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Voiglländischtr Anzcigcr. 8lebe»mnstsech8zigsier Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck «nd Verlag von Moritz Wieprecht in Plaue«. Dieses Blatt erscheint wöchentlich dreimal, und zwar Dienstag», Oonnerftag» u: d Sonnabend-. Iäbr!icher Abonnementtprei-, auch e Btjtehung urch die Post, 1 Thlr. t0 Ngr. — Annoncen, die bis Mittag» 12 Ubr eingehen, werken in die La. » darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene Korpus-Zeile berechnet. Donnerstag. »8. 9. Derber 1856. Heute vor fünfzig Jahren! Plauen, 9. Oktober 1856. Heute vor fünfzig Jahren, gerade an einem Donnerstage, wie heute, begann für Plauen und das Voiglland, fa für daS ganze sächs. Vaterland eine äußerst trübe Zeit, deren daS ältere Geschlecht wohl schmerzlich gedenken, an die mau aber daS jüngere, welches keinen Krieg gesehen hat und dessen Drangsale nicht kennt, erinnern muß, damit cs die Segnungen deS Friebens schätzen lerne und eine ruhige Zeit, da wir unsern Acker bauen und unser Gewerbe treiben können, ohne Be sorgniß und große Belästigung feindlicher Heerfchaaren. Heute vor fünfzig Zähren sind die Franzosen in Plauen ein gerückt. Den 9. Oktober 1806 Nachmittags gegen 4 Uhr kamen die ersten französischen Oksssours a cheval (Jäger zu Pferd) in die Stadt. Einige kursächsische Dragoner, die als Briefordonnanzen in der Garküche lagen und auf der Straße nach Schleiz hin durch die Flucht sich rette» wollten, wurden von jenen eingeholt und waffenlos als Gefangene in die Stadt zurückgebracht. Zm Zwielicht Abends ritten etwa 50 franz. Husaren ein, die man anfänglich für Sachsen hielt. Zn der Nacht darauf brann ten, von den Franzosen angezündet, Großzöbern und Thiergarten und leuchteten so hell, (da kein Mondjchein war) daß man auf dem Markte Schrift lesen konnte. Leuten, die ausgerittcu waren, um die Franzosen ankommen zu sehen, wurden von diesen ihre Pferde abgenommen. Den 10. Oktober von früh an marschirte das franz. Armeekorps unter Marschall Soult, etwa 34,000 M. stark, ein und lagerte sich in und bei hiesiger Stadt. (Nach dem 2. Armee-Bulletin, datirl von Auma, den 12. Okt., befand sich Marschall Soult am 7. Okt. in Bayreuth, am 9. in Hof, wo er die Magazine wcgnahm Und mehrere Gefangene machte.) Die Drangsale, denen die städtischen Behörden, (die kurfürstl. Kreisbehörde war entflohen) Bürger, Gutsbesitzer und Bauern auSgesetzt waren, die uner schwinglichen Forderungen, die nölhigen Bestechungen rc. zu erzählen, ist hier weder Ort noch Raum, eö genüge, zu erwähnen, daß in der Stadt, die damals kaum 6000 Einwohner zählte, allein 579 Offiziere und 5 Generale, in den Vorstädten 2 Generale gut bequarti.t werden mußten, die zahllosen Gem^nen und Unteroffiziere nicht gerechnet; (Marschall Soult lag in dem damals Kanz'schen, jetzt G. F. Schmidt'schcn Hause in der KönigSgasse) daß der Bürgermeister nebst andern Rathspersoncn arretirt, mit Stvckschlägen bedrohet und erst Nachmittags wieder freigelassen wurden; daß die Stadt 16 gute und vollständig gezäumte und gesattelte Reitpferde in wenigen Stunden für den Marschall schaffen sollte, gegen welche pure Unmöglichkeit alle verständige Vorstellungen nicht verfangen wollten; daß für die große Anzahl von Truppen Lebensmittel aller Art massenweise ge schafft und Eontributionen bezahlt werden mußten, unter denen einzelne Einwohner und die Stadt noch ein Menschenalter hindurch litt; daß Miß handlungen, Gcwaltthätigkeiten, Raub und Plünderung häufig vorfiel, und als die ungebetenen Gäste Sonnabend, den 11. Oktober, früh zum Syrauer Thore hinaus abmarschrrten, cS in den Straßen der Stadt, die wie eine Tenne auSsahen, immer noch nicht sicher war, da Marodeure ihr Plün- dcrungswcrk trieben; daß selbst die zurückgelassenen Sauvegarden (Schutz wachen) nur durch Geld vom Plündern abgehaltcn werden konnten rc. Erst gegen Mittag