Volltext Seite (XML)
VoigtläMscher Anzeiger. Fünfundsechszigster Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. INsli, Jährlicher AbonnementtpreiS für dieses Blatt, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Thlr. 6 Ngr. — Die Jnsertton-ge-ühren werden mit 1 Ngr. für die gespaltene CorpuS-Zeile berechnet, größere Schrift nach Nerhältniß deS Raumes. — Sonnabend. 142« 2. December 1854. geitunMen. Sachsen. Dresden, 28. November. Se. König!. Majestät beehrten heute die beiden Militairbildungsanßallen — die Cadelten- und Artillcrieschule — mit einem mehr, stündigen Besuche und geruhten dabei, verschiedenen Unter, richtsstunden und einer Reitübung beizuwohnen. Dresden, 28. November. Landtag. Die zweite Kam, wer trat heute zu einer kürzern Sitzung zusammen, in welcher sie den Entwurf der Publicationsvervrbnung zur Strafproceß- vrbnung berietk und annahm. Die erste Kammer hat in ihrer Sitzung am 29. Nov. einen nachträglichen Bericht ihrer außerordentlichen Deputa tion zur Slrafproceßordnung erledigt. Aus dem Voigtlande. Am 21. Nov. früh wurde beim sogenannten Taubenberge, unweit Plauen, der Weber Wagler in einem schaudererregenden Zustande todt aufgefun, den. Man mutkmaßte anfangs, derselbe sei erschlagen wor. den. Der Sachverhalt hat sich jedoch ander- herausgestellt. Wagler, der im Hvspitol am Nervenfieber darniedergelegen, übrigens mit Epilepsie behaftet war, scheint sich aus dem obern Stocke des Hospitals herabgestürzl und bann bis zur obigen Stelle geschleppt zu haben, wo er, an allen Gliedern zerschlagen und geschunden, bloß mit dem Hemde bekleidet, in der strengen Kälte seinen Geist aufgab. — Zwischen dem Dorfe Neuensalz und der sogenannten Früsenbrücke bei Plauen wurde am 19. d. M. Nachmittags in der vierten Stunde ein Frauenzimmer auf offener Straße von zwei robusten Kerlen angefallen und ihrer Baarschaft, eines Mantels, eines Handkorbs rc. beraubt. Es ist bis jetzt noch nicht gelungen, die Verbrecher zu erlangen. — Am 23. November wurde auf einem Felde unweit des Dorfes Chrieschwitz die 68 Jahr alte Tagelöhnerin Neidhardt von da todt aufgefunden. Sie war am 12. Iru^. nach Pöhl zu ihrem dort in Arbeit stehen, den Mann gegangen, hatte diesen gegen Abend verlaffen und war nicht wieder nach Hause gekommen. Sie scheint in dem am gedachten Tage fürchterlich gewülhet habenden Schnee- wetter von der rechten Straße abgekommen und ohnmächtig und erschöpft niedergesunken zu sein, um nicht wieder zum Leben zu erwachen. — Desgleichen wurde am 20. d. M. früh die ledige Schiller von Schönbrunn auf offener Straße zwischen Lengenfeld und Reichenbach todt aufgefunden. Das entstandene Gerücht, als ob diese Person erschlagen worben sei, wurde indessen alsbald durch die ärztliche Besichtigung deS Leichnams beseitigt. — Am 24. November Abends wurde in einem Walde bei GanSgrün der Oberchausseewärter Fell» mann von Lhoßfell, der seit drei Wochen vermißt wurde» erhängt aufgefunden. Zerrüttete Vermögensverhältnisse schei, nen die Motiven zur That gewesen zu sein. — Am 26. d. M. Abends 7 Ukr brannte die rühmlich bekannte große Rother'sche Bleiche zu Rodewisch nieder. Die Entstehungsurfache konnte bis jetzt, da an diesem Tage die Geschäfte ruhten und Ar. beiter nicht im Gebäude wohnten, nicht ermittelt werden. Nur so viel vermuthet man, baß in der Luftheizung oder in der Spannerei sieb Funken verhalten hatten und so der Brand entstanden ist. Die Maschinen sind so zu sagen gänzlich ruinirt, dagegen von dem fremden, übrigens zum großen Theile versicherten Eigenthum mehreres gerettet worden. Preußen. Die Seehandlung hat den Plan zu einer ZZprocentigen Staats-Prämien-Anleihe zum Betrage von 15 Millionen Thalern ausgegrben. - Die Tilgung der Anleihe erfolgt binnen 40 Jahren. Frankreich. Paris, 26. November. Ein Mitglied des diplomatischen Corps frug vor zwei Tagen Herrn Drouin de LhuyS über die Frage der Neutralen. Dieser antwortete, was er seit drei Monaten nicht aufgehört hat zu sagen: „Wir denken daran Maßregeln zu nehmen." Und als der fremde Minister sich mit dieser ziemlich unbestimmten Ant wort nicht begnügte und auf einer deutlichem bestand, so sagte Herr Drouin de Lhuys endlich: „Es giebt ein Mittel, das man vielleicht anwenden wird, das, Deutschland und folglich Preußen in den Stand zu setzen, sich für oder gegen auszusprechen." Dies würde eine Ausführung des Satzes sein: wer nicht mit uns ist, ist wider uns. Ich habe nicht nöthig, Ihnen den Eindruck zu schildern, welchen diese Worte auf den fremden Minister hervorbrachten. Die Absendung eines französischen Corps nach Bessarabien zur Unterstützung Omer Paschas ist wahrscheinlich. Ich glaube Ihnen jedoch versichern zu können, daß nichts definitiv entschieden ist. Es ist noch Projekt. Man glaubt, daß schon dieses Projekt an sich von Einfluß auf die Entscheidungen des österreichischen Cabinets sein könne, dem, um mich des Ausdrucks eines Staatsmannes zu bedienen, der Einmarsch der Franzosen in die Fürstenthümer zu denken geben könnte. Lord Palmerston ist hier noch immer der Gegenstand der Sympathien des Tuileriencabinets. Der Kaiser giebt ihm morgen eine Revue der kaiserlichen Garde. Ohne behaupten zu wollen, daß ich in die Cabinetsgeheimnisse eingeweiht wäre, glaube ich doch zu wissen, daß bei der Anwesenheit Lord Palmerston'- eine vollständige Gemeinsamkeit der Ideen und Gesinnungen ihren Ausdruck gefunden hat. Man glaubt, daß diese Einigung