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826 Rußland müsse Sebastopol schleifen und dürfe kn Zukunft nicht mehr alS sechs Kriegsschiffe im schwarzen Meere halten. KeitunAen Vom Kriegsschauplätze. Dem Bericht eines woblunter. richteten, von einer längeren Reise zurückgekehrlen Agenten aus Warschau, 16. Decbr., entnimmt tie A. Z. über die russischen Truppenbewegungen Folgendes: Der Großfürst. Thronfolger wird zu Neujahr in Warschau eintreffn, und das.ldst über Winter verbleiben. Der Einmarsch der Garden in Polen dauert fort; er dürfte in Kürze beendet sein. Sechs Cavallerie-Regimenter stehen am Bug. Ern Theil der in den Lubliner und Rodaner Gouvernements ausgestellten Trup« pen, deren Zahl auf 18,000 Mann angegeben wird, zieht nach Volhynien. Aus dem Norden marfchiren fortwährend Truppen südwärts. In Litthauen haben alle Garnisonen Marschbefehl nach dem Süden erhalten. Die Garnisonen auS Berdizew, Konstantinow in Volhynien, Winika und Mohilew in Podolien ziehen sämmtlich in die befestigten La ger noch Kaminiec Podolski und Chozim. Von diesen bei, den Lagern sind Pikels dis hart an tie österreichische Grenze vorgeschoben. Die Vedetten st hen am linken Ufer des Zbrucz und am rechten Ufer des Dniester. Oberhalb Czernowitz, wo die Grenze offen ist, bauen die Russen auf bessarabischem Boden Schanzen. Man schreibt der O. C. aus Odessa, vom 12. D cbr.: Die Befürchtung wegen einer Landung der Alliirten in Odessa find nicht nur nicht im Abnehmen begriffen, sondern man könnte wohl gar sagen, g«stieg,n, weshalb nicht blos die Strankbatlerien verstärkt, sondern auch Verschanzungen gegen die Landseite aufgworf.n werden. Das Commanko ist von General Annenkeff an General Schabelsky übergegangen, ei» nen feiner Energie wegen gerühmten Mann. — Das Regen, wetter währt fort. Umgestürztr Wagen bedecken die Straßen in der Nähe der Stadl; unlängst erblickte man einen Heu, wagen von 6 Artilleriepferden gezogen, so bodenlos ist der Koth. Es bedarf jetzt in der Krim dreier Tage, um eine Reise von 10 deutschen Meilen zmückzulegen. Das Thal Inkerman ist geradezu in einen See verwandelt. — Zu Sim« tercpol ist der Cwilgouverneur P.stel seines Postens enthoben worden; obwohl sonst wegen seiner humanen und umsichtigen Verwaltung beliebt, verlor er doch bei der Ausschiffung der Verbündetkn die Fassung und rielh den Einwohnern zur Gluckt in daS Innere des Landes, anstatt den Fürsten von Menlchikeff seiner Pflicht gemäß mit den einer geregelten Givlverwaltung zu Gebote stehenden Mitteln zu unterstützen.— Tie in Bessarabien und Launen angeordnete Reciulirung nimmt anstandslos ihren Fortgang, die Gutsherren beeilen sich, den Befehlen der Regierung nachzukcmmen. — Die Garnison von Od.ffa beträgt j.ht 50.000 Mann. Heute vnlaulet, baß vor Oischakvff 8 Dampsir kreuzen und Son- ki ungen vorn.hmen. Man meint, laß die Alliirten sich der Halbinsel Kinburn bemächtigen wollen, wo sie Vorbereitungen zu einer Erpedition in die Krim und gegen Perekop treffen könnten. Diese Halbinsel ist nichts als eine Salz, und Sandwüste mit wenigen Ansiedelungen von Fischern an den Salzseen, welche von der Regierung zur Salzgewinnung br- aatzt vn.dea. In einem Schreiben auS Balaklawa, welche- der Courrier de Marseille mittheilt, heißt eü: Unsere Lage auf dem Kriegsschauplatz in der Krim ist noch immer tiesilb,; unsere