war sämmtlicheS franz. Militär abmarschirt und man athmete wieder auf. Das war der Beginn jener kriegerischen Zeiten und Ereignisse, welche unser Sachsen von da an 7 Zahre lang heimsuchten und, wie wir alle wissen, noch schmerzlicher fortgingen und ab schlossen, als sie begon nen hatten. Vielleicht sind wir im Stande, bei mehr Raum und Muße, als die gegenwärtige Zeit unS für solche geschichtliche Erinnerung läßt, daraus später anziehende Einzelheiten mitzutheilen, wozu wir uns hiermit von allen denen, welche Notizen hierüber besitzen, freundliche Unterstützung um so mehr erbitten, als derartige Aufzeichnungen in Privathänden gar leicht ein Raub der Zeit werden und so für spätere Geschlechter verloren gehen, der Voigtl. Anzeiger aber auö jener Zeit — er erschien vom 5. bis 27. Oktober 1806 gar nickt — nicht die mindeste Ausbeute liefert. Zmmerhin aber mochten wir unserseits nicht unterlassen, daS „heute vor 50 Zähren" unsern Lesern ins Gedächtniß zurückzurufcn, da es den äl teren zahllose Vergleichspunkte bietet, den jüngeren aber gegründeten An laß giebt, Gott inbrünstig zu danken dafür, daß er vor den Greueln jener Zeit bisher sie gnädig behütet; denn fest stehet die häufige Erfahrung: „Wer den Krieg nicht gesehen hat, weiß den Frieden nicht zu schätzen." Der Bürgerkrieg in Nordamerika. Wir lesen in den Zeitungen, daß in Kansas der Bürgerkrieg wüthet zwischen den Sklavenhaltern und Sclavengcgnern; aber nicht Zedcrmann ist sich klar über den ganzen Sachverhalt. Versuchen wir daher eine Dar stellung davon zu geben! Die nördlichen Staaten deS nordamcrikanischen StaatcnbundeS sind selavenfrci, oder daselbst ist freier Boden, weil dort die Weißen Ackerbau, Handwerke, Viehzucht, Fabrikation aller Art wie in Europa treiben können. DaS Klima erlaubt eS, daher auch die Haupteinwanderung aus Europa sich in diese Staaten wendet. Die südlichen Staaten aber, im warmen, fast heißen Klima gelegen, bauen außer Tabak, Reis, Zucker rc., vorzugs weise Baumwolle. Dazu können aber die dortigen Grund- oder Plan tagenbesitzer blvS Neger, schwarze Afrikaner, durchaus keme weißen Euro päer gebrauchen, weil die Weißen die saure Arbeit im heißen Klima nicht vertragen, sondern Hinsterben. Die Neger aber müssen durchaus Sclaven sein; als freie Leute arbeiten sie wenig oder gar nichts, sondern bum meln. Wenn dle Sklaverei in Nordamerika hcuw abgeschafft würde, so würden in kurzer Zeit Länderftrecken, 3—4 Mal so groß als ganz Deutsch land, tu Wüsteneien verwandelt, Tausende wohlhabender Leute Bettler, Millionen arbeitender Neger Tagediebe, Hunderttauscnde deutscher Weber vielleicht arbeit- und brodlos werden. Den Engländern wäre dieß recht, denn dann hätten sie für ihre ostindische Baumwolle keine Concurrenz mehr. Glaube ja Niemand, daß cS den Engländern, wenn sie so sehr auf Ab schaffung der Sklaverei dringen, Sklavenschiffe durch ihre Kriegsschiffe wegnehmen lassen rc., um Menschenliebe und Christenthum zu thun ist! Sie haben an die Sclavenbesitzer auf ihren Colonien 20 Mill. Pfd. St. Entschädigung gezahlt, die dortigen Sclaven frei und zu Tagedieben, iyre schönen Colonieen dadurch zu Wüsteneien gemacht und können nunmehr in Zucker, Kaffee, Baumwolle rc. nicht mehr mit den sclavenbaltenden Völ kern concurriren; in Ostindien aber haben sie billigeres Arbeitslohn, als selbst die Sklavenarbeit in N. Amerika ist, daher ihr Eifer für Abschaffung der Sklaverei! Eben so wenig sind aber die Bewohner der nördlichen Staaten in Nordamerika Gegner der Sklaverei aus Menschenliebe, denn sie verachten den Schwarzen um seiner Farbe willen, als wäre dieser nicht ein Mensch und ihres Gleichen, sondern sie wollen die Sklaverei in den südlichen Staaten beschränkt, wo möglich abgeschafft wissen aus ganz an dern Gründen. Zum Ersten ist in den Nordstaaten die Secte der Me thodisten sehr stark an Zahl und einflußreich. Diese glaubenSwüthigen