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bräuchlichen Grobheit. So hat der von Frankfurt her bekannte „Reichskanarienvogel," Rösler, an den Senator von Ken. tucky, Thompson, der sich auf dem Congreß ungebührlich über die Deutschen aussprach, einen offenen Brief geschrieben, in welchem er das ganze Yankeesündenregister auf die gelungenste Weise aufzählt und zeigt, was für ein Unterschied sei zwi schen dem Amerika der Penn, Franklin, Washington und Jefferson und dem gegenwärtigen. Bezüglich der Länder gier haben die Amerikaner keinem fürstlichen Eroberer der Alt- und Neuzeit irgend einen Vorwurf zu machen. Unter dem Schein des Rechts oder mit roher Gewalt, wie ihrer Zeit die Flibustier, reißen sie ein Stück des schwachen Mexiko nach dem andern an sich, nehmen Samana auf S. Domingo und mit diesem Hafen das Protektorat über diese schöne In, sel, bedrohen Cuba, nehmen die Sandwichsinseln in Besitz rc. Ob nicht in dieser Ausdehnung ihres Gebiets.ein Keim des Zerfallens liege, mag die Zukunft entscheiden. Durch die gegenwärtige Geschäftskrise wird indeß eben so wenig, wie durch innere und äußere politische Streitig keiten der Aufschwung des Landes im Ganzen stark beein trächtigt werden. Tausende werben verarmen, wie eben auch Tausende von Einwanderern zu Grunde gehen; aber jährlich steigt die Bevölkerung um 600,000 Köpfe, jährlich werden Hunderttausende von Ackern Landes urbar gemacht und immer bedeutsamer wird jährlich der junge Staatenbund jenseits des Oceans. Aeitungeu. Sachsen. Zwickau, I.Novbr. Heute ist die Zwickauer Kohlenbahn auf dem linken Muldenufer zum Kohlen- und beziehentlich Gütertransport eröffnet worden. Meißen, 30. October. Die diesjährige Weinlese ge hört in Hinsicht der Qualität bei dem so günstigen Spät- Herbst unter die mittelguten, in Hinsicht der Quantität aber zu den geringeren, indem sie circa nur ein Viertheil guter Jahrgänge beträgt. Durch Cultivirung edler Rebsorten hat der sächs. Weinbau sehr gewonnen. Noch lagern in Meißen und Umgegend, namentlich in der trefflichen Zscheilaer Flur, edle Werne vorzüglicher Lagen und Jahrgänge. Vom Kriegschauplatze. Ueber bas Verhältniß der Stärke der verbündeten Heere auf dem Kriegsschauplatz in der Krim erhält man folgende genauere Angaben: Nach Brie, frn aus dem Hauptquartier Lord Raglan wurden in den nächsten Tagen vom 13. September ab im Ganzen in der Krim gelandet: 22,000 Engländer, 32,000 Franzosen, 8000 Türken, im Ganzen 62,000 Mann. Der Verlust, den man in der Schlacht an der Alma (20. Septbr.) erlitt, betrug an Verwundeten und Tobten: auf englischer Seite 2089 Mann (genau), auf franz. 1500 Mann (ungefähr, wahr scheinlich etwas weniger), auf türkischer 400 Mann, im Ganzen mithin etwa 4000 Mann. Es respräsentirte die alliirle Armee demnach unmittelbar nach der Schlacht einen Bestand von 58,000 Mann. Hierzu traten an Verstärkungen bis zum 11. October 8000 Mann, welche den Effectivbestand auf 66,000 Mann erhoben. Weitere 5000 Mann, und zwar türkische Elitelruppen, müssen bis zum 16. October ans Land gesetzt worden sein, dergestalt, daß die AUiirten in diesem Augenblick über 71,000 Mann Landtruppen zu verfügen ha ben, One Macht, die durch die 25,000 Mann starke Be satzung der Flotte einen jedenfalls mit in Anschlag zu brin genden Rückhalt findet. Auch soll es im Werke sein, weitere 17,000 Mann nach der Krim überzuführea. Es haben sich große Talaren-Banden in der Krim ge bildet, welche die Landhäuser der Russen angreifen und aus. plündern. Die Russen gestehen ein, daß die Tataren ihnen feindlich gesinnt seien, so baß 2000 derselben zur Haft ge. bracht werden mußten. Ueber die Ereignisse bei Sebastopol am 17. October sind aus Odessa, 22. Oct., einige zur Aufklärung dienende De tails bekannt worden. Das Bombardement zur See war gegen die Batterie Nr. 10 und den Thurm Wolochoff ge richtet. Sechs russische Kanonen wurden bemonlirt, der Thurm stark beschädigt. Der erste Angriff der Alliirten bei Sebastopol am 17. Oct. erfolgte gegen die exponirten Werke, die General Korniloff in neuester Zeit oberhalb des Kirch hofes errichten ließ, und deren Vertheidigung er persönlich übernommen hatte. Die Werke wurden von den Franzosen nach kurzem Kampfe, in dem General Korniloff siel, genom men. Die ihres tapferen Führers beraubten Russen zogen sich in genannten Thurm Wolochoff, gegen den später das Feuer von der Seestile eröffnet wurde, zurück. Der Thurm Wolochoff ist nach Art der Maximilian,Thürme bet Linz erbaut; seine Krone hat 30, die Kasematte 40 Kanonen schweren Kalibers. Dieser Thurm scheint nach der jetzigen sehr günstigen Position der Alliirten den Schlüssel für den Hauptangriff gegen die Stadt selbst zu bilden. Privatnachrichten aus Odessa vom 25. October zufolge fand das Bombardement gegen Sebastopol auf weile Distanz vom 19. bis 23. October ununterbrochen statt. Seit der Eröffnung des Feuers ist es den Weibern und Kindern nicht mehr gestattet, die Stadt zu verlassen, um ihre Krüge mit Trinkwasser in der Tschernaja zu füllen. General Canrobert ist noch nicht vollkommen hergestellt, wenn auch in Recon- valescenz; die Wunde, die er an der Alma erhielt, ist wohl nicht gefährlich, aber auch noch nicht vollkommen geheilt. ' Nach einer bei der russischen Gesandtschaft zu Wien über Petersburg aus Sebastopol vom 23. October eingegange. nen Depesche bedrohe eine anrückende Armee von 50,000 Russen die Belagerer im Rücken. Nachrichten vom Kriegsschauplatz an der untern Donau zufolge waren die Türken in und um Braila bis zum 19. October auf 20,000 Mann angewachsen, mit verhältnißmäßig geringer Artillerie, da sie nur 8 Geschütze mit sich führten. Einige Schwadronen regelmäßiger Reiterei waren bis Va- kvni, Halbweges zwischen Braila und Galacz vorgeschoben, wo sie gemeinschaftlich mit den dort stehenden österreichischen Truppen in die von den Russen erbauten Ställe und Erd. Hütten gelegt waren. Das „Journal de Constantinople" giebt die Zahl der in Jsaktscha, Tultscha und Matschin in der Dobrudscha stehen- den Russen auf 10,000 Mann an; dagegen wird aus Braila gemeldet, daß die dort unter Sadtk Pascha eingerückte Vor hut der türkischen Truppen mit 9 Bataillonen Infanterie, 13 Schwadronen Cavallerie und 3 Batterien Artillerie, im Ganzen aus 7000 Mann bestehe. Telegraphische Depeschen. Wien, Dienstag, 31. October, Vormittags 11Z Uhr. Der commandirende Generaladjutant Fürst Gortschakoff mel. det dem hiesigen russischen Gesandten untrem 29. October