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WglliinUlhtr Anzeiger. Amtsblatt für das Königliche Bezirksgericht zu Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadtrüthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. MnsmWebeiWMr 3ahrjMNg. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. DicseS Blatt erscheint wöchentlich viermal, und zwar Dienstags, Mittwochs, Donnerstags und Sonnabends. Jährlicher Abonnementspreis, welcher pi-Lnuw»- rnnch» zu entrichten ist, auch bei Beziehung durch die Post, I Tbir. 26 Ngr. — Annoncen, die bis Bormittags II Uhr eingehen, werden in die TagS darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Ausnahme. — Inserate werden mit I Ngr. für die gespaltene CorpuS-Zeile berechnet. Einzeilige mit 2 Ngr. — Für die auswärtigen Königl. Gerichtsämler und ^ladträthe, für welche der Boigtländische Anzeiger Amtsblatt ist, bestehen die Geschäftsstellen in Pausa bei Herrn Rathskcllerpachter A. Lschütz, in Elsterberg bei Herrn F. W. Feustel, in Schöneck bei Herrn Eduard Meyer, in Mühltroff bei Herrn Ehansseegelder-Einnehmer Holzmüller. Donnerstag. .1- »» 9. Juni 186«. Also th eilen will man Schleswig, das doch auf ewig ungeteilt bei Holstein bleiben soll! Da man die Glieder des deutschen Leibes von diesem nicht ganz herunterschneiden kann, will man von dem einen wenigstens einen Fetzen, einen Bissen herunterreifien und den heißhungrigen Dänen zu verschlingen geben. Und das schlagen die sogenannten neutralen Mächte, England, Frankreich und Rußland, vor, denen der Schwede als Schooßhündchen nach- kläsft. Diese wollen unbetheiligt sein und gönnten uns Deutschen am liebsten kaum die Luft. Frankreich möchte heute lieber als morgen das linke Rheinufer annectiren, Rußland alle Slaven bis an den Böhmerwald und den Balkan unter seine Flügel nehmen, England allein die Meere befahren, allein fabrizircn und handeln, und um keinen Preis aus Deutschland eine Seemacht werden lassen, daher das bodenlos unverschämt freche Verlangen, Kiel dürs- kein Bundeshafen werden. Schöne neutrale Mächte sind das! Dachte Mancher schon, Louis Napoleon halte es ehrlich mit dem Rechte Deutschlands, Schles wig-Holsteins und seines Fürsten, weil er das Raubprctekoll für hinfällig er klärte und Abstimmung des Volks in den Herzogtümern vorschlug. Ehrlichkeit in der Politik! Was gilt die Wette, er that s blos, weil er sah, daß die beiden deutschen Großen und der Bund nicht einig waren und duobns litixan- tidu« Znuäot tortirm, d. h. wenn Zwei prozessiren, wächst dem Advokaten Schmeer. England wurde nebenbei auch geärgert und konnte möglicher Weise zu Zugeständnissen auf andern Feldern bewogen werden. Jetzt aber, da die drei deutschen Faktoren einig sind, kommt der nichtsnutzige Theilungsvorschlag. An der Einigkeit Deutschlands liegt eben dem Auslande durchaus nichts. Wer will denn dann mit dem Riesen anbinden, ohne sich Schläge zu holen, daß die blauen Flecke bei Waterloo nach mehr als 50 Jahren noch schmerzen? Aber wenn ein Theil als Großmacht Politik der freien Hand, der andere Hauspolitik treibt und beide Parten die dritte als unebenbürtig bei Seite schieben, dann hat der riesige Mickel in allen seinen Gliedern die Gicht, und Romanen und Slaven reiben sich ebenso die Hände wie Vetter Grobian John Bull jenseits des Kanals in seinem unermeßlichen Dünkel und in seinem noch unermeßlicheren Unverstände. Schlimm isl's, daß der Schweigsame wieder einmal eine Achtels- oder gar Viertelswendung nach der Bulldoggenseite hin gemacht hat, wenn er sie wirklich gemacht hat; aber die Einigkeit Deutschlands ist zehnmal mehr Werth, als wenn jener es in seinem Interesse findet, mit Deutschland zu liebäugeln, um die Ruthe des alten Reinecke Pam in eine Klemme zu bringen. Laßt die Dänen immerhin wieder losschlagen und blockiren. Desto eher kommen die Deutschen nach Fünen, desto eher zu einer respektablen Flotte. Denn eher, als bis es uns tüchtig auf die Nähte brennt, treffen wir doch keine ernstliche Anstalt, wenigstens so viele und tüchtige Kriegsschiffe uns zuzulegen, als