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8iekemlnd sechszigster Jahrgang. Verantwortliche Redaktion, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Dieses Blatt erscheint wöchentlich dreimal, und zwar Dienstags. Donnerstags und Sonnabends. Jährlicher Abonnements preis, auch bei Beziehung durch die Post. 1 Thlr. 10 Ngr. — Annoncen, die bis Mittags 12 Ubr cingchen. werden in die Tags darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene (Horpus-Zeile berechnet. Sonnabend. 3uli 1836. Zeitungen. Sachsen. Dresden, l. Zuli. ErnteanSsichtcn iu Sachsen. Nach sechs aufeinanderfolgenden Jahren der Theuerung der nothweudigsten Lebensmittel zeigt sich endlich die begründete Hoffnung auf einen Ernte- Ertrag, der, wenn nicht jetzt noch sehr ungünstige Witterungseinflüsse sich geltend machen, ein recht gesegneter zu werden verspricht, und zwar nicht in einzelnen Landern oder in einzelnen Früchten, sondern allenthalben und rücksichtlich aller zur menschliche« Ernährung dieneudeu Gewächse. Dieses bestätigen nicht nur die vorliegenden, augenscheinlich von competcntc» Bcnr- thcilcru verfasiten Berichte über den Stand der Felder, die Mitthcilungen, welche auS verschiedenen Ländern entgehen, eö hat auch der Einsender dieses im laufenden Sommer Gelegenheit gehabt, in einem weitern Umkreise von den Aussichten Kenntnis; zu nehmcu, welche sich für die zu erwartende Ernte ergeben, und diese zeigten sich fast ohne Ausnahme günstig, wenn auch nach Boden, Klima und Bestellung nicht übereinstimmend. Nur die häu- figern uud mitunter sehr starken Regengüsse ließen, wie in den vorhergc- gangcncn Jahren, einen Ausfall au der Quantität und Qualität der Körner infolge deS Lagerns befürchten; die gute Bearbeitung deS AckerS, welche daS günstige Wetter des vorigen Herbstes uud deS Frühjahrs ge statteten, die nicht zu rasche Entwickelung bei dem Beginne der Vegetation gaben aber dem Halme eine Zähigkeit, die ihn befähigte, den Folgen der Platzregen länger zu widerstehe«, als dieses seit einer Reihe von Jahren möglich war, so daß auch auf deu üppigste» Feldern das Lagern des Ge treides zu deu Ausnahmen gehört, und auch, wo dieses stattsindet, die nachtheiligeu Folgen nicht in der Weise hervorzutreten scheinen, wie in sonstigen Jahren. So dürfen wir, wenn nicht noch vor der nahen Ernte wesentlich ungünstige Störungen eintreten, in allen Früchten, in Roggen, Weizen, Gerste, Hafer, Erbsen und Wicken einem lange ersehnten günstigen Ertrage entgegeusehen. Ueber die Kartoffel läßt sich zur Zeit ei« Urtheil schwer fälle«; i« tiefe« «assen Feldern mag die Nässe bereits nachtheilig auf dieselbe« eingewirkt habe«, ihr Sta«d ist im klebrige« ei« sehr gün stiger, es treten namentlich als gnteS Zeichen die Blüthcu weit häufiger uud kräftiger hervor, als wir dieses in deu letzten Jahren zu beobachte« Gelegenheit hatten. Klee und Gras machen keine Ausnahme von der all gemein günstigen Vegetation; das ungünstige Wetter war dem Trocknen und Einbringen meist sehr hinderlich, hat quantitativ und qualitativ aber wenig geschadet. Nur die Wiutcr-Oelfrüchte weisen überall einen sehr ungünstigen Stand nach. Die Aussichten, welche sich für daS nächste Jahr darbieten, lassen hiernach erwarte«, daß die Gctrcidepreise a«f eine« mehr normale«, mit Rücksicht auf das Aufzchrcu aller Vorräthe, den mittler» we»ig übersteigende» Stand herabsinken werde», Oel wird voraussichtlich nicht billiger werde»; wen» man aber gleichzeitig ans eine wesentliche Er mäßigung der Fleischpreise hoffen mag, so wird man sich hierin getäuscht scheu; auch die günstigste Ernte eines JahreS kann hierauf einen bedeu tenden Einfluß nicht übe»; cS müsse» sich die infolge der mangelhaften Ernte», insbeso»dere aber der Ealamität, welche die Kartoffel betraf, gc- mindcrteu Viehstände wieder eompletire», und hierzu bedarf eö mehrerer Jahre; abgesehen ganz davon, daß bei einem mäßigen Preise deö BrodcS die Fleischcousumtio« naturgemäß znnehmen und so die Nachfrage