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«IS. streit«^ 17. J«n>«r IS1IL »««ah«« »on n»»»!! HegvünSsL L8S« Druck u«d Verlag von Liepsch L Reichardt in Dresden. Lelegramm-Adress«: Nnchrichte« Dresden« Fernsprecher: 11 » rvvS « 8S01. 88 K0HH0N Osesv k'lscksv Sl»»Isn«r«»U er -»A»k. elnipaM« ^»rund «ca. s <SW»n> ro ' S»MN»».NachrtiI Di» irundzev» Pf, Ml au, Hre»de» r» Pf.; di« zwethialU-« Zell» auf TertseUe 7ÜPf^ die rweilpaltige Reklame- zeiie t.Lü M. — I« Nummern nach San»- und Feiertage» di« «infpaliige «rundzeil» 8ii Pf.. S-mINen. Nachrichten au» Dre». den dl« Grundzeit» »0 Pf. - «u.wdrti^ Auftrag- nur g-ge» varau-bemhiuna. — Jede, Beltgbiaii I»M w Pf. Hnutztgeschäftsftelle:. Martenstratze 88/40. ttsrnsnalysen chemisch unci milcroskoplsck Lsdorstortma äsr Lölllzl. LolspMsIcv, kaäebefZer?il8ner aus cker kraäsdsrxsi' LxporldlsrdrLiisrsl. L. 1^. Ricliler LronleuctUerksbritcs.w.d.s, Vr68(lell, LmLli6ll8tr. 17 Leleuetilunxstcörper in jsclsv Qiokt- un<Z Ltilsnt.. l-lmnni «ZM ^ckolt dISIsr Aürr erLrgs Leser:. Mutmaßliche Witterung: Wolkig, leichter Tempera- turanftteg. zeitweise Schnee. AlS Nachfolger deS Staatssekretärs v. Jagow ist für Se» Botschafterposten in Rom der Gesandte in Darmftadt. Freiherr v. Ient sch. in Aussicht genommen. Die Glückwunschadresse des Rates und -er Stadt verordneten zu Dresden zum Jahreswechsel beant wortete -er König mit einem längeren Dank schreiben. das in der gestrigen Stadtveror-netensitzung zur Verlesung gelangte. Im König l. Schauspielhause fand -ic groß zügige Neueinstudierung von Kleists Drama «Die Hermannschlacht" lebhaft» Zustimmung. Die für ein Militärluftfahrzeug „Obererz geb i r g e" gesammelte Spende in Höhe von 31Ü1-F0 Mark wurde dem sächsischen Kriegsmtnister durch eine Ab ordnung übergeben. Im Reichstag hielt Staatssekretär Dr. Delbrück wieder eine längere Rede, die sich u. a. mit wichtigen Mittelstandsfragen befaßte. Der Verband öffentlicher Lebensversiche- rungsan st alten in Deutschland schloß ein Kartell mit denjenigen Privatgesellschaften ab, die sich bereits erfolgreich mit der Bolksversicherup a^vefaßt haben Die Verhandlungen über die Tarife rneuerung im deutschen Holzgewerbe sind gescheitert. Das Reichsgericht verurteilte im Spionage- prozrtz Borg den Angeklagten zn vierJahren Ge fängnis. Nach Berichten aus Rumänien rechnet man dort in militärischen Kreisen mit einer Aktion im bevor stehenden Frühjahr. Als Kandidaten für sie französische Präsidentschaftsw ahl erhielten im dritten Wahl gang Pa ms 823 und Poincarö 300 Stimmen. Admiral Lord Beresford bezeichnet« den eng lischen Marineminister Churchill öffentlich als eine „Gefahr für das britische Reich". Die Einwanderungsbehörde in Newyork hat die Ausschließung des früheren Präsidenten Castro verfügt. Me Sozialpolitik im Reichstag. Alljährlich pflegt bei der Beratung des Etats des Reichsamts des Innern die Sozialpolitik zum Gegenstand einer allgemeinen Diskussion gemacht zu werden. Man hat sich allgemach an die Tatsache gewöhnt, daß die Par teien die Beratung dieses Ressorts benutzen, um das Füll horn ihrer sozialpolitischen Wünsche auszuschütten und der Staatssekretär hat meist genug und übergenug zu tun. um all die Quälgeister zu befriedigen und zu beruhigen. Es läuft bei dieser sozialpolitischen Debatte eine gute Portion Ileberetfer und ein beträchtliches Maß Demagogie mit unter. Es ist nicht immer der Wille und das Bestreben, die bedrängte Lage notleidender Stände zu bessern, wirk lich vorhandene Mißstände zur Kenntnis der Oeffentlich- kett zu bringen und eine gesetzgeberische Aktion zur Ab hilfe dieser Mißstände einzuleiten, sondern vielfach nur der