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Äeüemmdsechszigfler Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen DitscS Blatt erscheint wöchentlich dreimal, und zwar Dienstag-, Donnerstag- und Sonnabend S. Jährlicher Abonnement-preiS, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Thlr. 10 Ngr. — Annoncen, die bis Mittags 12 Ubr cingchen, werden in die Tags darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene LorpuS-Zeile berechnet. Donnerstag. MA. 21. August 185«. Das Borgen bei Handwerkern. Die Nachtheile der fabrikmäßigen Erzeugung fast aller der Ge genstände, welche früher fast ausschließlich einzeln und in eigentlichem Sinne von Handwerkern verfertigt wurden, lasten schwer auf dem ganzen Hand werkerstände, sonderlich aufden sogenannten kleinen Handwerkern, worunter man solche versteht, die zum Betrieb ihres Gewerbes ein größeres Kapital früher nicht nöthig hatten, oder auch nicht besitzen. Es ist eine anerkannte Thatsache, daß unter den gegenwärtigen Verhältnissen, die leider durch kein Gesetz, am allerwenigsten durch JnnungSzwang zu ändern sind, der kleine Handwerker zu schwimmen und zu waten hat, um sich ehrlich und redlich durchzuschlagen. Aber daS Loos derselben wurde nach unserer Ansicht immer noch weit besser sein, als cS ist, wenn nicht eine Unsitte, nicht blos an einem Orte, sondern fast überall, eingerissen wäre, welche den Betrieb, wie jedes Ge schäftes, so ganz besonders des kleineren Handwcrksmannes, der außer Stand ist, ein Kapital, wohl gar ein bedeutendes, in sein Geschäft zu stecken, außerordentlich erschwert. ES ist diese Unsitte das Borgen, das lange Borgen von Seiten der Kunden. Monate, ja sogar Jahre hin durch bleibt man die bestellte und gelieferte Waare schuldig. Was will der Handwcrksmann machen? Er mahnt anfänglich leise und höflich, später laut und stärker, bekommt am Ende wohl auch, zumal ihn neuerlich das Verjährungsgesetz treibt, sein Geld, büßt eS aber auch häufig ein, kommt in allen Fällen in Verlegenheit, fortwährend Verleger sein, und, kann er dieß auf die Dauer nicht, selbst borgen zu müssen, so lange er nur Credit auftreiben kann, denn er will die Kunden nickt vor den Kopf stoßen. In manchen Fällen sind allerdings die Handwerker auch selbst schuld. Ist der Kunde zahlungsfähig, so liegt ihnen an sofortiger Bezahlung der gelieferten Arbeit wenig, nichts. Sic lassen da gerne tüchtige Rechnungen anschwellen, um später mit einem Male eine erkleckliche Summe als Zah lung zu erhalten. Dadurch machen sie selbst nachlässige Zahler; denn selbst der Wohlhabende kommt durch starke Rechnungen gar oft in Ver legenheit, muß daun um Nachsicht bitten, oder Abschlagszahlungen leisten und bei dem besten Willen den Handwerker, der auf Zahlung, auf volle Zahlung gerechnet hat, dann ebenfalls in Verlegenheit setzen. Gewisse Redensarten der Handwerker selbst, wenn der Kunde die gelieferte Waare nicht augenblicklich bezahlen kann, tragen hie und da auch bei, die Saum seligkeit im Bezahlen zu begrüuden und zu befördern, als da sind: „ES hat gar nichts zu sagen! Sie sind gesessen genug! Wenn Sie mir doch recht viel schuldig wären! Lassen Sie cs nur machen, Sie brauchen ja nicht gleich zu bezahlen, daS hat Zeit! re." Also, dieser Punkt in den Borgnachtkeilen fällt ans die Handwerker selbst, die andern lasten unbedingt auf den Kunden. Letztere haben frei lich allerlei Vorwände und Entschuldigungen in Bereitschaft, ihr Restircn zu beschönigen. „Man hat zuweilen kein Geld, braucht aber Dieß oder Jenes zu nothwendig." „Außenstände, auf die man gerechnet, sind nicht cingegangen." „J^der Geschäftsmann muß kreditircn; man bezahlt mich auch nicht gleich rc." Noch häufiger denkt man au gar keine Entschuldi gung, weil Viele borgen, schuldig bleiben und bezahlen, wenn sie können, so