nöthig sind, um dem dänischen Köter in seine Hütte zu jagen. Im tiefsten Frieden reiten unsere Parteien ihre Prinzipiengäule, nach denen Oesterreich aus Deutsch land geworfen werden, Volksheere gebildet, die demokratischen constitutionellen Regierungen disziplinirt, von den Einzelsouveränitäten, wie voriges Jahr auf dem Frankfurter Fürstentage, von manchem Fürsten nicht ein Jota'chen auf gegeben werden soll. Da muß der alte Schlachtruf: „Hie Oesterreich! Hie Preußen!" recht laut und eindringlich erhoben, jede Thätigkeit des Bundes ge lähmt, jede gemeinsame, für ganz Deutschland wohlthätige Reform, weil sie Lem Einen zu wenig, dem Andern zu viel scheint, verhindert werden. Nein, nein, der Friede, die gute Zeit bringt uns nicht vorwärts, schafft uns keine Flotte! Drum, Ihr Wackern Hungerleider in Kopenhagen, Ihr Advokaten ohne Prozesse, Literaten ohne Kenntnisse, Kaufleute ohne Handel, junge Leute ohne Aemter, Straßenpöbel und Evmpagnie, die Ihr Alle Euch Demokraten schimpft und das Regierungsheft tatsächlich in den Händen habt, macht keinen Frieden, verlängert nicht einmal den Waffenstillstand, sondern schickt Eure halbverfaulten und halbbemannten Schiffe so lange zur Blockade heraus, bis Michel sich zu der Einsicht veredelt, daß wir nicht eine österreichische, hamburgische, preußische oder gar hannoversche, sondern eine Bundeskriegsflotte nöthig haben; daß eine Delegirten-Versammlung immer noch bester, als gar kein Parlament, daß der einheitspitzige Bundesstaat nicht möglich, folglich eine straffere Bundedform er- strebenswerth sei, daß Preußen daö übrige Deutschland eben so nöthig habe, wie Deutschland Preußen; daß Oesterreich Deutschland nicht bloS dann zu kennen und zu suchen habe, wenn eS dessen bedarf, sondern fortwährend und allein in ihm Wurzel und Saft für sein eigenes staatliches Leben und Gedeihen suchen müsse. Uns kurz zu fasten, die Noth muß den Michel verständig machen, wozu er allerdings alt genug wäre, damit er seine Theorien, vorgefaßten Ideen, Zu- und Abneigungen, Utopien und Phantasien ausschwitzt und Realpolitik treiben lernt. Unsere beiden Großen müssen begreifen lernen, daß nicht ewige, kleinliche Eifersucht zwischen ihnen, sondern enges, bundesmäßiges Zusammen greifen unter sich und mit dem übrigen Deutschland ihre Gcoßmachtsstellung bildet und ihrem Worte Geltung verschafft. Schlüßlich bricht wohl in Kopen hagen wieder der gesunde Menschenverstand durch, der den Straßenpolitikern das Handwerk legt, die Zuneigung des schwedischen Nachbars als Ecbschleicherei, die es ist, und die Unterstützung Englands als Wind erkennt und schlüßlich einen Anschluß Dänemarks an den deutschen Bund, wovon schon dänische Blätter sprechen, dem langsamen Verbluten des dänischen Volkes und Staates vorzieht. Und muß eS sein, daß Deutschland einen Kampf auszufechten bekommt für sein gutes Recht und seine Ehre, so möge es diesen kämpfen. Dieses Verfügen und Disponiren über deutsche Länder und Völker, wie es die europäischen Großen jederzeit getrieben haben, muß einmal ein Ende nehmen, je früher, desto bester. Zeitungen. Hachsen. Dresden, 7. Juni. Herzog Friedrich von Schleswig-Holstein ist heute früh von hier über Berlin nach Kiel abgereist, wo seine Ankunft morgen er folgen soll. Bei der Berathung des Jagdgesetzes stellte nach der Const. Ztg. der Abg. Lang folgenden Antrag: „Die Kammer wolle beschließen, daß den angesessenen Bürgern Plauens das auf Grund-Kaufs seit länger als 100 Jahren auf den Stadtfluren sammt den dazu gehörigen Gehegen ausgeübte Jagdrecht nach wie vor ungeschmälert verbleiben soll." Unter den Rednern gegen den Antrag zeichnete sich Seiler wieder durch neu-elastische Ausdrucksweise aus, indem er meinte, auf den Plauenschen Fluren übte — wie ihm gesagt sei — sehr oft „G esindel" das Jagdrecht aus, wofür er von Lang und Mammen gebührend zurecht gewiesen wurde. Lang protestirte im Namen der Bürger der Stadt Plauen gegen den Ausdruck Gesindel, und Mammen meinte, man sei von Seiler Ausdrücke gewöhnt, die er selbst in der nächsten Viertelstunde bedaure.