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schlägt, wer wärt dann im Stande, ratz Elend einer Spaltung in Deutschland — dmn Oesterreich» Interessen weisen diese- an rin Zusammenhalten mit den Westmächten — zu übersehene Frankreich. Pari», 30. December. Ich möchte im Stande sein, da» Schauspiel gebührend zu schildern, daS ich, wie halb Pa ri» gestern vor den 'Augen gehabt habe. Nicht die Zuaven sind e», die, den weißen Regiment-Hund voran, desilirten, noch die Gar- deregimenter, welche neuerlich completirt und equipirt ohne Zweifel einen martialischen Anblick boten, jedoch keinen Begriff von den Schrecken des Kriege» gaben; ich sage auch nichts von der Artillerie und den zahlreichen Lücken, die sich in ihren Reihen zeigten. Es waren Batterien dabei, ja mehrere hintereinander, mit denen auch nicht Ein Mann der Bedienung heimkehrte. Wovon ich sprechen will, das sind die vier Linienregimenter, das 20., 39., 50. und 97. Diese vier Regimenter zusammen schienen nicht mehr als eines zu bilden; so hatte der Tod in ihren Reihen gewüthet. Sie kön nen sich keinen Begriff von dem Anblicke machen, den diese tapfer» Soldaten darboten. Sie waren jung gewesen bei Beginn deS Kampfes, denn man sah, daß sie jetzt kaum 24 Jahr zahlten; aber dieser beschwerliche Gang, den sie fest erscheinen zu lasten sich be mühten, diese vor dem Alter gelrümmtcn Rücken, die sie auszurichten strebten, diese von der Sonne geschwärzten G. sichrer, diese erschlaff ten Züge, dieser matte und unstete Blick, der errathen läßt, daß die Lebenskraft bis an ihre letzten Quellen ergriffen ist, — die- Schauspiel, sage ich, ergriff tief, die Herzen fühlten sich beklemmt, und Zurufe erschallten gleichzeitig von den Fenstern, von der Straße, von allen Seiten her. Ich muß Ihnen gestehen, ich habe nie einen -ähnlichen Enthusiasmus gesehen. Oh, wie stark ein Souverän sich mit solchen Männern fühlen muß! Wie man erfährt, wird die französische Regierung ihre^nächste Anleihe Ende März oder Anfangs April machen. Rußland. Die neuesten Depeschen aus Warschau schildern den Zustand de- Fürsten Paskewitsch in sehr trübem Lichte. ES ist ein Rückfall eingrtreten, der für das Leben de» Marschalls we nig Hoffnung läßt. Fürst Mentfchikoff ist durch kaiserlichen Tagesbefehl vom 20. Dec. zum Militärgeneralgouverneur von Kronstadt mit allen Rechten, der Macht und den Prärogativen, welche dem Obercom- mandirendiN einer Armee in KriegSzeiten zustehen, ernannt worden, und es werden ihm alle in Kronstadt befindlichen Land- und See- streitkräfte untergeordnet, während er seine frühem Aemter beibe halt. Wiener Berichte au» der Krim melden: Es herrscht hier eine beispiellose Kälte; von Operationen ist keine Rede. DaS Feuer au» den Nordforts dauert nur schwach fort. Die Ansicht, alle Truppen auS den südlichen Theilen der Krim herauszuziehen und nur Kamiesch und Balaklawa besetzt zu halten, wird neuer dings stark diScutirt. Die Stürme im schwarzen Meere haben sich gtlegt. Türkei. Konstantinopel, 24. Decbr. Im Arsenal fand am 22. Dec»mber die zweite Versammlung des KriegSratheS statt. Der Feldzugsplan, den der Kriegsminister vorlegte, wurde lebhaft erörtert und schließlich bis auf einige Einzelheiten gebilligt. Dem nach soll sofort ein neues ArmeecorpS auS den an verschiedenen Punkten verfügbaren Truppen gebildet werden; auch sollen demsel ben 10,000 Mann vom Corp» Omer Pascha'S beigegeben und daS Ganze möglichst schnell und auf den kürzesten Strecken auf die bedrohten Punkte geworfen werden. JSmail Pascha, Omer Pascha'» Nachfolger an der Donau, wird wahrscheinlich