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Voigtländislher Anzeiger. Amtsblatt für das Königliche Bezirksgericht zu Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. MnsulMekenzWer Jahrgang. Verantwortliche Redaktion, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen Dieses Blatt erscheint wöchentlich viermal, und zwar Di'nstaqs, MitlwocbS, Donnerstags und Sonnabends. Jährlicher AbonnrmentsprriS, welcher präoam«- i-an>ll> zu entrichten ist, auch bei Begebung durch die Post, 1 Tblr. 26 Nqr. — Annoncen, die bis Vormittags 11 Uhr eingehen, werden in die TagS darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene EorpuS-Zeile berechnet. Einzeilige mit 2 Ngr. — Für die auswärtigen Aönigl. Gerichtüämler und Stadträthe, sür welche der Voigtländische Anzeiger Amtsblatt ist, bestehen die Geschäftsstellen in Pausa bei Herrn Ralhskellerpachter A. Oschütz, in Elsterberg bei Herrn F. W. Feustel, in Schöneck bei Herrn Eduard Meyer, in Mühltroff bei Herrn Ehausseegelder-Einnehmer Holzmüller. Mittwoch. A» IAA. 24. August 1864. Man war bisher geneigt, die Theilnahmlosigkeit Louis Napoleons am deutsch - dänischen Streite bald aus dem mißlichen Stande der französischen Finanzen, bald aus dem vorgeschrittenen, ruhesehnenden Alter LeS Kaisers, bald aus dem Wettmachenwollen gegen England wegen der von letzterem rund ab geschlagenen Eongreß-Jdee, bald aus seiner Vorliebe sür eine beabsichtigte Ver einigung Ler drel nordischen Reiche unter einem Haupte, bald auS dem Streben, in Deutschland sich beliebt zu machen, bald aus Nespect vor dem geeinigten Deutschland vLer aus diesem Allen zusammengenommen zu erklären. Es läßt sich aber auch noch ein anderer Grund dafür auffinden, der möglicher, vielleicht wahrscheinlicher Weise in Kurzem wegsällt und dadurch auch der schleSwig-hol- steinfchen Sache, vielleicht Lem ganzen Deutschland zu Nutzen oder Schaden gereichen könnte. Es stand während der bisherigen deutsch-dänischen Ver wickelungen und Kämpfe nicht blos England vereinzelt und vereinsamt da unter Len europäischen Großmächten, während Oesterreich, Preußen und Rußland einig waren, sondern auch Frankreich war vereinzelt und mußte in der polnischen Frage dieselbe Rolle spielen, die es England Dänemark gegenüber anwies, denn in Polen ließ England den Franzosenkaiser im Stiche, wie dieser England schon im Pariser Frieden, ter auf den Krimkrieg folgte, im Stiche gelassen hatte, wofür dieses sich an seinen Verlegenheiten in Italien, Syrien, Mexiko, Polen und zuletzt im Congreßprojekt weidete und labte. In Folge Lieser gegenseitigen Revanche — wenn sie einmal gemeinschaftlich zu Werke gingen, geschah es nur aus gegenseitigem Mißtrauen — schadete feder Theil, wie ein in Unfrieden lebendes Ehepaar, sich selbst am Meisten. Daher kam es, daß Lord Feuer brand, der seiner Zeit als Kriegsminister den großen Napoleon nach St. Helena bringen ließ, nach langem Sträuben vor dem machtstolzen englischen Parlament, vor der englischen Nation und vor aller Welt am Schlüsse der Parlaments sitzung ohnlängst das Lemüthigende Bekenntniß ablegen mußte, England fehle die Kraft, einen großen Krieg zu führen, und Parlament und Volk stimmte bei. Aber auch der Franzosenkaiser empfand seine Vereinsamung schwer. Die Nolle, welche er seit dem November vorigen Jahres spielte, war jedenfalls nicht be deutend, eine unthätige. Ein Napoleon als Franzosenkaiser aber darf nicht un bedeutend sein, von ihm verlangt das französische Volk, daß er die erste Violine spiele, und es war ein Hauptvorwurf, Len man der friedlichen Regierung Louis Philipps machte, Laß sie Frankreichs Macht und Ansehen nicht zur Geltung bringe. Schon haben französische Blätter Lem verhüllten Borwurf über Louis Napoleons Unthätigkeit in den Worten Ausdruck gegeben: „Frankreich schläft." Will er sein unter Lem freisinnigen Scheine des allgemeinen Stimmrechts auf gestelltes vollkommen unumschränktes Herrschersystem in Frankreich und mit diesem sich und seine Familie aufrecht halten, so muß er den ruhmsüchtigen Franzosen Ruhm und Ehre, Macht und Geltung nach Außen hin verschaffen. Weil