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Dahlen, 28. März. Gestern Nachmittag ist der in Lützschena als Knecht dienende Carl Heinrich Thiele aus Luppa in hiesiger Stadt von seinem mit Bier schwer beladenen Wagen gefallen, von demselben überfahren unv sofort getödtet worden. Teüerreikb. Triest, 29. März Abends. Die Utberlands- post ist eingetrosten und bestätigt durch Nachrichten auS Singa- pore, vom 21. Februar, daß Jeddo, die Hauptstadt Japans, durch ein Erdbeben (100,000 Häuser) zerstört worden ist, viele, angeb, lich 30,000, Menschen dabei ums Leben gekommen sind und daß daS Elend außerordentlich groß sei. Der Kaiser von Japan und dessen Familie sind unverletzt geblieben Frankreich. Paris, 29. März. Man liest heute im Mo niteur eine telegraph. Depesche des Marschalls Pelissier vom 23. März, nach welcher an diesem Tage zu Sebastopol die Geburt des kaiserl. Prinzen bekannt und von den Verbündeten mit 10 l Kano nenschuß begrüßt wurde. Die Russen beleuchteten ihre ganze Linie vom Nordfort an und die Franzosen meinten, daß sie sich damit der Freudenbezeigung anschließen wollten. Paris, 31. März. Der Moniteur enthält, daß die Aus wechselung der Ratificationen des Friedensvertrages binnen 4 Wochen oder früher in Paris stattfinden soll. Die Bestimmungen des Ver trags werden vorher nicht bekannt gegeben. Der Kaiser hat nach der gestrigen Sitzung der Konferenz die sämmtlichen Bevollmächtig ten gemeinschaftlich in den Tuilerien empfangen. Die Illumination von gestern Abend war prachtvoll. — Graf Orloff ist nach dem Constitutionnel eingeladen worden, in der kaiserl. Suite der großen Revue Morgen beizuwohnen, ebenso mehrere in besonderen Aufträ gen eingetroffene kais. österreichische Offiziere. Paris. Der Eifer der Geistlichkeit gegen die Reifröcke der Damen, welche sidensalls sehr majestätische Figuren und sehr feine Taillen machen, ist groß. Von mehr als einer Kanzel wird dage gen mit aller Macht der Deredtsamkeit, unter andern Gründen auch deswegen gepredigt, weil die Pforten des Paradieses viel zu eng seien, um Damen in so weitläufiger Kleidung einlassen zu können. — In Folge dessen ist diese kaum eingeführte neueste More auch schon fast völlig wieder verschwunden unv nur hie und da sieht man noch eine so umfangreiche Gestalt durch die Straßen wandeln. — Paris, 26. März. Lord Clarendon hat bereits mehrere von seinen Leuten nach London vorausgeschickt, wo er am Montage ein- ireffen wird. — Das Gerücht von einer großen französischen Er- pedition nach Madagaskar zur Besitznahme dieser Insel war ver maßen verbreitet, daß ich glaubte, mir einiges Licht über das Wahre daran verschaffen zu müssen. Von dem Marineministerium scheinen in der That Auskünfte in dieser Beziehung abgefordcrl worden zu sein, allein irgend eine Bestimmung ist nicht getroffen. Der Kaiser ist viel zu vorsichtig, um über Hals und Kopf eine so kostspielige Unternehmung zu beginnen, über deren günstige und Frankreich Gewinn bringende Resultate keine Gewißheit besteht. Da ich ein mal von Pariser Gerüchten spreche, muß ich auch der von Abtre tung unserer ostindischen Etablissements an die Engländer gedenken. Für Frankreich besitzen diese Colonien geringen Werth und sind gewissermaßen bloße Marinestationen. Pondichery nnb die ankern Niederlassungen würden dagegen den Engländern sehr willkommen sein. Der Austausch soll, wie es heißt, mittels der Insel Domingo bewirkt werden, welche durch eine gemeinsame französ.