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74 wirklich zu seinem Besten zu verwenden wisse, was freilich nur durch eine vollständige Benutzung möglich ist. Ohne Auf wand von Zeit und Mühe ist eine höhere Bildung, wie sie die Stellung des ManneS, der zugleich als Mensch, als Bürger und als Geschäftsmann in befestigter Gesinnung, wohl unterrichtet, zufrieden und geachtet zu stehen wünscht, nicht zu erwerben. Will daher der gewerbthätige Bürgerstand tüchtige Mitglieder aus seiner Jugend heranziehen, fäbig und geschickt an seinem Wohle zu arbei ten, sein Interesse zu schirmen und die Standcsgenossen sowohl ge gen Höherstehende als gegen Fremde mit Ehren zu vertreten, so dürfen die Wohlhabenden wahrlich nicht unterlassen, mit Nachdruck darauf zu halten, daß ihren Söhnen bis zum Eintritt ins Jüng lingsalter der volle und ungeschmälerte Genuß der für sie gegrün- deten Bildungsanstalten zu gute tomme. Stur wenn dieser Be dingung Genüge geschieht, ist ein wohlthätiger nnd durchgreifender Einstuß auf bürgerliche Bildung und eben dadurch auf die Gestal tung bürgerlicher Zustände von den nenentstandenen Schülern zu erwarten. Kaiser Napoleon. Man sieht sich die Leute, die eine Hauptrolle auf der Bühne spielen, gern einmal näher an. Also: „Ludwig Napoleon ist von mittlerer Statur, sinn erster Anblick, seine Haltung militärisch. Sein Gesicht ist scheinbar unbewegt, sein Mund blaß, die feinen, schmalen Lippen werden selten geröthet, aber sie sind geistreich ge schnitten. Seine Augen sind glanzlos, aber man irrt, wenn man sie ausdruckslos nennt. Wenn man lange in diese Augen hinein schaut und tief hinein, so liegen weit, weit im Hintergründe die lauernden Blicke zusammengekollert wie ruhende Löwen im Hinter gründe ihrer Zelle, und nach und nach richte» sie sich auf und kommen, im Kreise sich bewegend, vorsichtig langsam vorwärts, bis an das änßere Augengitter und dann gewinnen sie ein dunkles Glühen, eine um sich schauende Flamme, dann sieht man die ar beitenden Gedanken in ihrem Kreise, dann belauschen diese Blicke mit tieslringender Gewalt nnd Starrheit sich und alles um sich herum: Menschen, Tinge und Ereignisse, stets auf dem Anschläge, stets sich und die Welt beobachtend. Napoleon spricht langsam, er kehrt das Wort erst erwägend um, bevor er es ausgiebt, aber nicht aus Gei; und nicht, weil ihm das Wort nicht zu Gebote steht, sondern deshalb glaub ich, um diesem Worte mehr Sicherheit zu geben, und dem Worte und dem Hörer zu zeigen, daß er sich nicht leichtsinnig von seinen Worten trennt und daß er die Wich tigkeit der Worte kennt, indem er sie nur langsam entläßt. Ein großer M ister ist Napoleon im Zu hören; man sieht, wie er hört. Er saßt nicht schnell, eher langsam, aber erschöpfend und für immer. Wahrend der Andere spricht, schält er ordentlich lang sam das Gehörte, wirft die Schale weg, und behalt den Kern. Er. sagt zuweilen ganz offen und ehrlich: Sagen Sie mir das noch einmal, ich folge Ihnen nicht! Eine große Tug-nw Napole ons ist: er verträgt einen Widerspruch. Er scheint ihn sogar zu in.tercssiren, er hört ihn ruhig an, schweigt und — giebl nie was zu! Sein Wille ist euern, ft in Ausspruch ein Hammer, sein Entschluß ein altnapol enül er Tagesbefehl: er schneidet alles durel !" — Tas ist der Mann, der auf Frankreichs Tbron sitzt und von dem wir wahrscheinlich noch viel hören werd.», ein Mann, von Viel.» leidenschaftlich gehaßt oder gemrchtcr, von We nigen geliebt, von allen refpelkirk. Z e i t n n g e n. Eachskck Zwickau, 