nun aber England schwerlich Lust haben dürfte, politisch abzudanken, Louis Napoleon aber sich geltend machen muß, um seiner selbst willen, so scheint und Lie beiderseitige Erkenntniß von der Schädlichkeit der gegenseitigen Revanchen und dem Nutzen engeren Zusammenhalts der ersten Landmacht mit der ersten Seemacht recht wohl zu einem wirklichen ernsten Bündnisse zwischen den beiden Westmächten führen zu können, zu wollen, vielleicht schon geführt zu haben, weil ein solches Zusammengehen für beide Theile ein dringendes poli tisches Bedürfniß ist. Schon heißt es, Lord Clarendon sei mit der genaueren Verabredung beauftragt. Wenn nun dann Ler Congreß abermals vorgeschlagen wird und sich die Genehmigung des deutsch-dänischen Friedensschlusses anmaßt? Dieser letztere ist noch lange nicht abgeschlossen, die schleswig-holsteinsche Frage, Dank der heillosen Politik Bismarks, noch lange nicht erledigt, die Mißstimmung der Völker in den rein deutschen und constitulionellen Staaten gegen Preußen bis zum Zähneknirschen gewachsen. Daß Bismark auf Abschaffung des „par lamentarischen Regiments," auf den Absolutismus losstcuert, die constitutionellen Minister der deutschen Mittelstaaten für ebenso revolutionär wie ihre Völker erklärt, in Oesterreich mit den Rückwärtslern, denen verfassungsmäßiges Staats leben und kirchliche Gleichberechtigung ein Gräuel ist, mit den Rauscher, Thun re. auf Beseitigung des dürftigen Anfangs eines constitutionellen Systems hin- ardeitet, ist bekannt genug. Wie dann, wenn dies gelingt und Rußland als der Dritte im Bunde hinzutritt? Um Polen zu emer gehorsamen Provinz Rußlands zu machen, die skandinavische Union zu hindern, die Finnland be drohen würde, dürfte Rußland zu eben so Vielem die Hand bieten, als Oester reich, um seine italienischen Besitzungen, die ihm Bedürfniß sind, zu retten. Möglich sogar, daß man dann das Bestehen der deutschen Einzelstaaten, dieser Träger des constitutionellen und nationalen Lebens, als revolutionär betrachtete und Bismark die deutsche Frage mit „Blut und Eisen" lösen ließe. Und wenn nun dann Louis Napoleon im Verein mit England, um Frankreichs Geltung und feine eigene Macht im Innern und nach Außen aufrecht zu erhalten, Frei sinnigkeit nach Außen ausführte und die Revolution, der solches absolutistisches Streben der Ostmächte massenhaftes Wasser auf die Mühle liefern würde, los ließ, was dann? Man halte dies nicht für Schwarzseherei, für das Hören von Graswachsen; was einmal schon da war, der Bund der drei Ostmächte zur Aufrechthallung des Absolutismus, Karlsbader Beschlüsse, Spitzel, Jesuiten und Frömmler, Heuchelei, Censur und alles das Unglück, welches dadurch vierzig Jahre lang über Deutschland gebracht wurde, ist heute eben auch wieder mög lich. Die preußische und sonstige deutsche Demokratie, die jetzt mit Bismark redlich bemüht ist, die constitutionellen Mittelstaaten und den Bund möglichst bedeutungslos zu machen, Schleswig-Holstein zum preußischen Norwegen zu machen oder gar die Mainlinie zu gewinnen, wird einen absolutischen Bund der Ostmächte wahrlich nicht aufhalten, eben so wenig wie des kürzlich verstor benen Königs von Württemberg warnender Brief an Schwarzenberg, der diesem und Bach zurief: „Ihr stürzt Euer Vaterland in's Unglück!" fruchtete, bis das Unglück von Solferino hereinbrach. Möchten wir uns recht gründlich irren! Zeitungen, wachsen. Dresden, 10. August. Wie man hört, wird Se. Maj. der König bald nach Schluß des Landtages eine größere Reise (Baiern, Schweiz rc.) unter nehmen und die jetzt in Tegernsee bei München weilende Königin abholen. I. k. H. der Prinz und Prinzessin Georg sind bereits vor mehreren Tagen nach den belgischen Seebädern abgereist, ebenso werden mehrere der Herren StaatSminister eine Erholungsreise antreten. Herr v. Beust geht wahrscheinlich wieder nach Gastein, Herr v. Friesen wohl nach Ostende. Leipzig hatte im Jahre 1831 bei einer Bevölkerung von 43,000 Ein wohnern in 8 öffentlichen und 10 Privatschulanstalten 5053 Schüler, im Jahre 1864 betrug dagegen die Zahl bei einer Bevölkerung von 80,000 Einw. in