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dieser Verbrauch bis auf 16 Ellen, also mehr als daL Zwanzigfache, ge steigert. Da nun auch die übrigen Kleidungsstoffe in ihrey, Verbrauche nicht abgenommen, sondern, wenn schon weniger bedeutend, zugenommen haben (Tuch von Elle auf 1 Elle, Leinwand von 4 auf 5 Ellen, Seide von ^4 auf */, Elle), so sind diese Thatsachen ein erfreuliches Zeichen da- ^ür, daß die zahlreichste Klasse der Bevölkerung sich gegenwärtig mehr als früher in den Stand gesetzt sieht, solche Stoffe zu kaufen und zu tragen. Durch die in dem letzten Aufsatz angeführten Beispiele ist der Beweis gegeben, daß die allgemeine Steigerung deS Verbrauchs nothwendiger und angenehmer Lebensbedürfnisse nicht bloS den höhern Klassen zu Gute ge kommen, sondern daß auch die untern ihren verhältnißmäßigen Antheil daran genommen haben. Es läßt sich dies noch überzeugender aus Folgendem nachweisen. Obschon nämlich durch die vermehrte Bevölkerung eineStheilS das Angebot der Arbeit gestiegen, andcrntheilS die Nachfrage nach den nothwendigen Lebensbedürfnissen erhöht ist, so ergiebt sich dennoch bei einer unbefangenen, sorgfältigen Vergleichung deS Ehemals und deS Jetzt, daß daS Verhältniß zwischen den Arbeitslöhnen und den Preisen der haupt sächlichsten Bedürfnisse der Arbeiter im Allgemeinen eher ein günstigeres als ungünstigeres geworden ist. Wir wählen, um dies zu erweisen, ein naheliegendes Beispiel. Ein Tagearbcitcr erhielt vor ungefähr hundert Jahren taxmäßig 5 Neugroschcn den Tag; dafür konnte er sich Nach den damaligen Marktpreisen folgende Lebensbedürfnisse kaufen: Kanne But ter, oder */r Schock Eier, oder 2 Pfund Rind- oder Schöpsenfleisch, oder 3*/,—4 Pfund Kalb- oder Schweinefleisch, oder 10*/, Psund Brod, oder */,o Klafter weiches Holz. Gegenwärtig bekommt ein hiesiger Handar beiter mindestens 10, sehr häufig 15 Rgr. den Tag. Selbst bei den hoyen dermaligen Preisen aller Lebensmittel erhält er für den erster« dieser Lohn sätze */, — Kanne Butter, oder */,— */z Schock Eier, oder 2*/, — 3*/, Pfund Rind- oder Schöpsenfleisch, oder 4 Pfund Kalbfleisch, oder 1*/z—2 Pfund Schweinefleisch, oder 10—11 Pfund Brod, oder */n—*/is Klafter weiches Holz. Schon bei diesem geringsten der heutigen Lohnsätze steht sich also der Arbeiter wenigstens ebensogut, wie sein College vor hundert Jahren bei dem höchsten Tagelobn. Daneben kommt noch in Betracht, daß andere Lebensbedürfnisse, wie namentlich alle Bekleidungsstoffe und überhaupt alle durch die menschliche Arbeit erzeugten Gegenstände, bedeu tend gegen früher billiger geworden sind, und daher auch, wie wir schon sahen, in ungleich größeren Mengen von der arbeitenden Klasse verbraucht werden. — Auf eine Klasse der Arbeiter müssen wir noch etwas näher eingehen, weil man in der. Regel annimmt, daß gerade diese Klaffe durch den starken Bevölkerungszuwachs und das dadurch herbeigeführte massen hafte Angebot von Arbeitskräften vorzugsweise in ihrem Erwerbe bedrückt und in Dürftigkeit versetzt worden sei. Wir meinen die Arbeiter in der sogenannten Manufactur- und Fabrikindustrie. Daß man hier nur zu häufig das allcrtraurigste Mißverhältnis zwischen Erwerb und LcbenSbc- darf, ja nickt selten die baare Unmöglichkeit antrisst, mit dem Ertrage deS angestrengtesten Fleißes auch nur irgendwie auskömmlich und menschenwürdig zu leben, ist leider eine nicht abzuleugnende Thatsache. Nur täusche man sich darüber