22. Jan. Nachdem am l.m.en Lage deS vorigen Jahres auf dem Gräff. Solms'schm schachte zu Neins- dvrf ein Pcehkohlenffötz von einer Elle Mächtigkeit angehauen wor den war, so wurde daselbst gestein auch ein zweites Pechkohlenffötz in einer Mächtigkeit von vier Eilen angehauen und ist dadurch für die Sttinfohlenbauunternehmtr zu Nemsdorf, Schönau, Hartcns- dvrf und Vielau der hoffnungsreichste Aufschluß gegeben worden. Meerane, 27. Januar, lieber den Geschäftsbetrieb unsrer Stadt im vergangenen Jahre, läßt sich nur Erfreuliches mittheilen. Unsre Fabrikanten kehrten von den meisten Messen zurück, ohne ein Stück Waare wiederzubringcn. Neue Firmen entstanden, so daß die schon vorhandenen, zahlreichen Arbeitskräfte »echt auüreich- ten. Aus Glauchau, Crimmitzschau, Wersau, Neichenbach, Mül sen, Pausa re, sogar auS und in Hof und München-Bernsdorf in Bayern liefern die Weber durch Factore hierher, während vor 30 — ä0 Jahren der hiesige Weber seine Kette in den vorher ge nannten Orten Sachsens zu holen hatte. Mit dem schnellen Wachsthume der Stadt sind für uns, wie nicht zu läugnen, zwar viele Uebelstände verbunden gewesen, wie z. B. Vermehrung der Almosenempfänger, Ueberfüllung d.-r Schule und der Bedarf neuer Schullocale re., es ist jedoch auf der andern Seite nicht in Abrede zu stellen, daß im Allgemeinen der Wohlstand der Bürgerschaft mehr zugenommen hat. Altenburg, 1. Februar. Heute morgen wurde unsre Landes- Herrschaft durch die Geburt eines Erbprinzen hoch erfreut; 10 l Kanonenschüsse verkündeten so eben der Residenzstadt das sreudige Ereigniß. Oesterreich. Wien, 1. Februar. D'it heute beim Grafen Buol erfolgte Vollziehung eines Protocolles durch die Bevollmäch tigten von Oesterreich, Frankreich, England, der Pforte und Ruß land, wodurch die Friedenspräliminarien bindende Kraft erhalten und ein Waffenstillstand grundsätzlich festgestellt ist. Die förmliche Unterzeichnung der Präliminarien wird in Paris erfolgen, wo in spätestens 3 Wochen die Eonferenzen stattfinden. Dem Bundes tage wird in der Sitzung am 7. Februar Mittheilungen davon gemacht werden. Preussen. Posen, 28. Januar. Seitens der hiesigen Ne gierung wird soeben wegen der in verschiedene», nahe der diesseitigen Grenze gelegenen Ortschaften des Königreichs Polen herrschenden Rinderpest auf der Grenzstrecke des Kreises Wreschen von der Bromberger Tepartementsgrenze ab bis zur Warthe ferner in den Kreisen Pleschen und Adelnan auf der Grenzstreck» von der Ort schaft Kuchary bis Wielowies aller unv jeder Verkehr mit dem Königreiche Polen untersagt. Köln, 29. Januar. In vergangener Nacht wurde in einem der Erpeditionsbureaus des hiesigen königlichen Postamtes eine Summe von 13,000 Thlr. gestohlen. Frankreich. Paris, 28. Januar. Hier waltet die größte Zuversicht über den Erfolg der bevorstehenden Unterhandlungen, und man hält sich überzeugt, daß in Paris der Friede möglich gemacht wird. In London ist man nicht so befriedigt von der Wendung der T nge uns gegen Frankreich bedeutend kälter, als bisher gesinnt. — Ter Kaiser ist lebhaft mit der Organisation der neuen Garde beschäftigt. Paris, 29. Januar. Gestern wurde der Erbprinz von Neuß- Sckleiz vom Kaiser und der Kaiserin empfangen. Ter Prinz w ir bei dieser Gelegenheit vom preußischen Gesandten Grasen Hatzfeld uns seinem Aftulanten, Herrn v. Nauch, begleitet. Im Augenbiicke, wo sich die Friedenseonfcrenzen vorbereiten, gel t die Loosziehung von 1-10,000 diesjährigen Necrilten in ganz Frankreich vor sich Kommt es zum Frieden, so werden sofort