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3) nach Schluß dieser Verhandlung da- Erkenntniß sofort gesprochen werden muß, und zwar vor dem Gericht, welches die Beweisaufnahme bewirkt. Demnach ist dem Angeklagten volle Gelegenheit gegeben, sein Reckt nach allen Seiten zu wahren, zumal sowohl Gerichte als die Staatsanwaltschaft nur die Erforschung thatsächlicher Wahrheit sich zum Zielpunkte zu sehen haben, und es darf erwartet werden, daß diese neue Gesetzgebung bald die wohlthätigen Wirkungen hervorbringen werde, welche der Gesetzgeber dabei im Auge gehabt hat." Darauf hielt der König!. Herr Staatsanwalt folgende Anrede an die Versammlung: „Wohl dem, der frei von Schuld und Fehle, Bewahrt die kindlich reine Seele, Ihm dürfen wir nicht rächend nah » ; Er wandelt frei des Leben- Bahn. Doch wehe, wehe, wer verstohlen. Wer kühn und offen Böse- schafft! Wir heften uns an seine Sohlen, Die Polizei, Staatsanwaltschaft. Und glaubt er fliehend zu entspringen. Geflügelt find wir da, die Schlingen Ihn werfpeld um den flücht'gen Fuß, Daß er zu Boden fallen muß. Durch diese Worte, hochzuverehrende Anwesende, werden Sie erinnert an den be kannten Cbor der Eumeniden, d. h. der wohlmeinenden Rächerinnen. Ja fürwahr ein wohlmeinender Rächer soll auch der Staatsanwalt sein; er soll darauf, daß Niemand schuldlos verfolgt werde, achten, dagegen den Verbrecher rück sichtslos erfassen und anklagen, jedoch auch den Schuldigen nicht in schwerere Strafe, als das Gesetz vorschreibt, zu bringen suchen. Zu diesem Behufe hat er, gleich der fleißigen Biene, welche den Stoff zum Zellcnbaue unermüdlich zusammenträgt, die Tbat- sachen zu sammeln, die zur Ueberführunz des Angeklagten dienen, er hat den Aufbau der Voruntersuchung zu unterstützen und zu überwachen. Wenn dann die öffentlichen Schranken sich aufthun, wo er kämpfen muß für Wahrheit und Recht gegen Lüge und Bosheit, so muß er gleichsam wie Geschütze zum Angriff die Beweismittel der Schuld vorführen und stellen. Der offene Kampf beginnt. Er darf nicht wanken und weichen von der Kahne, die seines Königs Huld ihm anvertraut. Siegt er und wird der Gegner verurtheilt, so betreibt er die pünktliche Strafvollstreckung. Entgeht ihm der Sieg und wird der Angeklagte freigesproLen, so wird sich der Staatsanwalt, ohne zu zürnen, vom Kampfplatze zurückziehen mit dem Rufe: ES lebe die Unschuld und da- Gesetz!" Herr Bezirksgerichtsdirector Marggraf ging sodann auf die Verhand lung selbst über, indem er deren Gegenstand näher bezeichnete, und diese hatte nun folgenden Verlauf. Zuvörderst ward auf Anordnung deö Herrn Vorsitzenden der ange schuldigte rc. Richter in den Sitzungssaal cingesührt und nach diesem wurden die Zeugen vom Protokollführer bei ihren Namen aufgerufen. Die Zeugen erhielten die vorschriftsmäßige Anermahnung und wurden darauf in daS Zeugenzimmcr geführt, um daselbst die weitere Aufforderung zum Erscheinen vor Gericht abzuwarten. Hierauf ward nun rc. Richter, welcher am vergangenen Jahrmärkte in der Nacht vom 20. zum 2l. Aug. 1856 zu Plauen auf dem Kloster markte aus einer angeblich verschlossen gewesenen Kiste in der Bude des Handelsmanns Schaarschmidt eine Parthle Westen und mittelst gewaltsamen Erbrechens einer verschlossen gewesenen Kiste in der Bude des ausländischen Handelsmanns Levin daraus 2 Stück Thibet entwendet und ein großes Stück Thibet zu entwenden versucht zu haben, beschuldigt worden ist, über seine Lebensvcrhältnisse, sowie über den Gegenstand der Anklage vernom men. Er leugnete, diese Diebstähle begangen zu haben, gestand aber zu, daß er in der Levin'schen Bude angetroffen worden, hinter der betr. Kiste hcrvorgesprungen und dann entflohen sei. Hierauf wurden die Zeugen einzeln vorgesordert, über die betr. Punkte in Gegenwart rc. Richters verhört und legal vereidet, der vom Vertheidi- ger erhobene Widerspruch gegen die Vereidung deS Zeugen Trommer aber, welchen der Defensor als etwas Neues