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VottMicMcr Anzeiger. Reuuuustsech-MMe ^uhrouug. Verantwortliche Rcdaclion, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Dieses Blatt erscheint wöchentlich dreimal, und zwar Dienstags, D o n n e r st a g S. iu-d Sonnabends. Jährlicher A b o n n e m e n iS p r e i S, auch bei Beziebunz durch die Post, I Thlr. 10 Ngr. — Annoncen, die dis Mittags 12 Ubr cingeden, werden in die Ta?F darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnabme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene CorpuS-Zeile berechnet. Sonnabend. O» 23. Januar 1858. Z e i t u n g e m Oesterreich. Wieu, 19. Jan. Die Leichenfeier für den ver ewigten F.-M. Grafen Radetzky fand gestern unter einem unermeß lichen Menschenzudrange statt. Vorgestern traf die irdische Hülle des Verewigten mit dem nulitairischen Gefolge der zweiten Armee auS Italien im Südbahnhofe ein und wurde von dem hiesigen k. k. Platzcommnndauteu und seinen Offizieren empfangen. Eine Compagnie des ungarischen In fanterieregiments Erzherzog Stephan machte die Honneurs. Im Arsenale wurde der 663 Pfund schwere Sarg in der im Nittersaale des Waffen museums errichteten Trauerkapelle ausgestellt. Waffenbrüder und Verehrer des Verewigten fanden sich dort zum letzten Ehrenbesnche zahlreich ein. Gestern rückte die Garnison von Wien und der Umgegend in voller Pa rade aus und nahm Stellung in zwei Treffen auf dem Glacis vor der Mondscheinbrücke. Eine aus zwei Regimentern bestehende Eavalleriebrigade war zur Abholung der Leiche commandirt. Letztere wurde auf einen prachtvollen kaiserlichen Trauerwagen gebracht und 24 Kanonenschüsse gaben daS Signal, daß sich der Zug vom Arsenale in Bewegung gesetzt 'habe; 24 andere Kanonenschüsse gaben dann das weitere Signal, daß der Lei chenwagen die Mondschcinbrücke passire. Sc. Mai. der Kaiser übernahm hier das Commando der ausgerückten Truppen und ließ das Gewehr präseutiren und die Musikkapellen spielten den historisch gewordenen Ra^ detzkymarsch von Johann Strauß. Hierauf setzte sich der Zug in Bewe gung; Se. Maj. der Kaiser ritt, von einem glänzenden Generalquartier- meisterstabe begleitet, an der Spitze der Colonne vor und führte.den Conduct durch das alte Kärnthnerthor zum riesigen St. StephanSdome. Unter ihm befehligten der Feldmarschall Graf Eugen von Wratislaw das erste und der Feldzeugmeister Gras Wimpffen daS zweite Treffen. Der prachtvolle Trauerwagen, den das Centrum deS ZugeS in die Mitte nahm, gezogen von ffÄs schwarzgeschirrtcn Rappen, war im Innern mit schwarzem Sammt geschmückt. Desgleichen die Traucrpserde. Der Sarg war mit den Famtlien-Wappen und Ordenszeichen des Verstorbenen, mit den Emblemen des Kriegers, endlich mit dem österreichischen und ru,siichcn Marschallstabe und dem russischen Ehrensäbel geziert. Dem Trauerwagen zur Seite gingen 48 Ober- und Unteroffiziere der österreichischen und russischen Radetzky-Husaren-Regimenter, thetlweise mit Fackeln. Sobald der Conduct aus dem StephanSplatz angekommen war, wurde dw Leiche von 24 Wachtmeistern in die Kirche gebracht. Das Innere deS St. Stephansdoms war mit schwarzem Tuch bedangen, über den reich beleuch teten Altären schwebte das Lodtenkreuz. In der Mitte der Kirche war ein schwarz behängtes Castrum ToloriS errichtet, an dessen vier Seilen sich aus Waffen und Fahnen gebildete Säulen erhoben. Schwarze mit den Wappen des Verstorbenen gezierte Stühle standen bereit, um den Hof und die Ehrengäste aufzunehmen. Alle übrigen Räume des DomeS waren mit den Clvilautoritätcn, den Gemeindcvorständen, dann Thcilnehmern aus allen Ständen dicht besetzt, als der Sarg unter dem Geläute aller Glocken und ergreifinder Kirchenmusik in die Kirche getragen wurde. Die gcsammte Geistlichkeit deS Domcap,tclö schritt ibm voran und.eS ^folgte die Einsegnung in feierlichster Weise. Nachdem die kirchliche Function