Positionen werden verstärkt, unsere Batterien und Be- lagerungswerke vermehrt, und unsere Soldaten seufzen nach der Entwickelung. Allein der Plan der Oberbefehlshaber bleibt streng verborgen. Die Russin legen ihrerseits die Hände ebenfalls nicht in den Schooß, und man kann wohl brh uv« ten: wenn unsire Angriffsmittrl angewachsen sind, so halten sich die Anstrengungen der Verlheidigung ganz aus der Höhe der Gefahr. Es wäre kindisch, sich's verhehlen zu wollen: Sebastopol ist gegenwärtig weit vollkommener armirt, weit wirksamer verlheidigt, als bei unseren ersten Angriffen. Ob. schon die erste Ringmauer stark gelitten hat, so wiegen tie von den Russen aufgeworfenen Verschanzungen diese ersten Nachtheile gänzlich auf. Man kann sagen, daß die eigent liche Statt nicht merklich gelitten hat; allein die Marine. Vorstadt u rb das Tartarenviertel sind zerstört; freilich liegen sie auß rhalb der Ringmauer. Von den durch die Eaglän« der bestkl-n Höhen herab unterscheidet man. sehr gut, was in der Stadt vorgeht. Was man auch darüber grsagl haben mag, Alles läßt schloßen, baß keine Verwirrung dort herrscht. Die vollkommenste Ordnung scheint bei Allem, was g.schi.ht, obzuwalten. Die Einwohner gehen hin und her, die TlUp- pen scheinen ohne alle Behinderung ihre B wegungen auszu- sühren; auf mehreren Punkten b.merkt man lange Ruhen Gew.hre, die in Pyramiden zusammengestellt sind. In die sem Treiben fällt tie völlige Abwesenheit von Frauen und Kindern aus. Die Russen verlieren nicht daS Mindeste, was in unserem Lager vorgeht, aus dem Auge. Sie scheinen vor» zugsweise über die Fortschritte der Franzosen nach der Qua, rantaine zu in Unruhe. An dieser Stelle sind unsere Werke höchstens 150 Meter weit von den russischen Batterien ent fernt. Das Quarantainefort ist im schlechtesten Zustande, und man kann sicher s-in, daß es bei der Wiedereröffnung des Feuers bald gänzlich in Trümmern fallen wird. Die Mastbastion steht trotz der Beschädigungen, tie unsere Artille. rie ihr zugesügl hat, noch ganz stelz da; sü hat uns übel mitgespielt und wirb es auch noch können; gleichwohl macht sie unseren Artillerie, und Genieoffizieren wenig Sorgen. Sobald der Moment gekommen seinfwird, muß auch sie fallen. Man kann kaum daran zweifeln, wenn man auf die unge, heuren Kanonen und auf die Mörser vom alle,schwersten Kaliber sieht, die sich ununterbrochen unter den Mauern des Platzes entwickeln, so wie auf die furchtbaren Batterien, die sich im Versteck vervielfältigen und verlängern. Unsere Sol, daten leisten diese mühseligen und harten Arbeiten mit einem Geschick, das den Engländern alle Bewunderung abnölhigt. Alltäglich, oder vielmehr allnächtlich brechen sich die Anstren» gungen der Russen an diesen wackeren Kämpen, die sich auS den nächtlichen Abenteuern, wobei die Russin jedesmal Leute einbüßen, nur noch ein Spiel machen. Die Laufgräbenwacht besteht gewöhnlich aus Freiwilligen und frisch angekommenen Leuten, die zum Zeitvertreib oder aus Neugier Lust haben, sich die Russen aus der Nähe anzusehen. Nichts gleicht der Behendigkeit, womit sich die Soldaten auf die Russen wer» fen, sobald sie sie nur in der Ferne wahrnehmen. Ich möchte auch über die von unseren „Freischützen" erfundenen sinnrei chen Mittel, um die russischen Artilleristen bei Lag wie bei Nacht zu treffen, sprechen können. Richt- ist erstaunlicher;