den Ober befehl erhalten. Omer Pascha ward in diesem Krieg-rathe scharf getadelt; namentlich sprach Muchlio Pascha (Für- Gturdza) sich heftig auch über dessen Benehmen in der Krim au»; kurz Omer Pascha ist vorläufig vollkommen in Ungnade. MonniehfaltiaeS. eines auS Plauen gebürtigen Soldaten im ersten Znf.'Rkg. der deutsch-englischen Legion. Sul all in Kleinasien, 5 Meilen von Con- stantinopcl, den 12. December 1855. Liebe Eltern und Geschwister! Mit Freuden benutze ich die mir dargebotene Gelegenheit, Euch Nachricht von mir zu geben, denn ich bin nicht mit meinem Re- gimente im Feuer, wie ich e» vermuthete, sondern ich befinde mich im Augenblicke in einer türkischen Kaserne zu Culalt in Asien, unmittelbar am Ufer deS Bosporus. Ich will Euch aber zuvor noch mit wenigen Worten meine Reise mittheilen, die, wie ich hoffe, von Interesse sein wird. — Wir marschirten Freitag den 26. Oct. in Begleitung des 2. und 3. Bataillons im unfreundlichsten Wetter von Shorncliffe aus, setzten uns auf der nächsten Station auf die Eisenbahn und fuhren nach Portsmouth, wo unS die englische Besatzung empfing und uns mit voller Musik durch die Stadt zum Hafen führte; alle Straßen waren voll Menschenmassrn, die sich an unS herandrängten, um uns die Hände zu drücken. Am Hasen angelangt, passirten wir die Revue vor einem englischen General, hierauf schiffte man uns ein und unser Leiden begann. 1000 Mann auf einem Schiffe, das ist eine fatale Sache. Man packte unS ein, wie wenn man Sclaven tranSportirte, aber nicht wie Soldaten, so ist mit Einem Worte Alles gesagt. Am folgenden Tag fuhren wir zum Hafen hinaus und gingen eine halbe Meile weiter vor Anker, denn man befürchtete Desertion. Sonntag den 28. Oct. machten wir eine Probefahrt, da die Dampfmaschine zum ersten Male benutzt wurde, wir kehrten jedoch nach Verlauf weniger Stunden zurück und gingen erst am Dienstag den 30. Oktober in See. Am folgenden Tage passirten wir den Hafen von Plymouth und am Nachmittage hatten wir die hohe See erreicht und sahen Nichts wie Himmel und Wasser. Gegen Abend erhob sich ei» kleiner Sturm und nun begann die Seekrankheit; Wenige wurden von ihr verschont, doch unter den Wenigen befand ich mich auch. Am 5. November erreichten wir Gibraltar, wo wir anketten, um Kohlen einzunehmen, doch durfte von den Soldaten Keiner anS Land gehen, und am folgenden Morgen fuhren wir ab. Die Hitze begann nun und war sogar häufig drückend. Einige Meilen weit hatten wir die afrikanische Küste ganz in unserer Nähe. Am 11. November gelangten wir nach Malta, wo wir im Hafen der Haupt stadt la Valetta biS zum 13. blieben. Jetzt begann die Reise an Interesse zuzunehmen, denn wir befuhren den schönen, an Inseln reichen ArchipelaguS. Am 18. November passirten wir die Dar danellen, die einen imposanten Eindruck auf mich machten. Jetzt fuhren wir wie auf einem großen Flusse, denn wir hatten ganz in unserer Nähe Europa mit seinen fruchtbaren Ebenen und Asien mit seinen wüsten Gebirgen; so durchfuhren wir daS Marmor«- Meer und lagen am 19. November vor Constantinopel. Wk soll ten jetzt in Scutari ausgeschifft werden, doch die Cholera herrschte so furchtbar unter dm Jägern, die jetzt decimirt sind, daß man unS sogleich nach Silivria, einer Stadt, 5 Meilen entfernt von Constantinopel, sandte, wo wir am 21. November auSgeschifft wurden. ES ist eine Stadt von circa 5000 Einwohnern, von denm aber 4000 Griechen warm, also unsere Feinde, und nur 1000 Türken. Wir wurdm einquartirt in elende, finstere, schmutzige und feuchte Ställe, aus denrn man eben da» Vieh genommen