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5lr Kreis ihrer nächsten Bekannten, in welchem sie ihre Bürgen suchen müssen, abwAlzt. Diese Grundsätze habe» sich durchaus bewährt. Weil dem Credit nehmen durchaus nichts von der beschämenden Natur deS Almosenempfan- genS anklebt, und weil zugleich an die Aufsammlung des Kapitals in den Antheilen ein regeS Unternehmerinteresse sich knüpft, ist die Bethciligung eine rasch wachsende gewesen, und selbst wohlhabendere Handwerker haben sich nicht blos um der „guten Sache," sondern um deS Vortheilö willen, der in der Erweiterung deS CredilS liegt, gern angeschlossen. Der Vorschußverein zu Delitzsch, einer Landstadt von 5000 Einwoh nern, seit 1852 thätig, zählt gegenwärtig über 260 Mitglieder. Er hatte 1855 einen Umsatz von 19,818 Thaler und gewährte im Ganzen 359 neue Vorschüsse im Betrage von 12,808 Thlr. Die einzelnen Vorschüsse wurden auf 1 bis 3 Monate gewährt, und betrugen 3—220 Thlr. Die Handwerker benutzten den Credit hauptsächlich, um sich Rohstoffe im Großen anzuschaffen. Der Verein war daher besonders zur Zeit der Leipziger Messen sehr in Anspruch genommen. Von den Vorschüssen, deren Bestand am Schluß deS JahreS 5000 Thlr. betrug, gingen an Zinsen, nach dem Satze von 3 Pf. pro Thlr. monatlich (10^ jährlich) 464 Thlr. 29 Sgr. 7 Pf. ein. Davon waren zu decken 136 Thlr. 27 Sgr. 10 Pf. Zinsen für aufgenommene Darlehne, 32 Thlr. 9 Sgr. 6 Pf. Verwaltungskosten und 145 Thlr. Honorar des Kaffenbeamten. Der Reingewinn stellte sich also pro 1855 auf 150 Thlr. 22 Sgr. 3 Pf., wovon 2 Thlr. 29 Sgr. 3 Pf. zum Reservefonds gebracht, 147 Thlr. 23 Sgr. aber als Dividende den einzelnen Mitgliedern mit 6*/z Sgr. auf jeden vollen Thaler ihres Antheilsguthabens (20*/,°/o) gutgeschneben wurden. Der Betriebsfonds des Vereins bestand Ende 1855 aus 3293 Thlr. angeliehenen Kapitalien, zu 4*/z bis 5°/o verzinslich, 1548 Thlr. 7 Sgr. Guthaben der einzelnen Mitglieder, welche gewissermaßen daö Aktienkapital bilden, und 255 Thlr. 10 Sgr. 6 Pf. Reservefonds. ES liegen die Jahresberichte einer ganzen Reihe ähnlicher Vorschuß vereine vor, welche entsprechend gute Resultate erzielten. Wir nennen die Vereine zu Zörbig, Bitterfeld, Eisleben, Eilenburg, Meißen und Celle und verweisen die, welche Genaueres suchen, auf die Zeitschrift „die Innung der Zukunft," welche, als Beilage der „deutschen Gewerbezeitung" erschei nend, regelmäßige und genaue Nachrichten über diese Bestrebungen bringt. Nicht nur an intensiver Ausbildung, sondern auch an geographischer Ausdehnung hat dieses rasch emporblühende Associationswesen in letzter Zeit in außerordentlichem Grade gewonnen. Nach dem Muster des De litzscher Vorschußvereins, der unter der sorgsamen Leitung deS Hauptbe gründers dieser Bestrebungen, des verdienstvollen Schulze (Delitzsch) steht, haben sich im letzten Jahre ähnliche Vorschußvereinc in Brehna, Osterfeld, Marienburg (Wcstpreußen), Hildesheim, Stuttgart, Oehringen und in neuester Zeit auch in Leipzig gebildet, in der letzteren Stadt dem „Credit- vercine für Gewerbetreibende" gegenüber, der sich nach dem aller Scheu entbehrenden Schlendrian nicht entblödet hatte, im Interesse anständiger und solider Gewerbtreibender an die öffentliche Wohlthätigkeit zu appelli- ren. Hoffentlich werden die Leipziger Handwerker und kleinen Gewerb- treibenden auf Almosen gern verzichten und sich lieber einem Vereine an- schlicßen, zu dessen Mitgliedern sie sich mit stolzem Selbstbewußtsein und ohne Erröthcn zählen können. — In der Bildung begriffen sind noch eine weit größere Anzahl solcher Vereine in den verschiedensten Gegenden Deutsch lands, und eS haben neuerlich die Gewerbevereine zu Linz an der Donau und zu Kronstadt in Siebenbürgen die Sache auch für Oesterreich in An griff genommen, so daß diese glänzend bewährten Institute in kurzer Zeit der weitesten Verbreitung entgegen gehen. Zur Vergleichung lassen wir hier einen Auszug auS dem jüngst im Druck veröffentlichten Rechenschaftsbericht deS CreditvercinS zu Meißen über daS erste VcrwaltungSjahr vom 1. April 1855 bis zum 31. März 1856 folgen. Der Verein zählte 213 Mitglieder, von denen 120 den Verein sei nem Zwecke gemäß benutzten, indem dieselben Vorschüsse ans der VereinS- kaffe entnahmen, und zwar in 303 verschiedenen Poften die Summe von 23,125 Thlr., mithin durchschnittlich 76^/r Thlr. auf je ein Darlehn. Auf diese Summe der Vorschüsse wurden während des Geschäftsjahres 10,949 Thlr. wieder zurückgezahlt, wodurch sich