Strafpredigt gehalten, bah sie jüngst daS Porzellan einer Groben Koalition wieder einmal zusammenschlugen, „aber das Zentrum," heißt cs weiter, „muh sich d o ch für eine Grobe Koalition einsetzen, weil cs glaubt, damit der «»in ereil Konsolidierung Deutschlands am besten zu biene n." Wenn man sich daran erinnert, dab die „Germania" vor einiger Zeit einen Artikel veröffentlichte, in dem sie mit Nach druck betonte, daß das Verbleiben der jetzigen ge- s ch ä s t s f ü h r c n d c n Regierung der beste Ausweg ans der Krise wäre, so scheint die Taktik des Zentrums jetzt dahin zu gehen, das, cs sich für das Verbleiben der gegenwär tigen Regierung eiusctzt, damit diese dann die Große Koali- tivn mit de» Sozialdemokraten vorbereiten kann, lieber die Stellung, die die Denischnationalcn cinzunehmen haben, urteilt die „Germania": „Nach der Meinung der Zentrnms- partci kann die Dcntschnationale Volkspartei in den nächsten Jahren außerhalb der RcgicrungSkoalition Deutschland mehr nützen, als innerhalb derselben." Es scheint also, daß daS Zentrum der stärkste Gegner einer vernünftigen, Staatsnotwendigkciieu in Erwägung ziehenden Lösung sei» wird. Man kann diese Haltung des Zentrums, die unser Volk sehr leicht in eine» Wahlkampf stürzen kann, nur bedauern Ucbcr dem parteitakiischcn Starrsinn vergißt man beim Zen trum, daß die Deutschnalionalcn aus einem Wahlkampf mög licherweise noch stärker bervorgehen, als sic schon sind Eine vernünftige Kritik der Außenpolitik, die Justizbarbarei vvn Landau, die sozialistische Hetze gegen die Reichswehr und ähnliche Vorfälle der letzten Zeit liefern gute Wahlparolen Wenn auch noch keinen Blick in den Gang der Dinge, so er geben die lautgewordenen Pressestimmcn doch jetzt schon den Eindruck, daß die Verhandlungen über die Regierungsbildung, die im Januar des neuen Jahres ossizicll beginnen sollen, einen harten und erbitterten Kampl um die Beteiligung der stärksten bürgerlichen Partei, der Dcutschuationalen Volks- partci, darstellen werden. Der Landauer Konflikt abgeschlossen! Die Pariser Auffassung. Paris 28. Dez. Die Pariser Blätter erkläre«, daß die diplomatischen Verhandlungen über daS Lan dauer KriegsgcrichtSnrteil fetzt als abgeschlossen zu be trachten seien Auch die deutsche Regierung beabsichtige nicht, den Fall Noucicr zu weiteren politischen Foidernngen z« benutzen. Der deutsche Botschafter hätte keine neuen Wei sungen erhalten Im übrigen bringen die Pariser Blätter eine amtliche Mitteilung, das, weder eine Ver setzung des Leutnants Noncier noch eine Zu rückziehung der Bcsatznng von Germersheim ins Auge gefaßt sei. Die deutsche Auffassung des Falles kann sich selbstver ständlich mit diesem Pariser Standpunkt nicht einverstanden erklären. Für uns bleibt die Laudaucr Krise in einem wesent lichen Punkte ungelöst solange Noucicr frei auSgeht oder nicht zum mindesten aus andc''cin Wege unS eine ausgiebige Genugtuung gewährt wird. Eine -eulsche Antwort. Berlin, 28. Dez. Der Grosgiidustriellc Fritz Thyssen gib! der Oessentiichb ii Kenntnis von »acl stehendem Briefe, den er an den Vorsitzende» des deutsch - französischen Ver- ständigungSlointtceö Maurisch gerichtet hat: Sehr geehrter Herr Mayrischl Nach dem unerhörten Urteil von Landn» ist cS mir »»möglich, dem deutsch-fran zösischen Komitee weiter an,»gehören. Ich erkläre hiermit meinen Austritt aus demselben. Man schein« in Frank reich zu glauben, dem um die Bedingungen deS Waffenstill standes betrogenen und mit Hilfe von 24 andere« Nationen entwasfnctcn Dcntschland. während man selbst bis an die Zähne bewaffnet ist, alles bieten zn können. Im Interesse des Friedens Europas wünsche ich. daß dieser französische Glaube baldmöglichst zerstört wird. Mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung Fritz D-ysse». Der Mainzer »Z«ttchensall" im Pariser Kabinett. Betrunkene französische Soldaten luchten Händel. Paris. 28. Dez- Der heutige Mintsterrat beschäftigte sich mit dem Mainzer „Zwischenfall". Der Gcneralstab der Rbein- nrmec hat in einem angcfordcrten Bericht eine genaue Schilderung der Vorgänge gegeben, aus der einwandfrei her- vorgcht. daß die beiden französischen Soldaten brtrnnkcn ge wesen sind und mit den Deutschen Händel gesucht baden. Nach Schluß der Sitzung unterrichtete Jnnenmintstcr Sarrant in diesem Sinne die Pressevertreter. Kerausfegung des MUttSrdlensrallers auf 21 Jahre in Frankreich Paris, 28. Dez. Im heutigen Ministerrat ließ Kriegs- minister Patnlevs eine Vorlage unterzeichnen, die das Dtcnstalter aus 2t Jahre sestsetzt. Im Mai 1927 sollen nur die junge» Leute rtnberufen werben, die cor dem 1. Mai 1907 geboren sind. Brians berichtete über dte Lage in China. China-Manisest und Versailles. Die »Helligkeit der Verträge". DaS britische China-Manifest ist in seiner Art eyoche- machend, nicht bloß, weil das stolze Nlbion damit die Bahn der alten hochfahrendcn Herrenpolitik gegenüber dem „himm lischen Reiche" ohne Vorbehalt verläßt und sich dem Willen zur nationalen Selbstbehauptung des chinesischen Volkes beugt, sondern auch deshalb, weil darin eine Auffassung Uber die von Vcrbandsseite gegenüber Deutschland immer tenden ziös betonte .