Wunsch, den Massen zu schmeicheln und durch Er hebung möglichst weitgehender und meist kaum erfüllbarer Forderungen sich ihnen empfehlend in Erinnerung zu dringen. Die Popularttätshascherei und die Sensations mache ertöten nicht selten die Sachlichkeit der Debatten. Alle die kleinen Gernegroße der Parteien, vornehmlich der radikalen Parteien, aber zum Teil auch des Zentrums wünschen bei dieser Gelegenheit die allgemeine Aufmerk samkeit auf sich zu lenken, um bei dem Rechenschaftsbericht, den sie den Wählern von Zeit zu Zeit zu erstatten haben, und später bet den Wahlen eine „positive" Tat aufweisen zu können. ES ist zu viel Ungesundes in die sozialpoli tische Bewegung hinetngekommen, Manie und Gespreizt- heit machen sich in bedauerlichem Maße geltend. Das sind die Früchte der allgemeinen Massenumschmeichelung. die den deutschen Bolkskürper zu zermürben droht, die unheil vollen Folgen einer Zettströmung, die kein höheres Ideal kennt, als fortgesetzt vor der ^.Majestät" deS Volkes sich zu verbeugen. Es liegt in der Linie dieser allgemeinen Richtung, daß die Bolksboten sich fast nur noch mit der Lage der han-arbeitenden unteren Stände, der Arbeiterschqst. be schäftigen, während sie für die Wünsche und Bedürfnisse anderer der sozialen Fürsorge mindestens in dem gleichen Maße bedürftiger Stände nicht das gleiche Entgegen kommen beweisen. Das laute Geschrei und die wahn witzigen. unerhört übertriebenen Forderungen der Sozial demokratie haben vor allem den gesunden sozialen Sinn vieler Sozialpolitiker umnebelt und ihnen das Augenmaß für das Erfüllbare und Erstrebenswerte durchaus geraubt. Es ist nicht zu viel gesagt, wenn Staatssekretär Delbrück als das Haupthindernis für eine gesunde Fortführung unserer Sozialpolitik gerade die Sozialdemokratie bezeichnete. Es unterliegt keinem Zweifel, daß der soziale Sinn beein trächtigt werden muß, wenn jede sozialpolitische Aktion der Regierung von der Sozialdemokratie in Grund und Boden verurteilt oder als jämmerliche Abschlagszahlung bezeichnet wird. Die Reichsregierung wird eben daraus verzichten müssen, die Anerkennung der Partei zu finden, deren Angehörigen alle sozialen Gesetze bisher in der Hauptsache zugute gekommen sind. Es ist in der Tat an ddr Zeit, in dieser Beziehung einen Stillstand ein- treten zu lassen. Gewiß wird in Zukunst noch manches zu bessern sein, und keine nationale Partei, einschließlich der konservativen, wird sich der Mitarbeit entziehen, wenn es gilt, wirkliche Mißstände in einem gewerblichen oder industriellen Betriebt; zu beseitigen. Aber die einseitige Berücksichtigung des ArbeiterstandeS muß aufhören. Handel, Industrie und Gewerbe, deren Belastung mit sozialen Ab gaben ins Ungemessene gestiegen ist, müssen endlich einmal Zeit finden, sich in die neuen Zustände in Nuhe iMzulebrn und. die Steigerung der Produktionskosten durch Ver mehrung neuer Absatzmärkte im In- und Auslände aus zugleichen. Staatssekretär Delbrück konnte mit Recht dar auf Hinweisen, daß unser angeblich rückständiges Deutsch land in der Arbeiterfürsorge weiter vorgeschritten ist als das republikanische Nordamerika, und daß die Forderun gen, die die neugegründete Fortschrittspartei in Amerika in ihrem Programm soeben zur allgemeinen Kenntnis bringt, bei uns längst erfüllt oder doch bereits in Angriff genommen sind. Er hätte noch weiter daran erinnern können, daß die großen sozialpolitischen Vorlagen der Vergangenheit, vor allem die Ve»sicherungsgesetze, gegen den Widerstand der Fortschrittlichen Bolkspartei und der Sozialdemokratie durchgevracht worden sind, also der Par teien. die sich jetzt mit Vorliebe als die wahren Träger sozialer