-engl. Erpedi- tion dem Kaiser Soulouque abgenvmmen, an Frankreich aber über lassen werden würde. Eine Verantwortlichkeit für der Art von der französischen Einbildungskraft in Curs gesetzte Dinge mag ich na türlich nicht übernehmen. — Der Kaiser hat bei seinem großen Interesse an den öffentlichen Bauten inkognito die Demolirungsar beiten besucht, welche der Anlage drS großen Bcnlevard von Se- bastopol vorausgehen, welcher, wie es Hecht, seiner gan;en Länge nach, mit eroberten russischen Kanonen versiert werden soll. Auf Vorstellungen der Stadt Paris scheinen viele der vom Kaiser beab sichtigten großen Bauten der Privatunternebmung unter gewissen Erleichterungen und Verpflichtungen zu Gunsten der Stadl über lassen werken zu sollen. Wir werden so gigantische Prospekte aus- gesührt zu sehen bekommen, daß man glauben wird, die Zeiten Babylons und der SemiramiS seien wiekergekehrt. — Bekanntlich hieß eS, Graf Morny wünsche die französische Botschaft am russi schen Hofe zu bekleiden und die Zeitungen nahmen die Sache ziem lich gewiß. Indessen ist Herr v. Mvrnv hier in Paris sehr nütz lich und weiß namentlich die Legislativen innerhalb der geeigneten Schranken zu halten, so daß ihm der obige Wunsch noch nicht gewährt worden ist. Unter den Aspiranten auf die Reise nach Rußland wird auch General Canrobcrt genannt. 38,000 Mann der Orientarmee sollen nach Algier gebracht werden, wo man eine große Expedition gegen die Kabylen vorhat. Gegen 30,000 Mann der französischen Armee werden in Konstan tinopel bleiben. — Nur ein sehr kleiner Theil der Krimarme wird nach Frankreich kommen. Die verschiedenen Werbedepots der deutsch-britischen wie Ler schweizer Fremdenlegion im Elsaß haben ihre Arbeit eingestellt. England. Dem „Star" zufolge wird die ganze, in der Krim befindliche Streitmacht der Alliinen, gleich nach Unterzeichnung des Friedens, in die Türkei verlegt werken; die Engländer sollen vor der Hand Scutari, Varna, Trapezunt und Candia, die Franzosen Konstantinopel, Smyrna, Schumla und vielleicht — Gallipoli be setzt halten, bis der neuliche Firman und Hattischeriff ins Leben getreten sind. London, 30 Marz, 10 Uhr des Abends. Tie Kanonen des Dower verkünden soeben mit eherner Zunge der Weltstadt die zu Paris erfolgte Unterzeichnung des Friedens. Loudonbrücke bedeckt sich rasch mit Menschenmassen. Aus der Krim. Ueber den Gesundheitszustand des franzö sischen Heeres lauten die Berichte in Times und Heralv überein stimmend noch immer sehr ungünstig. Dem Timescorrespondenten zufolge befanden sich 18,000 Franzosen in den Hospitälern, wäh rend der Heralb von 15,000 Kranken spricht. (Einem Privatdriefe aus der Krim zufolge sind dort in 6 Wochen 60 Militärärzte ge storben.) — In einer Korrespondenz desselben Blattes heißt es: „In einer Division, die ich nennen konnte, erhalten die Mannschaf ten nur einmal wöchentlich frisches Fleisch." Das englische Heer erhielt noch immer bedeutende Verstärkungen. So wird der Times unterm 14. März geschrieben: „Die 4. Division wird nächstens 8000 Mann zählen, da sie in den letzten Tagen um mehrere Hundert verstärkt worden ist und noch weitere Zuzüge erwartet. Wahrend des letzten Tagcs, oder doch ganz in der letzten Zeit, sind über 3000 Mann angekvmmen, und dem Vernehmen nach befindet sich noch eine weit größere Anzahl in Malta, die im Be griffe steht, nach der Krim eingeschifft zu werden." Nach Angabe englischer Blätter belauft sich die Stärke des englischen Orientheeres, das türkische Kontingent nickst mitinbegriffrn, auf mehr als 70,000 Mann. Berichte aus Simferopol führen bittere Klagen über Rauhhelt der diesjährigen Temperatur in der Krim unk die fabelhaften Preise der Lebensmittel. Ein Paar Hühner, das sonst mit 20 bis 30 Kop. als theuer bezahlt erschien, ist jetzt kaum für 3 Silberrubel (L 1 Thlr. 2*/z Ngr ) zu haben. Das Hundert Eier kostet 6—7 Silber- rabel; sonst kostete eS 75 Kop. Der Mkinhandel und die Wcmproducti-n