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VsiglliinWer Alychtr. Amtsblatt für das Königliche Bezirksgericht zu Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. MnsundsiebenziBer Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Diese« Blatt erscheint wöchentlich viermal, und zwar Dienstag«, Mittwoch«, Donnerstag« und Sonnabends. Jährlicher AbonuementSprei«, welcher pi-L-m»«- «?»nck<> zu entrichten ist, auch bei Beziehung durch die Post» 1 Thlr. 26 Ngr. — Annoncen, die bi« Vormittag« 11 Uhr eingehen, werden in die Tag« darauf erscheinente Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene CorpuS-Zeile berechnet. Einzeilige mit 2 Ngr. — Für die auswärtigen König!. Gerichtsämter und Stadträthe, für welche der Voigtländische Anzeiger Amtsblatt ist. bestehen die Geschäftsstellen in Pausa bei Herrn Rathskcllerpachler Ä. Oschütz, in Elsterberg bei Herrn F. W. Feustel, in Schöneck bei Herrn C. A. Hüttel »eu., in Mühltroff bei Herrn Thaufieegelder-Einnehmer Holzmüller. Donnerstag. MAO« 1 December 1864. Geschichte der deutschen Landwirthschaft in Verbindung mit der allgemeinen Geschichte von 1770— L8S0 Nach Christ. Eduard Lmigeihnl. Einleitung. Tie Landwirthschaft ist zu allen Zeiten Grundlage des Wohlstandes und der Bildung eines Volkes gewesen, jede gebildete Nation hat ursprünglich Land wirthschaft getrieben. Sie ist die Grundlage aller Kulturzweige, von ihrer Ausbildung hängt unn,ittelbar die Entwickelung der Gewerbthätigkeit und des Handels, mittelbar die Entfaltung der Kunst und Wissenschaft ab. Nahrung ist das erste Bedürfnis des Menschen, daher muß die Masse der Menschen mit der Zunahme der Produktion gleichen Schritt halten. Nur wenn die Existenz gesichert ist, kann der Mensch an andere Beschäftigungen denken, und wenn die Lebensmittel den Bedarf übersteigen, andern Arbeiten sich hingeben. Jagd und Fischerei ernähren nur wenige Menschen, das Nomaden wesen braucht große Landflächen für sparsame Bevölkerung, die Landwirthschaft bietet auch dichterer Bevölkerung lieberfluß an Nahrung. Aus ihr ging die Technik hervor, die Städte erschuf, mit deren Entwickelung die Bevölkerung wuchs; sie erzeugte den Austausch zwischen Roh- und Kunsterzeugnissen und erweckte den Handel, den Schöpfer des Wohlstandes. Wo aber der Wohlstand von den Sorgen um das tägliche Brod befreit, vermag der Begabtere einzudringen in das Gebiet der Kunst und Wissenschaft; wenn der Strom der Menschen durch Berührungspunkte die äußeren Anregungen mehrt, erfolgt ein rascherer Aufschwung der Kultur, eine höhere Bolksblüthe. So ruht die letzte Bedingung aller Bildung im Ackerbau. Die Bildung aber übt mächtigen Einfluß auf den Gang der Geschichte, mithin ist die Ge schichte der Landwirthschaft von bedeutendem Einflüsse auf die allgemeine Ge schichte, beide wirken wechselseitig auf einander. Zu st and nach dem HubertSKurger Frieden 1763. Damals hatten Landwirthschaft, Technik und Handel noch einen langsamen, schleppenden Gang, den Wissenschaften fehlte der frische Geist, der sie jetzt durcbweht. Die damaligen Hindernisse des Aufkommens der Landwirthschaft waren es auch für Technik, Handel und Wissenschaft, welche letztere dem prak tischen Leben fern blieb. Damals stellte man die sonderbare Behauptung auf, der Boden bedürfe von Zeit zu Zeit der Ruhe, beschönigte damit die bestehende Dreifelke>wirthfchaft mit reiner Brache und — der dritte Theil des Bodens — blieb erzeugungslos. Auf Stadifluren zwar schaffte man hie und da die reine Brache ab, doch waren dieß seltene Ausnahmen. Den Bauern standen die Hut- und Tristgerechtsame entgegen, ihren Boden nach Gutdünken zu nutzen. DaS tragbare Land trug daher nur wenig, die Brachen verursachten einen be deutenden Ausfall an Pflanzenstoffen, der Wuthschast entging bas nöthige Kut ter, es fehlte an Vieh, daher an