Gesinnung aufspielen und den Ovdnungsparteien antisoziale Gesinnung vorwerfen. Wir haben andere Stände, die die soziale Fürsorge in gleichem Maße, wenn nicht noch notwendiger gebrauchen können, als der Arbeiterstand. Die Notlage eines großen Teiles des Mittelstandes verlangt dringend Abhilfe in unseren teuren Zeiten. Hier bietet sich denen, die wirk lich die Sozialpolitik nicht vom einseitigen Klafsenstand punkt, sondern unter dem Gesichtswinkel ausgleichender Gerechtigkeit betrachten, ein weites Feld der Betätigung. Der Schutz der persönlichen Freiheit im Wirt schaftsleben fällt beispielsweise in dieses Kapitel. Die Regelung des Schutzes der Arbeitswilligen in jeglicher Gestalt müßte eine der wichtigsten Aufgaben der Gegenwart sein. Nicht nur von konservativen und nationalliberalen Vertretungskörpcrn, auch von Regierun gen der Etnzelstaaten ist die Äeichsregierung wiederholt aus die Notwendigkeit der Regelung dieser Materie hin gewiesen worden. Die sächsische Negierung im be sonderen hat sich durch fortgesetzte Anträge im Bundesrat in dieser Richtung ein Verdienst erworben. Die Reichs rrgiernng hat sich bisher gegenüber diesen Wünschen', die von einer bedeutenden Zahl von Handels- und Hand Werkskammern unterstützt wurden, ablehnend verhalten, und hat auch neuerdings durch den Mund des Staatssekre tärs Delbrück betonen lassen, daß sie ihren Standpunkt nicht geändert habe. Nach wie vor ist man der Ueberzeugung. daß die Regelung dieser Materie für daS neue Strafgesetzbuch ausgcspart werden könne, um nicht eine einzelne Materie vorwegnehmen zu müssen. Dabet ist sich die Reichsregterung aber selbst nicht im un klaren darüber, daß das neue Strafgesetzbuch kaum vor dem Jahre 1S20 in Kraft treten kann, daß also eine Be seitigung der dringendsten Mißstände sobald nicht zu er warten ist. Zu diesen zählt vor allen das Streikposten- stehen. Auch hier steht der Staatssekretär auf dem Standpunkt, daß die bestehenden Bestimmungen vorläufig ausretchen. daß die Anwendung des 8 138 des Strafgesetz buches genüge, um die gröbsten Ausschreitungen zu ahn den. Wir wenig aber diese Bestimmung in der Praxis genügt, beweist die eigene Angabe des Staatssekretärs, daß in der Zeit des Streiks im Ruhrrevier täglich ganze Stöße von Telegrammen bei ihm cingegangen seien, die um Schutz gegen die Ausschreitungen der Streikenden baten,- Delbrück gibt damit indirekt selbst die Notwendigkeit der Schaffung eines Speztalgesetzes zu. Unter diesen, Umständen mutz man sich wundern, daß üse Reichsregterung' glaubt, mit ihrem bisherigen Standpunkt auskommen zu können. Das eine aber wird man als Minimum fordern müssen, daß die bestehenden Bestimmungen so streng wie irgend möglich angewendet werden. Eine entsprechende Anweisung an die Verwaltungs- und Gerichtsbehörden würde Wunder wirken. Daß diese Forderungen durchaus billig sind, liegt auf der Hand. Wenn die liberale Presse schon jetzt Sturm gegen die rechtsstehende Presse läuft, die diese Forderungen erhebt, und. wie das „Berliner Tageblatt" ihr aus ihrer Aktion gegen „das bißchen Streikposten stehen" eine Feindschaft gegen die Stetn-Hardenbergische Gesetz gebung andichtet, so kann das die nationale Presse nur kalt lassen, ihr höchstens ein Beweis für die Richtigkeit ihres Vorgehens sein. Re ungeklärte Lage aus dem Ballon. Solange die nunmehr in ihrem Text fertiggestellte Note der Großmächte der Pforte nicht überreicht ist und diese eine endgültige Antwort nicht erteilt hat. wird die Lage ungeklärt bleiben. Bis zum etwaigen Beginn der Feindseligkeiten können noch eine Anzahl Tage ins Land gehen, zumal für die Kündigung des Waffenstillstandes vier Tage vorgesehen