versteht cö sich bei andern von selbst. Man hat diesem, insbesondere für die kleineren Handwerker empfind lichen ttebclstande hie und da dadurch abzuhelfen gesucht, daß man für dieselben Vorschuß fassen errichtet hat. DaS ist recht löblich und gut, und wollen wir auch gegen dieselben nichts einzuwendcn haben ; uuS tvill aber bcdünken, in gar vielen, wohl in den meisten Fällen würden solche Vorsckußkassen unnöthig sein, wenn die Kunden pünktlich zahlten. Damit sie dieß aber könnten, dürften sie nur nicht eher bestellen, als bis das no- thige Geld für die gemachte Bestellung in Kassa vorhanden wäre. Wir geben zu, daß dann hie und da weniger Waare bestellt und gekauft werden dürfte, als zeither; ob aber trotzdem der Handwerker nicht besser daran sein würde, als gegenwärtig, da so viel in seinem Buche steht, steht dahin. Wir können irren und lassen uns belehren. Zeitungen. Sachsen. Plauen, 19. August. Dem Vernehmen nach ist der ActuariuS in hiesigem Justizamte, Hr. Herrmann Schmoger, zum Staats anwalt bei dem demnächst hier inS Leben tretenden Bezirksgerichte, der Advokat Hr. Ernst FacilideS hier in gleicher Funktion bei dem Be zirksgerichte Oschatz ernannt worden. Mehrere Blätter behaupten, daß den 4. September d. I. das (L>tl- bcrjubiläum der sächsischen Constitution in Dresden und anderwärts festlich begangen werden solle. Dresden, 15. August. DaS heutige amtliche „Dr. I." bringt über die jetzt so vielfach besprochene Brodfrage folgenden Artikel: „Angesichts der infolge der günstigen Ernte gesunkenen Preise des Roggens findet man cS im Publikum auffallend, daß nicht gleichzeitig und in gleichem Verhält nisse die Preise des BrodcS herabgehen, und schließt vielfach hieraus auf die Nothwendigkeit der Wiedereinführung der Brodtaxcn, indem man sich auf andere Städte beruft, wo vermöge derselben der Brodpreis wesentlich billiger stehe, als in Dresden. Diese Thatsache ist nicht zu läugnen, eben so wenig wie zu läugnen ist, daß anderwärts bei freier Concurrcnz der Brodpreis niedriger steht, als in DrcSven selbst. Aus diesen Thatsachcn aber auf die Nothwcndigkcit der Wiedereinführung der Taxen schließen zu wollen, würde sich in keiner Weise rechtfertigen lassen, so lange es als un bestritten anerkannt wird, daß seit der Aufhebung der Taren nicht allein der Preis deS BrodcS im Allgemeinen niedriger, sondern die Qualität desselben eine wesentlich bessere geworden ist. Wenn man hiernach den erstern mit andern Städten vergleicht, so muß man billig auch die letztere in Berücksichtigung ziehen und eö wird dann erst ein ganz richtiges Ur theil sich fällen lassen. Auf der andern Seite aber darf man nicht unter lassen, zu erwägen, daß der Roggen, wie derselbe unmittelbar nach der eingebracktcn Ernte zu Markt gebracht wird, nicht sofort zum Vermahlen geeignet ist, und daß daS gewonnene Mehl vorerst verbacken werden muß, bevor sich der Einfluß auf den Brodpreis geltend macht. Wenn ferner öffentliche Blätter mittheilen, daß der Scheffel Roggen bis zu 4 Thlr. und 3'/z Thlr. verkauft worden sei, so würde cs wieder ungerecht sein, diesen ausnahmsweise niedrigsten Preis bei einzelnen Scheffeln dem Brod preis zu Grunde legen zu wollen, man kann nur den durchschnittlichen Preis als Maßstab annehmen, und dieser dürfte sich für gutes Korn zur Zeit noch auf volle 5 Thlr. pro Scheffel gestalten. So gerechtfertigt nun auch dlc Hoffnung auf die seit Jahren erwartete Ermäßigung des Brod- preiseS ist, und so gewiß die obigen Gründe hierbei nicht außer Berücksich tigung bleiben können, so wenig mag verkannt werden, dass der momentane Preis des Brodes nicht ganz dem Roggcnprcis der Gegenwart entsprechen mag, daß dieses aber durch die Concurrcnz sich bald auSglcichen wird, ist ebenso wenig zu bezweifeln, als daß die Polizeitare im Jahresdurch-