beendet war, wurde der Sarg wieder auf den Trauerwagen gehoben, um zum Nordbahnhofe geführt zu werden. Um 12^ Uhr setzte sich der Conduct wieder in Bewegung. Se. Maj. der Kaiser in Generalsuniform, die schwarze Schärpe um die Brust geschlagen, an der Seite der Gcucral- adjutant Graf Grünne und eine große Anzahl Generaladjutanten im Ge folge, war bereits vorausgeritten und hatte daS Commando der Truppen wieder übernommen. Dem Trauerwagen selbst folgten der Sohn deS Verstorbenen Generalmajor Graf Theodor von Radetzky, die fremden Eh rengäste, unter denen fast alle europäische Armeen vertreten waren, die Geueratltät und die Ordensritter; im Ganzen bei 300 militärische Wür denträger, den verschiedensten Waffengattungen angehörend, vermischt mit den Vertretern fremdländischer Armeen, die da kamen, dem großen Sieger von Novara das Ehrcngeleitc zu geben. Den Moment, als der Trauer wagen daS Stadtthor verließ und zur Ferdinandsbrücke fuhr, bezeichneten abermals 24 Kanonenschüsse. Ihre Majestäten die Kaiserinnen Elisabeth und Karoline Augusta, die Frauen Erzherzoginnen Sophie und Elisabeth befanden sich in den Appartements deS erzbischöflichen Palais, als der Leichenzug dort passirte. Am AuSgange der Iägerzeile angelangt, nahmen die Truppen theilö vor dem Nordbahnhofe, theilS auf den Wiesen und in den Alleen im Prater Aufstellung und gaben, während der Sarg wieder durch Unteroffiziere deö Radetzky-Hnsarcnregiments zu dem Trauerwa gen in dem Nordbahnhof getragen wurde, die reglementsmäßigen Geschütz- und Gewehrsalven. Vom Nordbahnhofe geht der Trauerzug, gefolgt von der mit dem Leichnam aus Italien eingelangten Begleitung, nach Stocke rau und dann nach Wetzdorf, wo heute die Bestattung auf dem bereits in das Eigenthum Sr. Majestät des Kaisers übcrgegangenen Heldenberge ^erffolgt. n , Aunfinachricht. Unser LandSmann, Herr Musikdirector Hilf aus Elster, beabsichtigt am nächsten Mittwoch in Gesellschaft ff in er 3 Brüder eine Ouartetl- Unlerhaltung zu veranstalten und zwar im Saale der Erholung. Es ist dies ein in mehrer Beziehung so seltener und ungewöhnlicher Genuß in unserer Stadl, daß wir Vielen einen Dienst zu erzeigen glauben, wenn wir im Voraus ihre Aufmerksamkeit darauf lenken. Ein schön und rein gespieltes Streichquartett gehört schon an und für sich zu den feinsten Genüssen, welche die Musik gewährt; wenn aber noch dazu vier Brüder, bei Lenen vorausgesetzt werden kann, daß sic ganz aus einem Gusse spielen und daß sie von einem Geiste beffclt sind, ein solches Quartett vortragen, so muß dicß die Wirkung desselben auf den Zuhörer in hohem Grade steigern. Bei Brüdern zumal, dlc durch immerwährendes Zu sammenspiel von früher- Kindheit an sich so in einander hineingelebl haben, wie eS eben bei Künstlern, die daS spätere Leben erst zusammeu- geführt, selten oder nie geschehen wird. In den letzten Jahrzehnten hatten wir in Deutschland unscrö Wlffenö nach nur einmal ein solches vier- blättrigeS Künstlerklceblatt in den berühmten Gebrüdern Müller in Braunschweig beisammen, und dieses wurde zerstört, sowie Einer dieser Brüder starb; denn später ist dessen Stelle im Quartett nie wieder voll kommen zu besetzen gewesen. Wird man an jene berühmten Künstler nicht uuwüikürltch durch unsere vier Gebrüder Hilf erinnert? Und darf man daran nicht die Hoffnung knüpfen, daß auch unsere Landsleute einst cmen eben so hohen Ruf auf diesem Felde sich erwerben werden? — Mögen diese wenigen Worte dazu dienen, die Aufmerksamkeit aller KunstsreuuLc auf jene Abendunterhaltung zu lenken, damit die Herren Gebrüder Hilf durch einen recht zahlreichen Besuch erfreut werden'. Kirchliche Nachrichten. Am 3. Sonntage nach Epiphan. predigt in der Stadtkirche Vormitt. Hcrr Archidiacon. JI. Fiedler und Nachmitt. Hcrr Sladtviacon. Martin. Wegen rer folgenden Fastenzeit dürfen nur bis morgen über 8 Tage noch Aufgebote.angenommen werden.