sind. Die in der letzten Morgenaus gabe wiedergegebene Meldung des türkischen Blattes „Sabah", daß die Pforte den Mächten in einer Zirkular not« mitgeteilt habe, daß sie Adrianopel unter keinen Um ständen aufgebe, hat eine anderweitige Bestätigung noch nicht gefunden. Man wird daraus den Schluß ziehen dürfen, daß die Pforte sich in dieser Form wohl noch nicht festgelegt habe. Der Durchbruch eines türkischen Kreuzers steht augenblicklich im Mittelpunkt deS Inter esses. Man legt diesem Vorgang insofern ein besonderes Interesse bet, als er die Entschlossenheit und den Wagemut türkischer Offiziere im erfreulichsten Lichte zeigt. In Griechenland ist der Aerger über den Angriff des türkischen Kreuzers naturgemäß groß und man stellt sich in Athen, als würde man davon gar nicht berührt. Jedenfalls die beste Taktik! Einer Meldung aus Athen ist zu entnehmen: In griechischen Marinekreisen wird der Angriff des türkischen Kreuzers „Medjedie" auf Lyra als einfache Piraterie bezeichnet und der Episode „keine Be deutung" beigemesien. — In der Bevölkerung dagegen herrscht große Aufregung. Man behauptet, daß dichter Nebel die patroullierenden griechischen Torpedojägcr daran hinderte, das türkische Schiff wahrzunehmen. Die Ent fernung von den Dardanellen nach Syra beträgt ungefähr 800 Kilometer. Die Insel Syra gehört zu der großen Inselgruppe, die dem Gebiete von Athen vorgelagert ist. Sie ist zwischen Timos und Kythmos gelegen, noch 100 Kilo meter von Athen entfernt. Das türkische Kriegsschiff hat so drei Viertel der Strecke Dardanellen—Athen zurück- gclegt. Was das „provisorische" Versenken des Hilfs kreuzers betrifft, so ist dies wohl ein euphemistischer Aus druck in der griechischen Meldung. Wahrscheinlich ist das Schiff unter dem Feuer des türkischen Kriegs schiffes gesunken, doch mag die Möglichkeit bestehen, cs bald wieder zu heben. Ueber die nunmehr fertiggestellte Rote der Grobmächte wird noch gemeldet: Nachdem sich Mittwoch die Londoner Votschastervcr- sammlung mit der Abänderung der Kollektivnote der Mächte beschäftigt hat, ist von ihr die Neufassung unter Berücksich tigung der von Deutschland vorgeschlagcnen Bildungsform angenommen worden. Die Note ist nunmehr mit ent sprechenden Instruktionen an die Vertreter der Großmächte Konstantinopels abgegangen, von denen sie nunmehr der Pforte überreicht werden wird. Man nimmt an, baß die Antwort der Türkei in wenigen Tagen erfolgen und in einem Geiste gehalten sein wird, der w e i t e r e B c r h a n d - lungen ermöglicht. Der rumänisch-bulgarische Streit dürfte wohl noch nicht so bald seine Erledigung finden. Ein Scheitern der Verhandlungen ist aber wohl nicht mehr an zunehmen, da sic in versöhnlichem Geiste geführt werden. Nur gelegentlich werden Kriegsklänge laut: Der Wiener Korrespondent des Bukarester Blattes „Aüverul" hatte eine Unterredung mit dem Grafen erchtold, der erklärt hat, Oesterreich-Ungarn werde ge gebenenfalls nicht zögern, Rumänien volle Unter stützung a n ge d e i h c n z u l a s s c n. Der Minister fügte hinzu, er habe nicht ermangelt, sowohl in Sofia wie auch anderSwärts darüber keine Zweifel auskommen zu lassen. Aus London wird dazu noch berichtet: Wie das Reuter- Bureau erfährt, hat Dr. Danew Instruktionen von Sosia erhalten und wird infolgedessen die Verhandlungen mit dem rumänischen Minister Joncscu wieder aufnehmcn. Der kriegerische Geist unter de« bnlgarische« Truppen soll nach Sofioter Versicherungen gut sein. König Ferdinand habe sich anläßlich seiner Anwesenheit beim großen Kriegs- rat in Mustafa Pascha davon überzeugt, daß der Ge sundheitszustand und der kriegerische Geist der Truppe» ''k k,">