uach Fleisch steigen wird; nur daS Schweinefleisch wird bei einer reichen Kar toffelernte im nächste« Jahre zu einer Preiscrmäßiguug gelaugcn können. (Dreöd. Journ.) Dresden, 26. Juni. Von der Großartigkeit des durch diePariser laudwirthschaftliche Auöstelluug veranlaßten Kostenaufwandes kann man einen Begriff bekommen, wenn man weiß, daß der österreichischen Re gierung für den Ertrazug ihres Viehes von hier bis Kehl uud von da bis hierher zurück 10,000 Thaler an Transportkosten berechnet sind. Ein einziger großer Ochse, welcher einen sechsraderigen Wagen allein füllte, kostete auf dieser Doppcltour 400 Thlr. Leipzig, 27. Jnui. Der Pastor in Wahren hatte zwei junge Männer, Franzosen, bei sich, um diesen die deutsche Sprache zu lehren. Die freien Stunden verwendeten dieselben oft zu Wasscrfahrten. Vor einigen Tagen machten sie in Gemeinschaft mit einem dritten jungen Mann auS Wahren wiederholt eine Kahnfahrt; cs kommt ihnen aber der unglückliche Gedanke ei», über daS dort sehr hohe Wehr hinabzufahren. Die erste Fahrt ge lingt glücklich. Die drei ju»gen Leute tragen den Kahn wieder stromauf wärts in die Elster, um die gefährliche Fahrt über das Wehr hinunter nochmals zu wiederhole», u»d auch diesmal gelingt diese Fahrt; als sie dieselbe aber, vermessen genug, zum drittenmale wiederholen, erfaßt eine starke Welle den Kahn nnd stürzt ihn nm. Die drei Personen fallen in daS Wasser; zwei retten sich durch Schwimmen; die dritte, einer der Fran zosen, welcher nicht schwimmen kann, erfaßt noch glücklich den umgestürzten Kahn und schwingt sich auf denselben; aber eine andere tückische Welle schlägt den Kahn wieder um, und der Franzose sinkt in die schäumenden Wogen; noch einmal kommt cr mit dem Kopf und ausgestreckten Händen über die Oberfläche des Wassers, u»; dann in die Tiefe desselben zu ver sinken. Er war der einzige Sohn sehr reicher Eltern, welche die Trauer botschaft sofort durch deu Telegraphen erhielten; ihre Rückantwort lautete, daß mau deu Verunglückten cinbalsamircu und «ach Frankreich schicken solle; aber bis gestern war der Leichnam noch nicht aufgefunden. Aus Mitteldeutschland, 22. Juni. Referent machte im Laufe dieses MouatS ciue Reise durch ciucu größer» Theil von Norddcutschland und hat ans derselben den Stand der Feldfrüchte genau beobachtet. Die lange anhaltende Nässe im Mai hatte nicht geringe Besorgnisse in Betreff der Ernte hervorgerufen; aber diese Besorgnisse waren rückfichtlich der Feld früchte tun so ungegründeter, als sich dieselben um jene Zeit noch nicht so weit entwickelt hatten, daß ihnen die anhaltende Feuchtigkeit ernstlich hätte schaden können. Allerdings hatte sich überall daS üppig cmporgewachsene Getreide gelagert; da aber dasselbe noch nicht in der Blüthc stand, viel weniger gekörnert hatte, so ließ sich vorauSsehcn, daß dasselbe nach einigen Tagen sonniger und luftiger Witterung wicdcraufstehen würde, und dies ist auch der Fall gewesen. Hat also die anhaltende Feuchtigkeit im Mai den Fcldfrüchten nicht geschadet, mit Ausnahme derjenigen Gegenden, wo die fließenden Gewässer ihre Ufer überschritten und Ucberschwemmungen veranlaßten, so ist sie dagegen manchen Obstarten allerdings sehr »ach- theilig gewesen. Dies gilt insbesondere von de« Aepfeln und Birnen, welche deshalb auch nur ciueu sehr geringen Ertrag geben werden; dage gen giebt cs Kirschen im Ueberfluß und Pflaumen in ziemlicher Menge. Wintergewächse standen allenthalben nicht vorzüglich, weil sie nicht gut auS dem Winter gekommen waren; doch werden sie immer noch einen bessern Ertrag liefern, als man zu Anfang deS Frühjahrs vermuthete, indem sie sich im Laufe desselben noch sehr erholt haben. Besser als RapS und Rübsen standen Awchl und Biewitz, zwei Oclgcwächse, auf welche die Auf merksamkeit der Landwirthe ganz besonders gelenkt zu werden verdient. Billige Oclpreise sind jedenfalls nicht zu erwarten. Dagegen kann wohl mit aller Zuversicht behauptet werden, daß die Getreideprelse nach vollen-