-Heiligkeit der Verträge" zum Ausdruck kommt, deren Befolgung bei der Regelung der europäischen Verhält- nlss« alle der kontinentalen Befriedung entgegenstchewden Schwierigkeiten ans dem Wege räumen würde. Tie bisherige von den in China Interessierten Mächten unter englischer Führung geübte Methode bestand darin. Laß man dem un. geheurcn Reiche durch militärischen und diplomatischen Druck auf die Pekinger Zcntralrcgicrung Verträge aufzivang, di« ganz einseitig das fremde Handelsintcresse wahrnahmen und jede Rücksicht aus die nationale und staatliche Eigenart der Chinesen außer acht ließen. Englanh ging dabei von jeher voran. Zum ersten Male wurde 1793 von der Londoner Negierung in das bis dahin streng von der übrigen Welt abgeschlossene China ein außerordentlicher Botschafter ent sandt, den der Pekinger Hof aber nur unter der Bedingung zuließ, baß er sich allen landesüblichen Zeremonien, zu denen auch das Niedcrknicn vor dem Throne gehörte, unterwerfen würde. Der Kniefall war für den britischen Stolz trotz allen handelspolitischen Erwägungen doch eine zu bitter« Pille, und so verlegte sich der Botschafter denn aufs Bitten, wo durch es ihm auch gelang, den Empfang stehenden FußeS dnrchzusctzcn. Dafür wurde ihm aber in einem Erlaß, der von der ganzen damals noch In China herrschenden Frcmden- vcrachtnug strotzte, der weitere Aufenthalt untersagt, so daß er unverrichteter Sache heimkchren mußte. Allmählich kam dann der Handel init China mehr und mehr in tzfang, und vor allem wurde von England ans die Opium-Einfuhr be trieben, -ic in den 20er Jahre» des vorigen Jahrhunderts, als die Pekinger Negierung gegen dieses volkszerstörcude Gift ein Verbot erlassen hatte, zum Opiumkriege führte. DaS ist eines der dunkelsten Kapitel in der englischen Kultur, gcschichte. In weiterer Folge entwickelte sich zwischen China und den dort konkurrierenden Mächten ein Vertragssystem, durch welches das Land der ausländischen Willkür preis- gegeben und unter die Vormundschaft seiner Ausbeuter ge stellt wurde. Daraus entstand die fremdcnfcindlichc Be wegung. die im Voxeraufstand um di« Jahrhundertwende de» Gipfelpunkt erreichte und den gemeinsamen Feldgng der Mächte verursachte. Diese Verträge, die China knebelm, sind c-S nun, gegen deren Fortbestand sich dte jetzige Bewegung richtet. ES sind hauptsächlich zwei Dinge, die den Unwillen der Chinesen er regen: die fremde KonsulargerichtSbarkeit und die Entziehung der Zollhoheit. Die Mächte haben auf Grund der Verträge eine umfangreiche Organisation geschaffen, die sich Scezollver- woltuug nennt. Die Einkünfte dieser Körperschaft, die aus einseitig von den Mächten festgesetzten Tarifen fließen, sollen zur Deckung des chinesischen Schuldcndienstes verwendet werden. Darüber hinaus bildet« aber die Seezollverwaltung zugleich eine Art von politischer Zwingburg, von der aus die fremden Mächte China regierten. Der Weltkrieg mit seiner allgemeinen Aufrüttelung des nationalen Sfewnßlseins der Asiaten lmt auch in China eine tiefgehende Wirkung er zeugt und die jetzige zweite chinesische Revolution entfacht, welche die volle chinesische Souveränität von den Mächten zurückfordert, nachdem die erste Revolution infolge der Unzu friedenheit mit der erfolglosen Polttik der Mandschu-Dynastl« gegenüber dem AnSIande zum Sturze der Monarchie und zur Errichtung der Republik geführt hatte. Zuerst schien es dein europäischen Bevl'achtcr, als wenn die scheinbar sinn- und zusammenhanglosen .Kämpfe der Generale gegeneinander scdcn leitenden Gedanken vermissen ließen und das Reich der Mitte dem ChaoS cntgegcntricbcn. Jetzt aber kann man wohl zusainiiicilsasscnd sagen, daß die ganze Bewegung lang'am in eine Richtung cinichweiikt, die dem höheren Ziele der großen nationalen Besreinna zustrcbi. Das geeinte chinesische Reich Ist da» Ideal, das über den Wirre» schwebt und daS ge- iamtc Handeln letzten Endes ciuhclllich bestimmt. Den ersten deutlichen Schritt zu diesem Ziele bezeichnet das ständige Wachstum der nach ihrem südchincstschcn Ursprung benannten kantoncsischen Bewegung, die so sehr an Boden gewonnen hat, daß die Kantonesk» bereits mehr als die Hälite des Reiche»