nicht, daß der Zustand dieser BevölkcrungSklaffe auch in früheren Zeiten keineswegs ein besserer und zufriedenstellenderer war. Im Gegen theil liegt auf Grund gewissenhafter geschichtlicher Forschungen der Beweis vor, daß, wenn auch einzelne heruntergekommene oder durch besondere Con- juncturen gedrückte Gewerbszweige heutzutage ihren Arbeitern einen so kargen Verdienst abwcrsen, als nur je früher vorgekommcn sein mag (aber doch auch keinen kargeren), dagegen im allgemeinen Durchschnitt und nach der Mehrzahl der Gewerbe gerechnet, der heutige Arbeiterstand auch in der Kabnkindustrie, trotz seiner Ungeheuern Vermehrung, sich dennoch eher besser al- schlechter denn ehemals befindet. ES gab »m vorigen Jahrhundert zpviHe ArbeitSzweige, wo der Arbeiter im günstigsten Falle 2—3 Ngr. den Lag, i« ungünstigsten nur 6 bis 9 Pfennige verdiente. DaS ist nun frei lich ein leidiger Trost sür den ärmern Theil unserer Mitmenschen.— Dcr Durchschnittsverdienst eines Spinners vor etwa 80 Jahren betrug 20 bis 25 Ngr. die Woche und eine Familie von drei erwachsenen Personen konnte zusammen 2—2*/- Thlr. erarbeiten. Heutzutage kann sich ein männlicher Fabrikarbeiter, je nach seiner Geschicklichkeit und Fleiß, von 2 Thlr. bis zu 7 Thlr. die Woche verdienen (im Mittel also mindestens 3 Thlr.,) eine weibliche Arbeiterin 1 Tblr., so daß der Gesammtverdienst einer Familie von drei Personen wenigstens zwischen 4 und 5 Thlrn. beträgt. Zieht man nun auch in Betracht, daß dcr Werth des Geldes gegen damals um etwa 50 Proc. gesunken ist, so erscheinen dennoch jene Lohnverhältniffe in der Gegenwart als die günstigeren. Dabei kommt noch wesentlich in An rechnung, daß damals, wo diese Gewerbe im Hause betrieben wurden, der Arbeiter selbst für Licht, Feuer und Arbeitswerkzeuge zu sorgen hatte, während er jetzt alles dies, soweit es zu seiner Arbeit nöthig, in der Fabrik umsonst erhält. Auch in den Handwerken hat man oft mit Unrecht die Folgen der Übervölkerung angeklagt, als ob diese die Gewerbe übersetzt und so den Verdienst dcr einzelnen Gewerbtreibenden geschmälert hätte. ES liegen aber auch hierüber statistische Vergleichungen vor, welche bis in den Anfang deS 17. Jahrhunderts zurückgehen und daS Ergebniß liefern, daß die Zahl der Gewerbsmeister im Verhältniß zu der Gesammteinwohnerzahl, während dieser langen Zeit, theilS sich gleich geblieben ist, theilS sogar günstiger sür die betreffenden Gewerbtreibenden geworden ist. So kamen z. B. in einer mittleren Stadt 1605 auf einen Schuhmacher 95 Menschen, auf einen Schneider 122, auf einen Tischler 243; 1730 auf einen Schuhmacher 108, auf einen Schneider 145, auf einen Tischler 300; 1852 endlich auf einen Schuhmacher 119, auf einen Schneider 164, auf einen Tischler 273. Noch manche andere Thatsache könnten wir ansühren, um die Ueber- zeugung zu begründen, daß die theilweisr herrschende Noth und Dürftigkeit,keineswegs durch die Fortschritt e derKulturund Industrie geschaffen, sondern lange vor diesen vorhanden gewesen, daß sie auch nicht im Verhältniß zu dem rascheren WachSthum dcr Bevölkerung gewachsen, sondern hinter diesem zurückgeblieben, ja zum Theil trotz derselben geringer geworden ist. Doch eS genügt daS Beige brachte, da wir daS vielfach vorhandene Mißverhältniß zwischen der Be- völkerungSzahl und den zu Gebote stehenden Erwerbs- uud Nahrungsmit teln nicht leugnen, sondern nur warnen wollten, daß man nicht auf Kosten der