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VoigtlimdilHfr Aiytigcr. 8iebenundsech8zigster Jahrgang. Verantwortliche Nedaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Diese- Blatt erscheint wöchentlich dreimal, und zwar Dienstag-, Donnerstag- und Sonnabend-. Jährlicher AbonnementSprei-, auch bei Beziehung urch die Post, 1 Thlr. 10 Ngr. — Annoncen, die bis Mittags 12 Uhr cingchen, werden in die Tag- darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene Corpus-Zeile berechnet. 2. September 1856. Dienstag. Bekanntmachung, die Aufstellung von Markpfählen an den Niveauübergängen der Eisenbahnen betreffend. Das Finanzministerium hat, im Einvernehmen mit dem unterzeichneten Ministerium, aus sicherheits- und bahnpolizeilichen Gründen, beschlossen, an den Nlveauuver- gänacn der Eisenbahnen Markpfähle aufstellen zu lassen. Da diese Markpfähle mitunter auf Communications- und Privatwege zu stehen kommen werden, so wlrd solches zur Berständigung der betheiligten Gemeinden und Grundstücksbesitzer hierdurch bekannt gemacht. . . . . Diese Bekanntmachung ist, in Gemäßheit von tz. 2t des Preßgesetzes vom 14. März 1851 in allen daselbst bezeichneten Zeitschriften abzudrucken. Dresden, am 26. August 1856. M i n i st e r i u m des Innern. Für den Minister: (gez.) Körner. Weiß. Erklärung. Nach dem, was in der vorigen Nummer dieses Blattes in Betreff der kirchlichen Feier des diesjährigen Constitutionsfestes zu lesen war, ist cS den Unterzeichneten Bedürfniß, ihrerseits zu erwähnen, daß sie aller dings bereit gewesen, gedachtes Fest den 4. September kirchlich zu be gehen, daß sie aber nach Eingang der H. Verordnung vom 15. d. M. nach allen Gesetzen der Auslegung ihrerseits über deren Sinn nicht zwei felhaft sein konnten, und dieselbe deshalb dem Stadtrath schon am 25. August auszugsweise mitgetheilt worden ist, damit, wenn die Gemeinde dessenohngeachtet eine besondere kirchliche Feier wünschte, und man die Verordnung entweder anders auslegen, oder wegen derselben cinkommen zu müssen glaubte, noch rechtzeitig das erforderlich Scheinende, sei cs in Form einer Anfrage oder eines Gesuchs, besorgen konnte. Wenn indeß weder das Eine noch das Andere geschehen, so werden alle Unbefangenen, welche wissen, waö Geschäftsgang und Subordination heißt, begreifen, daß die hiesige Geistlichkeit nicht anders handeln, am wenigstens ihrerseits die ersten Schritte in einer Angelegenheit thun konnte, welche offenbar Sache der weltlichen Behörde ist. Plauen, den 30. Augnst 1856. E. Beyer, S. kl. Fiedler, Archidiacon. Martin, Stadtdiacon. Wagener, 1. Landdiac. Al. Steinhäuser, 2. Landdiac. Vorschußvereine für Handwerker und kleine Gewerbtreibende. Zn dem Laufe dieses ZahrcS hat die Kapitalassociation im Großen in Deutschland einen so großartigen Aufschwung genommen, und so sehr Aller Aufmerksamkeit, aus Geld- oder kulturhistorischem Interesse, auf sich gerichtet, daß man darüber fast der Associationsbewegung vergessen hat, die, älteren Ursprungs als die über die ganze Breite der Gegenwart sich ausdehnende Epoche des Actienwcsens, sich mit derselben Raschheit über Deutschland ausgebreitet hat, einen mindestens eben so lebensvollen Keim einer großen und segensreichen Zukunft in sich trägt, wie jene, und an Resultaten nicht ärmer ist, als an Hoffnungen - - wir meinen die Asso- ciationSbewegung unter den Handwerkern und kleinen Gewcrbtreibenden. Sie kann freilich ihre Kapitalien nicht nach Millionen zählen, sie begnügt sich mit Tausenden, sie centralisirt sich nicht an den Börsen der Großstädte zu einem glänzenden und wechselvollen Wettkampf, sie bleibt