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NeunnMechszilMr Jahrgang. Verantwortliche Redtictiou, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Vl»tt erschclut wöchentlich dreimal, unl zwar DlcnslLA-, Donnerstags und Sonnabend-, Jährlicher Abonnrment-prri-. auch bei Veziehung du»ch di» Post. 1 Lhlr. 10 Ngr. — Annoncen, die bis Mittags 12 Ubr eingehen, wcrden in die LagS darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene CorpuS-Zeile berechnet. Donnerstag. A, 14. Januar 1838. Folgen der Geschäfts- und Handelskrisis. Die Kuse, welche wir erlebt haben, bildete die zufammgeballtcn wirth- schastlichen Nachwirkungen aller der Ereignisse, welche in den letzten zehn Zähren störend in die gesellschaftlichen Verhältnisse eingriffen. Eine schwere Epoche, voll von politischen und wirthschaftlichen Kämpfen, liegt hinter uns, und die HandelSkrisiS bildet gewissermaßen den Abschluß der selben. Die ewige und unerschöpfliche Kraft der menschlichen Gesellschaft erliegt nicht solchen verlustreichen Verwickelungen, sie überwindet dieselben und findet in dem siegreichen Ueberwindcn den Stützpunkt zu neuem Auf schwünge. ES war eine Krisis der Preise, welche wir erlebten, cS war eine Reaction der gesunden Kraft der Gesellschaft gegen den krankhaf ten Zustand geschraubter Preise, eine Reaction, welche zur Gesundung deS gesellschaftlichen Organismus führen muß. Zahlreiche Verluste werden von zahlreichen Einzelnen getragen; eingebildete Reichthümcr Einzelner erweisen sich als Schaum und Schein: das gesammte Volkscapital, die Grundlage deS gesammten Volkswohlstandes und des wirthschaftlichen Fort schrittes hat keine Einbuße erlitten. Sind auch Eisenbahnen, Fabriken, Maschinen, Waarenvorräthe im Augenblicke minder werthvoll, so haben fie doch die «»geschwächte Kraft der Brauchbarkeit zur Production deS VolkSreichthumS und zur Befriedigung der Volksbedürfuiffe behalten. Stockt auch der Absatz für den Augenblick, so wird er sich erholen und die reichlichen Vorräthe zu wohlfeilerem Preise der Consumtion zusühren. Zst auch der internationale Verkehr suspendirt, so bat doch bei allen durch den Handel verbundenen Nationen eine gleiche Revolution der Preise stattgefunden, und das Gebiet für eine neue Entwickelung dieses Verkehrs ist für alle in gleichem Maße conservirt. Stockt das Vertrauen, so wird eS um so ungeschmälerter für diejenigen wiederkehren, welche sich in der Krisis behauptet und dadurch eine besondere Vertrauenswürdigkeit bewahrt haben. Das Ziel und die Wirkung der Krise bildet eine größere Wohlfeil heit, und wenn unS die Preisstanstik lehrt, daß die fertigen Fabrikate in den letzten Zähren verhältnißmäßig im Preise gesunken, die Rohstoffe und Fabnfatlonsmütel dagegen in unnatürlichem Grade gesti'geu sind, so wird die Verringerung des Geldpreises definitiv die letzteren lin höheren Grade treffen: die ProductionsmittU werden wohlfeiler, d. h. für das Talent und den Unternehmungsgeist zugänglicher wcrden. Und ist das nicht für ein Glück zu erachten, bietet daö nicht die Garantie einer reichlicheren Production, einer reichlicheren Beschäftigung der Arbeiter für die Zukunft und einer wirthschaftlrch mehr fundlrten Wohlfeilheit der Fabrikate? Vor allem vergessen wir nicht, daß der allgemeine Rückgang der Preise ganz besonders die uolhwendlgsün Lebensbedürfnlsse, die Nahrungsmittel betroffen hat. Wenn auch der Geldlohu des Arbeiters sich drücken wird, so wird er für den geringeren Lohn mehr zur Befriedigung seiner Bedürf nisse kaufen kennen. „Wohlfeile Lebensmittel!" — diese Devise deS kommenden Zabrcs ist allein im Staude, die trüben Erlebnisse der letzten Zeit bald vergessen, die trüben Nachwirkungen bald erlöschen zu lassen. Die Revolution der Preise hat ungeheure Verluste, gehäuften Banke rott bei denen erzeugt, welche den Betrieb des Handels und der Fabrika tion führen. Wir haben viel Unglück für Personen und Familien za beklagen. Aber wenden wir den Blick von den Einzelnen auf die