die Summe von 12,176 Thlr. als Summe der am 31. März außenstehenden Vorschüsse ergiebt. An Zinsen und Provisionen gingen ein 518 Thlr. 3 Ngr., wovon 173 Thlr. 9 Ngr. Zinsen für aufgenommene Darlehne, MonatsbciLräge und Einlagen der Mitglieder, 64 Thlr. Verwaltungsnnkosten und 57 Thlr. 24 Ngr. Pro vision deS Kaffenbeamten gedeckt wurden. Der Reingewinn betrug 175 Thlr. 26 Ngr., wovon 104 Thlr. 26 Ngr. zum Reservefond, welcher da durch auf 355 Thlr. 20 Ngr. stieg, gebracht und 71 Thlr. als Dividende den einzelnen Mitgliedern mit 5 Ngr. auf jeden vollen Thaler ihres An- theilsguchabenS (16H pCt.) gutgeschrieben wurden. Der Betriebsfond deS Vereins bestand am 31. März 1856 aus 5023 Thlr. 8 Ngr. 5 Pf. au- geliehenen Kapitalien incl. 1423 Thlr. 8 Ngr. 5 Pf. Vorschuß deS Kas- sirerS, 4736 Thlr. 27 Ngr. 5 Pf. verzinslichen Emlagen der Mitglieder, 1937 Thlr. 13 Ngr. 5 Pf. Stammantheilen und MonatSbeiträgen der Mitglieder, 250 Thlr. 24 Ngr. Stiftung der Sparkaffe nebst Zinsen u. s. w. 12,021 Thlr. 2 Ngr. 5 Pf. Summa. Es giebt dieser Bericht den Beweis, wie dieser Verein schon im ersten Jahre seines Bestehens durch Einsicht, Thätigkeit und Energie seiner Lei ter sich ehrenvoll den ältern cingereiht und in manchen Einrichtungen, z. B. der Feststellung eines bestimmten CreditS sür jedes Mitglied im Voraus, sich noch besondere Vorzüge angeeignet hat. Zeitungen. Sachsen. Se. Maj. unser König sind von der Reise in die öst lichsten Theile des Landes am 30. Aug. glücklich in Pillnitz wieder ein-, getroffen. Die Reise selbst war ein Festzug; überall in Stadt und Land beciferte man sich, den leutseligsten, unermüdlichsten und wohlwollendsten Monarchen auf das Begeistertste zu empfangen. Wir sind nicht im Stande, eine ausführliche Schilderung darüber zu geben, weil dazu unser beschränkter Raum leider nicht auSreichen würde. Nur zweier Vorkommnisse können wir uns nicht versagen, Erwähnung zu thun. In Zittau wohnte der kö nigliche Herr auf dem dortigen Landgerichte der Verhandlnng einer Ba gatellsache bei. Ein armer Weber aus Johnsdorf war von einem Wund ärzte um schuldiger 5 Thaler verklagt. Der Weber räumte die Schuld ein, erklärte aber, daß er sie nicht bezahlen könne, da er nichts habe. Der Richter forderte den Schuldner auf, üch mit dem Gläubiger auf termin liche Bezahlung zu vergleichen; allein auch hierbei trug der Schuldner Be denken, da er im Voraus wisse, er werde sein Wort nicht halten können. Endlich willigte er ein, die erste Hälfte in einem halben Jahre, die andere in einem ganzen Jahre zu erlegen. Da erhob sich der König, welcher der ganzen Verhandlung mit gespannter Aufmerksamkeit gefolgt war und machte derselben mit oen Worten ein Ende : „DaS ist ein ehrlicher Mann, ich werde für ihn zahlen." Der Mann, auf daS Freudigste überrascht, eilte auf den König zu und streckte ihm treuherzig dankend die Hand entgegen, welche der König auch ergriff und kräftig schüttelte. Und der König bezahlte die Schuld und die Gcrichtskosten, weil der Verklagte ein ehrlicher Mann war. In Oppach wurde der König von der Gemeinde mit 2 Stück Leinwand beschenkt, welche von folgenden äußerst treuherzigen und gemüth- lichen Versen begleitet waren: „Der König hat der Töchterlein Jetzt auSzustatten zwei — " So hörten wir, da fiel uuS ein, Wir könnten wohl behülflich sein, Mit unsrer Weberei. Flugs hat gar emsig sich gedreht, Für Anna und für Margareth, Die Werfte und die Spuhle An unserm Weberstuhle. Ein Seidenstoff ist cS zwar nicht, Auch nicht mit Gold verzieret, Nur so ein Zeug, wie man es schlicht In Oppach fabriciret, Vermuthlich auch zum Hochzeitkleid Nicht souderlich zu brauchen — Wird es in dieser Zeitlichkeit Zu etwas doch wohl taugen. Nimm's, lieber König, freundlich hin Von schlichten Wcberleutchen, — Sie bieten es mit frommen Sinn — Und bring'ö den lieben Bräutchen! Die mög' im heil'gen Ehestand Gott, unser Herr geleiten, Und Ihnen, fern vom Vaterland, Ein dauernd Glück bereiten! Dresden, 30. Aug. Se. Maj. der König ist gestern Abend in er wünschtem Wohlsein von seiner Reise durch die Lausitz wieder in Pillnitz eingetroffen. Neuensalz. Am vergangenen Sonntag, als am 31. August, feierte die hiesige Gemeinde ein schönes Fest! Nachdem sich nämlich das Schloß deS Herrn Rittergutsbesitzers Seiler auS der Asche neu und schön erhoben, unterzog sich derselbe auch der Wiederherstellung einer von seinen Vorbesitzern bereits im Zeitalter der Reformation gegründeten, seit 1702 aber sehr verfallenen, jedoch ver-