und wirkt bescheiden in ihren heimischen Städten und Städtchen unter engen Kreisen sorgsam gepflegt, und anspruchslos ihre kleinen Dienste denen leistend, für welche der kleine Dienst schon ein großer ist: aber sie hebt das Gewerbe da, wo eS noch mit dem Mangel kämpft, sie schafft den Credit da, wo bisher nichts, als der „Wucher," und vielleicht auch dieser uicht einmal eristirtc, sie vermittelt die Kapitalsbildung da, wo man bisher nur zu oft sich gewöhnt hatte, auf eine gesicherte Zukunft verzichtend, von der Hand in den Mund zu leben, und vielleicht ist die Zeit nicht mehr fern, wo die große Kapital-Association, die Quellen ihres Kapital-Reichthums bis zu jenen kleinen Reservoirs verfolgend, welche die bescheidenen wie zarte Sil- berstreifen das Wiesenland durchziehenden Bäche speisen, ihren Stolz beugt und den Quellen dieselbe unterstützende Aufmerksamkeit widmet, welcher sich jetzt die Schiffe tragenden Ströme erfreuen. Wer das Kleine nicht ehrt, ist des Großen nicht werth. Wo die erste Entwickelung der kleinen Kapitalien nicht ihre Pflege findet, da sieht daS große Kapitalbcdürfniß sich bald auf dem Trocknen; und die Kanäle, welche dieses zieht, um sich zu speisen, erhalten kein Wasser, wenn die Dachtraufe nicht aufgesam melt wird. Die kleinen Associationen haben oft als Almosenanstalten begonnen, die, durch Geschenke und zinsfreie, also ebenfalls almosenartige Darlehne gespeist, den Handwerkern und kleinen Gewcrbtreibenden mit der almosen artigen Gewährung zinsfreier Darlehne einen besonderen Dienst zu leisten glaubten. Es ist leicht für den Wohlhabenden, zinsfreie Darlehne zu gewäh ren, leicht, den Eintrittspreis für Concerte und Bälle zu zahlen, die zum Besten der Vorschußvereine gegeben werden: schwer aber und mühevoll ist cs, dem Associationswesen durch sorgsame Ausbildung die Richtung zu geben, in welcher es ein Mittel für den Schwachen wird, sich selbst zu helfen und stolz die Zumuthung fremder Unterstützung zurückzuweisen, ein Mittel, nicht nur durch bezahlten Credit seinen Gewerbebetrieb zu stützen, sondern auch durch Kapitalbildung demselben eine feste Grundlage zu geben. Die Vorschußvereine in den Städten Delitzsch, Eilenburg u. s. w. blühen immer mehr zu wahrhaften Volksbanken auf. Die Darlehnsem- pfänger sind zugleich Unternehmer und dividendenberechtigte Actionäre. AuS Eintrittsgeldern und monatlichen Beiträgen wird für jedes Mitglied ein Actienantheil aufgesammelt, dem auch die auS dem Zahresüberschusse entfallende Dividende zugeschricben wird, bis derselbe eine bestimmte Höhe erreicht hat. Mit diesen eigenen Fonds und den gegen billigen Zinsfuß von der Gesellschaft aufgenommenen Darlehnen werden die Geschäfte deS Vereins gemacht. Die Mitglieder erhalten gegen Wechsel und Bürgschaft Darlehne, für welche sie 10^ Zinsen pr. Zahr entrichten. Um die Cre ditwürdigkeit und die Höhe des zn bewilligenden CreditS zu bestimmen, hat man verschiedentlich den Versuch gemacht, durch eine bestimmte Com mission die Prüfung vornehmen und die Beschlüsse fassen zu lassen. Allein dieses Princip in seiner Nacktheit mußte zu mannichfachen Härten und Streitigkeiten führen. Man hat cS daher vorgezogen, den Ausweg zn ergreifen, daß man nicht über eine bestimmte Höhe (in Delitzsch nicht über 300 Thlr.) Credit ertheilt; daß man für eine durch das Anthcils-Gut- habcn des Mitgliedes bestimmte Höhe (in Delitzsch 4 Thlr. über das Guthaben hinaus) ungedeckten Credit giebt, und für das Mehr des Cre dits einen oder mehrere Bürgen verlangt, so daß die Beaufsichtigung der Mitglieder in ihrer wirthschaftlichen Führung sich zum Theil auf den