Dünger, daher gab es spärliche Ernten. Wiesenreiche Striche unterstützten allerdings durch Grasbau die Wirtschaft und brachten den Ertrag auf zwei Dritttheil des gegenwärtigen, aber wiesenarme Fluren lieferten nicht den dritten Theil des jetzigen ErrragS. Die Flur beS Dorfes Else bei Koburg gab 1784 nur 135 Kuder Heu und 20 Kuder Klee; jetzt liefert sie 450 Fuder Heu, 600 Fuder Klee und 300 Fuder Rüben. Sie «nährte 1784 nur 170 Rinder und 146 Schafe, jetzt 372 Riuver und 213 Schafe. Damals erbaute man dort 1813 Simri Getreide, jetzt 5175 Simri und 5270 Säcke Kartoffeln. Damals war auch die Bevölkerung dünner, die Volkömasse in Deutschland hat sich seit 1784 verdoppelt. Böhmen hatte 1784 nur 2,800,000 Menschen, jetzt 4,700,000, Altbaiern und Oberpfalz 1799 kaum 790,000, jetzt bei gleicher Größe 1,800,000 M. Die Kurmark Brandenburg ernährte damals 790,000, jetzt 1 i/z Mill. M. Auch die Städte waren gegen jetzt schwach bevölkert. In Deutschland gab'S damals nur 8 Städte mit über 40,000 E, jetzt 24, und in vielen hat sich die Einwohnerzahl mehr als verdoppelt. Wien hatte 1790 nur 250,000 M., jetzt V2 Mill., Berlin 140,000, jetzt 460,000. Fabrik- gegenven, wie die Grafschaft Ravensberg in Westphalen, zählten damals 84,000, jetzt 160,000 M.; die 11 Geviertmeilen großen Schönburger Herrschaften in Sachsen damals 52,000 M., jetzt 150,000 M. Auch der Handel war da mals unbedeutend. Langsam bewegte er sich auf den schlechten, im Frühlinge grundlosen Wegen, das Bedürfniß nach besseren Straßen war kaum erwacht. Chausseen gehörten zu den Seltenheiten, liefen nur kurze Strecken, und da- Getreide war nicht weit zu transportiren. Selbst zur See führten nur wenige Küstenländer aus, am meisten Ostfriesland Weizen nach England. Daher waren die Fruchtpreise auf den Märkten sehr ungleich ; es fehlte an Kornspekulanten, bei guten Ernten wurde das Brod außerordentlich wohlfeil, in Mißjahren ent stand große Theuerung, theilweise Hungersnoth. Die Wissenschaft kam unter solchen Umständen dem Gewerbswesen gar nicht zu Hilfe. In Deutschland war keine Erfindung zu verwerthen. In der Technik konnte bei dem zu geringen Absatz in größerem Maßstabe nicht fabrizirt, die Landwirthschaft bei den großen Hindernissen nicht schwunghafter betrieben werden. Schon manche Erfindung war bei Seite geschoben worden, weil ihre Verwendung im Kleinen keinen Nutzen gab. Becher hatte schon 1682 auS Kartoffeln Branntwein zu brennen erfunden, 1747 Marggraf den Zucker in den Runkeln entdeckt; die erstere Er findung wurde wieder vergessen, die zweite erst später weiter verfolgt. 1665 erfand Lokatelli die Sämaschine,"1670 Ambott die Dreschmaschine, beide Erfin dungen entwickelten Franzosen und Engländer weiter. England beutete deutsche Erfindungen aus, spekulative Köpfe trugen neue Erfindungen nach England, das in Landwirthschaft und Technik blühete. Sollte eS in Deutschland besser, der arme, rohe, theilweise noch leibeigene Bauer wohlhabender, gebildeter, der im Mechanismus seines Handwerks versunkene Bürger zu regerer Thätigkeit und Erweiterung seines Geschäfts erweckt werben, sollten die deutschen Fabriken sich heben, um die Concurrenz mit dem Auslande bestehen zu können, der schleichende Handel belebt, die Wissenschaft durch ihr Eingehen ins praktische Leben neu geweiht werden, überhaupt Deutschland einer bessern Zukunft entgegen gehen , so mußten die Fesseln der Landwirthschaft gebrochen werden. (Fortsetzung folgt.) Zeitungen, wachsen. Der Zweck der Volkszählung, welche alle drei Jahre vorgenommen wird und welche dießmal für den 3. December bevorsteht, ist Bielen in Stadt und Land so wenig bekannt und wird von Manchen so irrig aufgefaßt, daß ein paar kurze Bemerkungen über dieselbe wohl nicht unwillkommen sein werden. Gar Mancher argwohnt einen geheimm Zusammenhang dieser dreijährigen Volk--