vorbrachte, ward nicht berück sichtigt. Nachdem nun auf Anordnung deS Herrn Vorsitzenden und resp. auf Antrag deS VertheidigerS und StaatSanwaltS mehrere den objectiven That- bestand und einige BertheidigungSmomente betreffende Protokolle der Vor untersuchung vorgelesen worden waren, schloß der Herr Vorsitzende die Beweisaufnahme und gab dem Herrn StaatSanwalt das Wort. Dieser blieb nach Darstellung sowohl deS Ergebnisses der Verhandlung überhaupt, sowie insbesondere der Beweisaufnahme als auch der Straf barkeit deS Angefchuldigten bei seinem Strafantrage stehen, worauf dec Vertheidiger in längerer Rede die Unschuld deS Angeklagten in Bezug auf die vorliegenden Diebstähle auseinander zu setzen und zu beweisen suchte, und nach einer Replik deS Herrn StaatSanwaltS vom Rechte des Schluß wortes Gebrauch machte. Hierauf ward diese Verhandlung geschlossen und nach Vorlesen deS Protokolls zog sich daS Gericht zur Berathnng und Entscheidung dieses Falles in daS BerathungSzimmer zurück, während der Angeschuldigte wieder abgeführt wurde. DaS Erkenntniß, welches sofort vom Gerichtshöfe gefällt und darauf im SitzungSsaale dem wiedereingeführten Angeschuldigten bekannt gemacht worden ist, ging dahin: „daß Gustav Adolph Richter auf Grund der Ergebnisse der Haupt verhandlung wegen eines, nicht ausgezeichneten, MarkldiebstahlS und bcziehendlich vollendeten Versuchs eines solchen in Berücksichtigung der erschwerenden Umstände mit einer Arbeitshausstrafe von 7 Monaten zu belegen, wegen deS angezeigten Westendiebstahls aber beschränkt klagfrei zu sprechen,, jedoch zur Tragung sämmtlicher Kosten verbun den sei." Nach Schluß der ganzen Verhandlung, bei welcher daS anwesende Publikum ebenso durch die größte Aufmerksamkeit als durch anerkennungö- werkhe Ruhe deutlichen Beweis davon gegeben hat, welches hohe Interesse ihm diese neue Einrichtung einflöße, ergriff der König!. Oberstaatsanwalt Herr vr. Schwarze daS Wort und machte in eindringlicher Rede auf die Wichtigkeit, den Zweck und den auf die Zuhörer ausübenden wohlthätigen Einfluß einer solchen öffentlichen Gerichtsverhandlung aufmerksam, sprach auch darüber seine Freude aus, daß diese Verhandlung gerade einen Be weis davon liefere, daß daS neue Gerichtsverfahren ganz im Sinne des Gesetzes seinem Zwecke hier entsprochen Habe. Mannichfalti ges. Ein schwedischer Pfarrer, Lundbergson, der im vorigen Jahre der Hauptversammlung deS Gustav-Adolf-VereinS in Heidelberg beiwohnte, hat nach seiner Rückkehr nach Schweden einen Gustav-Adolf-Verein in Stock holm begründet und mit den sämmtlichen Geistlichen Stockholms eisen Ausruf an das ganze Schwedenvolk gerichtet, um überall im Lande G.-A.- Vereine zu bilden. Die vor Kurzem verstorbene Frau Finanzcommissär Kasten in Ober- weischliy bei Planen hat dem Gustav-Adolf-Vereine ein Legat von 100 Thlr. vermacht, mit der Bestimmung, daß dasselbe dem Stammvermögen der Stiftung beigefügt und der jährliche Zinsertrag zu den Zwecken deS Vereins verwendet werden möge. Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Nachdem der Verkauf von Brennholz im hiesigen Holzhofe von heute ab wieder begonnen hat und der Preis für 1 Klafter Völliges weiches Scheitholz auf 4 Thlr. 12 Ngr. und - für 1 Klafter KlSppelholz aus 3 Thlr. 6 Ngr. sestgestellt worden ist, so wird die- andurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Plauen, am 14. Oktober 1856. Der Rath. E W Gottschald. Oeffentliche Vorladung. Wegen eine- wider ihn zur Anzeige gekommenen EigenthumSverbrechenS ist der Handarbeiter Karl Friedrich Tunger auS Werda allhicr zu vernehmen Da TunzerS Aufenthaltsort unbekannt ist, so wird derselbe andurch unter der Verwarnung, daß er bei seinem Nichterscheinen steckbrieflich werde verfolgt werden, öffentlich vergeladen, binnen 4 Wochen an hiesiger Königlicher Gerichts.untSstelle zu erscheinen und seiner Vern.hmung gewärtig zu sein. Königliches GerichtS-Aml Falkenstein, den 8. October 1856. Große!.