Gegenwart die Vergangenheit mit erdichteten Vorzügen ausschmücke und aus unklarer Vorliebe für die alte Zeit gegen die jetzige ungerecht werde. Zeitungen. Sachsen. Plauen, 27. Juli. Gestern trafen Se. Durchlaucht der Fürst SulkowSki nebst Gemahlin, zwei Prinzen und einer Prinzessin nebst Gefolge auf der sächsisch-bairischen StaatSeisenbahn hier ein, übernachteten im Hotel de Pologne und reisten heute nach Marienbad weiter. Dresden, 23. Juli. In Leipzig wird schon seit einiger Zeit für daS in Genna zu errichtende Krankenhaus für Protestanten gesammelt. Gegenwärtig hat sich auch daS Kultusministerium dieser Sache angenom men und hat seine Kanzlei angewkesen, Beiträge dafür anzunehmen. ES wird dabei bemerkt, daß im vorigen Jahre allein gegen 200 Protestan ten fremder Länder im katholischen Hospital zu Genua verpflegt werden mußten. Dresden, 24. Juli. Die Zollconfcrenz in Eisenach hat sich zeither vorzugsweise mit den zahlreichen Anträgen zum VereiuSzolltarif und zum amtlichen Waarenvcrzeichnisse beschäftigt. Namentlich haben bereits Bera- thungen über den Antrag Preußens in Ansehung der Eisenzölle, sowie über den von Preußen und Sachsen wegen der Getreidezölle gestellten Antrag stattgefunden, deren Erledigung jedoch noch zu erwarten ist. Die Tabakstcuerfrage soll ursprünglich nur Baiern im Allgemeinen angeregt haben. Eine Denkschrift der k. preußischen Regierung übcr diesen Gegen stand ist immittclst den Vereinsregierungen und der Konferenz mitgctheilt worden. Dresden, 25. Juli. Ein schreckliches Unwetter hat heute Nach mittag unsere Stadt heimgesucht. Von höher gelegenem Standpunkte auS bemerkte man gegen zwei Uhr daS Heraufsteigen eincS schweren Gewitters von Westen her. Dasselbe theilte sich bei Annäherung an die Stadt in zwei Theile, von denen der eine über die Friedrichstadt hin nach der Haide sich ausbreitete, während dcr andere die Pirna'sche Vorstadt überfluthete und nach der s. g. Vogelwiese und Elbe zuzog. Heftige Schläge uud Schloßen gab eö auf beiden Seiten. Doch hat die Pirna'sche Vorstadt am meisten gelitten. Scheibe an Scheibe ist hier zerschlagen und noch jetzt, nach dem VerUruf mehrerer Stunden, liegt an manchen Stellen dcr Straßen seiten daö schmelzende Eis mehrere Zoll hoch. Künftigen Montag wird daS große Vogelschießen, daö Alles erheiternde Volksfest, beginnen, weshalb schon jetzt die Vorbereitungen dazu getroffen werden. So kam cs, daß daS mit Orkan verbundene Gewitter großartige Verwüstungen auf der schon mit Zelten und Buden bedeckten Vogelwiese anrichtcn konnte. Viele Zelte sind zerfetzt, Budcudäcker zerrissen, daS bereits in die Schanklokale geschaffte Porzellan, GlaS und dergleichen ist an vielen Orten zertrümmert. Aber nicht genug. Vier Zimmcrgesellcn, welche mit dem Aufbauen eines Schankzcltes beschäftigt waren, wurden von einem Blitze theilS getroffen, theilS betäubt; der eine von ihnen, dessen Name bis jetzt noch unbekannt, blieb auf der Stelle todt, die anderen drei waren eine Zeit lang bewußt los, sodann der Sprache nicht mächtig, sind aber in der Ra'höbaderei und auf dem Krankcnhause vollständig wieder zu sich gekommen und hergcstellt worden. An dcm Erschlagenen machte man vergebliche Wiederherstellungs- Versuche, obwohl das Blut aus der geöffneten Ader noch floß. Er hatte auf dem Scheitel eine Stelle, wo dcr Blitz beim Auftrefsin die Haare versengt; und von hier auö ließ sich eine Reihe kleiner ko: tusionen ver-