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Voigtlän-ischer Anzeiger- Sicb en und secvszigster Jahrgang. Verantwortlich, Rebaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. ^abriicher AbonnementSpreis für dieses Platt, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Thlr. 6 Ngr. — Die JnsertionSgebühren werden mit 1 Ngr. für die gespaltene CorpuS-Zeile berechnet, größere Schrist nach Verhältniß des Raumes. — Dienstag. JA, 19 F,biu,i I8-«. Der möglich« Fried« vielleicht ei« fauler. Der Geschäftsmann, der Bürger im weiteren Sinne des Worts begrüßt stets jeden Frieden mit Freuden, wenn dieser auch an sich unoortheilhast fein sollte, weil jeder Krieg seine Unternehmungen stört, die Lebensmittel verteuert. So ist auch die Nachricht von den gegenwärtigen FriedenSaussichten in diesen Kreisen mit Jubel ausgenommen worden. In Frankreich, wo vom Minister bis zum Nachtwächter Alles an der Börse spielt und bei dem Steigen der Staatsobligationen gewinnt, war natürlich der Jubel am ärgsten. Unsere deutschen Landsleute, fast ganz staatspapierlos und vom Kriege nicht unmittelbar belästig!, im Gegenteile zum Theil in Folge desselben alle ihre Erzeugnisse immer besser und theuerer zu verwerthen im Stande, waren weniger friedenösehnsüchtig, ja viele hätten es möglicher Weise nicht ungern gesehen, wenn weit hinten in der Türkei die Völker noch eine Zeit lang auf einander geschla gen hätten. Es fragt sich nur, ob die Freude über die bevorstehende mög liche Stillung der Friedenssehnsucht eine begründete ist, oder ob nicht der letzte Betrug schlimmer als der erste sich ausweisen, d. h. auf den jetzt zu hoffendcn Frieden im Kurzen ein noch viel hefti gerer, gefährlicherer, für Deutschland unheilvoller Krieg folgen könne und werde. Die morgcnländische Frage, d. h. das Schicksal der Türkei und der in ihr zusammengewürfelten Völker ist nicht im Geringsten gelöst und entschieden, nur vertagt; auf den alten Rock werden neue Lappen geflickt, wie lange wird's halten? Vorläufig und bis auf Weiteres ist „der kranke Mann" gegen die Gewalt- thätigkeiten seines übermüthigen Nachbars sicher gestellt, das ists Ganze. Aber betrachtet man die ungeheure Grenzlinie des Strei tes vom Eismeer bis nach Persien, von welcher die Nerven deS Völkerlebens bis nach China und Indien, bis ans Mittelmeer und den Ocean die Milleidenheit spüren; sieht man im schwedischen Vertrage die Nothwendigkeit für England, Rußland vom atlantischen Meere zu- rückzudrängen; erkennt man für Deutschland die Ausgabe, Rußland von der Erbfolge in Dänemark und dadurch von dem Eintritt in den deutschen Bund abzuhalten, für eben so dringend, als sie es für England ist, Schweden und die Ostsee vor neuen russ. Zwing burgen zu sichern; weiß man, daß es sehnsüchtiger Wunsch des preüß. Volkes ist, die Unterbindung der Lebensadern seiner östl. Provinzen gelöst zu sehen; erwägt man die Schwierigkeit, die Do nauschifffahrt, den Handel auf dem Pontus thatsächlich zu sichern und die Grenze in Asien dauerhafter als auf dem Papiere zu re- guliren, beachtet man endlich daS krampfhafte Ringen zahlreicher Nationen von Cicilien an durch die Donauländer bis zur Ostsee hinauf nach nationaler Selbstständigkeit, welches wenigstens Erwä- zung verdient, — so erscheint die Aufgabe, einen dauerhaften Frieden zusammcnzubringen, wahrhaft riesengroß, abgesehen von an dern Erscheinungen, die Bedenken erregen. — Wir zählen zu diesen bedenklichen Erscheinungen ohne Umstande die große Höflichkeit und Zuvorkommenheit, welche schon während des Krieges zwischen Ruß land und Frankreich sich kund gab. Beide haben sich kennen und achten gelernt, beide sind jetzt im Stande, zu berechnen, was ein Bund zwischen ihnen vermöchte. Deutschland möge nicht vergessen, daß schon unter dem ersten Napoleon von einer Theilung der Welt herrschaft zwischen Frankreich und Rußland die Rede, ein franzö- sisch-russ. Bund schon 1830 fertig war und nur durch die Juli revolution gesprengt wurde. Wird Rußland im Osten beschränkt, wie es den Anschein hat, so dürste es Raum im Norden suchen. Die Weichftlmündungen, die Ost- und Nordsee dürften dann sein Strebziel werden. Frankreich und Rußland haben auch England- schwache Seiten kennen gelernt. Frankreich nimmt im Morgenlande keine Entschädigung, trotz des Ungeheuern Kriegsaufwandes, aber wie stehts am Rheine? Es bringt aus der Krim ein siegreiche-, thatcn- und ruhmlustiges Heer zurück. Das sind ernste Bedenken. Wir wollen nicht schwarz sehen, und „Bange machen gilt nicht" ; aber die große Freundlichkeit, ja Freundschaft, die jetzt zwischen Ruß land und Frankreich sich breit macht, gefällt uns nicht, obwohl Deutschland sich nicht beschweren darf, wenn LouiS Nap. seinen Frieden mit Rußland allein macht, denn es hat nichts beim Krieg« gelhan; halten wir aber alles Vorstehende zusammen, so dürfte der Friere, wenn er noch zu Stande kommt, vielleicht ein fauler, un haltbarer, nur für die allernächste Zeit zusammengeflickter werden. Zeitungen Sachsen. Chemnitz, 14. Februar. Nachdem sich am 10. d. M. eine verheiratete Frau durch Erhängen entleibt hat, ist gestern Abend wieder ein Selbstmord in unsrer Stadt, binnen 10 Tagen leider der dritte, vorgekommen. ES erhing sich ein 15*/,- jähriger Lehrling eines hiesigen Materialwaarengeschäfts. Jene Frau hat schon längere Zeit an Trübsinn gelitten, dagegen sind, was den jungen Mann betrifft, Gründe des Selbstmordes nicht bekannt. Ende vor. Jahres starb in dem Dorfe Gahlenz bei Oederan die Gutsauszüglers-Wittwe Johanne Christiane Uhlemann im Alter von 77 Jahren. Erwähnenswert ist, daß dieselbe eine Nachkom menschaft von 106 Seelen erlebte und zwar 13 Kinder, 74 Enkel und 19 Ur-Enkel. Von diesen sind noch am Leben 9 Kinder,. 35 Enkel und 14 Ur-Enkel. Bobenneukirchen, 10. Febr. Gestern Vormittag wurde auf d.m von Haselrain nach Ottengrün führenden Fußsteige auf Burkhardsgrüner Flur der Handarbeiter und Hausauszügler I. M. Lippert aus Ottengrün todt aufgesunden. Derselbe war im köntgl.