Wlrlh- fchaft deS ganzen Volkes, die doch die Trägerin deS allgemeinen Wohlbe findens bildet, so erscheinen uns diese Ereignisse in einem ganz andern Lichte. Gär die gesammte VolkSwirthschast sind die Eigen thumer deS Kapitals, die Unternehmer der Fabrik- und Handelsgeschäfte, gewissermaßen nur die Verwalter des Volkskapitals, welches nicht in dem baaren Gelde allein, son dern in den angebauten Grundstücken, in den Eisenbahnen, Fabriken, Waaren- lagcrn, kurz in allen den Dingen besteht, die zur Erzeugung neuer Befrie- digungSmittel verbraucht werden müssen. Von diesem Gesichtspunkte auS ist das Privatunglück deS BankerottS die Entsetzung von der Stellung eines Verwalters deS Volkskapitals wegen erwiesener Unfähigkeit. DaS Volkskapital bleibt, cS geht nur in die Hände anderer geschickterer und soliderer Verwalter über. Der Bankerott ist die Strafe für die Mißver- waltung, welche theilS durch künstliche Einwirkungen auf die Preise eine unwirthschaftliche und deshalb gemeinschädliche Vcrcheilung und Ver wendung des BolkökapitalS herbeiführen, theilS durch schwindelhafte» Eredil eine größere Masse des Volkskapitals in ihre Hände bringen wollte, als sie wirthschaftlich und für das Gemeinwohl vortheilhaft zu verwenden vermochte. Die Strafe enthält zugleich die Remedur, indem sie daS Ka pital in andere und zwar in solche Hände bringt, welche sich durch daS glückliche Uebelftehen der Krise als geschicktere und productivere Verwalter deS Volkskapitals bewährt haben. Durch die unmittelbaren Wirkungen der Krise, welche nur in einer gesunden Reaction gegen krankhafte Mißbildungen besteht und das allge meine Interesse deS Volkswohlstandes gegen das seinen wahren Vortheil verkennende Sonderintereffe gewisser Verwalter deö gemeinen wirthschaft- lichen WcseuS in sein Recht einsetzt, wird also ein fester Boden zu ei nem neuen soliden Aufschwünge des Volkswohlstandes und zu einer pro duktiveren Verwendung der vorhandenen Kapital-Gegenstände gewonnen, Handel und Gewerbe werden von zahlreichen Auswüchsen gereinigt, die wuchernden Schmarotzerpflanzen beseitigt, damit die legitime, allgemeine Nahrung verheißende Saat um so kräftiger ergrüne und erblühe. Sind diese Aussichten, welche sich unmittelbar nach der Erledigung der Krise zu verwirklichen beginnen, nicht geeignet, durch den Hinblick auf eine hoffnungsreiche Zukunft über die Mißstände der Gegenwart, und selbst über die oftmals unverfchuldeten Leiden einigen Trost zu gewähren? Blicken wir von den allgemeinen wirthschaftlichen auf die besonderen gesellschaftlichen Verhältnisse, so werden auch hier die Wirkungen der Krise zur Eonsvlidirung uub Besserung viel beitragen. So glänzend die Außen seite der materiellen Entwickelung vor dem Einbruch der Krise auch war, lo halte sie doch viel für Geist und Gemülh Unbefriedigendes an sich. Die Jagd nach arbeitslosem Gewinn hatte zahlreiche Klassen zu ihrer Heer schaar herangezogen, und neben der raschen und unverdienten ReichthumS- Entwickelung Einzelner machte sich ein gespreizter Luruö, eine hohle Selbst überschätzung gelund. Die idealen Interessen der Kunst und Wissenschaft waren zuruckgedrangt und ein flachköpfiges Mäcenat drohte die geistigen Kräfte zu entwürdigen und zu mißleiten. Die Arbeit, geistige wie kör perliche, halte in der allgemeinen Wcnhschätzuug verloren, und die Lockun gen deS Börsenspiels, die Hast deS Trachtens nach mühelosem Gewinn ließen manche tüchtige geistige Kraft sich in den Aufregungen unprodukti ver Lethätlgung ausreibcn. Durch das Vordrängen von Elementen, de nen wir zwar ihre Berechtigung gewiß nicht absprechen, welche aber den Geist des bürgerlichen Lebens nicht beherrschen sollen, hatte sich eine un harmonische und unerquickliche Gestaltung deS gesellschaftlichen Zusammcn- U benö vollzogen. Die Krisis ist ein strenges Gericht über diese krankhafte Sucht nach mühelosem Gewinn, sie ist bestimmt, die Mißbildungen abzu- schneiden, die Mißdeiträge abzudämmcu uud dem öffentlichen Geiste eure