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Voigtlän-ischer Anzeiger« Siebenundsechszigster Jahrgang. Verantwortlich« Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Planen. ZLhrlichrr AbonnementSprei- für diese» Blatt, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Thlr. 6 Ngr. — Die Jnsertiov-gebühren werden mit 1 Ngr. für die gespaltene Corpus-Zeile berechnet, größere Schrift nach Verhältniß de- Raumes. — Donnerstag. AO. 24 Januar 1856. ZeitnngSstimmen über die Friedensgrund lagen ES dürfte nicht ohne Interesse sein, zu hören, was die größeren Zeitungen der bei Krieg und Frieden am Nächsten beteiligten Län der über den durch die russische Annahme der österreichisch-westmächt- ltchen FriedenSbtdingungen hervorgerufenen Stand der Dinge urtheilen, indem daraus der Schlüssel zu späteren Begebenheiten zu suchen sein möchte. Der ungeheure Jubel, welchen anfänglich die Friedens botschaft hervorrief, scheint allmählich einer ruhigeren Auffassung Platz zu machen, und selbst die Börsen, welche durch ein außeror dentliches Steigen des Werthes der Staatsschuldscheine ihren vollen Glauben an einen nahen Frieden zeigten, werden wieder besonnener. Die fünf Punkte sind nur Grundlagen des Friedens, wohl zu merken, nicht aber der Friede selbst. Die „Times", daS größte und wichtigste englische Zeitungsblatt, meint, eS sei noch nicht Zeit, mit den Glocken Frieden zu lauten, Freudenfeuer anzuzünden und die Rechnung zu bezahlen. Mit den Rüstungen dürfe nicht nachgelassen werden, denn wenn die West- mächte sich einschläfern ließen, werde Rußland sich schlau aus sei nen Zugeständnissen herauSzuwinden wissen und aufs Neue Trotz bieten. Doch sei ein redlich gemeinter Friede anzunehmen; wenn auch über'- Jahr noch bessere Bürgschaften für die Zukunft sich erlangen lassen würden, so müsse man doch lieber rasch zugreifen, wo man nur die Hand auSzustrecken brauche, als auf ein lockendes aber zweifelhafte- Glück warten. Die „Morgenpost" und die „Mor gen-Chronik" warnen vor allzukühnen Friedenshoffnungen und er innern daran, daß Rußland vor einem Jahre auch schon einmal die 4 Friedensgewähren angenommen habe, später aber auf die Hinterfüße getreten sei. Bomarsund (auf den Aalandinseln) dürfe durchaus nicht wieder aufgebaut werden, dazu müsse sich Rußland verpflichten, und bis dieß geschehen, könne vom Frieden nicht die Rede sein; auch die andern Punkte müßten geregelt werden, der Kongreß dürfe nicht in Wien, sondern müsse in Paris oder London gehalten werden re. Die französischen Zeitungen sehen die Sache auS einem fried licheren Gesichtspunkte an. Die gemäßigten „DebatS" geben ihre große Befriedigung über diese heilbringende Wendung kund. DaS „Siecle" will noch nicht an Frieden glauben und findet, daß noch erstaunlich viele Schwierigkeiten bis dahin zu überwinden seien. — UebrigenS soll der Eindruck von der Annahme der FriedenSvorschläge von Seiten Rußland» auf Kaiser Napoleon ein äußerst freudiger gewesen sein. Prinzessin Mathilde, welche ihrem Vater, dem Prin- zm Jerome die Nachricht davon überbrachte, soll Freudenthränen »ergossen haben, wie der russische „Le Nord" berichtet. So viel ist gewiß, daß der große KriegSrath seit dem Eingänge der großen Nachricht sich nicht wieder versammelt hat. Tie österreichischen Zeitungen jubeln nnd glauben fest an den Frieden. Die „Oest. Zeitung" hofft, die Westmächte würden den 5. Punkt nicht als Mittel zu neuen Verwickelungen benutzen, ein Waffenstillstand müsse vorläufig abgeschlossen werden. Die „Presse" will wissen, es seien bereits Befehle abgegangen, die Feindseligkeiten einzustellen, die Verhandlungen über den Frieden würden nächsten» beginnen. Die „Ostdeutsche Post" meint, man solle sich nicht durch die getauschten Friedenshoffnungen des vorigen Jahres irre machen lassen, dieses Mal seien die zahllosen Hinterthüren, die den Aus flüchten damals zu Gebote gestanden, fest verschlossen. Die 4 For derungen, für welche Oesterreich sich verbürgt, seien klar, keiner Deutelei fähig. Oesterreich werde sie durchführen, aber für daS, was darüber hinausgehe, stehe es nicht. Das wisse man in Pe tersburg, Paris und London. Don den preußischen Blättern ist die miniHerielle „Zeit" glück lich. Die Werthpapiere steigen, sagt sie, die Getreidepreise fallen, daS sind sichere Zeichen, daß es mit dem Kriege zu Ende geht. Die Wendung ist rasch, aber nicht unerwartet. Rußland ist nicht besiegt, aber eS ist erschöpft. Es könnte wohl noch längeren Widerstand leisten, allein es muß sich ehrlich fragen: auf wie lange? Selbst wenn eS die Hintergedanken hätte, die man ihm zutraut, <S würde sie nicht verwirklichen können, aus Rücksicht auf seine Mittel. Dieß ists im gedrängten Auszüge, was die auswärtigen Zei tungen über den Frieden meinen. Die Sächs. Sonst. Ztg. bemerkt dabei, man möge die Friedenshoffnungen auS jedem beliebigen Ge sichtspunkte betrachten, sicher sei, daß eine Beteiligung Oesterreichs am Kriege durch die russische Annahme in unabsehbare Ferne gerückt sei, waS auch in Petersburg der Hauptzweck zweifelsohne gewesen sei, wo man recht gut zu beurtheilen wisse, daß nur Ein Weg zum Frieden führe, tausend dagegen zur Fortsetzung deS Krie ges sich auffinden ließen. Unser sächs. Gesandter in Paris, von Seebach, dem der fran zösische „Constitutionell" eine starke Förderung deS Frieden-werke» zuschreibt, hat von Sr. Maj. unserem Könige daS Großkreuz de» Verdienstordens erhalten. Zeitungen. Sachsen. Das amtliche Dr. I. schreibt: Dresden, 21. Januar. In Nr. 17 der „Deutschen Allgemeinen Zeitung" ge schieht eines in dem „Schwäbischen Merkur" enthaltenen Artikel» auS Leipzig Erwähnung, nach welchem in Sachsen die Einberu fung eine- außerordentlichen Landtag- bevorsteht, der, nachdem di«